Von Boris Jezek
Um zu verstehen, wie die nationalsozialistischen Politiker der 30er Jahre auch in der ArbeiterInnenklasse Gehör finden konnten und warum noch heute Elemente faschistischer Ideologien auch außerhalb rechtsradikaler Parteien und Organisationen zu finden sind, müssen die besonderen ökonomischen und sozialen Verhältnisse Österreichs nach dem 1. Weltkrieg genauer betrachtet werden.
Politisch waren die Jahre von 1918 bis 1934 von sich zuspitzenden Klassenkämpfen geprägt. 1919, unter dem Eindruck der russischen Oktoberrevolution, nahm die revolutionäre Bewegung einen Aufschwung; bei den Wahlen im selben Jahr wurde die Sozialdemokratische Partei stärkste Fraktion. Der 1919 abgespaltenen Kommunistischen Partei gelang es nicht, große Teile der SDAP "mitzunehmen". "Reform statt Revolution" hieß die Parole der SDAP, die besonders das "Rote Wien" mit zahlreichen Sozialreformen, vorbildlichem kommunalen Wohnbau, einem ehrgeizigen Bildungs- und Gesundheitsprogramm zu einem Propagandastück für ihre reformistische Politik machte. Das Wahlrecht benachteiligte die SDAP, so dass sie im parlamentarischen Raum nie führende Kraft wurde. Ab 1922 kamen rechte Regierungen zu Stande, die Österreichs Ökonomie mittels Völkerbundanleihe und einem radikalen Sparbudget zu sanieren versuchten. Durch diese Wirtschaftspolitik wurden Hunderttausende Beamte arbeitslos, die später die Massenbasis für den Faschismus bildeten. Unter dem Schutz der rechten Regierungskoalitionen mit den führenden Christlich-Sozialen wurden bewaffnete Formationen gebildet, die in den Klassenkämpfen das Rückgrat der Rechten bildeten. Diese christlich-soziale Politik spitzte sich immer mehr zur Diktatur zu: ein autoritäres Ständestaatsmodell, Ablehnung der Parteiendemokratie, Einschränkung der Rechte der Arbeiter in den Betrieben, Einschränkung der Pressefreiheit, das Bekenntnis zum Deutschtum, eine radikale kapitalistische Wirtschaftspolitik und die freundschaftlichen Beziehungen zu den faschistischen Regimes in Italien und Ungarn machten den "Austrofaschismus" aus. Dazu gehörte auch der entschlossene Kampf gegen die ArbeiterInnenbewegung, die schließlich darin gipfelte, dass die christlich-soziale Miliz gemeinsam mit dem österreichischen Bundesheer im Februar 1934 den bewaffneten Kampf gegen die ArbeiterInnen aufnahm und sie nach wenigen Tagen militärisch besiegte. Das Dollfuß-Regime rächte sich durch zahlreiche Todesurteile an den Widerstandskämpfern und verbot die Gewerkschaften und die SDAP (Die KP Deutschösterreichs war bereits im Jahr 1933 verboten worden). Die austrofaschistische Diktatur wurde im Nachhinein von den Christlich-Sozialen damit legitimiert, sie hätte der Verteidigung Österreichs gegen das Großdeutsche Reich gedient, was allerdings nicht den historischen Fakten entspricht.
Noch 1938 gab es daher -- auch in den Reihen prominenter Sozialdemokraten -- die irrige Vorstellung, durch einen Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wäre die stark mit der katholischen Kirche verbündete austrofaschistische Diktatur endgültig besiegt und der Weg für eine Revolution in Deutschland, an der sich die österreichische ArbeiterInnenbewegung beteiligen würde, endlich frei.[1]
Seit den 50er Jahren ist eine deutschnationale Orientierung (auch in der Rechten) stetig zurückgegangen. Das Verhältnis zu Deutschland der kleinbürgerlichen und bäuerlichen Schichten aber auch der ArbeiterInnen ist heute ein eher distanziertes.
Die österreich-ungarische Monarchie war keine multikulturelle Gesellschaft. Obwohl natürlich Migrationsbewegungen leicht möglich waren und auch stattfanden, so sah sich doch die deutsch-österreichische Bevölkerung als das beherrschende Volk in der Monarchie. Begleitet wurde die Vorherrschaft durch alle möglichen rassistischen Vorurteile und Diskriminierungen. Um 1910 betrug der Anteil der Wiener Bevölkerung, der nicht in Wien geboren wurde, 37 Prozent. Außerdem muss noch berücksichtigt werden, dass auch unter den in Wien Geborenen Menschen lebten, für die das Deutsche nicht Muttersprache war, bzw. die sich in einer anderen kulturellen Tradition zu Hause fühlten, wie etwa die jüdische Bevölkerung.
Doch die ethnische und religiöse Zugehörigkeit bedeutete weitgehend auch Einschränkungen und Diskriminierungen durch die deutsch-österreichische Bevölkerung.
Die Vorurteile wurden durch die Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg noch verstärkt, in der Serben zu heimtückischen Feinden und Italiener zu feigen Verrätern gemacht wurden. Die Berichterstattung über die Kriege in Bosnien und im Kosovo in den österreichischen Boulevardzeitungen zeigten, dass diese traditionellen Vorurteile noch heute Anklang finden.
Seit dem 19. Jahrhundert wurde mit dem Antisemitismus auch Politik gemacht. Die Christlich-Sozialen und Katholisch-Konservativen vertraten einen religiösen Antisemitismus mit der Ziel, die ökonomische Konkurrenz auszuschalten. Die Deutschnationalen vertraten einen rassischen Antisemitismus. 1919 wurde von Vertretern beider Strömungen der "Antisemitenbund" gegründet, mit dem Ziel, die Juden aus allen gesellschaftlichen Positionen zu verdrängen. Dieser Bund wurde zu einem Aktionsfeld der illegalen Nazis in Österreich, bis er 1938 in der NSDAP aufging. Die österreichischen Nazis fanden bereits vor 1938 viel Sympathie bei ihren antisemitischen Aktionen und Überfällen. Die Christlich-Sozialen versuchten die Nazis zurückzudrängen, indem sie ihren eigenen Antisemitismus radikalisierten. Auch die katholische Kirche schloss sich dem an und forderte 1933 in einem Hirtenbrief auf, "den schädlichen Einfluss der Juden zu brechen". So wunderte es nicht, dass nach dem Anschluss die gelenkte Hetze gegen die Jüdinnen und Juden auf fruchtbaren Boden fiel. In der Pogromnacht im November 1938 beteiligte sich ein großer Teil der Wiener Bevölkerung derart aggressiv an den Überfällen der SA und HJ auf Synagogen, jüdische Geschäfte, Wohnungen, und an Erniedrigungen der Jüdinnen und Juden, dass schließlich die Naziführung bremsend wirken musste.
Mit der militärischen Niederlage des Nationalsozialismus wurde Österreich zwar durch die 10jährige Besatzung (1945 bis 1955) durch die Alliierten und einen Staatsvertrag zu antifaschistischen Maßnahmen und Gesetzen gezwungen, eine Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus und vor allem des Antisemitismus gab es nie. Begünstigt wurde die Verdrängung durch die rasch verschärften Widersprüche zwischen den Westmächten und der Sowjetunion im beginnenden Kalten Krieg. Die USA versuchten in ihrer Besatzungszone vor allem durch Einflussnahme auf Intellektuelle, LehrerInnen und JournalistInnen Sympathien für das US-System zu gewinnen. Die Rolle der angesprochenen Personen in der Nazizeit spielte nur im Falle hochrangiger Nazis eine Rolle. Die britischen Besatzungsorgane im Süden Österreichs sahen bald in den kommunistischen -- vor allem aus der slowenischen Minderheit stammenden (siehe weiter unten) -- Partisanen gegen das NS-Regime ihre Hauptfeinde. Die französischen Besatzungstruppen in Westösterreich wurden durch Pétain-Anhänger, die selbst Antisemiten waren, kommandiert. Sie erschwerten die Rückkehr der überlebenden Jüdinnen und Juden in ihre alte Heimat und leisteten keinen Beitrag zu einem Bewusstseinswandel. In der Sowjetischen Zone Ostösterreichs standen die Reparationszahlungen, die Österreich zu leisten hatte, an erster Stelle der Prioritäten. Zudem übte die Sowjetische Armee eine repressive Funktion aus, die sich auch gegen Linke und Antifaschisten richtete. Nicht wenige linke SozialdemokratInnen und TrotzkistInnen wurden in der sowjetischen Besatzungszone entführt und nach Sibirien verschleppt. Insgesamt galten die sowjetischen Befreier nach kurzer Zeit als "Besatzer", die in der österreichischen Bevölkerung -- auch in der ArbeiterInnenklasse -- kaum Sympathien genossen. Der stalinistische Antifaschismus wurde zur Farce, die die ÖsterreicherInnen zwar hinnehmen mussten, der aber kein Umdenken bewirken konnte.
Verschärft wurde die Verdrängung durch den opportunistischen Konkurrenzkampf um Mitglieder und WählerInnen, an dem sich selbst die KPÖ beteiligte. So wurde von der Linken die Chance vertan, einen öffentlichen Diskurs über die Verbrechen des Nationalsozialismus zu führen, eine "Entnazifizierung" fand nie statt. Es darf in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen werden, dass viele Nazi-GegnerInnen in der Emigration blieben, dass über 12.000 österreichische AntifaschistInnen als Widerstandskämpfer ermordet wurden oder in Gestapohaft zu Tode kamen. Im Februar 1938 hatten in Wien 180.000 Jüdinnen und Juden gelebt, nur 2.000 von ihnen überlebten den Holocaust. Damit existierte das politische Potenzial, das eine offene und kritische Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen einfordern hätte können, nicht mehr. Mahnende Stimmen wurden in den 50er und 60er Jahren als "Ewiggestrige" verspottet. Besonders jüdischen KritikerInnen wurde vorgeworfen, sie wollten "die Vergangenheit nicht ruhen lassen".
Sozialdemokraten und Christlich-Soziale konstituierten einen "Klassenfrieden", die "Gräben der Ersten Republik" sollten nicht wieder aufgerissen werden (mit diesem Argument kritisiert die ÖVP noch heute Gedenkfeiern für die gefallenen Arbeiter vom Februar 1934). Das mehrfach novellierte NS-Verbotsgesetz sollte ausreichen, um ein Aufleben faschistischer Ideologien zu verhindern.
Eine erste öffentliche Konfrontation mit Rechtsradikalen fand Anfang der 60er Jahre im "Fall Borodajkewycz" statt. Der Universitätsprofessor Taras Borodajkewycz hielt an der Wiener Hochschule für Welthandel eine Vorlesung in Zeitgeschichte, in der er unter dem Gelächter und Gejohle rechtsradikaler Studenten antisemitische Äußerungen machte. Zunächst wurden Studenten, die den Skandal an die Öffentlichkeit brachten, wegen "Ehrenbeleidigung" verurteilt. Doch 1965 wurde der Fall neu aufgerollt. Tausende AntifaschistInnen und Nazi-Opfer demonstrierten in Wien gegen den Antisemiten, rechtsradikale DemonstrantInnen provozierten mit "Hoch Auschwitz!"-Rufen. Der 60jährige Ernst Kirchweger, Mitglied der KPÖ, wurde von einem Rechtsradikalen niedergeschlagen und starb. Das erste Todesopfer der Rechten nach der Nazidiktatur löste Betroffenheit aus und aktivierte die AntifaschistInnen. Zehntausende nahmen am Begräbnis Ernst Kirchwegers teil.
Aber noch in den 70er Jahren waren antisemitische Zwischenrufe im Parlament an der Tagesordnung. Ein ambivalentes Verhältnis zum Judentum hatte auch der sozialdemokratische Bundeskanzler Bruno Kreisky, selbst Jude, der den "Nazijäger" Simon Wiesenthal mit üblen antisemitischen Ausdrücken bedachte. Kreisky hatte zudem die politische Strategie, Politiker mit Nazi-Vergangenheit in das demokratische System zu integrieren. So kam es immer wieder zu Affären und Zusammenstößen mit der Parteilinken. Ein Landwirtschaftsminister musste gehen, weil er prominenter Nazi der ersten Stunde gewesen war, Kreisky schützte SS-Männer, die in der Politik tätig waren; Leopold Wagner, in den 70er Jahren sozialdemokratischer Landeshauptmann von Kärnten, brüstete sich in aller Öffentlichkeit, begeisterter Hitlerjunge gewesen zu sein.
Bis zur "Affäre Waldheim" 1986 existierte der Antisemitismus vor allem "unter der Oberfläche" weiter. Soziologische Studien bestätigten aber sein Vorhandensein, und zwar in allen Klassen und Schichten. Erst mit dem Wahlkampf des ehemaligen UNO-Generalsekretärs Kurt Waldheim zum österreichischen Bundespräsidenten brach der Konsens auf. Vor allem aus den USA, Israel und Frankreich kam Kritik an Waldheims Kandidatur. Waldheim war als hoher Offizier in Griechenland stationiert gewesen, wahrscheinlich war er selbst gar nicht an Morden beteiligt. Gemäß der österreichischen Tradition aber hatte Waldheim stets behauptet, "von nichts gewusst" zu haben. Er wurde trotzdem zum Bundespräsidenten gewählt, nachdem seine Partei, die ÖVP, eine Kampagne "Jetzt erst recht!" mit vielen antisemitischen Anspielungen geführt hatte. Der -- zumindest tolerierte -- Antisemitismus und die Haltung vieler ÖsterreicherInnen aller politischen Lager, sich vom "Ausland" nicht dreinreden lassen zu wollen, ermöglichte seinen Wahlerfolg. Und doch war die Affäre ein Wendepunkt. Eine Historikerkommission war beauftragt worden, Waldheims Beteiligung an Naziverbrechen zu untersuchen. Mitglieder dieser Kommission und andere junge HistorikerInnen forschten weiter, belegten Massenmorde durch die NS-Wehrmacht in der Sowjetunion und unter dem Kommando von Österreichern in Serbien. Nazikriegsverbrecher, die in Österreich leben, wurden vermehrt an die Öffentlichkeit gebracht. Schulbücher sehen heute anders aus als noch in den 70er Jahren. Der Holocaust ist kein Tabuthema mehr, ebensowenig die Mitverantwortung von ÖsterreicherInnen.
grundlegende Rechte verwehrt, konservative Kreise sahen Österreich nach wie vor als "Schutzmacht" der deutschsprachigen SüdtirolerInnen. Norbert Burger, eine der Schlüsselfiguren des Rechtsradikalismus bis in die 80er Jahre, gründete einen "Befreiungsausschuss Südtirol", der mit terroristischen Aktivitäten begann. Die Bombenanschläge der Südtirol-Terroristen hatten nicht nur Sachschäden, sondern auch mehrere Verletzte und Tote zur Folge. Einige angeklagte Terroristen wurden von österreichischen Gerichten freigesprochen, was eine gewisse Sympathie in der Öffentlichkeit erkennen lässt. Mit diesen Aktivitäten gelang es den Rechtsradikalen Anfang der 60er Jahre, in den österreichischen Universitäten Einfluss zu bekommen.
Der "Österreichische Kameradschaftsbund" vertritt in seinen Publikationen rassistisches und revanchistisches Gedankengut. Hauptinhalt ist die Erinnerung an "Ruhmestaten" der Wehrmacht. Er verfügt über ausgezeichnete Beziehungen zur Führung des Österreichischen Bundesheeres.
Der "Österreichische Turnerbund" vermittelt Turn- und Sportmöglichkeiten, vor allem für Jugendliche. Diese dienen aber zur Vermittlung rechtsextremen Gedankenguts, vor allem der Deutschnationalismus ist ein Anliegen dieses Vereines.
Der "Kärntner Heimatdienst" vereint die "heimattreuen" Verbände und vertritt eine rassistische und minderheitenfeindliche Ideologie, die sich in erster Linie gegen die SlowenInnen in Kärnten richtet.[2] Gerade in der Auseinandersetzung um die Rechte der Kärntner Slowenen in den 70er Jahren gelang dem Heimatdienst ein großer Erfolg, indem er alle rechtsextremen Gruppen zusammenführte und vereinte.
Das gesamte neofaschistische Spektrum konnte nie mehr als etwa 100 Kader rekrutieren, die allerdings in Gruppen aufgesplittert waren, die sich auf keine gemeinsame Vorgangsweise oder gar Aktionen einigen konnten. Die neofaschistischen Kader waren fast alle Studenten und Schüler, demgemäß hatten diese Gruppen ihren Wirkungskreis nur auf den Universitäten, die seit Mitte der 70er Jahre allerdings einen starken Linkstrend verzeichneten. Die rechten StudentInnengruppen, die in den universitären Gremien der 60er Jahre noch die Mehrheit hatten, spielten nur mehr eine untergeordnete Rolle. Der rechtsextreme "Ring Freiheitlicher Studenten" hatte in den 60er Jahren bei den Wahlen zur Studentenvertretung noch 30% erreicht, 1979 nur mehr 7% und 1987 2%. Die neofaschistischen Gruppen wurden an den Universitäten von den linken Organisationen am Auftreten gehindert, ihre organisatorische Stabilisierung wurde dadurch behindert, dass sie immer wieder nach dem NS-Verbotsgesetz durch das Innenministerium aufgelöst wurden und neue Organisationen gründen mussten. Auch Rekrutierungsversuche unter Fußballfans und ausländerInnenfeindlichen Rockergruppen scheiterten an der Unwilligkeit dieser Gruppen, sich der straffen Neonazidisziplin zu unterwerfen.
Die Situation änderte sich zu Beginn der 90er Jahre mit der gesamtgesellschaftlich zunehmenden AusländerInnenfeindlichkeit.
Auch die SPÖ sorgte sich nie um Integration der ausländischen Arbeitskräfte: Im sozialdemokratisch dominierten Wien etwa werden Nicht-ÖsterreicherInnen nach wie vor Wohnungen in kommunalen Sozialbauten verweigert. Und auch die sozialdemokratischen Sozialminister kümmerten sich nie darum, dass Nicht-ÖsterreicherInnen Notstandshilfe (Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld erlischt) erhielten, obwohl sie die gleichen Beiträge in die Arbeitslosenversicherung zahlen müssen.
Auch Flüchtlinge bekamen immer wieder die feindliche Haltung der Bevölkerung zu spüren: Als 1956 eine große Welle von Flüchtlingen aus Ungarn aufgenommen wurde, geschah dies als Teil der österreichischen pro-westlichen Politik des Kalten Krieges. Doch in der Bevölkerung akzeptiert waren die Ungarn-Flüchtlinge kaum, so dass sich die Regierung sehr bald darum kümmern musste, den UngarInnen in den Flüchtlingslagern Visa für Kanada und die USA zu verschaffen. Ähnliche Ablehnung erfuhren zuletzt die Flüchtlinge aus Bosnien und Kosovo, wobei es Verdienst des SPÖ-Innenministers war, dass kaum Flüchtlinge aus dem Kosovo nach Österreich gelangten.
Die sozialdemokratischen Innenminister der letzten 30 Jahre reglementierten und beschränkten in logischer Abfolge die Anwesenheit der "Fremden". Dem Ex-Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) kommt das Verdienst zu, die unterschiedlichen Gesetze zu einem Paket von "Fremdengesetzen" vereinheitlicht zu haben, die Österreich zu einem festen Bestandteil der "Festung Europa" machen und sichere EU-Außengrenzen gegen Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Slowenien garantieren. Innenminister Schlögl wurde dafür von Jörg Haider als "mein bester Mann in der Regierung" bezeichnet.
Der zunehmenden Hetze der FPÖ gegen AusländerInnen wurde nie entschieden entgegengetreten. Stets räumte die SPÖ ein, dass es zu "Problemen" mit AusländerInnen kommen könne und dass die "Ängste ernst genommen müssten".
Tragischer Höhepunkt der rechtsradikalen AusländerInnenhetze waren eine Briefbombenserie und ein Bombenanschlag auf eine Romasiedlung, bei dem 5 Menschen getötet wurden. Die 10 Briefbomben waren eine Reaktion auf die Verhaftung des Neonazis Gottfried Küssel und richteten sich 1994 gegen antirassistische JournalistInnen, in Österreich lebende AusländerInnen, den Wiener Ex-Bürgermeister Zilk und MitarbeiterInnen von NGOs und kirchlichen Vereinen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind. Obwohl die Bekennerbriefe ein Gemisch aus Geschichtsrevisionismus und rechtsextremer AusländerInnenhetze waren, sprachen die Behörden stets von einem "verrückten" Einzeltäter. 1998 schließlich wurde Franz Fuchs als Täter verhaftet. Er präsentierte sich zwar durch rassistische Parolen während seines Prozesses als Rechtsextremer, wurde aber von den Medien weiterhin als "Verrückter" behandelt. Franz Fuchs gab stets an, er wäre Mitglied einer Organisation, doch die Behörden behaupteten, diese Organisation wäre frei erfunden und schrieben dies seiner pathologischen Persönlichkeit zu. Jedenfalls wurde mit seiner Verhaftung die Anschlagserie beendet.
Besonders der mörderische Bombenanschlag in der Romasiedlung mobilisierte Zehntausende AntifaschistInnen, Liberale und Linke in ganz Österreich.
Auf dem Parteitag 1964 machte die FPÖ einen Schwenk, um aus der Isolation zu kommen. Der neue Parteiobmann Friedrich Peter, ein ehemaliger SS-ler, erklärte, dass "Nationale und Liberale in der FPÖ gemeinsam Platz haben."
Ab 1970 wurde die FPÖ besonders durch den SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky gefördert, der, wie schon einige seiner Vorgänger, in der FPÖ die Möglichkeit sah, das bürgerliche Lager zu spalten. Die FPÖ-Führung verhielt sich pragmatisch, ohne dass die Partei eine ideologische Veränderung durchgemacht hätte. Zwar gab es einige Parteiaustritte alter Nazis und einen Flügelkampf um Dr. Otto Scrinzi, der von sich selbst sagte: "Ich war immer rechts, auch in der NSDAP", doch die FPÖ blieb stabil. Der Druck der Bundespartei auf Scrinzi wuchs, doch in der Kärntner Landespartei, wo einige junge Rechtsradikale das Sagen hatten, wollte man sich nicht von ihm trennen.
Beim Parteitag 1980 kam es zum Kräftemessen zwischen dem liberalen und dem "nationalen" Flügel, bei dem sich Norbert Steger als Vertreter der Liberalen durchsetzte. Otto Scrinzi, Harald Ofner und der junge Jörg Haider attackierten die neue Parteiführung von Anfang an als "linksliberal". Steger konnte sein Ziel, die alten Nazis aus der Partei zu entfernen, nicht erreichen. Eine Programmdebatte, bei liberale Formulierungen wie der "Schutz ethnischer Minderheiten" durchgesetzt wurden, blieb folgenlos. Auch die Vergangenheitsbewältigung fand in der FPÖ nicht statt. 1985 holte der damalige FPÖ-Verteidigungsminister und Paradeliberale Friedhelm Frischenschlager den SS-Kriegsverbrecher Walter Reder persönlich am Wiener Flughafen ab und begrüßte ihn mit Handschlag. In aller Öffentlichkeit machte der FPÖ-Minister das Verhältnis seiner Partei zur NS-Vergangenheit deutlich. Die Nationalen in der FPÖ mobilisierten in der Folge gegen die liberale Parteiführung, durch Geheimverhandlungen und Intrigen gelang es Jörg Haider am Parteitag 1986, die Führung der FPÖ zu übernehmen. Im folgenden Jahr traten die Liberalen aus der FPÖ aus, darunter auch die früheren Parteiobmänner Friedrich Peter und Norbert Steger.
Obwohl die FPÖ noch in der Regierungskoalition mit der SPÖ war, agierte Haider bereits wie ein aggressiver Oppositionspolitiker. Jörg Haider konnte damit den Stimmenanteil der FPÖ bei den verschiedenen Wahlgängen bis auf etwa 20 Prozent erhöhen. Besonders die "Ausländerfrage" und die "Sicherung der Pensionen" sind die Themen, mit den Haider punkten kann.
1992/93 leitete die FPÖ eine Verschärfung der Auseinandersetzungen durch ein "Ausländervolksbegehren" ein, das die Immigration praktisch beenden und die Situation der in Österreich lebenden Flüchtlinge und ArbeitsmigrantInnen verschlechtern sollte. Die FPÖ nahm dabei durchaus auch Ausschreitungen in Kauf. Im Zuge der Volksbegehrenskampagne traten einige prominente FPÖ-PolitikerInnen aus der Partei aus und gründeten das "Liberale Forum (LIF)".[3]
GegnerInnen des Volksbegehrens brachten im Jänner 1993 die größte antirassistische Mobilisierung zustande, 250.000 Menschen nahmen in Wien an einer Kundgebung teil. Das Volksbegehren wurde zu einer Niederlage für die FPÖ: Jörg Haider erwartete 1,5 Millionen Unterschriften, erreicht wurden nur 417.000. Die FPÖ kündigte an, sie werde in der "Ausländerfrage" nicht locker lassen.
Jörg Haider griff in den vergangenen zwei Jahren immer wieder selbst in Personalentscheidungen in der Partei ein. Persönlichkeiten, die eine eigenständige Rolle zu spielen begonnen hatten, wurden rücksichtslos aus den Parteiämtern verdrängt. Hinter Jörg Haider steht heute eine FPÖ, die keine Intellektuellen oder ExpertInnen in ihren Reihen hat, dafür aber konsequent den Kurs vollzieht, den Haider vorgibt. Und dieser Kurs ist nicht selten ein Zickzack-Kurs: Etwa in der Haltung zur EU änderte die FPÖ schon mehrfach ihre Linie. Zu diesen Haider-AnhängerInnen gehören alle wichtigen ParteifunktionärInnen, aber auch die derzeitigen FPÖ-Minister.
Mehrere parteiinterne Finanzskandale und die öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen Jörg Haider und ehemaligen engen Vertrauten schadeten der FPÖ ebensowenig wie die Aussagen Jörg Haiders zum Nationalsozialismus. Bei den Nationalratswahlen 1999 erreichte die FPÖ 27 Prozent der Stimmen und wurde mit wenigen Stimmen Differenz zweitstärkste Partei hinter der SPÖ.
Die Partei umfasst heute nur etwa 55.000 Mitglieder (zum Vergleich: SPÖ weit mehr als eine Million, ÖVP ca. 500.000, bei 7 Millionen EinwohnerInnen Österreichs). Sie hat auch überhaupt keine Strukturen, in denen Mitglieder oder SympathisantInnen aktiv werden können.
Es ist der FPÖ bisher auch nicht gelungen, die WählerInnen auf Dauer für ihre Politik zu gewinnen (siehe oben: z.B. Ausländervolksbegehren). Das liegt daran, dass die FPÖ bisher bewusst als Alternative für ProtestwählerInnen, vor allem der SPÖ, agierte. Die WählerInnen der FPÖ kommen vor allem aus dem Kleinbürgertum und der ArbeiterInnenklasse (Jeder zweite Arbeiter wählte bei den letzten Wahlen FPÖ). Allerdings wechselten die Kernschichten der SPÖ, das sind die PensionistInnen, die besser gebildeten ArbeiterInnen und Angestellten, nicht zur FPÖ. 100.000 von ihnen gingen aus Protest gegen die SPÖ-Politik bei den letzten Wahlen gar nicht wählen, in Wien wechselten viele wegen der AusländerInnenpolitik der SPÖ zu den Grünen. Deshalb gibt es Teile Wiens, in denen die Grünen, die eine korrekte antirassistische Politik machen, zweitstärkste Partei wurden.
Als die SPÖ die Umverteilungspolitik der 70er Jahre aufgeben musste und zunehmend eine Austeritätspolitik verfolgt, die sich seit dem Maastricht-Abkommen noch verschärfte, begannen die ArbeiterInnen und Angestellten nicht wie anderen europäischen Staaten, aktiv Widerstand zu leisten. Sondern sie suchten sich nach Kreisky eine neue Identifikationsfigur, die ebenso selbstsicher, unkonventionell und aggressiv auftrat. Eben Jörg Haider.
Meinungsumfragen bestätigen immer wieder, dass viele FPÖ-WählerInnen Haider als "starke Opposition" schätzen, ihn aber nicht in der Regierung wollen. Das erklärt auch den Schock in Österreich, die breite Ablehnung der ÖVP-FPÖ-Koalition und die weitgehende Sympathie für die Demonstrationen der letzten Wochen.
Literaturauswahl:Czernin, Hubertus: Der Haider-Macher. Franz Vranitzky und das Ende der alten Republik. Ibera & Molden Verlag, Wien 1997Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Hg.): Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus. Deuticke, Wien 1994 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Hg.): Rechtsextremismus in Österreich nach 1945. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1979 Hautmann, Hans; Kropf, Rudolf: Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945. Europaverlag, Wien 1974 John, Michael; Lichtblau, Albert: Schmelztiegel Wien, einst und jetzt. Zur Geschichte und Gegenwart von Zuwanderung und Minderheiten. Böhlau, Wien 1990. Manoschek, Walter: "Serbien ist judenfrei". R. Oldenbourg Verlag, München 1993 Peterlini, Hans Karl: Bomben aus zweiter Hand. Zwischen Gladio und Stasi: Südtirols missbrauchter Terrorismus. Edition Raetia, Bozen 1992 Purtscheller, Wolfgang: Aufbruch der Völkischen. Das braune Netzwerk. Picus, Wien 1993 Scharsach, Hans-Henning: Haiders Kampf. Orac-Verlag, Wien 1992 Sieder Reinhard; Steinert, Heinz; Talos, Emmerich (Hg.): Österreich 1945 bis 1995. Gesellschaft-Politik-Kultur. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1995 Talos, Emmerich; Hanisch, Ernst; Neugebauer, Wolfgang: NS-Herrschaft in Österreich 1938-1945. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1988 Talos, Emmerich; Neugebauer, Wolfgang: Austrofaschismus. Beiträge über Politik, Ökonomie und Kultur 1934-1938. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1984 |
Natürlich gehört zu Jörg Haiders Politikverständnis auch ein "starker Staat". An die Wand gemalt wird eine überbordende Kriminalität, zunehmender Rauschgifthandel und Missbrauch der Sozialleistungen. Besonders im Schussfeld stehen dabei die AusländerInnen. Als Gegenmittel kennt die FPÖ Aufrüstung der Polizei, Repression und verschärftes Strafrecht.
Das Frauenbild der FPÖ deckt sich ebenfalls mit rechtsextremen Vorstellungen: Die Frau muss ihre natürliche Rolle in der Familie finden und vor allem Kinder gebären und großziehen.
Jörg Haider ist ein Rechtsextremist, der die FPÖ zu einer "Führerpartei" umstrukturiert hat, die sowohl ideologisch als auch in der Tagespolitik allein seiner Linie folgt. Alle Elemente des Rechtsradikalismus sind in Haiders öffentlichen Reden und in seiner politische Betätigung nachzuweisen. Seine Aussagen über die "ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich", die Verharmlosung und Umdeutung der KZ als "Straflager" und seine Sympathien für die "aufrechten" SS-ler sind gerichtsbekannt. Selbst das Oberlandesgericht Wien erkannte in seinen Entschuldigungen eine "Maßnahme politischer Taktik."
Ein spezielles Verhältnis hat Jörg Haider zum Nationalismus. Zwar erklärte er Österreich zur "ideologischen Missgeburt" und zeigt unverhohlen seine Sympathien für das "deutsche Volkstum". Allerdings gibt es in Österreich nach soziologischen Studien kaum mehr AnhängerInnen des Deutschnationalismus. Also setzt die FPÖ auf "Österreich-Patriotismus" und verwendet lieber den emotional besetzten Begriff "Heimat". Dieser Österreich-Nationalismus wurde auch in der Kampagne der FPÖ zum Hauptargument gegen einen EU-Beitritt. Haider selbst klärte in der rechtsradikalen Zeitschrift /Aula/ 1994 auf: "Kulturelles Bekenntnis zum Deutschtum" stehe nicht im Widerspruch "zu einer vorrangigen Verteidigung Österreichs".
Wirtschaftspolitisch steht Jörg Haider für einen radikalen Neoliberalismus. Er versuchte mit der "Flat-Tax" auch in die wirtschaftspolitischen Debatten einzugreifen, was ihm allerdings nicht gelungen ist. Die Maßnahmen der ÖVP-FPÖ-Regierungserklärung bringen den Widerspruch zwischen Haiders selbsternannter Rolle als "Anwalt des kleinen Mannes" und der politischen Praxis erstmals klar zu Tage. Hatte Haider noch eine Woche vor der Regierungserklärung getönt, eine Steuererhöhung ließe er nicht zu, sieht das Programm nun empfindliche Steuererhöhungen vor, die Haider als "notwendige Anpassungen" verteidigte.
Die Geschichte der FPÖ seit ihrer Gründung zeigt eine starke Wurzel im Nationalsozialismus, und sie zeigt auch eine ideologische Wandlungsfähigkeit. Sie ist heute eine rechtsradikale Partei, die einen starken Anteil an jugendlichen WählerInnen und WählerInnen aus der ArbeiterInnenklasse hat. Was ihr fehlt, sind breite organisatorische Strukturen. Die FPÖ-AnhängerInnen haben keine andere Möglichkeit sich politisch zu betätigen, als die FPÖ zu wählen. Sie sind zu einem großen Teil ProtestwählerInnen, die sich Haider ausschließlich als aggressiven Oppositionspolitiker wünschen, und sie stimmen nur mit Teilen seines politischen Programms überein. Die Gefährlichkeit der FPÖ liegt zum einen in ihrer Wandlungsfähigkeit, die eine noch weitergehende Radikalisierung nicht ausschließt. Sie liegt aber auch darin, dass sie als demokratische Partei Elemente rechtsextremer und faschistischer Politik gesellschaftsfähig und diskutabel macht. Das wird ihr umso besser gelingen, je länger sie sich an der Regierung beteiligen kann.
In den 70er Jahren bekämpfte v.a. die radikale Linke, in der die TrotzkistInnen eine führende Rolle innehatten, das öffentliche Auftreten von Neonazigruppen an den Universitäten. Auseinandersetzungen um bekanntgewordene Nazikriegsverbrecher wurden vor allem über die Medien geführt, eine Bewegung entstand daraus nicht.
Erst mit dem Waldheim-Wahlkampf verbreiterte sich die antifaschistische Bewegung erstmals. Tausende Menschen demonstrierten gegen die Verdrängung der Nazivergangenheit. Neue Komitees und Gruppen entstanden, die auch in den aktuellen Mobilisierungen noch eine Rolle spielen. Eine weitere Ausbreitung erlebte die Bewegung durch die Briefbombenattentate und die Morde an den Roma. Nach mehreren Demonstrationen nahmen 250.000 Menschen in Wien an einer Kundgebung teil (siehe oben). Es waren vor allem Linke, Grüne, Liberale, SozialdemokratInnen und überzeugte Christen, die an den antifaschistischen Kundgebungen teilnahmen. Auch ein Generationswechsel hatte stattgefunden: Eine große Anzahl an SchülerInnen und StudentInnen beteiligte sich an der Bewegung.
Seit die neue Regierung verhandelt wurde, reißen die Demonstrationen nicht ab. Noch während der Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP demonstrierten im November 1999 in Wien 12.000 Menschen gegen den Rassismus. Eine politisch neue Situation zeichnete sich ab, denn erstmals nahmen Gewerkschaften an einer antirassistischen Demo teil.
Als die ÖVP mit der FPÖ verhandelte, gingen 15.000 Menschen auf die Straße, um gegen eine "Koalition mit dem Rassismus" zu demonstrieren. Erstmals in der zweiten Republik konnte eine neue Regierung nicht den traditionellen Weg unter Applaus zwischen Bundeskanzleramt und Bundespräsidentschaftskanzlei gehen. Wegen Tausender DemonstrantInnen, die Jörg Haider mit Eiern bewarfen, musste die neue Bundesregierung durch einen unterirdischen Gang zum Bundespräsidenten gehen. Die antirassistische Bewegung begrüßte die Sanktionen der EU, Israels und der USA gegen Österreich, weil sie die ÖVP-FPÖ-Regierung schwächen.
Seit der Angelobung der ÖVP-FPÖ-Regierung finden täglich Demonstrationen vor allem jugendlicher AntifaschistInnen statt, die von den PassantInnen beklatscht werden. Die Sympathie für Demonstrationen ist ein völlig neues Phänomen in Österreich. Die Demonstrationen, die von keiner politischen Organisation dominiert oder gelenkt werden, beginnen spontan mit mehreren hundert Jugendlichen am Nachmittag. Sie demonstrieren dann bis zwei Uhr früh durch Wien, wobei die Anzahl der Menschen auf bis zu 7.000 anschwillt. In mehreren österreichischen Städten finden ebenfalls Demonstrationen statt, die die Zeitungs- und Fernsehberichte beherrschen. Ein Ende der Demonstrationen ist nicht abzusehen.
Wien, 8.2.2000
Der Autor ist Redakteur der Zeitung Die Linke.
[2] Kärnten ist ein Bundesland im Süden Österreichs, in dem eine slowenische Minderheit lebt. Die 42.000 slowenischsprachigen KärntnerInnen sind den Rechten besonders verhasst, weil sie während der NS-Diktatur einen großen Teil des antifaschistischen Partisanenkampfs stellten. Theoretisch sind ihre Minderheitenrechte durch den Staatsvertrag gesichert; in der Praxis werden ihnen viele Rechte vorenthalten, und das slowenische Schulwesen steht ständig unter dem Druck deutschnationaler Kräfte, auch in der SPÖ und ÖVP. Zu Beginn der 70er Jahre gab es gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen SlowenInnen und Deutschnationalen um das Recht auf zweisprachige Ortstafeln. Kärnten ist das Bundesland, in dem Jörg Haider Landeshauptmann [Ministerpräsident] ist.
[3] Das LIF vertritt eine konsequent neoliberale Wirtschaftspolitik, konnte aber durch erfrischende Forderungen v.a. in der Frauen- und Kulturpolitik auch Sympathien von Linken gewinnen. Das LIF fordert z.B. die Möglichkeit zur Ehe von Homosexuellen und die Beschränkung der Macht der katholischen Kirche. Bei den Nationalratswahlen 1999 verfehlte das LIF die 5-Prozent-Hürde und ist im Parlament nicht mehr vertreten.