Venezuela

Die Putschgelüste der Rechten stoppen!
Nein zu Gaviria und der OAS-Falle!
Aktive Solidarität mit dem Kampf der Arbeitenden und dem Volk von Venezuela!

Vereinigtes Sekretariat der IV. Internationale

1. Die rechte Eskalation, die mit dem "Generalstreik" eingeleitet und mit dem, was jetzt "Endkampf" genannt wird, verstärkt worden ist, ist Teil der konterrevolutionären Strategie zum Sturz der legitimen demokratischen Regierung von [Präsident] Chávez und zur Zerschlagung des Prozesses der Selbstorganisierung und der Selbstverteidigung der ArbeiterInnen, StudentInnen und des Volks.

Diese Eskalation nimmt mit den fortdauernden Morden an politischen und sozialen AktivistInnen, den Provokationen von faschistischen Banden und der Sabotage der Erdölproduktion, die Anfang Dezember von den Mafias der PDVSA [Petroleos de Venezuela S.A., staatliche Erdölgesellschaft] und den korrupten Führern der CTV [Gewerkschaftsdachverband] eingeleitet worden ist, einen kriminellen Charakter an.

Mit Unterstützung der Medienmächtigen, vor allem im Fernsehen, zielt die destabilisierende Operation der Bourgeoisie auf politische Manipulation, auf Angst, auf wirtschaftliches Chaos und auf die Spaltung der Militärs ab, die bis jetzt die Regierung von Chávez unterstützen.

2. Die Bush-Administration, die im Irak einen weiteren Völkermord vorbereitet, spielt bei der konterrevolutionären Eskalation eine entscheidende Rolle. Und zwar nicht nur wegen ihrer politischen und finanziellen Unterstützung für die Putschisten, sondern auch dadurch, dass sie über ihr Lakaienwerkzeug, die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) - mit der Komplizenschaft der Mehrheit der Regierungen der Region, der Europäischen Union und der Carter-Stiftung - das "diplomatische" Intervenieren vorantreibt, mit dem Ziel, mit der demokratischen Regierung der Bolivarianischen Republik Venezuela [seit langem offizielle Bezeichnung des Staates] Schluss zu machen.

Die Erklärungen von Richard Boucher, dem Sprecher des State Departments der Vereinigten Staaten, lassen in dieser Hinsicht keinen Zweifel: "Wir haben die Bedeutung der Mission des Generalsekretärs der OAS, César Gaviria, unterstrichen, auch dass beide Seiten mit ihm zusammenarbeiten müssen, um ihre politischen Meinungsverschiedenheiten zu lösen." In der Sprache der imperialistischen Interessen kann mit solcher "Zusammenarbeit" nur eine Erpressung gemeint sein, damit die venezolanische Regierung am Ende einem "demokratischen Dialog" als Auftakt zu ihrer politischen Kapitulation zustimmt.

Die "Mission" von César Gaviria, - einem Ex-Präsidenten von Kolumbien, der die Aufstandsbekämpfung ins Werk gesetzt hat, die paramilitärischen Gruppen gefördert hat und für die systematische Menschenrechtsverletzungen in seinem Land verantwortlich ist, - muss rundheraus verurteilt werden.

Die OAS möchte mit ihrer "Carta democrática" das erreichen, was der Konterrevolution von Unternehmern und Imperialisten am 11. April [2002] nicht gelungen ist. Daher darf es, wie es die Volksorganisationen, die linken und bolivarianischen Organisationen erklären, keinerlei "Konzertation" mit der putschistischen Rechten und den Unternehmern geben.

3. In Venezuela wird eine entscheidende antiimperialistische Schlacht geschlagen. Das bolivarianische Volk ist über die Schranken und die Schwankungen der Regierung Chávez in bezug auf die Vertiefung eines Prozesses des Bruchs mit der Bourgeoisie und in bezug auf die Ergreifung von Maßnahmen zur Verhinderung der Putschoperation hinaus und auf die Strassen gegangen. Dort geht es nicht nur um das demokratische Schicksal des Landes, sondern auch und in einem gerüttelten Maß um das Kräfteverhältnis mit dem Imperialismus in der ganzen Region.

Nach dem Wahlsieg von Lula in Brasilien und von Lucio Gutiérrez in Ecuador, nach der Verlängerung des "Argentinazo" in einen Prozess der Volksrebellion, nach der Zunahme der anti-neoliberalen Widerstände der sozialen Bewegung und nach der kontinentweiten Ablehnung sowohl des Plan Colombia als auch des Projekts zur Wiederherstellung von kolonialen Verhältnissen namens ALCA [Freihandelszone der Amerikas] trachten die Vereinigten Staaten danach, einen "präventiven" Sperrgürtel gegen den Drang nach Veränderung zu errichten, der in Südamerika ausgebrochen ist.

Eine Niederlage der Regierung Chávez und die Niederschlagung der sich entwickelnden radikalen Arbeiter- und Volksbewegung werden zu einer Priorität in der konterrevolutionären Strategie von Washington. Dass die Regierung Chávez bleibt - sowie die Dynamik des Klassenkampfs, die eingesetzt hat -, passt nicht zur Kontrolle über die Region, wie sie der "Plan Colombia" und die ALCA aus Sicht des Pentagons und des State Departments bedeuten.

Ein Sieg des Putschismus und der imperialistischen Interessen in Venezuela würde zugleich die politischen und wirtschaftlichen Spielräume von Regierungen wie denen von Lula und Gutiérrez verkleinern, die ungünstigen Bedingungen für die bewaffnete Aufstandsbewegung in Kolumbien verschlechtern und die Blockade gegen Kuba stärken.

4. Vor diesem Hintergrund muss es eine breite, aktive und kämpferische internationalistische Solidarität mit dem Kampf des Volks in Venezuela geben. Der Kampf der Arbeitenden und Studierenden, Klassengewerkschaften und Volksorganisationen, der linken Parteien und bolivarianischen Zirkel in Venezuela ist Teil des Kampfs der lateinamerikanischen Völker gegen die regierenden Eliten gegen den Neoliberalismus, den IWF, die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) und die Auslandsschulden.

Es ist ein demokratischer Kampf für die Souveränität und das Recht der Völker, über ihr eigenes Geschick zu bestimmen. Es ist ein antiimperialistischer und antikapitalistischer Kampf.

Die Kräfte der IV. Internationale engagieren sich in diesem Kampf. Indem sie in den verschiedenen Ländern Solidaritätsaktivitäten, öffentliche Kundgebungen, Demonstrationen auf der Strasse und politische Stellungnahmen initiieren und mittragen. Indem sie Unterschriften- und Protestkampagnen, die von demokratischen, antiimperialistischen und revolutionären Strömungen organisiert werden, bedingungslos unterstützen.

4. Januar 2003
Aus dem Spanischen übersetzt von Friedrich Dorn



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 376/377 (März/April 2003).