USA bereiten Angriff auf Irak vor

Die Vereinigten Staaten bereiten sich nicht nur auf einen umfassenden Krieg gegen den Irak vor, ohne dass es in letzter Zeit von irakischer Seite einen Grund gegeben hätte, der dies rechtfertigen würde, sondern sie sind auch noch entschlossen, in diesem Krieg Atomwaffen einzusetzen, wenn das notwendig sein sollte.

Salah Jaber

Vor kurzem kam heraus, dass Präsident Bush einen geheimen Bericht des Pentagons – genannt »Nuclear Posture Review« – überreicht bekommen hat, in dem Länder aufgelistet sind, gegen die die USA einen nuklearen Erstschlag vorbereiten. Auf dieser Liste stehen nicht nur der Irak, sondern auch Nordkorea, der Iran, Libyen, China und sogar Russland, trotz Präsident Putins Haltungsänderung gegenüber der NATO. Der Bericht schließt die Verwendung von Atomwaffen auch im Falle eines palästinensisch- israelischen Konfliktes nicht aus. Unter den Umständen, unter denen die Nuklearwaffen gegen die betreffenden Länder eingesetzt werden könnten, sind auch »Ziele, die einen nicht-nuklearen Angriff überstehen können« und »überraschende militärische Entwicklungen« genannt. Daneben enthüllte der Bericht, dass die Vereinigten Staaten eine neue Generation von so genannten nuklearen Schlachtfeldmaschinen für besondere Situationen entwickeln.

Vor dem 11. September wären diese frösteln machenden Enthüllungen wohl als Spinner-Phantasien einer rechtsradikalen Randgruppe abgetan worden. Nun werden Atomwaffen, die in den letzten 50 Jahren als Abschreckungsmittel verkauft wurden, als legitime Mittel der Kriegsführung rehabilitiert, sogar gegen Staaten, die solche Waffen nicht besitzen. Die republikanische Rechte hat nun das Sagen in der einzigen Supermacht der Welt, und es ist klar, dass sie bereit ist, den Gebrauch von Atomwaffen in Erwägung zu ziehen – zumindest gegen den Irak. Gleichzeitig schreitet die politische Vorbereitung für einen Angriff auf den Irak rasch voran. Es scheint, als ob es nichts gibt, was der Irak tun könnte, um die Regierung Bush von einem Angriff auf ihn abzubringen. Sollte der Irak dem Prinzip zustimmen, sogenannte Waffeninspektoren ins Land zu lassen, werden die Vereinigten Staaten ein so strenges Regime fordern – Zugang zu allem und jedem, was im Moment wichtig erscheint –, dass es den Irakis nicht möglich sein wird, dies zu akzeptieren. Verteidigungsminister Rumsfeld sagte: »Wir beabsichtigen nicht, ein 'Ja' als Antwort zu nehmen«.

Die für den Angriff gegen Afghanistan zusammengeschmiedete Allianz muss natürlich den neuen Bedingungen eines Krieges gegen den Irak angepasst werden: Dick Cheneys Rundreise durch den Mittleren Osten war darauf angelegt, gegnerische Reaktionen gegen einen Angriff auf Bagdad zu neutralisieren oder im Zaum zu halten.

Bush nennt die Vorbereitungen für den Krieg gegen den Irak den »zweiten Schritt« seines »Krieges gegen den Terrorismus«. Doch auch der erste Schritt geht täglich weiter, und die Welt ändert sich entsprechend. Unter dem Deckmantel so genannter »Säuberungsaktionen« gehen die militärischen Handlungen in Afghanistan weiter.

Gleichzeitig werden die Palästinenser von Israel mit direkter Unterstützung und Protektion der USA mit Krieg überzogen. Seit dem 11. September wurde er immer weiter eskaliert.

In den USA selbst hat Bush den Rüstungshaushalt um 14% oder 48 Mrd. Dollar in die Höhe getrieben. Der Marsch in den Krieg geht einher mit antidemokratischen Maßnahmen und paranoiden Sicherheitsbestimmungen. Tausende von ImmigrantInnen wurden verhaftet und Hunderte werden immer noch im Gefängnis behalten, häufig an unbekannten Orten.

US-Truppen intervenieren bereits auf den Philippinen und in Kolumbien sowie in Somalia und im Jemen; Bürgerrechte stehen weltweit unter Beschuss.

In Britannien hat der »Crime and Security Act« (Gesetz über Verbrechen und Sicherheit) Internierungen ohne Anklage ermöglicht, was im Gegensatz zur Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Zahlreiche Menschen arabischer Herkunft wurden ohne Anklage oder den Vorwurf eines Vergehens unter Berufung auf dieses drakonische Gesetz verhaftet und in Sicherheitsgefängnisse verbracht. Maßnahmen dieser Art wurden von allen größeren europäischen Staaten verabschiedet und neue Gesetze – auf der Ebene der Europäischen Union wie der Mitgliedsstaaten – wurden durchgesetzt, die auch gegen die die neoliberale Globalisierung bekämpfenden Bewegungen eingesetzt werden können.

Auch Indien hat sein eigenes »Terrorismus-Problem« in Kashmir als Vorwand für ein rigides Durchgreifen mittels neuer Anti-Terror-Gesetze genützt, während das pakistanische Militärregime hart gegen islamische Fundamentalisten vorging, die es lange gehätschelt hat; doch dieses Durchgreifen trifft auch linke Gruppen und Gewerkschaften.

Der US-Imperialismus ist heute militärisch und politisch aggressiver als je zuvor, weil er in Mittelasien eine neue Hegemonie erreicht und größeren Einfluss auf Russland und China gewonnen hat. Die Gefahr eines endlosen Krieges, in dem die schlimmsten Massenvernichtungswaffen von der führenden imperialistischen Nation der Welt eingesetzt werden unter dem Vorwand, den »Terrorismus« zu bekämpfen, war nie größer. Wem immer die Zukunft unseres Planeten am Herz liegt, der oder die sollte auf die Pläne der USA, abhängige Länder, die sich nicht verteidigen können, atomar anzugreifen, mit Zorn und Abscheu reagieren. Alle, die die Rechte der Unterdrückten verteidigen, sollten sich den Protesten gegen die Brutalität der israelischen Armee anschließen, die die ganze Kraft eines terroristischen Staates einsetzt, um den Wunsch des palästinensischen Volkes, einen unabhängigen Staat auf einem kleinen Stück ihrer historischen Heimat errichten zu können, zu vernichten.

Ein neuer Krieg der USA gegen den Irak mit dem Ziel des Sturzes von Saddam Hussein und seiner Ersetzung durch ein Washington genehmeres Regime würde das Abschlachten von Unschuldigen, wie es nach dem 11. September ins Werk gesetzt wurde, weiter eskalieren.

Inzwischen sind durch die US-Bomben mehr afghanische Zivilisten zu Tode gekommen als am 11.9. Menschen in den Zwillingstürmen und in Washington. Doch ein Krieg gegen den Irak birgt das Risiko eines weit höheren Blutzolls, selbst ohne einen US-Atomangriff. Bereits jetzt führt das von den USA gegen den Irak durchgesetzte Embargo zu einer hohen Todesrate unter Zivilisten und Kindern: laut UNO-Entwicklungsagentur 90.000 jedes Jahr, wovon die Mehrheit unter fünf Jahre alt ist.

Die verbrecherische Hegemonie der NATO über die Welt und der Weg in einen neuen Krieg müssen von allen bekämpft werden, die sich für Demokratie und die Interessen der Menschheit einsetzen.

Übersetzung aus dem Englischen: Paul Kleiser



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 368 (Juni 2002).