Die USA, die auf einem Weg fortfahren, den sie seit zehn Jahren in einem rasanteren Tempo beschreiten, werfen sich zu weltweiten Gerichtsherren auf, wobei sie Richter und Partei zugleich ist. Aufgrund von "Schuldbeweisen", deren Kenntnis einigen der engsten Verbündeten vorbehalten wird, haben die USA am 7. Oktober unter deren Beteiligung und Unterstützung einen groß angelegten Angriff gegen Afghanistan gestartet, der unfehlbar den enormen Aderlass verschlimmern wird, den dieses Land seit der sowjetischen Invasion 1979 erlebt hat.
Ein weiteres Mal verbünden sich die USA, die zur Übernahme der Macht der Taliban in Kabul beigetragen haben, gegen Fundamentalisten mit anderen Fundamentalisten, nämlich denen der Nordallianz; damit stellen sie unter Beweis, dass sie sich nicht um demokratische Grundsätze und um die Interessen der Frauen scheren, dass sie diese nur dann aus purer Heuchelei dem Schein nach hochhalten, wenn ihre eigenen strategischen Interessen bedroht sind. Was für ein tolles demokratisches Bündnis George Bush und seine NATO-Verbündeten mit dem saudischen Königreich und den russischen Schlächtern des tschetschenischen Volks doch abgeben!
Im Gegensatz zum Golfkrieg von 1991 zielt die gegenwärtige Offensive, über die Zerschlagung des Netzwerks von Bin Laden hinaus, auf den Sturz des Taliban-Regimes ab. Im Irak hatten die USA auf den Fortbestand des Regimes von Saddam Hussein gesetzt, aus Furcht, die Region würde "destabilisiert". In Afghanistan besteht das Hauptziel in der Einsetzung eines willfährigen Regimes in einem Land, dessen Bedeutung als Durchgangsland für Erdöl und wegen seiner Schlüsselrolle für den Zugang nach Zentralasien bekannt ist.
Es ist dringender denn je, massiv gegen diese neue Aggression (den dritten imperialistischen Krieg großen Umfangs in zehn Jahren!) zu mobilisieren, um dem immer aggressiveren Kurs der mächtigsten Staaten Einhalt zu gebieten. Zugleich gilt es, sich den Angriffen auf die demokratischen Rechte und die sozialen Errungenschaften entgegenzustellen, von dem die laufende Offensive begleitet wird.
Dieses imperialistische Verhalten kann nur zu einer Zunahme der Tendenzen zu blindem Terrorismus führen, dem die Zivilbevölkerung der Aggressorstaaten zum Opfer fallen werden. Dem "Terrorismus" wird man nur dadurch ein Ende setzen können, indem dessen tiefe Ursache beseitigt wird: die in der Welt herrschende Ungerechtigkeit, für die die Regierung der USA die Hauptverantwortlichkeit trägt.
8. Oktober 2001
Büro des Vereinigten Sekretariats der IV. Internationale |