XII. Weltkongress der IV. Internationale
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Im Iran wird die bürgerlich-nationalistische Führung von einer Fraktion des schiitischen, von Khomeini geführten Klerus gebildet, hinter der sich große Teile der traditionellen iranischen Bourgeoisie (der bazari) und Teile der Staatsbürokratie zusammengeschlossen haben. Diese Führung stellt nach dem Sturz des Pahlewi-Regimes den Hauptpfeiler für die Aufrechterhaltung der bürgerlichen Ordnung im Lande dar.
Eine ihrer wichtigsten Aufgaben war, die Massenbewegung der Arbeiter, armen Bauern und unterdrückten Nationalitäten einzudämmen, zu zersplittern und schließlich zu unterdrücken.
Die tragische Entwicklung der iranischen Revolution und die Politik von Khomeini, der es verstanden hatte, sich an die Spitze der Massenbewegung gegen den Schah zu setzen, bestätigen die wesentlichen Aussagen der Theorie der permanenten Revolution. Die Khomeini-Führung konnte sich, um ihre konterrevolutionäre Aktion durchzuführen und die Institutionen der Islamischen Republik zu festigen, auf verschiedene objektive Faktoren stützen:
sie verfügt über einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Spielraum wegen des Erdöleinkommens und weil sie ihre Verbindungen mit einer Reihe von imperialistischen Mächten weiter pflegt (Japan, BRD, Britannien);
es gibt strukturelle Faktoren wie die relativ schwache Industrialisierung unter dem Schah und das dadurch bedingte zahlenmäßige Ungleichgewicht zwischen der jungen Arbeiterklasse, die kaum Erfahrung in der Organisierung von Kämpfen hat und die vor allem in Montagewerken beschäftigt ist, und der ungeheuren Masse von plebejischen Schichten, die zumeist ohne Arbeit sind, völlig von den Subsidien des Staates und der islamischen Institutionen abhängen, vom Lande kommen und leicht zu beeinflussen sind von der Mischung aus anti-imperialistischer Demagogie und islamisch-messianistischer Phraseologie der Khomeini-Fraktion;
vom Schah wurde ein mächtiger Militär- und Polizeiapparat und eine große Staatsbürokratie übernommen, die ein sehr großes materielles und zahlenmäßiges Gewicht haben und nur geringfügig gesäubert wurden;
schließlich weist die religiöse Kaste der Schiiten eine besondere Struktur auf: sie blickt auf eine jahrhundertealte Tradition des politischen Kampfes zurück, ist organisatorisch und finanziell autonom, vertritt ideologisch ziemlich homogen eine rückwärtsgewandte Vorstellung von der Welt und einen militanten Antikommunismus; sie verfügt über ein weites Netz von Anhängern und Klienten aufgrund ihrer Rolle als Führerin der Massenbewegung und Verwalterin der staatlichen Fonds.
Der entscheidende Faktor, der die Stabilisierung des Regimes ermöglichte, war indes politischer Natur. Die Organisationen der iranischen Linken waren unfähig, dem Projekt der Khomeini-Führung eine globale revolutionäre Alternative gegenüberzustellen.
Die Tudeh-Partei, die sowjetische und die chinesische Bürokratie waren diskreditiert, weil sie den Schah bis zu seinem Sturz unterstützt hatten. Die verschiedenen Organisationen der Arbeiterbewegung haben andererseits oft ein als „anti-imperialistisch" bezeichnetes Regime unterstützt, sich gleichzeitig aber sektiererisch verhalten und sich geweigert, unabhängige und einheitliche Organisationen der Arbeiterklasse (Shoras, Gewerkschaften) zu bilden und konsequent für die Verteidigung aller demokratischen Rechte einzutreten. All dies machte es unmöglich, daß eine globale revolutionäre Alternative entstand.
Die verschiedenen Massenmobilisierungen, an denen Millionen Ton Ausgebeuteten und Unterdrückten teilnahmen, zuerst in den Tagen des Aufruhrs, dann beim Generalstreik, dann beim Sturz des Schalls, später bei der Besetzung der amerikanischen Botschaft und gar zu Beginn des Krieges zwischen Iran und Irak, führten wegen dieses subjektiven Versagens nicht zu einem qualitativen Fortschritt der iranischen Revolution, der den Sturz des bürgerlichen Staates und die Aufhebung des Privateigentums auf die Tagesordnung hätte setzen können. Je mehr die Khomeini-Fraktion die totale Kontrolle er die Massenmobilisierungen gewann, um so besser konnte sie die Massen spalten.
Der Krieg zwischen dem Iran und dem Irak, für den das Regime in Bagdad, unterstützt von den reaktionären arabischen Regimes, durch seine Aggression die direkte Verantwortung trägt, ermöglichte es Khomeini, sein Regime und die Institutionen der Islamischen Republik weiter zu stabilisieren und die Massenbewegung zu disziplinieren und zu unterdrücken.
Daß der Krieg derzeit weitergeht mit dem Ziel, die Regierung von Bagdad zu stürzen und durch eine „Islamische Republik", die von den reaktionärsten Elementen des irakischen Klerus unterstützt werden soll, zu ersetzen, dient keineswegs den Interessen der Arbeiter, armen Bauern und unterdrückten Nationalitäten beider Länder. Objektiv werden dadurch nur die imperialistischen Machenschaften in dieser Weltgegend gefördert; die Khomeini-Fraktion ist daran interessiert, die blutige Verletzung der elementarsten demokratischen Rechte zu rechtfertigen und die Massenbewegung zu knebeln, den riesigen militärischen und polizeilichen Apparat zu festigen und auf diese Art und Weise die Lösung der dringendsten politischen und sozialen Probleme aufzuschieben.
Deshalb treten die revolutionären Marxisten dieser Region für die sofortige Beendigung des Krieges ein. In den imperialistischen Ländern (vor allem in den USA und in Frankreich) denunzieren die Revolutionäre die Politik ihrer Regierungen, ihre Herrschaft im Nahen Osten neu organisieren zu wollen.
Die iranischen Revolutionäre führen den Kampf sowohl gegen die Manöver des Imperialismus als auch gegen das Khomeini-Regime. Sie wenden sich gegen jeden Versuch, beide Seiten voneinander zu trennen, die zweite der ersten unterzuordnen und an der Verteidigung aller Interessen der ausgebeuteten und unterdrückten Massen des Iran Abstriche zu machen.
Jeder effektive Kampf gegen den Imperialismus und für die völlige Unabhängigkeit des Iran führt notwendigerweise zur Verschärfung der Klassenwidersprüche. Dieser Kampf ist nur dann wirksam, wenn er sich die Befriedigung der Bedürfnisse der Arbeiter und armen Bauern, der unterdrückten Nationalitäten zum Ziel setzt.
Im Verlauf der iranischen Revolution hat sich gezeigt, daß die Forderungen der demokratischen und nationalen Revolution (Landreform, nationale Unabhängigkeit, demokratische Rechte, Selbstbestimmung für die unterdrückten Nationalitäten) vom Regime der Islamischen Republik nicht erfüllt werden können.
Nur durch das Voranschreiten zur sozialistischen Revolution, durch die Vertiefung des Prozesses der permanenten Revolution können diese Forderungen erfüllt werden.
Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 176/177 (Januar 1986). | Startseite | Impressum | Datenschutz