Pierre Rousset
Jeden Monat werden 200 örtliche Initiativen ergriffen. Auf nationaler Ebene ist ATTAC ein neuer Akteur des gesellschaftlichen, staatsbürgerlichen und politischen Lebens geworden; rasch hat er auch einen beachtlichen internationalen Status gewonnen. Nachdem er einmal offiziell gegründet worden ist, hat der Verband sich mit anhaltendem Tempo und in vielfach recht spontanen Formen nach vielen Seiten hin entwickelt. Es war ein Auflodern, aber durchaus kein Strohfeuer. ATTAC scheint jetzt in der Tat zu einem dauerhaften Faktor geworden zu sein. Um sicher zu sein, muss man vielleicht die erste Krise (die früher oder später einmal kommen muss) und die Art und Weise der Überwindung abwarten. Hier aber soll ein Ansatz gemacht werden, das "Phänomen ATTAC" einzuschätzen, wie es sich zumindest in Frankreich und von Frankreich aus gesehen ausnimmt.
ATTAC ist unter Beteiligung einer kleineren Zahl von bekannten Personen hauptsächlich aus einem Spektrum von Organisationen unterschiedlicher Art gegründet worden: von Gewerkschaftsverbänden, Arbeitslosenbewegungen und der "Confédération Paysanne"; Redaktionen, Bürgerinitiativen und Strukturen für internationale Solidarität; AktivistInnenkomitees (für Rechte der Frauen, Entwicklung usw.) und Nichtregierungsorganisationen [NROs]. ATTAC hat sich mit einem noch wenig beackerten und recht unzugänglichen Handlungsfeld befasst:
Steuern und Kontrolle der Spekulationsbewegungen des Kapitals, Widerstand gegen die Diktatur der Märkte. Die Prozesse der Herausbildung gemeinsamer Aktivitäten benötigen im allgemeinen Zeit, bis etwas zustande kommt. Bei ATTAC hat es bis zur formellen Konstituierung aber nur sechs Monate gedauert.
Im Dezember 1997 hat Le Monde diplomatique, die in fortschrittlichen Kreisen einflussreiche Monatszeitung, einen Leitartikel von Ignacio Ramonet veröffentlicht, in dem der Vorschlag enthalten war, man solle sich besser organisieren, um den internationalen Finanzmärkten etwas entgegenzusetzen. Es kam umgehend eine Antwort der Leser und Leserinnen, sie waren begeistert; das hat die Redaktion des "Diplo" veranlasst, ein Treffen einzuberufen, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Es gab rasch ein Einvernehmen darüber, dass man einen eingetragenen Verein bildet, nicht nur ein faktisch bestehendes Bündnis, wie es oft der Fall ist.
Obwohl ATTAC ursprünglich von Organisationen gegründet worden ist, hat es sich für Einzelmitglieder geöffnet. Es setzte sofort ein Strom von Beitritten ein, der bis heute mit etwa tausend pro Monat nicht nachgelassen hat. Dies hat zur Bildung einer zunehmenden Zahl von örtlichen Komitees geführt. Natürlich sind nicht alle, die ihren Beitritt erklärt haben, aktiv (und nicht alle sind mit den Beitragszahlungen "à jour"). Dennoch ist dieser Prozess wegen seines Umfangs und seiner Spontaneität packend.
Die anfängliche Dynamik von ATTAC hat sich nicht nur durch seine Wirkung in Frankreich gezeigt. Es wäre durchaus logisch gewesen, wenn die Assoziation den ersten Jahrestag ihres Bestehen mit einer größeren landesweiten Initiative begangen hätte, um ihre Verwurzelung zu festigen.
Die erste große Versammlung von ATTAC, die im Juni 1999 stattgefunden hat, ist jedoch eine internationale Konferenz gewesen: die Versammlung in Saint-Denis, am Stadtrand von Paris. Solch eine Initiative außerhalb irgendeines institutionellen Rahmens (von der Art der UNO-Konferenzen) und kurzfristig vorzubereiten, war etwas gewagt. Wir wollten aber das Eisen schmieden, solange es heiß war, und den Schock nutzen, den die Finanzkrisen 1997/98 ausgelöst hatten, um in alle Richtungen hin Kontakte zu knüpfen. Die Ergebnisse waren eine volle Bestätigung: Zunächst hatten eine ganze Reihe von Komitees und Organisationen ATTAC gegründet. Dann sind zahlreiche Einzelmitglieder der Assoziation beigetreten, es entstanden örtliche Komitees, es wurden internationale Verbindungen angeknüpft.
Und der wissenschaftliche Beirat von ATTAC bildete Kommissionen, die zu den Themen der Kampagne vertieft arbeiteten (Tobin-Steuer, Verteidigung der Renten, Ablehnung der Pensionsfonds usf.). Zum dritten nahmen gemeinsame Mobilisierungen zu, die dann zum Zeitpunkt von Seattle einen ihrer Höhepunkte erreichten. Gleichzeitig wurde spürbar, dass ATTAC bei den Institutionen etwas bewirkt. Abgeordnete identifizierten sich mit der Assoziation und leiteten Aktivitäten zugunsten der Tobin-Steuer ein. Gemeinden beriefen sich auf ATTAC, um Widerstand gegen das neoliberale System zu proklamieren und Demokratie vor Ort zu fördern. Es gab den Aufruf von Morsang, der aus einem Symposium hervorging, das am 28. und 29. Januar 2000 in der Gemeinde Morsang-sur-Orge stattfand.
Ganz offenkundig hat die momentane Lage sich voll ausgewirkt. Der Augenblick war günstig. ATTAC bildete sich im Gefolge der Ostasienkrise, während die Schockwelle erst Russland und dann Brasilien erfasste und die USA bedrohte (Beinahe-Bankrott eines bedeutenden Spekulationsfonds).
Die neoliberale Ideologie kam noch mit all ihrer Arroganz daher, doch in der real existierenden Welt machte das neoliberale Modell bereits seine erste größere Krise durch. Die Spekulationsbewegungen zu besteuern und zu kontrollieren, wie ATTAC es sich anfangs auf das Panier geschrieben hatte, erschien durchaus als eine Forderung der Stunde und als eine demokratische Kampfansage an das herrschende System.
Allgemeiner gesehen entsprach die Gründung von ATTAC einem weithin geteilten Bestreben: die "Diktatur der Märkte" nicht länger passiv hinzunehmen; das Soziale wieder in das Zentrum der politischen Anliegen und Entscheidungen zu rücken; sich das Politische durch einen staatsbürgerlichen Ansatz und in neuen Formen wieder anzueignen. Das Programm von ATTAC war nie auf die Besteuerung des Spekulationskapitals beschränkt, die Assoziation hat sich den Sammelruf der Widerstände gegen die neoliberale Globalisierung zu eigen gemacht: "Die Welt ist keine Ware!"
Wenn ATTAC so rasch aufgebaut werden konnte und dem entsprochen hat, was viele Menschen wollten, so liegt es daran, dass ihr die Tradition der Einheit, die in einem Teil der sozialen Bewegung verankert ist, die Kampagnen der neunziger Jahre gegen das internationale neoliberale System und die dauerhafte Nachwirkung des Streiks vom November/Dezember 1995 im öffentlichen Dienst zugute gekommen sind.
In ATTAC sind Organisationen zusammengekommen, die anderswo zum Teil in Konkurrenz zueinander oder im Konflikt miteinander stehen. Der Fall der Gewerkschaftsbewegung ist hierbei erhellend. Zu den Gründungsmitgliedern der Assoziation gehören mehrere Föderationen der CGT (mit Unterstützung der Konföderation), die "Gewerkschaftsunion - Gruppe der Zehn"[2] , die FSU (die größte Lehrer- und Lehrerinnengewerkschaft), Teile der CFDT-Linken. Diese unterschiedlichen Komponenten der französischen Gewerkschaftsbewegung arbeiten in ATTAC Tag für Tag zusammen, und zwar zu durchaus nicht ganz untergeordneten Fragen: Antworten auf die wirtschaftsliberale Politik, auf die Rentenfrage, die Haltung zur WTO, die Einheit mit den Vereinigungen der sozialen Bewegungen usw.. Dasselbe gilt für die größeren Arbeitslosenbewegungen.
Seit etwa 15 Jahren hat sich in Frankreich eine Tradition der Einheit herausgebildet, durch die zahlreiche Organisationen lernen konnten, trotz ihrer Differenzen gemeinsam zu handeln. Dies hat auch zu einer bedeutsamen Modifizierung der Kampagnen gegen das internationale Finanzsystem beigetragen. Diese Änderung hat 1995 eingesetzt, als auf die französische Kampagne "50 ans, ça suffit!" (50 Jahre, es reicht!) gegen die Institutionen von Bretton Woods[3] die Kampagnen unter dem Namen "Autres Voix de la planète" (Andere Stimmen des Planeten) folgten, und zwar im Hinblick auf die Gegenaktivitäten zum G7 1996: Innerhalb dieser Kampagnen begann die Gewerkschaftsbewegung eine zentralere Rolle zu spielen. 1996 waren Demonstrationen gegen einen G7-Gipfel zum ersten Mal durch die Teilnahme von Gewerkschaftsblöcken gekennzeichnet (nämlich bei der Demonstration der "Autres Voix" sowie bei der eigenen Mobilisierung der CGT). Die Wahrnehmung der Nord-Süd-Solidaritäten veränderte sich, eine zwar relative, doch neue Schicksalsgemeinschaft gegenüber der universellen neoliberalen Politik entstand. Es sei daran erinnert, dass die Zapatistas im selben Jahr ihre internationale Initiative gegen den Neoliberalismus organisiert haben.
Die Auswirkungen des Streiks im öffentlichen Dienst im November und Dezember 1995 waren nicht eindeutig. Er hat nicht zu den Siegen geführt, die die ungewöhnlich große Beteiligung, die Entschiedenheit und die Unterstützung in der Bevölkerung erhoffen ließen. Er hat aber zu einer kollektiven Bewusstwerdung, einer Willensbekundung in Bezug auf Widerstand gegen das herrschende System, zu einer tiefen Delegitimierung des neoliberalen Diskurses geführt. 1998 haben die gemeinsame Kampagne gegen das Multilaterale Investitionsabkommen (MAI) und die Gründung von ATTAC jeweils auf ihre Weise gezeigt, dass die Stimmung vom Dezember 1995 nicht tot ist.
Die Entwicklung von ATTAC entspricht schließlich auch der Krise der Politik in Frankreich. Und zwar in mindestens zweierlei Hinsicht. In Anbetracht eines neoliberalen Systems, das die Überlegenheit der Märkte sanktioniert, bekräftigt die Assoziation, schon mit ihrem Erfolg, den Vorrang der Demokratie unter Beteiligung der BürgerInnen und den Vorrang von politischen Entscheidungen über die Diktatur der wirtschaftlichen Interessen. Sie bietet außerdem einen neuen Rahmen für politische Organisierung, Bildung und Aktion, und dies zu einem Zeitpunkt, wo sehr viele Aktive (oder potenziell Aktive) sich in den traditionellen Formen politischer Aktivität nicht mehr wiederfinden.
ATTAC ist nicht zur einzigen Trägerin des Widerstands gegen die neoliberale Globalisierung in Frankreich geworden. Die besondere Rolle beispielsweise der "Confédération Paysanne" (die, wie gesagt, zu den Gründungsorganisationen der Assoziation gehört) ist ausgesprochen wichtig. Der Umstand, dass sich eine städtische Bevölkerung in dem Kampf eines Bauernverbands wiederfindet, sagt viel aus über die Krise des herrschenden Gesellschaftsmodells sowie über die Art und Weise, wie die Verbindung zwischen öffentlicher Gesundheit und Nahrungsmittelproduktion und von ökologischen und sozialen Forderungen gesehen wird. ATTAC besetzt aber auch einen beträchtlichen politischen Raum, der über sein eigentliches Aktionsfeld hinausreicht.
Wie lässt ATTAC sich definieren? Wir sprechen oft von einer aktionsorientierten Volksbildungsbewegung. Oder von einer politischen Bildungsbewegung.
ATTAC ist auch der Treffpunkt zwischen der sozialen Anforderung (die von den Gründungsorganisationen verkörpert wird: den Gewerkschaften usf.) und den Anforderungen der BürgerInnen (die von dem Strom der Einzelmitglieder verkörpert wird). Sie ist insofern eine "sozialbürgerschaftliche" Bewegung.
Die Eigendynamik von ATTAC spiegelt sich in dem Programm und den Kampagnen wieder. So stand der Kampf für die Tobin-Steuer von Anfang an in einer demokratischen Perspektive (Wiedergewinnung des Primats der Politik gegenüber der Diktatur der Märkte), einer pädagogischen und aktivistischen (Aufdecken und Kritik an den finanziellen Mechanismen des Liberalismus), einer sozialen (Besteuerung des Kapitals, nicht der Arbeit), einer solidarischen (Verwendung dieser Steuer zur Verminderung der Ungleichheiten, vor allem zwischen Nord und Süd) und einer antispekulativen Perspektive (Einschränkung der spekulativen Kapitalbewegungen). Die Tobin-Steuer wurde von Anfang an auch im Zusammenhang mit anderen Kämpfen verstanden, die zunehmend breiter geworden sind: die gegen die Steuerparadiese und die ungleichen Freihandelsabkommen, gegen die Strukturanpassungspläne des IWF oder das Gesetz über die Welthandelsorganisation, für die Streichung der Dritte-Welt-Schulden, gegen die Bildung von Pensionsfonds, für die öffentlichen Dienste, gegen die Einführung von genmanipulierten Organismen in der Landwirtschaft und die Patentierung von Lebewesen usw.
Grundlage des Kampfs von ATTAC in seiner ganzen Bandbreite bildet der Wille, sich der Diktatur der Märkte entgegenzustellen. Das ermöglicht es der Assoziation, aktiv auf die Konvergenz aller Widerstände gegen das neoliberale System hinzuarbeiten. ATTAC hat in Frankreich ein neues Aktionsfeld aufgetan, was dann per Nachahmung zur Bildung von ATTAC-Komitees in einer Reihe von anderen Ländern in Europa, Lateinamerika, der arabischen Welt oder Schwarzafrika geführt hat. Die Assoziation hat jedoch nie den Anspruch erhoben, das Terrain der Antiglobalisierung gehöre ihr allein.
Sie strebt im Gegenteil auf ein Zusammengehen der Aktivitäten der Netzwerke und Kampagnen an, die zu Themen wie Verschuldung, Finanzinstitutionen, WTO oder Freihandelsabkommen arbeiten. Ziel ist es, ein gemeinsames Haus zu errichten, in dem der neue Internationalismus der Bewegungen für Bürgerbeteiligung und der sozialen Bewegungen seinen Ausdruck finden kann. Nach Asien sind eine ganze Reihe von Beziehungen geknüpft worden, obwohl dort bislang nicht ein einziges ATTAC-Komitee entstanden ist.
Im Zusammenhang mit dieser Gesamtperspektive war das internationale Treffen vom Juni 1999 in Saint-Denis eine Weichenstellung. Eine sehr breite Initiative konnte im Wesentlichen auf der Basis eines finanziellen und kämpferischen Engagements auf die Beine gestellt werden. Der Schwerpunkt lag eher bei den Gewerkschaften und Verbänden als bei den NROs. Lobbyistische Ambitionen waren fehl am Platze, da es ja keine Konferenz von Institutionen gab. Es war eine Arbeitskonferenz, auf der die Arbeitsgruppen einen größeren Raum einnahmen als die Plena, sie war auf die Festlegung gemeinsamer Kampagnen ausgerichtet. Es war möglich, ein paar Pflöcke zu setzen und einiges an Annäherung in Gang zu setzen, einen Prozess einzuleiten, der sich im Jahr 2000 mit dem Impuls von Seattle auf den Treffen in Bangkok und in Genf vertieft hat.
Die Zukunft von ATTAC in Frankreich wird weitgehend von der Qualität der Verbindung zwischen den "kollektiven" (Gewerkschaften, Verbände, Redaktionskomitees usw.) und den individuellen Mitgliedern bestimmt werden. Die Arbeitsweise der Assoziation ist ansatzweise ihrer Fortentwicklung angepasst worden: Der Verwaltungsrat, der zunächst nur von "Gründungsmitgliedern" gestellt worden war, ist für Delegierte der Komitees geöffnet worden. Die Eigenverantwortung der örtlichen Komitees für ihre Aktivitäten ist anerkannt worden. Die Gründerorganisationen gewährleisten eine große Stabilität der Bewegung. Doch im Leben der Assoziation gibt es noch allzu oft eine Kluft zwischen den Einzelmitgliedern und den auf nationaler Ebene operierenden Organisationen, die sich nicht immer auf örtlicher Ebene einbringen. Wie lässt sich denn ein gemeinsames Maß für die demokratische Repräsentation eines nationalen Gewerkschaftsverbands und eines örtlichen Komitees finden? Die Frage ist nicht einfach, und in dieser Hinsicht gibt es nicht viel, auf das man sich stützen könnte. Vermutlich ist in diesem Bereich also noch vieles zu erfinden. Bei zahlreichen Mitgliedern ist eine ausgeprägte Lernbegierde zu erkennen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an zahlreichen örtlichen Vortragsveranstaltungen und an der ersten Sommeruniversität (zu der im August 2000 ca. 700 Personen gekommen sind) erweisen sich als besonders wissbegierig. Vielfach erwarten sie von den Referenten und Referentinnen die Weitergabe ihres Wissens. Insofern ist ATTAC tatsächlich eine aktivistische Bildungsbewegung, und dies ist ein wichtiger Aspekt. Vielfach gilt es, bei solchen Versammlungen die Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen erst noch zu lernen. Geht das darauf zurück, dass es für die Mehrzahl der Mitglieder oder Sympathisantinnen und Sympathisanten von ATTAC die erste politische Erfahrung ist? Jedenfalls kann sich diese Lernerfahrung trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten ebenfalls als für die Zukunft wichtig erweisen.
Die Beziehung zu den politischen Parteien bereitet manchmal Probleme. Sie wurden in den Gründungsprozess von ATTAC nicht einbezogen. Mitglieder von Parteien sind willkommen; sie sind jedoch auf nationaler Ebene nicht als solche repräsentiert. Auf örtlicher Ebene sind Parteien jedoch in einigen Komitees vertreten. Das führt zu einer Debatte über die Folgerichtigkeit der Arbeitsweise der Assoziation.[4]
Links zu Attac |
Bei den großen Mobilisierungen, die von ATTAC angestoßen worden sind (Tausende von Demonstrantinnen und Demonstranten im Vorfeld der WTO-Konferenz in Seattle) oder an denen ATTAC aktiv beteiligt war (mehrere Zehntausend im Juni 2000 in Millau, in Solidarität mit den verurteilten Mitgliedern der "Confédération Paysanne"), haben sich alle politischen Generationen miteinander vermischt. Der Widerstand gegen die kapitalistische Globalisierung erweist sich heute als ein geeigneter Boden für politische Einheit wie Einheit der Generationen. Die Art und Weise des politischen Agierens dürften sich in den kommenden Jahren nichtsdestoweniger weiterentwickeln.
Werden die herrschenden Kräfte von sich aus zu substanziellen Reformen imstande sein? Falls ja, würden sie die Einheit, die innerhalb von ATTAC erzielt worden ist, auf eine harte Probe stellen. Zur Zeit ist allerdings vielmehr ihre Unfähigkeit zur Einleitung jeglicher Reform des Systems frappierend. Eine ganze Reihe von Experten warnen lauthals. Die neoliberale Ideologie ist in der Krise. Die internationalen Finanzinstitutionen verändern ihren Diskurs und bemühen sich, die NROs mit ins Boot zu nehmen. Eine Reihe von Institutionen haben Sand im Getriebe. Doch in der Praxis ist der (ultra) liberale Kurs des gegenwärtigen Kapitalismus weder eingedämmt noch rückgängig gemacht. Und dies dürfte dazu beitragen, dass die Widerstandsbewegungen gegen die Globalisierung ihre Dynamik behalten.
Oktober 2000
Pierre Rousset ist Chefredakteur von rouge, der Wochenzeitung der LCR, französische Sektion der IV. Internationale, und arbeitet in der internationalen Arbeitsgruppe von ATTAC Frankreich sowie im "ATTAC-Komitee der europäischen Institutionen" mit. Dieser Artikel erschien zuerst in der spanischen Zeitschrift Viento Sur (Nr. 53, November 2000) Aus dem Französischen übersetzt von Friedrich Dorn |