Dies ist der erste von drei Teilen des Textes "Einige Anmerkungen zur Lage des Landes" von der Revolutionären ArbeiterInnenpartei der Philippinen (RPMP). Der Text wurde im August 2000 durch einen Vertreter der RPMP-Leitung der Nationalen Jugend- und Studierenden-Konfererenz der RPMP vorgelegt, die irgendwo auf einer der Inseln Visayas stattfand. Der Text wurde aus Platzgründen gekürzt.
RPMP
Die Philippinen leiden gegenwärtig unter einer tiefen ökonomischen und politischen Krise. Beide Krisenaspekte haben sich gegenseitig verstärkt und zu der intensiven Krise dieser Tage geführt. Die wirtschaftliche Lage sieht sehr trostlos aus und bis zum Ende des Jahres wird auch kein Licht am Ende des Tunnels sichtbar sein. Die Probleme auf Mindanao haben wesentlich zur Vertiefung der nationalen Krise beigetragen. Das Krisenmanagement der Estrada-Regierung hat sogar mehr Probleme geschaffen als es kurz- oder langfristig hat lösen können.
Niemals zuvor in der Geschichte des Landes, mit Ausnahme der letzten Tage der Marcos-Diktatur, haben nennenswerte Teile der herrschenden Klasse so einmütig die Regierungsfähigkeit einer amtierenden Administration in Frage gestellt wie heute. Selbst die Führung sowohl der katholischen als auch der protestantischen Kirche hat die Methoden der Estrada-Regierung in der Behandlung der nationalen Probleme, vor allem im Mindanao-Konflikt, nachhaltig angezweifelt und ihr immer mehr Widerstand entgegengebracht. Offensichtlich beobachten auch die politischen Entscheidungsträger der USA aufmerksam die Ursachen und Wirkungen des wachsenden Verlustes der Massenunterstützung für die Estrada-Regierung.
Gleichzeitig sind große Teile der Bevölkerungsmassen, vor allem die ArbeiterInnen, Bauernfamilien, die halb-proletarischen Unterschichten und sogar die einfachen Beschäftigten im privaten und öffentlichen Dienstleistungssektor am stärksten von der Krise betroffen. Die Auswirkungen ihres "Globalisierungsprogramms" haben die Regierung zunehmend hilflos und repressiv werden lassen und gleichermaßen zu einem kontinuierlichen Anstieg der Erwerbslosigkeit und Unterbeschäftigung geführt. Die Umwandlung der Bodennutzung hatte die Vertreibung der Bauern und LandarbeiterInnen zur Folge, die damit das Millionenheer der industriellen Reservearmee verstärkten und eine Situation der Wehrlosigkeit gegenüber der Ausbeutung durch die Unternehmer schufen.
Die kombinierten Auswirkungen der "Globalisierungspolitik" durch Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung erzeugten das wachsende Handelsdefizit, die steigende Inflationsrate und die Abwertung der Landeswährung. Die wirtschaftlichen Fundamente, die in der zweiten Jahreshälfte 1997 dem Land noch halfen, der asiatischen Finanzkrise zu trotzen, wurden durch das Missmanagement geschwächt. Diese Tatsachen haben die philippinische Wirtschaft zu einer der schwächsten in Ostasien werden lassen.
Die gegenwärtige Situation im Land birgt eine ausgezeichnete Gelegenheit für alle fortschrittlichen und revolutionären Gruppen und Parteien, sich in den Kämpfen für soziale Reformen an die Seite der Massen zu stellen. Eine wirklich revolutionäre Gruppe oder Partei kann diesen Kämpfen eine richtige politische Führung geben, um die Mechanismen des reaktionären Staates und seines Hauptunterstützers, des US-Imperialismus, noch weiter zu schwächen.
Die aktuelle Situation im Land ist auch günstig, um den demokratischen und antiimperialistischen Kampf auf eine höhere Ebene zu bringen. Dabei sollten die Rolle der ArbeiterInnenklasse, der Volksgruppen und der verschiedenen Sektoren innerhalb und außerhalb des Landes geklärt werden. Ihre Fähigkeit, Kämpfe zu führen und deren Richtung zu beeinflussen sollte ausgebaut werden. Auch die Verbindungen zu einer wirklich internationalen Bewegung sollten gestärkt werden.
Zwei Jahre nach der Wahl von Estrada zum Präsidenten gibt es keinen klaren und schlüssigen Plan zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Seine Parolen zur Schaffung von Arbeitsplätzen und ausreichend Lebensmitteln sowie für mehr Wohnungen und Lebensunterhalt blieben vom ersten Tag an bis heute nur leere Worte. Dies wurde in der Erklärung zur Lage der Nation vom 24. Juli 2000 deutlich, in der Estrada zum zweiten Mal dieselben Parolen verkündete. Diesmal allerdings in der Mindanao-Angelegenheit verpackt: Mindanao wurde als Brotkorb des Landes deklariert, ein neuer Start würde von Mindanao ausgehen und so weiter.
Die Wirtschaft wird gegenwärtig von oben bis unten falsch geführt. Fast alle Gefolgsleute der Marcos-Herrschaft sind an die Macht zurückgekehrt und holen sich oder fordern ihre verloren gegangenen oder aufgegebenen Geschäfte und sonstigen Profitquellen zurück. Heute haben sie zudem nicht nur ihre Geschäfte und ihren Reichtum zurück bekommen, sie haben sie auch noch ausbauen können dank der Präsidentschaft Estradas. Diese neue Machtclique hat bereits fast alle lebenswichtigen Industrien des Landes monopolisiert: von der Kunststoff- und Lebensmittelindustrie, über den Immobilienbesitz, die Kommunikationsindustrie, die Wasser- und Stromversorgung, das Verkehrswesen bis zu den Banken. Sie trauten sich sogar, den Börsenhandel durch Insider-Geschäfte zu manipulieren, aber sie waren so ungeschickt, dass sie sogleich entlarvt wurden (wie im Fall von Best World Resources, wo enge Freunde von Estrada in Betrugsgeschäfte an der nationalen Börse verwickelt waren).
Solch eklatantes volkswirtschaftliches Missmanagement war der Hauptgrund für den großen Rückgang beim Zufluss von Kapitalanlagen. Ab Juni dieses Jahres betrugen die Kapitalinvestitionen nur 500 Millionen US-Dollar, verglichen mit einer Milliarde US-Dollar im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Gegen Ende der ersten Augustwoche sanken die Investitionen um 70 Prozent, auf mit 300 Millionen US-Dollar den niedrigsten Stand des Jahres. Das heißt, dass die in- und ausländischen Investoren das Vertrauen in einen korrekten Handel an "unseren" Börsen verloren haben.
In einigen Orten beschweren sich deshalb die Teile der herrschenden Elite, die nicht von Estrada begünstigt werden. Und selbst die Kirchenführung schreit auf, dass "die Spielregeln bei den Geschäften nicht für alle gleich" seien. Sogar die internationalen kapitalistischen Finanzinstitutionen, wie die Asiatische Entwicklungsbank oder die Weltbank haben die Estrada-Regierung kritisiert, weil sie kein Klima für "ehrlichen" Handel schaffen konnte und damit neue Anleger verschreckte. Darüber hinaus zeigte die Untersuchung der beiden Institutionen, dass die Kluft zwischen Reich und Arm auf den Philippinen angewachsen ist. Konkret enthüllt die Studie, dass auf den Philippinen fünfzehn Familien 55 Prozent der Unternehmen des Landes beherrschen. Die "Globalisierungspolitik" mit Deregulierung, Privatisierungen und Liberalisierung schuf für diese Familien ausgezeichnete Möglichkeiten, ihre Geschäftstätigkeiten auf alle Arten und Sektoren auszudehnen; fast ohne Beschränkungen, wodurch die Klein- und Mittelbetriebe verdrängt wurden. Fast alle konnten problemlos Über die nationalen Grenzen hinaus wachsen, dank der kleinen Hilfe ihres Freundes im Präsidentenpalast.
Die wichtigsten Indikatoren zeigen einen andauernden wirtschaftlichen Niedergang an:
Für das Bruttosozialprodukt (BSP) hatte die Regierung für dieses Jahr ein Wachstum von 4,5 Prozent angestrebt. Ab Juli 2000 erklärten die sogenannten Experten der Estrada-Regierung, dass das BSP maximal um 3,9 Prozent zunehmen würde. Angesichts des fast zweiprozentigen Wachstums der Bevölkerung und der großen Rolle, die der Arbeitskräfteexport für die Wirtschaft spielt, bedeuten diese angeblichen 3,9 Prozent BSP-Wachstum fast gar nichts. Mit realen Maßstäben gemessen, steckt dahinter ein Nullwachstum der philippinischen Wirtschaft für dieses Jahr.
Die aktuelle Währungsrelation zwischen US-Dollar und philippinischem Peso (PhP) schwankt zwischen 44,6 und 45,5 PhP für einen Dollar. Volkswirtschaftliche Untersuchungen sagen jedoch für Ende dieses Jahres eine Tauschrate von eher fünfzig PhP für einen Dollar voraus. Die Regierung macht dafür folgende Gründe verantwortlich: Der Kapitalabfluss war hoch, weil andere Länder wegen einer höheren Zinsrate attraktiver wurden. Und eine abgewertete Währung würde mehr ausländisches Kapital anziehen. Außerdem würden die philippinischen VertragsarbeiterInnen im Ausland dadurch bestärkt, größere Überweisungen von dringend benötigten Dollars an ihre Familien zu tätigen.
In klaren Worten: Die andauernde Abwertung des Pesos bedeutet automatisch eine Umverteilung des Haushaltes zur Bezahlung der wachsenden Zinsen der Auslandsschulden auf Kosten der Sozialleistungen für die Bevölkerung.
Für die konkreten Wirtschaftsbeziehungen bedeutet die Abwertung des Pesos gegenüber dem Dollar einen Preisanstieg für alle importierten Waren für die Produktion. Dies ist sehr bitter, weil fast alle produzierenden Betriebe im Land von importierten Rohstoffen und Rohprodukten für ihre Produktion abhängig sind. Diese kleinen und mittleren Betriebe haben jetzt nur die Wahl zwischen höheren Preisen für Inlandsprodukte oder sofortiger Stilllegung ihrer Betriebsstätten. Die erste Möglichkeit bringt die inländischen Unternehmen in Abhängigkeit vom guten Willen der ausländischen Konkurrenz, die jederzeit die Preise unterbieten können. Und die zweite Möglichkeit löst einen Dominoeffekt aus, der zu höheren Erwerbslosenzahlen führt.
Die Inflationsrate ist stetig angestiegen, selbst nach den konservativen Schätzungen der Regierung. Im Juli 2000 beträgt die Inflationsrate 4,3 Prozent verglichen mit 3,9 Prozent im Juli 1999. Die Berechnungsgrundlage der Regierung für die Inflationsrate schließt allerdings nicht die kontinuierlichen oder monatlichen Preissteigerungen der Erdölprodukte und die Auswirkungen der Abwertung des Pesos gegenüber dem Dollar ein.
Die Kaufkraft des Peso nimmt rasch ab. In weniger als einem Jahr ist sie um fast fünf Centavos gefallen. Das heißt, dass ein Produkt was im letzten Jahr noch 100.000 PhP kostete heute nur für 105.000 PhP zu bekommen ist. Besonders schlimm ist, dass die Preise von allen Gütern der Grundversorgung gestiegen sind, während die Löhne und Gehälter sowohl für die städtischen als auch für die ländlichen Lohnabhängigen überhaupt nicht angehoben wurden. Es wird angenommen, dass sich die Inflationsrate aus den oben erwähnten Gründen bis Jahresende verdoppeln wird.
Zum Juli 2000 erreichte die Erwerbslosenrate 13,9 Prozent und sie steigt bis heute weiter an. Von mehr als 30 Millionen abhängig Beschäftigten im Land, sind fast 14 Prozent ohne Job. Oder anders gesagt, fast 4,2 Millionen der Arbeitsfähigen haben keinen Arbeitsplatz. In dem Maße wie die kleinen und mittleren Betriebe dicht machen müssen und die "Globalisierungspolitik" fortgesetzt wird, wird sicherlich auch die Erwerbslosenrate steigen. Zu diesen Zahlen müssen noch eine halbe Million SchülerInnen und StudentInnen hinzugefügt werden, die das Erwerbsalter erreicht haben.
Da nur ein kleiner Teil dieser neuen Arbeitskräfte von der Volkswirtschaft aufgenommen werden kann, müssen sie bei den Erwerbslosen mitgezählt werden und werden Teil der verfügbaren Reservearmee des Landes, die potenziell Opfer der Ausbeutung durch die UnternehmerInnen innerhalb und außerhalb des Landes werden kann. Gleichzeitig sind in der ersten Augustwoche mehr als zehntausend ArbeiterInnen im Streik gegen ungerechte Arbeitsbedingungen in den Unternehmen, wobei letztere in der Regel von der Regierung und dem philippinischen Militär unterstützt werden. Diese oben erwähnten ArbeiterInnen wurden später von ihren Betrieben entlassen. Zur Zeit sind 22 Prozent der Arbeitskräfte unterbeschäftigt. Das heißt, sie arbeiten nur zeitweise oder rotierend und sind deshalb unterbezahlt. Mehr als 30 Prozent der gesamten Bevölkerung des Landes lebt noch offizieller Einstufung unterhalb der Armutsgrenze. Das umfasst all diejenigen, die nicht die Mittel zur Sicherung der Grundbedürfnisse aufbringen können, also für Lebensmittel, Wohnung, Kleidung, Gesundheit und so weiter.
Das bedeutet, dass von den mehr als 70 Millionen Menschen in diesem Land fast 18 Millionen unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen. In Wirklichkeit leben in der Autonomen Provinz für das muslimische Mindanao (ARMM) sogar 57,9 Prozent der Bevölkerung in Elendsbedingungen oder unterhalb der Armutsgrenze. Deshalb und nicht wegen Nebensächlichkeiten dauert in dieser Region ein Krieg zwischen der Regierung und der Islamischen Befreiungsfront für Mindanao (MILF) und anderen revolutionären Gruppen an. Offensichtlich gibt es sozio-ökonomische Gründe, warum es der MILF oder den revolutionären Gruppen so leicht fällt, in dieser Region Einfluss zu gewinnen. Aber anstatt sich den Problemen zu stellen, setzt die Regierung ausschließlich auf Krieg. Im Juli erreichte das Haushaltsdefizit des Landes 67 Millionen Pesos, womit bereits die 60 Millionen-Grenze Überschritten wurde, die der Internationale Währungsfonds (IMF) und die Weltbank als noch regelbares Limit gesetzt hatten. Die Extraausgaben entstanden der Regierung bei der Finanzierung ihrer Politik des totalen Krieges in Mindanao, oder, um genau zu sein, im Gebiet der ARMM, wo der größte Bevölkerungsanteil unter der Armutsgrenze lebt. Milliarden Pesos hat die Regierung zusätzlich durch umfassende Mauscheleien und Korruption verloren. Tatsächlich räumen selbst offizielle Regierungsstellen ein, dass zwischen 10 und 20 Prozent des Regierungshaushalts durch Betrug und Bestechung innerhalb der Regierung verloren gehen.
Methoden und Stil der Regierung Estradas können am besten als eine Mischung aus dem traditionellen politischen Klientelismus der Zeit vor dem Kriegsrecht von 1972 und dem autoritären Stil des Diktators Marcos beschrieben werden. Fast unbeschränkte Begünstigungen erhalten diejenigen, die zu den Stützen der Präsidentschaft Estradas und seiner Projekte zählen. Er kann ja sogar die Institution seines Amtes zum Wohle seiner Freunde hergeben. Im Gegenzug werden seine Freunde, besser Gefolgsleute, fast alles tun, um ihrem Schutzherrn zu gefallen. Vielfach versteht der Präsident die nationalen Interessen als die Interessen seiner Gefolgschaft. Diejenigen jedoch, die es wagen, sich in die Quere zu stellen oder gegen seine Projekte zu opponieren, bekommen die Konsequenzen zu spüren. Sogar diejenigen, die lediglich seine Präsidentschaftskandidatur bei den Wahlen von 1998 nicht mittrugen, leiden immer noch unter den Folgen ihres Tuns. Das bedeutet für Geschäftsleute, dass sie ihr Unternehmen verlieren können und für Politiker, dass die jeweilige Provinz oder der Wahlkreis zu leiden hat.
Estradas Regierungsstil ist auch noch personalistisch. Er bevorzugt die kurze Leine. Er benötigt keine politische Partei als Regierungspartnerin. Er möchte insbesondere den Massen demonstrieren, dass er persönlich mit ihnen durch dick und dünn geht. Darum geht er nach Mindanao und trägt einen Kampfanzug wie seine Soldaten, wenn er die Politik des totalen Krieges verkündet.
Jetzt möchte er wieder in Mindanao sein, um sich persönlich von der Umsetzung der beschlossenen Instandsetzungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu überzeugen. Dies mag auch positive Aspekte haben, aber wie in den konkreten Fällen gesehen, können seine Männer und Frauen nichts tun, wenn er nicht in der Nähe ist.
Sowohl Leute aus dem Lager der Estrada-Regierung als auch Außenstehende debattieren oder verkünden die These, dass die gegenwärtige Regierung unmöglich in der Lage sein wird, ihre Amtszeit zu beenden, weil die Ereignisse zusammenfallen: Die Wirtschaftskrise wurde unkontrollierbar; der Mindanao-Konflikt hat sich verschärft und die internationale Lage bietet ausgezeichnete Voraussetzungen, Estrada aus dem Amt zu entfernen.
In seiner zweiten Erklärung zur Lage der Nation vom 24. Juli 2000 hat der Präsident sich in fast dreißig Prozent seiner vorbereiteten Rede mit dem Krieg in Mindanao und seinen Perspektiven beschäftigt. Genau genommen versprach er auf Mindanao einen frischen Start seines zweiten Regierungsjahres. Viele glauben, dass die Popularität Estradas wegen der Politik des totalen Krieges in Mindanao gewachsen ist.
Das aktuelle Kriegsgeschehen in Mindanao, vor allem zwischen den Regierungstruppen und der MILF kann jedoch auf lange Sicht für die allgemeine politische und wirtschaftliche Situation des Landes schädlich sein.
Es könnten die sowieso schon knappen wenn nicht erschöpften Regierungs-Ressourcen völlig austrocknen - nicht nur durch sehr unproduktive Militärausgaben, sondern auch durch äußerst destruktive Kriegsabenteuer.
Die Geschichte hat bereits mehrfach bewiesen, dass es keine militärische Lösung des Mindanao-Konflikts gibt, sondern nur durch ein umfassendes politisches Abkommen zwischen dem Moro-Volk unter der Führung der MILF und der Regierung der Republik der Philippinen. Dieses Abkommen muss eine konkrete Lösung für das Selbstbestimmungsrecht dieser nationalen Minderheit enthalten, die von der Bevölkerung und den Parteien auf Mindanao gemeinschaftlich diskutiert und angenommen werden muss.
Mit der Politik des totalen Krieges gegen die MILF hat die Estrada-Regierung auf Sand gebaut: Je mehr sie sich darin bewegt, um so tiefer wird sie sinken. Die Eroberung des Hauptlagers der MILF, das Lager Abubakar, durch die Regierungstruppen hat den Krieg in Mindanao ganz sicher nicht beendet, es sei denn das wesentliche Ziel der Politik des totalen Krieges von Präsident Estrada besteht gerade darin, alle MILF-Lager zu erobern und nicht in der Beseitigung der Ursachen für diese Lager.
Zur Zeit diktiert die MILF den Verlauf und die Bedingungen des Krieges. Sie hat sich in eine sehr mobile Guerillaarmee umgewandelt. Dies führte zu schweren Verlusten auf Seiten der Regierungstruppen.
Die Kräfte der Regierungstruppen verteilen sich sehr weitmaschig und können nicht sehr viele Gebiete gleichzeitig gesäubert oder besetzt halten. Aus diesem Grund bemüht sich die Estrada-Regierung, die örtlichen Einheiten der bewaffneten Bürgerkräfte (CAFGU) wieder zu beleben. Diese Art paramilitärischer Einheiten war seit langer Zeit zurückgehalten worden, weil sie im großen Stil Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Zivilbevölkerung begangen hatte. Jetzt haben die militaristischen Generäle von Estrada eine Situation auf Mindanao herbeigeführt, die in den Augen der Regierung eine Wiederbelebung der CAFGU rechtfertigt. So können alle Angriffe gegen Zivilisten der MILF in die Schuhe geschoben werden, ohne sich auch nur mit der Durchführung einer Untersuchung aufzuhalten oder auf deren Ergebnisse zu warten. Präsident Estrada plant die Stationierung von 35.000 CAFGUs auf Mindanao. Ihre Aufgabe soll die Verteidigung bestimmter Gebiete gegen die Angriffe der MILF sein. Laut Estrada und seinen Generälen ist der Einsatz der CAFGUs die billigste Art, den totalen Krieg fortzusetzen. Die bittere Ironie der Geschichte ist, dass die Regierung und die Propaganda der Regierungstruppen damit prahlten, die MILF wäre bereits geschlagen, demoralisiert, zersplittert und führungslos, nachdem das Lager Abubakar eingenommen wurde. Und nun beschwören dieselben Propagandisten im Rahmen der direkten Interventionspläne von Estrada Himmel und Hölle, damit das Parlament eben deren Umsetzung billigt. Sie haben auf Mindanao mehrere tausend CAFGUs rekrutiert und aufgestellt.
Gegen die Wiederaufrüstung der CAFGUs ist eine breite Opposition entstanden. Sie kommt aus den Oppositionsparteien im Parlament, der Kirche, der Menschenrechtsbewegung und aus UnternehmerInnenkreisen. Die Antwort Estradas darauf besteht aus gesteigerten Schikanen gegen sie. Ihr wird Unterstützung der MILF unterstellt und deshalb Verhaftung und Anklage angedroht. Auf die Bevölkerung Mindanaos ist bereits ein Schatten eines faschistischen Regimes gefallen. Diesbezüglich erwarten wir in den nächsten Monaten noch mehr, insbesondere wenn das Parlament, der Kongress, Estradas Wunsch nach Sonder- oder Notstandsermächtigung nachkommt. Im Grunde muss nur darauf geschaut werden, was am vergangenen 24. Juli 2000 passierte, als während der Ansprache des Präsidenten zur Lage der Nation, das Volk demonstrierte und protestierte. Die Demonstrationen wurden in äußerst faschistischer Weise aufgelöst, als ob das Land unter Kriegsrecht stünde. Die Führer wurden verhaftet und viele Demonstranten wurden von der Polizei physisch angegriffen.
Die jetzige Behandlung der Mindanao-Krise hat konkret enthüllt beziehungsweise verdeutlicht, dass die verschiedenen Fraktionen innerhalb der Estrada-Regierung völlig unterschiedliche Methoden und Ansätze verfolgen.
Sie waren sich völlig uneinig im Umgang mit der MILF im Besonderen - wenigstens in der Anfangsphase bis ins letzte Viertel von 1999 - und in der Friedens- und Entwicklungspolitik im Allgemeinen. Unter völliger Missachtung der historischen Ereignisse und Lehren hat sich die militärische Herangehensweise bei der Lösung der nicht-militärischen Probleme Mindanaos durchgesetzt.
Die Organisation der Islamischen Länder (OIC) spielte eine historische und wichtige Rolle im Kampf der Nationalen Befreiungsfront von Mindanao (MNLF) und der Bangsa Moro.
So hat sie stets ihre Außenpolitik und außenpolitischen Projekte auf diese bezogen. In der jüngsten Außenministerkonferenz der OIC im vergangenen Juli in Kuala Lumpur ermahnte sie sowohl die Regierung der Republik der Philippinen als auch die MILF, den Krieg in Mindanao zu beenden. Damit wurde die Internationalisierung des Kampfes der Moro unter der Führung der MILF eingeläutet.
Die Politik des "totalen Kriegs" der Estrada-Regierung gegen die MILF und wie sie später, nachdem die Friedensgespräche festgefahren waren, auch gegen die Kommunistische Partei der Philippinen und die Neue Volksarmee verkündet wurde, ist ein Wiederaufwärmen des "totalen Krieges" des Aquino-Regimes.
Die Regierungsarmee hat mehr als fünf Divisionen des Heeres, bei einem landesweiten Gesamtumfang von acht Divisionen, die gesamte Marine von drei bis vier Brigaden, die Elitebodentruppen und alle in den betroffenen Gebieten bereits stationierten Polizeitruppen mobilisiert. Dazu kommen mehr als 20.000 von den 35.000 zur Stationierung in Mindanao vorgesehenen CAFGUs.
Ab Juli hatten die Regierungstruppen zudem mehr als 20.000 Hochleistungsfeuerwaffen und Gewehre an die "Zivilbevölkerung", meist christliche Bürgerwehren, ausgegeben.
Die Stationierung von noch mehr schweren Waffen wird im Zusammenhang mit dem Militärhilfekredit in Höhe von 110 Millionen US-Dollar erwartet, den Estrada von seinen US-Sponsoren bei seinem letzten Arbeitsbesuch in den USA erbettelt hat. Die MILF hat mehr als vier Divisionen ihrer Islamischen Streitkräfte von Bangsa Moro (BIAF) im Gebiet von Zentral-Mindanao stehen. Dabei sind ihre bewaffneten Milizen und die Internen Sicherheitskräfte, die in allen von der MILF kontrollierten Gemeinden eingesetzt werden, noch nicht mit einbezogen. Zur Zeit werden diese großen Formationen in kleinere Einheiten umgruppiert, um die größtmögliche Mobilität und Effektivität bei der Guerillakriegsführung zu erlangen. Als ihr zentrales Lager Abubakar drohte eingenommen zu werden und verloren zu gehen, wurden die wertvollen militärischen Ausrüstungsgüter in weit entfernte und sichere Gegenden verbracht. Letztlich blieb nur eine symbolische Militäreinheit zurück, um den endgültigen Angriff auf das Lager hinauszuzögern. Die Regierung gibt durchschnittlich zwanzig Millionen Pesos täglich für ihre Kriegsaktionen gegen die MILF aus. Das heißt, von März bis Juni dieses Jahres hat die Regierung fast 2,5 Milliarden Pesos verpulvert - mehr als der jährliche Staatshaushalt einiger Provinzen. Jetzt wird auf den Kongress Druck ausgeübt, den Militärhaushalt um weitere 1,4 Milliarden Pesos zu erhöhen.
Im Gegensatz dazu hat die MILF/BIAF nur die hohe Einsatzbereitschaft ihrer Kämpfer und die religiöse Verpflichtung, dem Aufruf zum Jihad, zum heiligen Krieg zur Verteidigung der Heimat, zu folgen. Ihr Fünfjahresplan zur Konsolidierung, Erweiterung und Selbstversorgung in der Lebensmittelverteilung, der Logistik, Finanzierung und militärischen Ausrüstung hat sich bezahlt gemacht.
Diese Anstrengungen wurden besonders belohnt, als drei Schiffsladungen mit schweren Waffen, Maschinengewehren und Granatwerfern, anlandeten. Militärstrategisch betrachtet wurden die Regierungstruppen direkt von den USA, im Rahmen des Militärischen Besuchsabkommens, vorbereitet und trainiert, um die BIAF in einen konventionellen Stellungskrieg zu zwingen. In diesem Sinne ist das Aufpflanzen der philippinische Flagge jüngst nach der "Einnahme" eines MILF/BIAF-Lagers mehr als symbolisch. Es ist ein integraler Bestandteil dieser Militärstrategie.
Die USA versorgen durch ihre Agenten in den aktuellen Kriegsgebieten die Regierungstruppen mit Satellitenfotos der Lager und der Bewegungen der MILF/BIAF-Einheiten.
Und jeder Zugführer der Hauptkräfte der Regierungstruppen verfügt über ein GPS (Global Positioning System - Satellitengestütztes Positionsbestimmungssystem), zur Abstimmung von Zielsetzungen und Bewegungen.
Andererseits gibt es in Guerillakriegen keine klaren Schlachtfelder, Frontlinien und Militärlager. Die Guerilla wählt Ort und Zeit ihrer Angriffe gut aus, und die Satelliten müssen sicherlich Hunderte von Fotos machen, um die Bewegungen der Guerillaeinheiten zu überwachen. Früh im ersten Viertel dieses Jahres hatte die MILF/BIAF entschieden, ihre Strategie vom konventionellen Stellungs- zu einem hochmobilen Guerillakrieg zu ändern. Ihre Parole "Sieg oder Märtyrertod" galt jetzt nicht mehr der Verteidigung ihrer Stützpunkte sondern der Verteidigung ihrer Grundlagen und der gesamten Region von Bangsa Moro.
Heute ist das Schlachtfeld des andauernden Krieges zwischen den Regierungstruppen und der MILF/BIAF um eine internationale Front erweitert. Mit der positiven Anerkennung durch die letzte Außenministerkonferenz in Kuala Lumpur wurde die MILF indirekt in den gleichen Status als Kriegführende gesetzt wie die Regierung der Republik der Philippinen. Die scheinbar gemeinsamen Anstrengungen der Regierungsdelegation und der MNLF unter der Führung von Gouverneur Nur Misuari haben möglicherweise den Prozess der formalen Anerkennung der MILF als Beobachterin bei der OIC verzögert. Die OIC-Resolution von 1977, ebenfalls in Kuala Lumpur, erklärt die Anerkennung der MNLF als einzige und legitime Vertretung des Volkes der Moro. Seit dieser Zeit hat die MNLF einen Sitz als Beobachterin bei allen OIC-Treffen. Die OIC ist verpflichtet, diesen Prozess mit der MNLF zu vollziehen. Ihre Entscheidung vom Juli 2000, ein Komitee der Sechs plus Zwei zu entsenden, um die Umsetzung des Friedensabkommens zwischen der Regierung und der MNLF von 1996 zu beobachten und zu beurteilen, ist Teil dieses Prozesses. Der Schwenk von Estrada vom vergangenen 30. Juni, eine Frist für Friedensgespräche mit der MNLF zu setzen, kann angesichts der oben beschriebenen Vorgänge bestens verstanden werden. Zunächst wollte er der MILF in ihrer Positionsbestimmung für die OIC-Konferenz vom Juli zuvorkommen. Zweitens versucht er, seine Stellung und seinen Einfluss gegenüber der militaristischen Fraktion in seinem Regime in ein gutes Licht zu bringen und zu festigen, um die Grundlagen der Friststellung durch die US-Imperialisten im September aufheben zu können. Und drittens und als Vollendung der ersten beiden Ziele bereitet Estrada seinen Arbeitsbesuch in den USA im Juli und August vor, mit dem er den politischen Entscheidungsträgern der USA persönlich versichern will, dass er die Situation auf den Philippinen im Allgemeinen und auf Mindanao im Besonderen im Griff habe. Er braucht den "totalen Krieg" um die MILF in ihrer Verhandlungsposition auf dem OIC-Treffen zu schwächen. Zu allererst braucht er ihn aber, um seine Popularitätsquoten zu erhöhen, denn zu Beginn des Kriegsgeschehens waren die Regierungs-Propagandisten durchaus erfolgreich, die MILF als den "Bösewicht" darzustellen. Jetzt möchte Estrada diese Situation verlängern, indem er drei Bedingungen für die Fortsetzung der Friedensgespräche festlegt, die unmöglich für die MILF anzunehmen sind. Erstens soll die MILF ihre sezessionistischen Pläne fallen lassen. Zweitens soll die MILF alle ihre Greueltaten und kriminellen Aktivitäten einstellen. Und drittens soll sie ihre Waffen niederlegen. Bei solchen Vorbedingungen und Leitlinien besteht nur die Möglichkeit, dass Estrada nicht weiß, was er da redet oder er will nicht, dass die Friedensgespräche weitergeführt werden, weil er inzwischen den Quatsch seiner eigenen Propaganda zu glauben beginnt, dass die MILF bereits ein Auslaufmodell sei.
Die Verschärfung des sogenannten Moslem-Christen-Konflikts kann leicht auf die offenen und verdeckten Aktivitäten im Rahmen der psychologischen Kriegführung der Regierungstruppen zurückgeführt werden. Gerade fand eine Serie von Überfällen und Massakern gegen die Christen auf Mindanao statt, und die Regierungsarmee ist immer schnell dabei die MILF als die Täter auszumachen. Die übliche Erklärung, die abgegeben wird, lautet, dass die Täter Moro-Moslems seien und deshalb muss es die MILF gewesen sein. Und ebenso üblich folgt der Wunsch der Christen nach Waffen, um sich selbst vor den Moro zu schützen. Die Regierung ist dann immer bereit und wohlwollend, sie mit Waffen zu versorgen. Das Ergebnis solcher Verschleierung ist in fast allen Städten auf Mindanao, mit Ausnahme der oben erwähnten GouverneursProvinz, zu sehen: Die Christen haben sich gegen den sogenannten Feind MILF organisiert und bewaffnet.
Das Wiederauftauchen der Abu Sayyaf fast zum selben Zeitpunkt, zu dem Estrada und seine Generäle den totalen Krieg starteten, war nicht zufällig. Nicht nur dass Agenten der Regierungstruppen bei der Gründung dieser extremistischen und terroristischen Gruppe ihre Hände im Spiel hatten, sie spielt auch eine wichtige Rolle bei der Herausbildung von anti-Moro- und anti-moslemischen Vorurteilen bei den Christen. Das wiederum ist die Rechtfertigung der eigenen Bewaffnung, um sich gegen die Moros zu schützen.
Anfänglich waren die Regierungstruppen und ihre Propagandamaschinerie darin erfolgreich, die Auffassung zu verbreiten, dass MILF und Abu Sayyaf ein und dasselbe wären. Nun hat sich dieses Bild allerdings verschoben.
Die Abu Sayyaf konzentriert sich auf anti-soziale Aktivitäten wie Entführungen zur Lösegelderpressung. Bei diesen Aktionen haben sie sich erfolgreich nicht nur als nationale, sondern auch internationale Kraft in Szene gesetzt und eine Ernte von mehr als zweihundert Millionen Pesos eingefahren.
Die Entführungen der Abu Sayyaf haben allerdings einen beträchtlichen Anteil an der Verschlechterung der nationalen Wirtschaftslage und deshalb stellt sich die Frage, ob die Strippenzieher bei den Regierungstruppen die Kontrolle über diese extremistische und kriminelle Gruppe verloren haben oder ob dies immer noch Teil des Gesamtplans ist, der ganzen Welt die angebliche Uneinsichtigkeit des Volkes der Moro zu demonstrieren.
Die Entführungen fanden ohne jede Strafverfolgung statt und die Lösegelder wurden in aller Offenheit bezahlt, so dass scheinbar nur die Verhandlungsführer der Regierung nichts von den Lösegeldern wussten. Entführungen haben in unterschiedlichen Situationen und unterschiedlichen Gruppen von Beteiligten stattgefunden. Zu ihrem Ablauf gehören immer Verhandlungen, die Geiselhaltung, Kontaktaufnahmen und so weiter. Das Lösegeld wird aufgeteilt, je nach Beteiligung der lokalen Behördenvertreter und in dem ganzen Prozess ist es auch nicht unmöglich, wie in der Vergangenheit gesehen, dass das Militär seinen eigenen Teil am Lösegeld einsackt. Der Umgang mit Abu Sayyaf und den Entführungen ist beispielhaft für die Art und Weise, mit der die Estrada-Regierung regiert und die Angelegenheiten des Landes behandelt. Betrug und Korruption suchen sich bei der gegenwärtigen Regierung nicht erst groß Ort, Zeit und Art und Weise aus.
Die immer zahlreicheren Friedensinitiativen und -bewegungen in und außerhalb Mindanaos haben im Großen und Ganzen und bis zu einem gewissen Grad die Intrigen und Feindschaften zwischen Moslems und Christen ausgleichen können. Die Probleme konnten bei der Bildung von wirklichen breiten Bündnissen zwischen den verschiedenen politischen Gruppen ausgetragen werden. Aber in der Regel hatte die RPMP-Leitung in Mindanao bei diesen Initiativen und Bewegungen die führende Rolle. Selbst die Kommunistische Partei der Philippinen hat niemals ernsthaft einen umfassenden Plan für Friedensmobilisierungen entwickelt, außer den von ihr durchgeführten Medienoffensiven. Und von den anderen politischen Gruppen haben einige einen starken Drang entwickelt, die Situation für ihre Fundraising-Aktionen (Spendensammlungen) auszunutzen.
So wie die Dinge heute stehen, sieht sich die Estrada-Regierung einem Berg von Problemen ausgesetzt mit dem Mindanao-Konflikt an der Spitze. Estrada steht unter dem Druck von Kräften innerhalb und außerhalb seines Regimes und selbst sein Schutzherr verlangt, dass er sich den Problemen entschieden stellt und einen ehrenhaften Ausweg aus der Mindanao-Krise findet. Estradas Unterzeichnung des Ausführungsbefehls 261, mit dem ein Mindanao-Koordinations-Komitee gebildet wurde, traf auf heftige Kritik aus seinen eigenen Reihen und noch mehr aus der seiner Gegner.
Je mehr Estrada Luftblasen über eine schnelle wirtschaftliche Entwicklung verbläst, desto mehr wird er durch seine tatsächlichen Absichten in Mindanao und die Art, in der er die Fragen von Frieden und Entwicklung anpackt, bloßgestellt. Er bräuchte keine Notstandsermächtigung um die Entwicklung in irgendeinem Teil des Landes anzutreiben und zu beschleunigen. Selbst wenn seine Absicht wäre, den früheren Präsidenten Ramos und Misuaris SPCPD zu umgehen, könnte er dies wirkungsvoller machen, wenn er sich nicht selbst bloßstellen würde.
In diesem Monat wird die OIC ihr Komitee der Sechs plus Zwei entsenden, um zu untersuchen, wie das Friedensabkommen von 1996 zwischen der MNLF und der philippinischen Regierung umgesetzt wurde. Diese Untersuchung wird ganz sicher nicht an der MILF vorbei gehen. Die MILF-Führung hat vorgeschlagen, dass die nächste Runde der Friedensgespräche in einem neutralen Land stattfindet. Das wurde von den Regierungsvertretern unverzüglich abgelehnt.
Die MILF führte die Schikanen und das harte Durchgreifen der Regierung als Gründe an, warum sie darauf besteht, dass die Friedensgespräche außerhalb des Landes abgehalten werden sollten. Die Regierung versucht den Eindruck zu erzeugen, sie wäre Herrin der Lage bei den Verhandlungen und möchte den MILF-Vertretern einen Pass für freies Geleit ausstellen. Gegenwärtig hat die Regierung noch nicht auf Friedensgespräche ohne Vorbedingungen reagiert, wie sie von der MILF vorgeschlagen wurden. Es gibt einen politischen Stillstand. Unterdessen konnten die internationalen Initiativen der MILF stolze Erfolge vorweisen. Die indirekte Anerkennung als kriegführende Kraft durch die Außenministerkonferenz der OIC in Kuala Lumpur wird sicherlich noch ausgebaut werden. Auf dieser Basis kann die MILF sogar eine Exilregierung in einem der befreundeten Mitgliedsstaaten der OIC installieren. Sollte dies passieren, dann wären die Probleme, vor denen die Estrada-Regierung steht schwieriger als die der Marcos-Diktatur.
Übersetzung und Bearbeitung: Thies Gleiss