Europäischer Forderungskatalog gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung
Derzeit werden soziale Sicherungssysteme und öffentliche 
Dienstleistungen abgebaut, die Arbeitsmärkte dereguliert, die 
tarifvertraglichen Schutzbestimmungen in den Arbeitsverträgen 
ausgehöhlt, die Einkommen in Frage gestellt - dies alles durch 
eine liberale Offensive, die sich in ganz Europa auf die Verträge 
von Maastricht und Amsterdam stützt.
In dieser Zeit nehmen die Kämpfe der Erwerbslosen zu; sie fordern 
mit Nachdruck eine Umverteilung des Reichtums. Ihre Forderungen 
müssen endlich auf allen Ebenen von den politischen und 
wirtschaftlichen Entscheidungsträgern gehört werden, auch 
auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft.
Hier sind einige der dringendsten Sofortforderungen, die wir den 
Erwerbslosen und den Menschen in ungeschützten 
Beschäftigungsverhältnissen, den abhängig 
Beschäftigten, den in Europa lebenden Menschen vorschlagen. Sie 
erfordern, um durchgesetzt zu werden, den gemeinsamen Kampf von 
Beschäftigten und Erwerbslosen, koordinierte, gemeinsame 
Aktionen, die über die Grenzen hinausreichen:
  -  Für ein Einkommen, das allen Menschen ein Leben in 
Würde ermöglicht, ohne Unterschied des Alters, 
Geschlechts, der Herkunft oder anderer Art. Während der 
Reichtum unaufhörlich wächst, leben Millionen Menschen in 
Europa unterhalb der Armutsgrenze. Wir fordern, daß jede und 
jeder das Recht auf ein garantiertes individuelles Einkommen hat, 
das dem Maß des von der Gesellschaft hervorgebrachten 
Reichtums entspricht.
  
-  Für eine massive, sofortige und konzertierte 
Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden überall in 
Europa, als ersten Schritt zur 32- oder 30-Stunden-Woche, mit 
Personalausgleich, ohne Verlust von Lohn bzw. Kaufkraft, ohne 
Flexibilisierung, ohne einen Jahresausgleich der Überstunden. 
Damit eine solche Arbeitszeitverkürzung neue 
Arbeitsplätze schafft, muß sie in allen Betrieben und 
allen Wirtschaftszweigen umgesetzt, durch Gesetze gestützt und 
von Maßnahmen begleitet werden, die die bisherigen 
Errungenschaften ausbauen.
  
-  Für die Schaffung einer Vielzahl von gesellschaftlich, 
kulturell und ökologisch nützlichen Arbeitsplätzen, 
zu tariflichen Bedingungen und Löhnen.
  
-  Gegen jede Art von Zwangsarbeit, auch unter dem Vorwand, 
Menschen wieder "in Arbeit" zu bringen oder 
"beschäftigungsfähig" zu machen; dadurch will 
man Erwerbslosen nur Arbeiten zu inakzeptablen Bedingungen 
aufzwingen.
  
-  Gegen die Aushöhlung von Tarifverträgen und die 
Lohnkonkurrenz; gegen erzwungene Teilzeitarbeit, gegen 
Entlassungen, gegen Überstunden.
  
-  Gegen jede Form von Diskriminierung, die Frauen den gleichen 
Zugang zu Arbeitsplätzen und Einkommen verbaut. Das verlangt 
u.a. auch die Bereitstellung von öffentlichen Einrichtungen 
wie Horte, Kindergärten u.a.
  
-  Für die europaweite Harmonisierung der Sozialsysteme und 
diesbezüglicher Forderungen; Angleichung der Verhältnisse 
an das jeweils höchste Niveau:
 -  Recht auf Gesundheit
 
-  Recht auf Wohnen
 
-  Recht auf Bildung, Ausbildung und Kultur
 
-  Recht der Jugendlichen auf ein Einkommen, einen Arbeitsplatz 
und auf Ausbildung
 
-  Recht auf Transport- und alle Kommunikationsmittel
 
-  Recht auf Energie, Strom, Gas, Wasser ...
 
-  Recht auf Rente
 
-  Gleichheit von Männern und Frauen
 
-  freier Verkehr der Personen
 
-  gegen die Kinderarbeit und die Ausbeutung der Arbeitskraft 
von ImmigrantInnen durch Schwarzarbeit
 
- gegen ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse 
...
 
-  Für die Anerkennung der Verbände und Organisationen 
der Erwerbslosen als Verhandlungspartner. Das Recht der 
Beschäftigten, sich gewerkschaftlich zu organisieren und ihre 
Belange selbst in die Hand zu nehmen und gemeinsam zu kämpfen, 
muß unantastbar sein.
  
-  Für ein demokratisches, offenes und solidarisches, 
für ein ökologisches Europa, ohne Diskriminierung und 
Rassismus, ohne Chauvinismus und mit offenen Grenzen, mit 
Bürgerrechten und politischen Rechten, die für alle dort 
Lebenden gleich sind. Papiere für alle!
Die Kämpfe gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte 
Beschäftigung und Ausgrenzung tragen dazu bei, daß die 
ungeheuren Ungerechtigkeiten einer kapitalistischen Gesellschaft ans 
Licht gezerrt werden, in der das Profitstreben einer winzigen 
Minderheit alle Bereiche des Lebens beherrscht.
Man will uns unsere heutige Lage als unausweichlich einreden, man 
ermahnt uns zu Geduld und Unterordnung. Wir hingegen wollen, durch 
unsere Kämpfe und unsere Forderungen, TrägerInnen einer 
neuen Hoffnung und einer neuen Perspektive sein: die Abschaffung der 
Arbeitslosigkeit, eine freie und gerechte Gesellschaft in der Zukunft, 
ein Europa und eine Welt, in der Wirtschaft und Politik den Menschen 
dienen, nicht umgekehrt, und wo alle an den großen 
Entscheidungen des öffentlichen Lebens beteiligt sind.
Europäische Konferenz gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte 
Beschäftigung und Ausgrenzung
Brüssel, 19. April 1998
Internationales Sommertreffen
Das griechische Komitee des Netzwerks der Euromärsche (zu dem 
mehr als 1200 kleine und große Organisationen und Bewegungen aus 
den 15 Mitgliedsstaaten der EU gehören) lädt zu einem 
europaweiten Treffen in Griechenland vom 31. August bis zum 
6. September ein, im Strandhotel AKTI PHILIPPEION in Halkidiki, 
(bei Ormylia, Bucht von Psakoudia), 60 km von Thessaloniki.
Ziel ist es, ein erstes Treffen zwischen griechischen und 
westeuropäischen Linken Gewerkschaftern und politisch Aktiven 
zustande zu bekommen, um Erfahrungen und Meinungen im Hinblick auf die 
Probleme auszutauschen, vor denen Gewerkschaften und soziale 
Bewegungen in Westeuropa heute stehen. Es sollen auch Vertreter von 
Gewerkschaften und sozialen Bewegungen aus Balkanländern 
dazustoßen - und dies alles in einer angenehmen Umgebung, die 
auch Ruhepausen am Strand erlaubt ...
Als Themen sind vorgesehen: Sparpolitik und Erwerbslosigkeit; 
Auflösung des Sozialstaats und Alternativen; europäische und 
nationale Programme für Arbeit und Gegenvorschläge; 
Privatisierung und Erwerbslosigkeit in Ost- und Westeuropa; Festung 
Europa: ImmigrantInnen, Rassismus und Erwerbslosigkeit; Frauen und 
neoliberale Politik; Jugend und soziale Ausgrenzung; Balkan: 
Wiedergeburt der Gewerkschaftsbewegung und Einheit der Arbeitenden 
jenseits nationaler Spaltungen. Es werden etwa 100 TeilnehmerInnen aus 
Griechenland erwartet, 50 vom Balkan und 100 aus dem übrigen 
Europa. Übernachtungskosten im Hotel ca. DM 34, auf dem 
Campingplatz DM 7 pro Person.
Anmeldung bis Anfang Juli an: 
Greek Committee of the Euromarches network, 62 Academias street, 5th 
floor, GR-10679 Athen; Tel.: 0030-1-3619.513-4, Fax: 0030-1-3619.610; 
E-Mail: <rozamit@internet.gr>.
Dieser Artikel erscheint in Inprekorr 
Nr. 321.