China

Befreit Yao Fuxin und Xiao Yunliang! Verteidigt die demokratischen Rechte der chinesischen ArbeiterInnen und das Arbeitsrecht!

Exekutivbüro der IV. Internationale

Nach einer mehr als einjährigen vorläufigen Haft wurden Yao Fuxin und Xiao Yunliang, chinesische Arbeiteraktivisten und führende Organisatoren der Demonstrationen für die Rechte der ArbeiterInnen von März 2002 in Liaoyang wegen "subversiver Tätigkeit" zu sieben und vier Jahren Haft verurteilt. Das Gerichtsurteil wurde am 9. Mai aufgrund der Einschränkungen, die im Zusammenhang mit der SARS-Epidemie verordnet wurden, in Abwesenheit der Anwälte der beiden bekanntgegeben. 24 Stunden zuvor hatte die Regierung der Volksrepublik China neue Wirtschaftsmaßnahmen gegen die SARS-Epidemie angekündigt und Staatsunternehmen untersagt, "nach Gutdünken Beschäftigte zu kündigen, um die Beschäftigungslage zu stabilisieren".

Liaoyang ist die Hauptstadt der Provinz Liaoning (im Nordosten Chinas). Sie war einst das Industriezentrum und der Stolz der chinesischen Arbeiterklasse. Heute ist sie ein Rostgürtel mit veralteten Staatsbetrieben, die durch die kapitalismusfreundliche Wirtschaftspolitik der Pekinger Regierung in den Ruin getrieben wurden. Über 60 Prozent der ArbeiterInnen der Stadt sind aufgrund des Fehlens jeglicher sozialen Absicherung arbeitslos oder verarmt. Seit 1998 wurden über 25 Millionen ArbeiterInnen des staatlichen Sektors im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses im Zuge von Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) entlassen.

Die Arbeiterdemonstrationen in Liaoning begannen am 1. März 2002 bei den Erdölförderstätten von Daqing, einem Musterbetrieb der maoistischen Industrialisierung der 60er Jahre. Zehntausende ArbeiterInnen gingen auf die Straße, um die Bezahlung ihrer Löhne und Renten und die Einhaltung ihrer Rechte zu fordern. Sie wählten unabhängige Gewerkschaftsdelegierte. Die gekündigten ArbeiterInnen der Fabrik für Eisenlegierungen in Liaoyang, wo Yao Fuxin und Xiao Yunliang beschäftigt waren, folgten schon bald ihrem Beispiel. Am 11. März 2002 forderten über 5000 ArbeiterInnen vor dem Rathaus die sofortige Auszahlung von seit über zwei Jahren ausstehenden Arbeitslosengeldern und kritisierten unter der Losung "Rentendiebstahl ist ein Verbrechen" die Korruption und die Unterschlagung von Geldern durch die Fabrikdirektoren und die lokalen Behörden.

Delegierte wurden gewählt, und die Bewegung weitete sich auf die ganze Stadt aus. Am 18. März 2002 demonstrierten erneut 30.000 ArbeiterInnen aus 20 Fabriken, um die Freilassung von Yao Fuxin und Xiao Yunliang zu fordern, die tags zuvor von der Geheimpolizei verhaftet worden waren. Die Proteste hielten bis zum 20. März an, als die lokalen Behörden jeden Dialog mit den ArbeiterInnen zurückwiesen, die Räumung der besetzten Gebäude verordneten, drei weitere Delegierte verhafteten und Tausende von Polizisten und bewaffneten Soldaten in der Stadt stationierten. Dennoch protestierten am 28. März noch einmal 600 ArbeiterInnen vor dem Rathaus der Stadt, um die Freilassung ihrer Delegierten zu fordern.

Yao Fuxin und Xiao Yunliang sind seit ihrer Festnahme in Haft. Im Januar fand ihr Prozess statt, bei dem sie des Aufstands beschuldigt wurden. Bis zum Urteil wurden sie im städtischen Gefängnis von Liaoyang festgehalten. Ihre Familien und Freunde sind alarmiert über ihren schlechten Gesundheitszustand. Infolge einer durch die Haftbedingungen und die brutale Behandlung ausgelösten Krankheit hat Xiao Yunliang begonnen, Blut zu spucken. Am 20. März 2003 versuchten seine Frau Su Anhua und zwanzig Arbeiterdelegierte, ein Treffen mit den lokalen Behörden zu erwirken, um sie auf den Gesundheitszustand der Inhaftierten und ihre rechtliche Lage aufmerksam zu machen. Sie wurden nicht in das Rathaus von Liaoyang vorgelassen. Die offizielle Antwort kam in Form der Urteile vom 9. Mai.

So geht die prokapitalistische chinesische Regierung in der angeblichen "Volksrepublik China" mit ArbeiteraktivistInnen um. Die Tatsachen sprechen für sich.

Wir fordern die sofortige Freilassung von Yao Fuxin und Xiao Yunliang! Wir machen die chinesischen Behörden für ihren Zustand verantwortlich!

Wir rufen die globalisierungskritische Bewegung und die internationale Gewerkschaftsbewegung auf, sich mit den chinesischen ArbeiteraktivistInnen solidarisch zu zeigen, und fordern die Einhaltung der demokratischen Rechte der chinesischen Arbeiterklasse und des chinesischen Arbeitsrechts.

14. Mai 2003
Aus dem Französischen: Tigrib



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 380/381 ( Juli/August 2003).