Nein zur NATO-Aggression! Selbstbestimmung für Kosova!

Wenige Tage nach Beginn der NATO-Angriffe auf Jugoslawien gab die OKDE, die griechische Sektion der Vierten Internationale, folgende Erklärung heraus.

Die NATO-Angriffe sind eine mörderische Attacke auf die Völker Jugoslawiens. Die US-Regierung kann sich nicht einmal mehr auf den Vorwand einer UN-Resolution stützen, um ihre Aggression zu rechtfertigen. Es wäre völlig naiv zu glauben, daß der Angriff aus "humanitären Gründen" erfolgt. Die amerikanischen Imperialisten und ihre NATO-Verbündeten intervenieren, um ihre geostrategischen und ökonomischen Interessen in der gesamten Region durchzusetzen. Es geht um die noch nicht erschlossenen Märkte Osteuropas und die Neuaufteilung von Einflußsphären bis hin zum Schwarzen und Kaspischen Meer. Die imperialistischen Mächte wollen unter Beweis stellen, daß sie fähig sind, den Völkern ihre Politik, die auf ein kontrollierte Stabilisierung in ihren Sinn abzielt, aufzuoktroyieren.

Der unkontrollierte Konflikt in Kosova paßt nicht in ihr Konzept, weil sie die politische Instabilität in Osteuropa fürchten. Die Erinnerungen an den albanischen Aufstand 1997, an die großen Demonstrationen des gleichen Jahres in Serbien gegen das Milosovic-Regime und die dadurch verursachte politische Krise sind noch lebendig. Das Hauptmotiv der imperialistischen Bombardierungen besteht darin, eventuellen gesellschaftlichen Eruptionen zuvorzukommen, weil sie die Eigenaktivität und die Mobilisierungen der Völker fürchten und weil sie nicht wollen, daß die Völker selbst über ihre Zukunft entscheiden.

Die Bombardierungen treffen nicht Milosevic, wie die NATO behauptet, sondern die Bevölkerung Jugoslawiens. Die meisten Opfer sind unter der Zivilbevölkerung zu finden, die Bomben fallen auf Städte und Dörfer, die Zerstörungen verursachen Überlebensschwierigkeiten vor allem für die ärmsten und schwächsten Bevölkerungsschichten.

Die Bombardierungen sind nicht dazu geeignet, die albanischen KosovarInnen zu retten - ganz im Gegenteil! Die gewaltsame Auferlegung der Vereinbarungen von Rambouillet bedeutet den Grabstein auf die Forderungen nach Selbstbestimmung für die KosovarInnen und gleichzeitig die Entwaffnung und die Auflösung von Milizen. Durch den NATO-Angriff wird Milosevic in Serbien gestärkt, und er erhält die Gelegenheit, offen zur "ethnischen Säuberung" der KosovarInnen überzugehen. Diese Säuberung wird nun in rapidem Tempo vorangetrieben. In krassem Gegensatz zu den Behauptungen der Regierungen und der NATO-Sprecher beschleunigen die Bombardierungen diese Entwicklung in fataler Weise, statt sie zu stoppen. Besonders die Bombardierungen Kosovas helfen den faschistischen paramilitärischen serbischen Einheiten, die KosovarInnen zu vertreiben und zu zwingen, ihr Land unter katastrophalen Bedingungen zu verlassen. Die NATO aus der Luft, Milosevic auf dem Boden: das perfekte Verbrechen!

Die provokative Art, mit der sich die imperialistischen Mächte über die Entscheidungsbefugnis des UN-Sicherheitsrates hinweggesetzt haben, enthält eine deutliche Botschaft an alle Völker der Welt: Die führenden kapitalistischen Länder beanspruchen die Kontrolle über die weltweiten Märkte und die uneingeschränkte politische Herrschaft für sich selbst!

Obwohl die europäischen Regierungen anfangs etwas ratlos waren, da sie am Rande der Entwicklungen standen, zögerten sie keine Sekunde, die Bombardierungen zu billigen und aktiv an ihnen teilzunehmen. Die europäische Sozialdemokratie und die "Mitte-Links-Regierungen", die besten Sachwalter der kapitalistischen Vereinigung Europas, zeigen ihr wahres Gesicht. Ihre Repräsentanten Blair, Schröder, Jospin bis hin zur französischen PCF und den deutschen Grünen haben die heuchlerischen Erklärungen über "Frieden", "Sicherheit", "Völkerrecht" etc. in den Papierkorb geworfen, um sich ihren Anteil an der "Siegesbeute" zu sichern und ihre Politik der Währungsunion und des Euro zu decken.

Die griechische Regierung versucht, ihre besondere Stellung auszunutzen und als Vermittler zwischen NATO und Milosevic zu fungieren. In Worten verurteilt sie die Bombardierungen, in Wirklichkeit beteiligt sie sich vorbehaltlos an den Operationen der NATO. Da die griechische Bourgeoisie in der Region des südlichen Balkans Führungsmacht werden und ihre Politik der ökonomischen Durchdringung fortsetzen möchte, steht sie entschlossen auf der Seite der NATO-Aggressoren.

Nach unserer Überzeugung ist es ausschließlich die Sache der arbeitenden Bevölkerung Jugoslawiens selbst, Milosevic zu stürzen. Nur sie und nicht die NATO-Imperialisten werden in der Lage sein, die Frage der Autonomie und der Unabhängigkeit der KosovarInnen zu lösen.

KAPITALISMUS UND KRIEG

Der ganze Balkan droht immer mehr in den Krieg hineingezogen zu werden. Die arbeitenden Menschen erkennen immer deutlicher, daß die wohltönenden Erklärungen der herrschenden Klasse über den angeblich organischen Zusammenhang zwischen Marktwirtschaft und Demokratie vollkommen hohl sind. Die Illusionen werden sich Schritt für Schritt in Luft auflösen. Die wahre Natur der kapitalistischen Herrschaft tritt deutlich zu Tage. Die Weltkriege des 20. Jahrhunderts waren nicht einfach Wahnsinn, sondern ursächlich mit dem Wesen der kapitalistischen Gesellschaft verknüpft. Die schwere Wirtschaftskrise hat ihren Grund in der Überakkumulation von Kapitalien, die wegen des Falls der durchschnittlichen Profitrate nicht produktiv investiert werden können. Daraus ergibt sich der Zwang zur Globalisierung, d.h. die absolute Freiheit des Kapitaltransfers zwecks Erhöhung der Profitabilität, indem der gesellschaftliche Mehrwert verschiedener Nationalstaaten über die Börsen und Staatsanleihen aufgesaugt wird. Das internationale Kapital und die multinationalen Konzerne machen sich dabei Staatsaufteilungen, Grenzveränderungen und die Schwäche der nationalen Regierungen zunutze.

In den einzelnen Ländern und weltweit bremst die Existenz der Rüstungsindustrie vorübergehend die Krise, verschärft sie aber langfristig. Im Krisenperioden reicht es nicht mehr aus, die Rüstungsgüter zu ersetzen, es wird notwendig, sie durch Gebrauch zu vernichten. Die Folge sind Dutzende von regionalen Kriegen, die derzeit den Planeten Erde erschüttern. Die NATO hat ihre Mitgliedsländer dazu verpflichtet, mindestens 3% des BSP für die Rüstung aufzuwenden. Teile der herrschenden Klasse in jedem Mitgliedsland erzielen horrende Extraprofite durch die Provisionen, die sie als Vermittler zwischen der Rüstungsindustrie und den Regierungen erhalten.

Die Kriegstreiber, ihre Journalisten, "wissenschaftlichen" Berater und Analytiker, die in ihrem Sold stehen, stellen sich als Verteidiger der territorialen Souveränität und der Rechte der Nation dar, nur um die Abwicklung der Rüstungsprogramme zu garantieren, die zu gegebener Zeit Tausende von Werktätigen in verkohlte Leichen und die Losung "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" in "Schlachtet euch ab! Macht euch nieder!" verwandeln. Was die ArbeiterInnen produziert haben und sich die Bourgeoisie angeeignet hat, muß zerstört werden, damit das System weiter bestehenbleibt. Der Klassenkampf muß pervertiert werden, der Krieg seinen Lauf nehmen.

DIE URSACHEN DES KONFLIKT IN KOSOVA

Die Ursachen des Kosova-Konflikts gehen schon auf die Gründung der jugoslawischen Föderation zurück. Die Weigerung der Bürokratie, eine Lösung auf Basis des demokratischen Willens der Bevölkerung zu finden, sowie die Mißachtung der Recht durch die Feilscherei mit den Nachbarstaaten hatten zur Folge, daß den KosovarInnen ein Regime von Unterdrückung und Willkür aufgezwungen wurde.

Die Beseitigung der Autonomie Kosovas und der Vojvodina durch Milosevic 1989 und ihre Eingliederung in den serbischen Staat wurden zum Wendepunkt. Um den Widerstand der KosovarInnen zu brechen, wurde der Belagerungszustand verhängt. Ein Apartheidsystem wurde etabliert, alle albanischen Angestellten des öffentlichen Dienstes entlassen, albanische Schulen geschlossen, die albanische Sprache aus den Staatsinstitutionen verbannt und all dies in einer Region mit einem albanischen Anteil von 90%.

Die Ereignisse der beiden letzten Jahre waren zweifellos besonders erschütternd. 2.000 Menschen wurden getötet , Hunderte von Dörfern von schweren Waffen beschossen und verbrannt. 300.000 KosovarInnen wurden zu Flüchtlingen. Was sich in Kosova abspielte, war ein nicht-erklärter Krieg, in dem die eine Seite über eins der größten Waffenarsenale Europas und die andere über einige Gewehre und Panzerfäuste verfügte.

Vor den NATO-Angriffen hatte sich jedoch eine wichtige Veränderung ergeben, nämlich die Verschiebung des politischen Klimas unter den KosovarInnen, die sich zunehmend von der passiven Haltung Rugovas distanzierten, der bis vor 2 Jahren als ihr unumstrittener Sprecher galt. Sie begannen, sich auch militärisch zu organisieren, und damit wurde ihre Forderung nach völliger politischer Unabhängigkeit akut.

Die Befreiungsarmee Kosovas (UCK) ist heute die entscheidende politische und militärische Organisation der KosovarInnen und einziges Organ ihrer Selbstverteidigung. Die Stärkung der UCK ist vor allem auf das Scheitern der Politik Rugovas zurückzuführen, die in keiner Weise geeignet war, ein Gegengewicht zur aggressiven Politik des Belgrader Regimes zu schaffen. Die UCK hat kein vollständiges politisches Programm und definiert sich vor allem über die politische Unabhängigkeit Kosovas und den bewaffneten Widerstand gegen die serbischen Sicherheitskräfte. Sie bleibt nationalistisch orientiert und unterliegt politischer Verwirrung. In ihren Reihen finden sich prowestliche, proalbanische und stalinistische Kräfte. Die UCK bemüht sich vorwiegend, reguläre Truppen aufzustellen und unterschätzt die Bedeutung des politischen Kampfes sowie die Notwendigkeit, den Kontakt und die Solidarität mit den serbischen Werktätigen in Kosova, aber auch in Serbien herzustellen.

Der serbische Nationalismus rechtfertigt die Unterdrückung der KosovarInnen mit der Behauptung, Kosova stelle die "Wiege Serbiens" dar. Hinter den mittelalterlichen Nationalmythen und Phantasiewelten verbirgt sich die Realität der wertvollen Metalle und Bodenschätze der Region. Kosova ist von höchster Bedeutung für die mafiaartige Führungsclique, die Staat und Wirtschaft Serbiens derzeit verwaltet. Kosova verfügt über die wichtigsten Bodenschätze Serbiens, u.a. werden Braunkohle, Magnesium, Quecksilber, Silber, Gold und Zinn gefördert. Die Region verfügt über die modernsten Bergwerksanlagen des früheren Jugoslawien. Der technologischen Modernisierung stehen die Verelendung, die Arbeitslosigkeit und die Unterdrückung gegenüber.

Milosevics Politik muß also vor diesem Hintergrund gesehen werden. In Belgrad zirkulieren bereits Überlegungen, in denen es um die Aufteilung Kosovas geht, wenn Serbien den nördlichen Teil mit den Bergwerken behalten kann. Ein entscheidender Faktor in den künftigen Entwicklungen wird die soziale und politische Situation in Serbien bleiben. Eine gerechte und tragbare Lösung für die nationalen Probleme Kosovas setzt die Existenz und Stärkung der Arbeiter- und antinationalistischen Opposition in Belgrad voraus.

DIE IMPERIALISTISCHE INTERVENTION UND RAMBOUILLET

Die imperialistischen Mächte verhielten sich in der Kosova-Frage ähnlich wie schon zuvor in Bosnien. Nachdem sie jahrelang in der Zuschauerrolle verharrten, entschieden sie sich für die Intervention, um als "Friedensstifter" und "Schutzmächte" aufzutreten. Das bedeutet nicht, daß sie ihre Auffassungen umstandslos und ohne Schwierigkeiten durchsetzen können oder auch nur als geeinte und geschlossene Front dastehen, auch wenn es vorläufig so aussieht.

Die Verhandlungen von Rambouillet, die anläßlich des Massakers von Racak begannen, und die Vereinbarungen, zu denen sie führten, hatten zum Ziel, den Ereignissen zuvorzukommen, bevor sie unkontrollierbar wurden. Der vom Vertrag gesteckte Rahmen ist von den Interessen des Imperialismus, der kategorischen Ablehnung der Unabhängigkeit Kosovas sowie der Entwaffnung und Auflösung der UCK bestimmt. Keineswegs zufällig provozierten die Verhandlungen die Spaltung der Delegation Kosovas, und zwar nicht nur zwischen der UCK und Rugova, sondern auch innerhalb der UCK. Die Unterschrift seitens der UCK ist gleichbedeutend mit dem Verzicht auf das Selbstbestimmungsrecht für die KosovarInnen.

Der "Friedhofsfrieden" nach dem Vorbild von Dayton, den die westlichen Regierungen vorbereiten, bietet den KosovarInnen keinerlei Perspektive. Die imperialistische Intervention wird wahrscheinlich entweder zur Errichtung eines NATO-Protektorats oder zur Aufteilung in eine von der NATO und eine serbisch beherrschte Zone führen.

Das griechische Kapital hat bedeutende Interessen in der Region und damit Anlaß, sich um die Entwicklungen Sorgen zu machen. Nach dem Ende des Bosnienkrieges haben griechische Unternehmen in Serbien und Kosova erfolgreich Fuß gefaßt und die besonderen Beziehungen zu Jugoslawien ausgenutzt. Das staatliche Fernmeldeunternehmen OTE, die Nationale Bank, Kokkalis, Delta, Viochalko und andere haben Firmen aufgekauft oder neu gegründet, um die billige Arbeitskraft auszubeuten. Die wichtigste Investition war die Übernahme der Bergwerke von Trepca durch die "Mytilinäos AG". In diesem Bergwerk hat das Milosevic-Regime nach der Beseitigung der Autonomie 13.000 Beschäftigte entlassen und das Werk damit praktisch stillgelegt. Der Verkauf verstieß auch formal gegen bestehende Gesetze, da das Werk rechtlich immer noch den MitarbeiterInnen gehört, die natürlich nicht gefragt wurden. Bis heute versucht die unabhängige Metallarbeitergewerkschaft, das Überleben ihrer Mitglieder zu organisieren, und fordert ihre Wiedereinstellung. In einem Aufruf an die griechischen Gewerkschaften bittet sie um deren Unterstützung in ihrem gerechten Kampf.

EUROPA, DIE LINKE UND DIE NOTWENDIGKEIT DER SELBSTBESTIMMUNG

Der imperialistische Angriff auf Jugoslawien fördert auch wieder den wahren Charakter der Europäischen Union zu Tage. Trotz der Gegensätze und der Konkurrenz zu den USA ist die anvisierte Vorherrschaft des US-Imperialismus in Eurasien auch das Ziel eines europäischen Deutschlands oder eines deutschen Europas.

Der Verwirklichung dieser Ziele dient die Zerstückelung Jugoslawiens, der früheren Sowjetunion und Rußlands. Die Eingliederung von Ländern des ehemaligen "realen Sozialismus" schließt einen weiteren Ring in der Einkreisung Rußlands durch das imperialistische Militärbündnis. Die ersten russischen Reaktionen sind bereits wahrnehmbar, und aufgrund des besonderen demographischen und militärpolitischen Gewichts Rußlands nehmen die Gegensätze zu. Gegen den Willen der westeuropäischen Regierungen, aber auch aufgrund ihrer kurzsichtigen Politik treiben die Entwicklungen objektiv die soziale und politische Destabilisierung ganz Europas voran..

Was Griechenland betrifft, ist festzustellen, daß PASOK die konsequent arbeiterfeindliche Politik mit der gleichen Härte wie Nea Dimokratia durchführt, aber auch außenpolitisch vorbehaltlos die Interessen der herrschenden Klasse verfolgt. Die heuchlerische serbenfreundliche Rhetorik einiger Parteiführer zielt darauf ab, gegebenenfalls eine Vermittlungsfunktion zu übernehmen, um die Interessen des griechischen Kapitals gegenüber der orthodoxen serbischen Bevölkerung sowie in der ganzen Region des Südbalkans und in der früheren Sowjetunion noch besser zur Geltung zu bringen.

Die Haltung der KP Griechenlands (KKE) beschränkt sich auf einen Antiimperialismus, der das Recht auf Selbstbestimmung negiert, weil dies mit der Politik des Status quo unvereinbar ist. Die KKE befindet sich damit im selben Lager mit der gefährlichen Seuche des griechischen antiimperialistischen Nationalismus, der den hochaggressiven Chauvinismus des Milosevic-Seselj-Regimes bedingungslos unterstützt.

Solange die institutionalisierte Linke unfähig ist, den Nationalismus der Unterdrücker von dem der Unterdrückten zu unterscheiden, solange sie nicht die Bourgeoisie dafür angreift, daß diese die Grenzen nicht als gegeben betrachtet, sondern bei geeigneter Gelegenheit zu revidieren versucht, solange sie nicht das Recht der Nationalitäten anerkennt, frei über ihre soziale und institutionelle Existenz zu entscheiden, kann sie in keiner Weise die größeren ökonomischen Zusammenschlüsse fördern, die der Sozialismus erfordert, kann sie nicht die Verbrüderung und die Solidarität der Völker erreichen, kann sie nicht zur Überwindung des Nationalismus beitragen, der die Minderheiten als Problemfälle oder Feinde betrachtet, kann sie dem Tollhaus der Nationalismen des Balkans keinen wirklichen Kampf liefern.

DIE INTERNATIONALISTISCHE AUFFASSUNG

Die Haltung der revolutionären MarxistInnen zur nationalen Unterdrückung muß konkret sein und darf sich nicht damit begnügen, allgemeine Formeln über die Lösung der Probleme in einer zukünftigen sozialistischen Gesellschaft vorzubringen. In der Kosova-Frage müssen die Linke und die Arbeiterbewegung das Recht der KosovarInnen auf Selbstbestimmung in der Form, wie sie es selbst für richtig halten, unbedingt verteidigen. Nur die freie Ausübung aller Rechte kann die nationale Emanzipation wirklich garantieren. Nur durch die Beseitigung der nationalen und kulturellen Diskriminierung können die Unterdrückten zum Kampf gegen die sozialen und Klassenschranken in ihrem Land übergehen und Bündnisse mit der Arbeiterbewegung der benachbarten Länder herstellen.

Gleichzeitig ist klar, daß jede imperialistische Intervention nur ungerechte Lösungen bietet und die betroffenen Regionen in permanente nationale Konfliktherde verwandelt. Es hat sich auch in jüngster Vergangenheit immer wieder gezeigt, daß überall dort, wo durch die Diplomatie eine Politik im Interesse des internationalen Kapitals auf Kosten des Willens der Bevölkerung und der demokratischen Prinzipien durchgesetzt wurde, dauerhafte Spannungs- und Konfliktzonen entstehen wie in Palästina, Zypern, Irland und Bosnien-Herzegowina. Ebenso darf die Kosova-Frage nicht ausschließlich vor dem Hintergrund der Aktivitäten der imperialistischen Staaten gesehen werden, wie es fast die gesamte griechische Linke tut, um so die Unterdrückung und die Vertreibung der KosovarInnen einfach zu ignorieren.

In Kosova und Serbien fehlen heute weitgehend die politischen Kräfte, die sich auf Internationalismus und Antikapitalismus beziehen. Darum hat der Aufbau einer internationalen Solidaritätsbewegung, die sich sowohl gegen nationale Unterdrückung und Nationalismus als auch gegen die imperialistische Intervention richtet, besondere Bedeutung.

Wenn die europäische Linke und die Arbeiterbewegung nicht in der Lage sind, Solidarität zu organisieren, dann werden die unterdrückten KosovarInnen weiterhin Hilfe von der "amerikanischen Diplomatie" erwarten und die antinationalistische Opposition in Serbien isoliert bleiben.

Die Losung der revolutionären SozialistInnen für eine sozialistische Balkanföderation erweist sich als die einzig realistische Lösung und erfordert

Nicht die "Verteidigung der Grenzen", die sowieso samt und sonders aufgrund historischer Ungerechtigkeiten gezogen wurden, sondern die tatsächliche Vereinigung der Arbeiterklasse und der Unterdrückten aller Balkanländer im Kampf gegen die Kriegsverheerungen, die die Politik der herrschenden Klassen mit sich bringt, steht auf der Tagesordnung.

OKDE-Spartakos, griechische Sektion der Vierten Internationale, 5.4.1999
Übersetzung: Andreas Kloke

Kontakt per E-Mail: <okde_spartakos@yahoo.com>.


Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 331.