Honduras

Die Bevölkerung leistet Widerstand gegen die Oligarchie und den Imperialismus

Erklärung des Büros der IV. Internationale

Eine Woche nach dem Putsch gegen Präsident Manuel Zelaya gehen die Mobilisierungen der Bevölkerung weiter, die den Putsch zum Scheitern bringen können. Die internationale Solidarität muss breiter werden.

Wieder einmal steht Lateinamerika im Zentrum der internationalen Meldungen. Und leider erschüttert wieder einmal ein Militärputsch eines seiner Länder: Honduras.

Manche dachten, dass im politischen Leben Lateinamerikas eine neue Ära angebrochen wäre. Die gesellschaftlichen Verhältnisse würden in friedliche Bahnen geleitet. Die Demokratie würde zur Norm.

Wieder einmal stürzen, wenn ihre Interessen auf dem Spiel stehen, die Oligarchie und die Spitzen der Armee auch unter der „Demokratie“ Präsidenten und unterdrücken die Volksbewegung.

Honduras lebt unter der Vorherrschaft einer halsstarrigen Oligarchie, die zwischen Konservativen und Liberalen organisiert ist. Ihr dient eine Armee, die von den USA bewaffnet, ausgerüstet und unterstützt wird und die sich der Doktrin der inneren Sicherheit verschrieben hat. Das von der Verfassung von 1982 ausgehende politische Modell wurde nach einer langen Phase brutaler Diktaturen, in der alle politischen Parteien verboten waren, errichtet. In den 80er Jahren ging die Gewalt weiter, und Todesschwadronen ermordeten weiterhin aktive Oppositionelle zu Hunderten. Das Land diente als Basis für nordamerikanische Operationen gegen die Befreiungsbewegungen Zentralamerikas und zum Recyceln argentinischer Folterer.

Heute stellt die faschistische Rechte den gestürzten Präsidenten Zelaya als gefährlichen Radikalen dar, während er in Wirklichkeit ein liberaler Oligarch ist, der gezwungen war, in einem Kontext sozialer Unruhe, die nicht mehr lenkbar war, Zugeständnisse zu machen. Im April 2008 demonstrierte die Bevölkerung massiv gegen Preiserhöhungen. Zelaya unterzeichnete ein Abkommen mit Venezuela für einen Austausch landwirtschaftlicher Produkte mit Erdöl und trat der Bolivarianischen Alternative für Amerika (ALBA) bei. Diese Zusammenarbeit ermöglichte die Finanzierung einiger Sozialprogramme, ohne dass er jedoch die Unterstützung der drei Gewerkschaftsverbände und der im „Bloque Popular de Honduras“ vereinten Massenorganisationen erhielt, die von dieser Politik noch nicht überzeugt waren.

Die honduranische Bevölkerung ist stark beeinträchtigt durch eine zutiefst ungleiche Gesellschaft, in der der Reichtum des Landes sich in den Händen einer Minderheit befindet und multinationalen Unternehmen übergeben wird (Bergbau, Öl, Wasser, Wälder usw.). Landlose Bauern werden weiter von den Schlägern der Großgrundbesitzer niedergeschossen. Bereits erschöpft von der Armut, die 80 Prozent der Bevölkerung betrifft, sowie von der Abhängigkeit der Wirtschaft von den USA, hat sich das Land noch nicht vom Hurrikan Mitch erholt, der es im Oktober 1998 zerstörte. Der im Jahr 2005 mit den USA abgeschlossene Freihandelsvertrag lief auf eine Aufgabe der Souveränität des Landes hinaus. Ein weiterer, ebenso nachteiliger Vertrag wird mit der EU ausgehandelt und soll im Juli abgeschlossen werden. Die sozialen Bewegungen verlangen ihrerseits die Einberufung einer Konstituierenden Versammlung – unvorstellbar für die Oligarchie, die USA und die Multis.

Obamas Reden sind eine Sache, die Verbindungen zwischen dem politisch-militärischen Apparat der USA und den Spitzen des lateinamerikanischen Militärs eine andere. Seitens der USA gab es keine klare Verurteilung des Staatsstreichs, beide Seiten wurden auf die gleiche Stufe gestellt. Die Putschisten standen in ständiger Verbindung mit der US-Botschaft, um die Volksbefragung scheitern zu lassen. Wenn der US-Imperialismus seinen Einfluss in dieser wichtigen Bastion bewahren will, wird sich die Obama-Administration angesichts dieses brutalen und eindeutig nicht vorhergesehenen Staatsstreichs in einer unkontrollierten Lage befinden, die für eine Neubegründung der Beziehungen zu Lateinamerika nichts Gutes verheißt.

Der Putsch folgt auf den vom April 2002 in Venezuela, der durch eine Massenmobilisierung vereitelt wurde, und auf den in Bolivien im vergangenen Jahr, der durch die Entschlossenheit der lateinamerikanischen Regierungen, die keinen neuen Pinochet erleben wollten, besiegt wurde. Diese Krise enthüllt die Polarisierung zwischen den politisch-ideologischen Strömungen, die sich in der Region gegenseitig die Stirn bieten. Die reaktionäre Bourgeoisie will keine Ausdehnung der vom Imperialismus unabhängigen Entwicklungen, die von der Achse Venezuela – Ecuador – Bolivien – Nicaragua – Kuba gefördert werden. Sie kann den Massenbewegungen, die überall Widerstand leisten gegen die Wiedereroberung des Kontinents durch die Multis und deren Lakaien, nicht die Initiative überlassen. Wir sehen das mit Zustimmung der lateinamerikanischen Oligarchien veranstaltete Manöver der USA: die mögliche Rückkehr Präsident Zelayas im Austausch gegen die Straffreiheit der Putschisten – die die Institutionen des honduranischen Staates vollständig kontrollieren – und vor allem den Verzicht auf die Hauptforderung der „Frente Nacional contra el Golpe de Estado“ (Nationale Front gegen den Staatsstreich), auf die Einberufung einer Konstituierenden Nationalversammlung.

Die Putschisten und ihre Verbündeten hatten nicht mit dem außergewöhnlich großen Widerstand der honduranischen Volksbewegung gerechnet, den Jahrzehnte der Repression nicht zum Schweigen bringen konnten und der sich nun mutig auf der Straße äußert.

Das Regime der Putschisten (Unternehmer, Oligarchie, die Kirchenhierarchie, die Armee) ist diplomatisch vollständig isoliert, der internationalen Finanzierung und des venezolanischen Öls beraubt. Ein Teil der Unternehmer strebt eine von den USA ausgehandelte Lösung der Krise an. Dank der Blockaden der Bevölkerung und der Schließung der Grenzen durch die Nachbarländer können keine Waren die Grenze überschreiten.

Indem sie die Bedrohung einer von Venezuela unterstützten Invasion von der nicaraguanischen Grenze aus an die Wand malen, hoffen die Putschisten in dem derart polarisierten Land, mit Hilfe der vollständig kontrollierten Medien ein Echo zu finden und die Repression zu rechtfertigen. Sie hoffen auch, die Krise zu regionalisieren. Nur der Widerstand der Bevölkerung in Honduras und die internationale Solidarität der Völker wird diesem Putsch ein Ende bereiten.

11. Juli 2009
Übersetzung: HGM



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 454/455 (September/Oktober 2009).