Simbabwe

Der aufhaltbare Marsch in den Neoliberalismus

Daniel Suri sprach mit Jean Nanga über Simbabwes Perspektiven unter Mugabes Nachfolger.

Interview mit Jean Nanga

Daniel Suri: Kann man nun, nach dem erzwungenen Rücktritt von Robert Mugabe und der Nachfolge durch denjenigen, den man schon lange als seinen vermutlichen Nachfolger angesehen hatte, Emmerson Mnangagwa, mit einem Kurswechsel in der Politik Simbabwes rechnen oder geht es hier nur um den Austausch von einem Chef durch einen anderen?

Jean Nanga:Seit den 60er Jahren, zum Zeitpunkt der nationalen Befreiungskämpfe, bis zur ersten Novemberwoche 2017, war E. Mnangagwa, der neue Staatschef von Simbabwe, ein Gefährte und zuweilen übereifriger Komplize der Verbrechen Mugabes. Seit seiner Machtergreifung in Staat und Partei, der ZANU-PF, führt er unbestritten die Politik seines Vorgängers fort, indem er ihm komplette Immunität mitsamt komfortablen Ruhestand zusicherte sowie die Erhebung seines Geburtstages zum nationalen Feiertag, zudem Beibehaltung der Verfassung von 2003 und des geplanten Wahlkalenders etc. Der Kampf um die Nachfolge, der auch zur Entbindung von Mnangagwa vom Vizevorsitz und Ausschluss aus der ZANU-PF führte, sowie die Loyalität der Staatsund Parteispitze gegenüber Mugabe, deren gemeinsame Ausplünderung von nationalem Reichtum und Missachtung von Rechten und Freiheiten, all dies wurde in letzter Zeit verstärkt begleitet von Unstimmigkeiten und Divergenzen, dem Auftreten verschiedener Fraktionen in der Partei und unterschiedlicher Einschätzungen, etwa in der Frage der Position gegenüber westlichen Mächten oder zum wirtschaftlichen Neoliberalismus. Gegen den afrikanischen Nationalismus à la Mugabe oder den (kapitalistischen) Wirtschaftsliberalismus, vertreten durch Grace Mugabe und den G40 (Kader, die nicht an den nationalen Befreiungskämpfen teilnehmen konnten) in Gestalt von Jonathan Moyo, früherer Hochschulminister, bezogen die Anhänger eines offen neoliberalen Kapitalismus, darunter E. Mnangagwa, Stellung. Dieser zählte zu einer kleinen Minderheit von Politikern und hochrangigen Offizieren sowie Unternehmern und Kapitalisten an der Spitze von Staat und Partei, von denen bekannt war, dass sie sich skandalös bereichert hatten, die aber darunter litten, sich auf einer schwarzen Liste der USA mit führenden Simbabwern wiederzufinden. So erklärt sich auch der Verzicht in der neuen Regierung auf das Ministerium für die „Indigenisierung“ der Wirtschaft, welches sich das Ziel gesteckt hatte, für eine höhere Beteiligung von privatem lokalen Kapital in ausländischen Unternehmen mit einem Kapital von mehr als 500 000 US-Dollar zu sorgen bzw. eine Mehrheit von 51% durch einheimisches Kapital in großen Unternehmen zu garantieren. Ein Verzicht, welcher sich der Würdigung des Prinzips der Marktwirtschaft in der Antrittsrede von Mnangagwa anschließt, womit er ein Zeichen der Bereitschaft zur Einhaltung der Regeln des internationalen Kapitals setzen wollte. Die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien hat bereits versprochen, den „Übergang“ – d. h. das von Mugabe geerbte Ende des Präsidentschaftsmandats – wirtschaftlich zu begleiten, und der IWF hat eine Delegation für Strukturreformen in Aussicht gestellt, deren Durchführung durch Mugabe behindert worden war, seitdem Simbabwe die Beziehungen zu den Bretton-Woods-Institutionen wieder aufgenommen hatte.

Die sozialen Folgen des neoliberalen strukturellen Anpassungsprogramms aus dem Anfang der 90er Jahre waren der Hauptgrund für den massenhaften Ansehensverlust des Mugabe-Regimes bei den sozialen Bewegungen. Diese gipfelten in einem Generalstreik am Ende des Jahrzehnts und führten schließlich, ausgehend von gewerkschaftlichen Absprachen, zur Entstehung der größten Oppositionspartei, dem Movement for Democratic Change (MDC). Mugabe und seine Partei hatten versucht, dem mit einer sehr ungeschickten Agrarreform zuvorzukommen, indem sie rassistische Vorurteile gegenüber weißen Farmern schürten und den den Weißen genommenen Boden an Würdenträger der Staatspartei bzw. deren Angehörige weiterreichten, die damit aber häufi nichts anzufangen wussten. Obwohl Mugabe in den letzten Jahren von dieser Enteignungspolitik abgekommen war und eine Rückerstattung an die früheren Besitzer sowie eine organisierte Neuverteilung beabsichtigte, blieb er dennoch der Vorstellung von einem „nationalistischen“ Kapitalismus treu mit all ihren katastrophalen Folgen, welche sowohl die „internationale Gemeinschaft“ als auch die von Mnangagwa vertretene Fraktion verärgerten, obgleich letztere erheblich von dem wirtschaftlichen Chaos in Simbabwe profitierte.

Im Hinblick auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen kommt Mnangagwa nicht umhin, trotz seines traurigen Rufs als berüchtigter Komplize des Diktators Mugabe die Rolle des Rechte und Freiheiten respektierenden Führers zu spielen, desjenigen, dem das Schicksal der Armen, der übergroßen Mehrheit im Lande, nicht gleichgültig ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Weltbank und die westlichen Partner ihm im Falle seiner Wahl ein kosmetisches „Armutsbekämpfungsprogramm“ gewähren als Flankenschutz zu den anstehenden „Strukturreformen“, ganz so wie seinerzeit in Südafrika nach der Apartheid (in einer damals weit weniger kritischen wirtschaftlichen und sozialen Situation als derzeit in Simbabwe). Auch wenn Neoliberalismus und eine sehr repressive Politik sehr wohl Hand in Hand gehen können, würde eine derartige Vorgehensweise in Simbabwe doch den dort ins Auge gefassten Wiederaufschwung der Wirtschaft und die Stabilität gefährden.

 Die Armee hat mit ihren Veteranen aus den Unabhängigkeitskriegen eine wesentliche Rolle in der jüngsten Krise gespielt. Wird sie nun von dem neuen starken Mann ihren Anteil verlangen?

Die in der Simbabwe National Liberation War Veterans Association (ZNLWVA) organisierten alten Kämpfer des bewaffneten Befreiungskampfs haben gemeinsam mit den Milizen der ZANU-PF von 2000 bis 2016 Mugabes Regime gegen die weißen Farmer und bei der Unterdrückung der Menschenrechtsaktivisten unterstützt. Einige von ihnen an der Spitze des Machtapparats haben auch von der Enteignung der weißen Farmer profitiert. Doch die Fraktionskämpfe innerhalb der ZANU führten schließlich zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen manchen von ihnen und dem Ehepaar Mugabe, etwa im Falle der Vizepräsidentin von Simbabwe und der ZANU-PF, Joice Mujuru. Diese alte Kämpferin wurde 2014 geschasst, nachdem sie von Grace Mugabe, die sie als Rivalin im Kampf um die Nachfolge von Robert ansah, der Untreue bezichtigt worden war; auch der seinerzeitige Präsident des ZNLWVA, Jabulani Sibanda, wurde aus der Regierung verbannt, weil er gemeinsam mit Joice Mujuru gegen die geplante Übertragung der Macht von Robert an Grace opponiert hatte. Der Entzug der Unterstützung durch die ZNLWVA hat letztlich eine wesentliche Rolle beim Rücktritt von Mugabe gespielt. Ihr Präsident, der Nachfolger von Sibanda, Christopher Mutsvangwa, ist gemeinsam mit seiner Frau Mitglied der Regierung von Mnangagwa. Selbstverständlich gibt es enge Beziehungen zwischen den alten Kämpfern, zu denen auch Mnangagwa zählt, und den Spitzen der Armee.

In einem Bericht von „Global Witness“ aus dem Jahr 2012 über den Diamantenabbau (Marange-Vorkommen) wird die Armee – gemeinsam mit dem Geheimdienst – als einer der Hauptakteure und Nutznießer dieses Reichtums, von dem die staatlichen Kassen kaum etwas haben, dargestellt. Die Spitze des Militärs gilt als korrupt und gleichzeitig überaus aktiv im Wirtschaftsleben des Landes. Generäle wie Solomon Mujuru, Ehemann von Joice und früherer Oberbefehlshaber, oder Generalstabschef Constantino Chiwenga, der Star der Novembertage 2017, werden u. a. auch in einem Dokument der amerikanischen Botschaft als Milliardäre bezeichnet. Sie vertreten im Übrigen ganz wie Mnangagwa einen „offeneren“ Kapitalismus und sind somit Gegenspieler von Grace Mugabe, die Anfang November in aller Öffentlichkeit ihren Robert um die Ernennung zur Vizepräsidentin bat, gemeinsam mit den G40. Die Aufforderung des neuen Präsidenten, im Ausland deponierte Gelder zurückzuholen, richtet sich auch an die militärische Spitze. Mit der Berufung von zwei Generälen ins Außen- und Bodenministerium hat die Armee ihren Anteil bekommen. Warten wir ab, ob sich die Vermutung einer Ernennung des Generalstabschefs zum Vizepräsidenten bestätigen wird.

 Südafrika ist während der Übergangssituation aktiv eingeschritten. Wie sehen die Interessen Südafrikas in der Region aus?

Südafrika ist ein historischer Partner von Simbabwe und heute zusammen mit China und der Europäischen Union Hauptpartner des Landes. Es besteht ein reger Handel zwischen den beiden Ländern. Südafrika ist in verschiedenen Sektoren präsent, vom Bergbau bis zu den Banken, in einer – ein Erbe des Apartheid-Regimes – nahezu imperialistischen Dominanz. Unsichere Verhältnisse in Simbabwe würden auch die südafrikanische Wirtschaft beeinträchtigen und Investitionen schaden. Führende Leute des ANC sind Anteilseigner von Unternehmen in Simbabwe. Schwächelt das Wachstum in Südafrika, so hat das Folgen für die Wirtschaft in Simbabwe. Als am Ende der Nullerjahre in Folge einer Währungskrise mit mehrstelligen Inflationsraten der Simbabwe–Dollar (Z$ od. ZWD) ausfiel, sprangen der südafrikanische Rand und der US Dollar als Ersatzwährung ein, weshalb auch von einer „Dollarisierung“ der Wirtschaft Simbabwes gesprochen wurde. Südafrika ist eines der Hauptzufluchtsländer für Menschen aus Simbabwe, die der dortigen sozialen Not entkommen wollen, sich dabei aber gleichzeitig der Gefahr einer zuweilen auch tödlichen Explosion von Fremdenfeindlichkeit an manchen Orten im Aufnahmeland aussetzen. Zudem übt Südafrika derzeit den Vorsitz in der Gemeinschaft der Staaten des südlichen Afrika (SADC) aus, und ist von daher zur Schlichtung von derartigen Konfliktsituationen verpflichtet. Natürlich bestehen noch alte Beziehungen aus der Zeit der gemeinsamen Befreiungskämpfe zwischen ANC und ZANU, was die seinerzeitigen Vermittlungsbemühungen des damaligen südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki in der Krise nach den Wahlen 2008 in Simbabwe erklärt, welche zur Gründung der Regierung der nationalen Einheit (2009 – 2013) führten. Doch im Unterschied zu seinem Vorgänger, der damals Mugabe rettete, hat sich der aktuelle Präsident Zuma für dessen Abdankung stark gemacht.

 China scheint so eine Art Vorbild zu sein für das „Krokodil“, wie man E. Mnangagwa nennt. Hat China irgendeine Rolle während der Krise des Regimes gespielt?

Auch wenn das heutige China nur noch wenig mit dem aus der Zeit Mao Zedongs zu tun hat, ist es doch ein alter Verbündeter Simbabwes. Seit Anfang der 60er Jahre hat es die ZANU während der nationalen Befreiungskämpfe unterstützt, indem es etwa bei der militärischen und ideologischen Ausbildung der Kader geholfen hat, zu denen auch der junge Mnangagwa zählte. Seit 2015 ist China der wichtigste Wirtschaftspartner Simbabwes. Es ist beim Bau von Infrastrukturen aktiv, fördert öffentliche und private Investitionen in unterschiedlichen Sektoren (Bergbau, Telekommunikation, Agrarhandel, Automobilfertigung etc.). China ist der Hauptabnehmer von Tabak, dem wichtigsten landwirtschaftlichen Exportprodukt Simbabwes. Etwa die Hälfte der Investitionen im Land gehen auf das Konto Chinas. Auch in Gestalt von Gemeinschaftsunternehmen mit einheimischen Kapital, von denen manche – etwa im Bereich des Diamantenabbaus – die typischen Merkmale chinesisch-afrikanischen Geschäftsgebarens aufweisen. Wie andere afrikanische Staaten auch, hat Simbabwe, derzeit wie schon erwähnt ohne eigene nationale Währung, den Yuan/Renmimbi dem nationalen Währungskorb hinzugefügt. Gleichwohl ist auch das chinesische Kapital in den letzten Jahren von der Wirtschaftspolitik Mugabes betroffen gewesen, was zu Sorgen im Hinblick auf die künftige Entwicklung, etwa im Falle einer strikten Anwendung des Gesetzes über die „Indigenisierung“, geführt hat. Der Besuch von Constantino Chiwenga, einem alten Bekannten der chinesischen Führung, wenige Tage nach dem Rücktritt Mugabes, muss insofern auch als Versuch gewertet werden, Chinas Sorgen über die Sicherheit der eigenen Investitionen zu zerstreuen und die Kontinuität der Zusammenarbeit beider Länder zu gewährleisten, was, und das ist keine Überraschung, von der chinesischen Regierung natürlich dementiert wurde.

Mnangagwa soll mehr als einmal, wie manch anderer auch, seine Bewunderung für die kapitalistische Erfolgsstory Chinas zum Ausdruck gebracht haben. Er befürwortet eine stärkere Beteiligung von chinesischem Kapital an der Entwicklung seines Landes. So ist wohl auch der Verzicht auf das Portfolio für die „Indigenisierung“ als Geste in Richtung Peking zu verstehen. Seine Absicht, mehr europäische und US-amerikanische Investoren ins Land zu holen, ist dabei durchaus mit dem Ausbau chinesischer Investitionen und der Vertiefung der Partnerschaft mit China – und auch Indien – in Übereinstimmung zu bringen. Da es in Simbabwe keine nennenswerte demokratische Kultur gibt, könnte die Führung des Landes versucht sein, eine „minimale“ Demokratie zu gestatten, wobei eine Opposition zugelassen würde, die die grundsätzliche wirtschaftliche Ausrichtung des Landes, den Neoliberalismus, aber nicht in Frage stellen dürfte. Etwas Ähnliches wie in Singapur unter Lee Kuan Yew, von dem sich auch Deng Xiaoping hat inspirieren lassen.

 In einem Land mit einer derart desolaten Wirtschaft, ohne echte demokratische Rechte und von der Macht unabhängige Organisationen, was kann da die Opposition machen und wen vertritt sie tatsächlich?

Ich hatte bereits die Möglichkeit angedeutet, dass die „internationale Gemeinschaft“ Mnangagwa unter die Arme greift und ihn darin unterstützt, sich sozusagen eine Art „sozialen Frieden“ zu erkaufen. Sollte also dieser Weg eingeschlagen und nicht die Option eines von Anfang an repressiven Weges gewählt werden, so dürfte das in einem Land, in dem eine Arbeitslosigkeit von etwa 90 % herrscht, recht teuer werden. Zumal immer wieder auf die Notwendigkeit der Verringerung der Lohn- und Gehaltsmasse im öffentlichen Dienst verwiesen wird, da sie eine zu hohe Belastung der staatlichen Haushalte darstellen würde, und dies eigentlich nur über einen Abbau von Stellen, sprich noch mehr Arbeitslose, bzw. durch Kürzung der Löhne und Gehälter mit der Folge weiter zunehmender Armut zu erreichen wäre. Die Versprechen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, dürften wohl kaum erfüllt werden, es sei denn, es handelt sich um Stellen v. a. in der Landwirtschaft mit unzumutbaren Arbeitsbedingungen. Es steht zu befürchten, dass die sozialen Folgen der neoliberalen „Strukturreformen“ von den aktuellen Oppositionsparteien nicht angeprangert werden, da sie keineswegs antineoliberale Positionen vertreten.

      
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Es liegt ihr auch fern, die Bevölkerung gegen die öffentlichen Schulden des Landes zu mobilisieren. Mnangagwa hatte bereits verlautbaren lassen, diese Schulden zurückzahlen zu wollen, die das alte korrupte Regime, das wegen seines repressiven Charakters jahrelang mit Sanktionen belegt worden war, eingegangen ist. Ein Regime, das seinen Verpflichtungen bzgl. Volksgesundheit und Versorgung der Bevölkerung gleichwohl nicht nachgekommen ist, sie vielmehr sträflich vernachlässigt hat. Diese Schuldenlast von insgesamt 7231 Milliarden Dollar wäre ohnehin auf den Prüfstand zu stellen, um zu klären, ob mit diesen Geldern nicht auch Repressionsmaterial gekauft wurde. Es wäre unerträglich, wenn die Ärmsten in Simbabwe noch mehr darben müssten, um so die Zurückzahlung von Geldern zu ermöglichen, die auch dazu dienten, sie in Schach zu halten. Genauso wäre zu überprüfen, ob diese Gelder nicht vom Ehepaar Mugabe abgezweigt wurden, um sich damit persönlich zu bereichern, während gleichzeitig Hunderttausende Simbabwer unter Mangelernährung litten. Besäßen die sogenannten demokratischen Staaten, die die Regierung Mnangagwa nun unterstützen wollen, noch einen Funken Anstand, so würden sie sich für eine simple Streichung dieser Schulden stark machen. Auch wenn damit die Strukturprobleme des Landes bei weitem nicht gelöst wären, so würde doch eine derartige Geste momentan die Not der Menschen lindern.

Es besteht die Gefahr, dass sich die Dinge nicht sehr viel anders verhalten werden als in anderen afrikanischen Gesellschaften: zunächst demagogische Versprechen der Kandidaten und nach den Wahlen Katzenjammer in der Bevölkerung. Es ist richtig, dass die Gewerkschaften bedingt durch die Krise Mitglieder verloren haben, auch die Kampfbereitschaft der Beschäftigten hat angesichts drohender Arbeitslosigkeit und vor dem Hintergrund korrupter Gewerkschaftsbürokratien gelitten. Aber auch unter dem brutalen Mugabe Regime hat es Kämpfe gegeben und insofern ist nicht ausgeschlossen, dass die Gewerkschaften neu belebt werden, sich die Ausgebeuteten an ihren – öffentlichen wie privaten – Arbeitsplätzen selbst organisieren, sich die Arbeitslosen, die Unterdrückten in ihren Stadtteilen, Schulen usw. zusammentun werden. Junge Menschen könnten ihre ersten staatsbürgerlichen Erfahrungen machen, indem sie sich z. B. gegen die Rückzahlung der Auslandsschulden, um das Geld vielmehr für soziale Zwecke einzusetzen, zusammen stark machen.

Im Unterschied zur übergroßen Mehrheit der afrikanischen Gesellschaften gibt es in Simbabwe eine starke antikapitalistische Kampfbereitschaft, die in den letzten Jahren auch organisiert und aktiv in den Kämpfen und Mobilisierungen zum Tragen gekommen ist. Sie wurde bekämpft, da sie sich öffentlich mit den Volksaufständen in Tunesien und Ägypten solidarisierte. Diese Militanz kann mit der Zeit einen wichtigen Beitrag leisten zu den Kämpfen gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur – denken wir an den Raubbau der natürlichen Vorkommen -, gegen die tägliche Unterdrückung und Diskriminierung der Menschen, wie sie etwa in der Homophobie zum Ausdruck kommt, die bei weitem nicht nur dem gestürzten Autokraten zu eigen war, für die Einhaltung und den Ausbau der demokratischen Rechte und Freiheiten, einschließlich der wirtschaftlichen und sozialen Rechte, und für die Befriedigung der (demokratisch abgestimmten) Grundbedürfnisse unter Berücksichtigung der ökologischen Prinzipien

Übersetzung: Ralf S.
Jean Nanga ist onser Korrespondent in Zentralafrika.



Dieser Artikel erschien in die internationale Nr. 2/2018 (März/April 2018). | Startseite | Impressum | Datenschutz