Jetzt ist es offiziell: Am 11. Oktober hat der Kongress der Vereinigten Staaten für Bushs Krieg gestimmt -- und es wurden Pläne veröffentlicht für eine von den USA installierte Militärregierung, die den Irak übernehmen soll, sobald das Regime gestürzt ist. In diesem kritischen Augenblick brauchen wir die größtmögliche Antikriegsbewegung -- weltweit und in den Vereinigten Staaten. Wir denken aber auch, dass es wichtig ist, möglichst klar zu der Frage Stellung zu beziehen, warum dieser Krieg geführt werden soll und warum er ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist.
Ist dieser Krieg falsch, weil er eine "einseitige" US-Aktion ist? Ist er falsch, weil er extrem gefährlich für die regionale "Stabilität" des nahen Ostens ist? Ist er falsch, weil die "irakische Bedrohung" ein Mythos ist -- wo es doch wenig Anzeichen gibt, dass die Regierung des Irak die Vereinigten Staaten angreifen will, und keinerlei Belege, dass irgendwelche Kapazitäten hätte, etwas Derartiges durchzuführen?
Tatsächlich stimmt das alles: Dieser Krieg ist einseitig, gefährlich und destabilisierend, und die "irakische Bedrohung" ist die größte Lüge seit, nun ja, der "Wahl" von George Bush. Aber wir glauben nicht, dass dies die Hauptgründe sind, warum er falsch ist.
Dies ist ein Eroberungskrieg, ein Krieg um die Kontrolle der Ölversorgung und der Ölpreise, ein Krieg zur Beherrschung des ganzen Nahen Ostens. Er ist das, was wir kurz einen imperialistischen Krieg nennen. Solche Kriege nützen den Interessen der multinationalen Konzerne, nicht den arbeitenden Menschen -- weder in den Vereinigten Staaten, noch im Irak. Tatsächlich werden die arbeitenden Menschen bei uns und weltweit die Hauptlast der Kämpfe und der sozialen Folgen des Krieges tragen müssen: die Zehntausenden von Irakis, die ziemlich sicher werden sterben müssen, die Dutzende wenn nicht Hunderte von Milliarden US-amerikanischer Steuergelder, die er kosten wird, während die Unterernährung weltweit zunimmt und immer mehr Menschen unserer eigenen Gesellschaft ohne Krankenversicherung und andere Minimalvoraussetzungen eines menschenwürdigen Lebens dastehen. Sein imperialistische Charakter ist der entscheidende Punkt bei Krieg gegen den Irak; alle anderen Fragen mögen wichtig sein, aber erst in zweiter Linie.
Nehmen wir beispielsweise die Frage der "Einseitigkeit". Millionen von Menschen in diesem Land und weltweit ist es wichtig, ob die Regierung der Vereinigten Staaten die Invasion des Iraks ganz alleine durchführt oder mit Zustimmung der "Weltgemeinschaft", wie sie sich in den Vereinten Nationen ausdrückt.
Wir respektieren den Wunsch der Menschen für irgendeine Art von internationalem System, das die Herrscher verschiedener Länder -- seien es nun "Supermächte" oder "Schurkenstaaten" -- daran hindert, ihren Einfluss überall geltend zu machen, nur weil sie es können. Im Prinzip könnte in einer Welt, die nicht von Großmächten und multinationalen Konzernen beherrscht ist, das Völkerrecht eine wunderbare Sache sein. Aber die überwältigende ökonomische, politische und militärische Muskelkraft der Vereinigten Staaten wird es George Bush ermöglichen, die Unterstützung (oder Stimmenthaltung) genügend vieler Länder zu kaufen oder zu erpressen, um das Feigenblatt einer Zustimmung des UN-Sicherheitsrats zu bekommen, wenn er sie wirklich braucht.
Anders als im 19. Jahrhundert wird die imperialistische Kontrolle in der heutigen Welt normalerweise nicht durch direkte Invasion und Kolonialismus ausgeübt. Vielmehr ist es für die reichen und mächtigen Kapitalistenklassen der Welt üblich geworden, Nationen und Ökonomien über den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank, über den Weltmarkt und über Handelsabkommen zu beherrschen.
Der Imperialismus nutzt auch Partnerschaften mit repressiven, brutalen, sogar völkermordenden Regimes, um Kontrolle und "Ordnung" aufrecht zu erhalten. Genau deshalb unterhielten die US-Regierungen über ein Jahrzehnt lang freundschaftliche Beziehungen zu Saddam Husseins schrecklichen Polizeistaat, auch in der Zeit, als er von den USA gelieferte chemische Kampfstoffe gegen die irakischen Kurden benutzte. Aber jetzt, wo das Regime aus dem Ruder gelaufen ist, wollen die Vereinigten Staaten die fortgeschrittenste Militärtechnologie des 21. Jahrhunderts für eine Art kolonialer Rückeroberung des Iraks einsetzen; also etwas, das mit der Kanonenbootdiplomatie vor 80 Jahren allgemein aus der Mode kam.
Kurz gesagt: Die ist keine neue Art von Krieg für eine menschliche Weltordnung; es ist mehr ein Krieg alter Art, in dem die zivilen Opfer und das daraus resultierende menschliche Elend sich jeder Möglichkeit der Vorhersage entziehen. Nicht nur müssen wir uns gegen diesen grässlichen Krieg stellen, wir müssen auch eine mächtige Bewegung gegen das System von Ausbeutung und Profit aufbauen, das ihn hervorbringt.
Flugblatt von Solidarity. Solidarity ist eine sozialistische, antirassistische, feministische Organisation in den USA. Internet: http://www.solidarity-us.org |
Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 376/377 (März/April 2003).