Pakistan

Hochwasserkatastrophe in Pakistan

Unaufhörliche Monsunregenfälle und Sturzfluten haben Pakistan verwüstet. Millionen von Menschen sind betroffen und enorme wirtschaftliche Verluste wurden verursacht.


Das Ausmaß der Verwüstung


Nach offiziellen Angaben der Nationalen Katastrophenschutzbehörde haben die Überschwemmungen bisher 1350 Menschen das Leben gekostet. 1 Million Häuser sind ganz oder teilweise beschädigt, so dass Millionen Menschen dringend eine Unterkunft benötigen. Mehr als 50 Millionen Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

Nach einem Bericht der Regierung von Sindh sind allein in dieser Provinz mehr als 10 Millionen Menschen obdachlos. Auch die Existenzgrundlagen sind stark betroffen – mehr als 1 Million Tiere, wichtige Lebensgrundlage für viele Familien – sind verendet, davon etwa 63 Prozent in Belutschistan und 25 Prozent in Punjab. Außerdem wurden etwa 1,6 Millionen Hektar Äcker und Obstanbauflächen in Mitleidenschaft gezogen, darunter mindestens 120 000 Hektar in Belutschistan, 170 000 Hektar in Punjab, 14 000 Hektar in KPK (Khyber Pakhtunkhwa, bis 2010 Nordwestliche Grenzprovinz) und 1 Million Hektar in der Provinz Sindh. Die Schäden an der Infrastruktur haben die humanitäre Lage weiter verschlechtert, da die teilweise oder vollständige Zerstörung von mehr als 3000 km Straßen und 220 Brücken die Menschen daran hindert, in sicherere Gebiete zu fliehen oder Märkte, Gesundheitsstationen oder andere lebenswichtige Versorgungseinrichtungen aufzusuchen, und die Lieferung von Hilfsgütern an Menschen in Not behindert.

 

Gemeinsamer Spendenaufruf von PKRC und ESSF

Nach einer besonders schweren Hitzewelle hat Pakistan beispiellose Überschwemmungen erlebt, die auf eine Störung des Monsunzyklus, sintflutartige Regenfälle, Sturzfluten und das immer schnellere Abschmelzen der Gletscher im Himalaya zurückzuführen sind.

Wir haben bereits mehrere Solidaritätsaufrufe unserer pakistanischen Partnerorganisationen veröffentlicht und erste Spenden erhalten. Bis zum 2. September konnten wir 3000 Euro als Soforthilfe an die Crofter Foundation überweisen. Weitere Überweisungen erfolgen kontinuierlich: Sobald Geld eingeht, wird es weitergeleitet. Alle Spenden werden vollständig an die Empfänger überwiesen, wobei das Team unseres Vereins (ESSF) seine eigenen Verwaltungskosten trägt.

Angesichts des Ausmaßes und der Schwere dieser humanitären Katastrophe haben wir nun beschlossen, den nebenstehenden Aufruf der PKRC [1] aufzugreifen und ihn zu unserer aktuellen zentralen Kampagne zu machen.

Europe solidaire sans frontières (Europa solidarisch ohne Grenzen – ESSF)

In der Provinz Sindh sind mehr als 1000 Gesundheitseinrichtungen teilweise oder vollständig beschädigt und 198 in den betroffenen Gebieten von Belutschistan. Die Schäden an Straßen und Brücken haben auch den Zugang von Mädchen und Frauen zu Gesundheitseinrichtungen beeinträchtigt. Vorläufige Daten der Bildungsministerien der Provinzen zeigen, dass mindestens 17 566 Schulen durch die Katastrophe beschädigt oder zerstört wurden: 15 842 Schulen in Sindh, 544 in Belutschistan und 1180 in Punjab.


Ursachen für diese Flut


Pakistan verursacht weniger als 1 % der weltweiten CO2-Emissionen und ist dennoch eines der Länder, die die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu tragen haben. In den letzten 20 Jahren rangierte es im Globalen Klima-Risiko-Index stets unter den zehn am stärksten gefährdeten Ländern der Welt. Pakistan und andere südasiatische Länder sind die Brennpunkte der Klimakrise.


Auswirkungen auf landwirtschaftliche Betriebe und deren Beschäftigte


Am stärksten betroffen sind die Reis- und Baumwollanbaugebiete in Sindh und Süd-Punjab. Fast die Hälfte der Baumwollernte wurde weggespült. Auch Plantagen mit Mango und rotem Chili in Sindh sind von den Überschwemmungen betroffen. Bei Datteln beträgt der Verlust 85 %. Die Baumwollernte im Gebiet Saraiki Waseeb wurde schwer getroffen. Auch die kommende Zuckerrohrernte wurde durch die Überschwemmungen um bis zu 7 % geschädigt, obwohl es sich um eine Pflanze mit hohem Wasserverbrauch handelt, was das Ausmaß der Katastrophe verdeutlicht, vor der die Kleinbauern und Landgemeinden stehen.

In vielen Gebieten von KPK, insbesondere in den Städten Swat, Nowshera und Charsadda, sind Mais- und Reiskulturen durch die Sturzfluten weggespült worden. Kleinbäuerinnen und -bauern, Landarbeiter:innen und bäuerliche Gemeinschaften haben ihr Land und ihre Tiere verloren. Auch ihre Häuser wurden von der Sturzflut weggeschwemmt. Sie leben unter freiem Himmel, ohne Dach oder irgendeinen Schutz.

Auch bei der nächsten Ernte könnte es Probleme geben. Zum einen kann es länger dauern, bis das Land trocken ist. Zum anderen fehlt es den Kleinbauern an Ressourcen, da sie in der Regel die Erträge der letzten Ernte für die nächste Aussaat verwenden. Sie haben Vieh und Ernten verloren. Sie mussten ihre Häuser verlassen. Sie bräuchten Hilfe von der Regierung und anderen, um in die nächste Aussaat zu investieren. Das andere Problem könnte die Vermessung des Landes sein. Wie bei allen Überschwemmungen muss sie wieder vollständig neu erfolgen.


Dringender Bedarf vor Ort und Hilfsaktionen durch das PKRC


Millionen von betroffenen Pakistani benötigen dringend Hilfe, da die Behörden nach eigenen Angaben von dem Ausmaß der Katastrophe „überwältigt“ sind. Die Klimaministerin des Landes nennt sie eine „schwere Klimakatastrophe“.

Für Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen für die von der Flutkatastrophe Betroffenen benötigt die Regierung über 72 Mrd. Rupien [ca. 330 Millionen Euro]. Nach dem ersten Angebotsbewertungsbericht werden mehr als 7 Mrd. Rupien Bargeld benötigt sowie fast 9 Mrd. Rupien für Hilfsgüter und fast 2 Mrd. Rupien für medizinische Ausgaben.

Für die Rettung von Rindern werden über 9 Mrd. Rupien benötigt, während für den Kauf von Ausrüstung zur Beschleunigung des Hilfsprozesses fast 5 Mrd. Rupien verfügbar sein sollten. Laut Independent Urdu werden für den Wiederaufbau der gesamten Infrastruktur und von rund 82 000 Häusern 41 Mrd. Rupien benötigt.

Die von der Flutkatastrophe Betroffenen benötigen sofort folgende Hilfsgüter:

Das PKRC und die Haqooq-e-Khalq-Partei leisten seit dem 29. Juli 2022 Hochwasserhilfe und stehen in Kontakt mit den betroffenen Gemeinden in Süd-Punjab, Sindh, Belutschistan und KPK.

Wir senden Hilfsgüter und Lebensmittelrationen an diejenigen, die sofortige Hilfe benötigen. Außerdem haben wir Gesundheitsstationen organisiert, in denen junge Ärzt:innen ehrenamtlich arbeiten.

Wir benötigen Eure sofortige Unterstützung. Bitte überweist Eure Spenden auf das Bankkonto unserer Schwesterorganisation Crofter Foundation. Die Crofter Foundation ist eine eingetragene Organisation in Pakistan.

Mit solidarischen Grüßen,

Farooq Tariq
Generalsekretär
Pakistan Kissan Rabita Committee


Spendenkonto


Die Crofter Foundation ist einer der Hauptpartner von Europe solidaire sans frontières (ESSF) in Pakistan und Asien.

 

Aktuelle Situation

Anfang Oktober besuchten mehrere Journalist*innen die Unglücksregion. Immer noch steht ein Drittel des Landes unter Wasser. Ihre eindrucksvollen Berichte erschienen z.B. in der Süddeutschen Zeitung und im Spiegel.

Wir leiten alle eingehenden Spenden an unsere Partner weiter. Die Tätigkeit unserer Vereinigung wird vollständig durch ihre Mitglieder getragen, von denen keines in irgendeiner Weise bezahlt wird. Unsere eigenen Verwaltungskosten tragen wir selbst.

Spendet bitte auf dieses Konto:

Kontoinhaber: Christiaan Boissevain
IBAN: DE87 5001 0517 5426 9968 24
BIC: INGDDEFFXXX
Stichwort: Hilfe Pakistan Flutkatastrophe

Übersetzung: Paul H., Björn M.
Quelle: ESSF



Dieser Artikel erschien in der Online-Ausgabe von die internationale Nr. 6/2022 (November/Dezember 2022) (nur online). | Startseite | Impressum | Datenschutz


[1] Das Pakistan Kissan Rabita Committee (PKRC) ist ein Netzwerk von Kleinbauern und Bauernorganisationen, das 2003 in Pakistan gegründet wurde. Es ist Mitglied von Via Campesina, die sich für bäuerliche Familienbetriebe, Ernährungssouveränität und Landrechte einsetzt.