Am 26. November 1966 bildeten SPD und CDU/CSU eine Großen Koalition. Die Regierungsbeteiligung beendete für die Sozialdemokratie eine 36-jährige Oppositionsrolle in Bundestag, Exil und Weimarer Parlament. Sie wurde ermöglicht durch einschneidende Veränderungen innerhalb der SPD zwischen 1945 und 1966, welche organisatorische Basis, Mitgliederstruktur, Wahlpolitik wie Parlamentsarbeit betrafen und im Zusammenhang mit allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen wie Wandel der Parteienlandschaft, Neuzusammensetzung der ArbeiterInnenschaft und lang anhaltendem Wirtschaftsaufschwung standen.
Eine besondere Rolle auf ihrem Weg von einer reformistisch-sozialistischen Partei zu einer sozialliberalen Volkspartei spielte die Änderung ihrer Zielsetzung d.h. des Parteiprogramms.
Nach ihrer Wiederzulassung durch die Alliierten zwischen Juni und September 1945 betonte die sozialdemokratische Partei ihren politischen Führungsanspruch in Nachkriegsdeutschland: "Wenn die Sozialdemokratie jetzt den Anspruch auf die Führung beim Neubau des deutschen Staatswesens erhebt, dann tut sie das nicht aus einem selbstsüchtigen Parteimotiv. [...] Sie will aber eine klare Entscheidung darüber, ob wir in Deutschland einen Neubau oder einen Wiederaufbau vornehmen wollen"1 .
Diesen Anspruch leitete der spätere SPD-Vorsitzende Schumacher aus dem Antifaschismus der SPD und ihrer Nichtschuld am Sieg des Nationalsozialismus ab: "Die Sozialdemokratische Partei ist die einzige Partei in Deutschland gewesen, die an der großen Linie der Demokratie und des Friedens ohne Konzessionen festgehalten hat. [...] Alle anderen Richtungen in Deutschland sind mehr oder weniger Schuld an dem Aufkommen des Nazismus [...]"2 .
Nach Hitlers Machtergreifung waren an viele Orten Organisationen der Sozialdemokratie entstanden, die illegal Widerstand leisteten. Sie rekrutierten sich vor allem aus der Arbeiterjugend, dem Reichsbanner und den SPD- StudentInnengruppen. Auch wenn die Partei schlecht vorbereitet war, hatten Sozialdemokraten erheblichen Anteil am Gesamtwiderstand. Anders sah es vor der Machtergreifung Hitlers aus. Während die sozialistischen Parteien in Österreich, Frankreich und Spanien den aufkommenden Faschismus mit dem Generalstreik und/ oder der Waffe in der Hand bekämpften3 , hatte die SPD zur kampflosen Kapitulation vor Hitler beigetragen. Als am 20. Juli 1932 Reichspräsident Hindenburg unter Bruch der Verfassung die preußische SPD-Landesregierung unter Otto Braun absetzten ließ, wich die sozialdemokratische Partei einem Kampf aus. Ihre Selbstverteidigungsorganisationen der Eisernen Front standen zum Widerstand bereit, wurden aber nicht gerufen. Der SPD-Vorstand orientierte seine AnhängerInnen nicht auf aktiven Widerstand, sondern auf die nächste Reichstagswahl. Der NSDAP-Propagandist Goebbels notierte einen Tag später in sein Tagebuch: "Alles rollte wie am Schnürchen ab. Die Roten sind beseitigt. Ihre Organisationen leisten keinen Widerstand. [...] Der Generalstreik unterbunden. [...] Die Roten haben ihre große Stunde verpasst. Die kommt nicht wieder"4 .
Auf den "Preußenschlag" folgte ein ständiges Zurückweichen der SPD vor dem Faschismus. Tiefpunkt ihrer Anpassungspolitik war die Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu Hitlers Friedenserklärung vom 17.05.1933. Der ehemalige Reichstagsabgeordnete Wilhelm Hoegner erinnerte sich: "Jetzt kam die Abstimmung. Unsere Nachbarn zur Rechten, die katholischen Parteien, blickten voll Erwartung auf uns. Wir erhoben uns mit ihnen und stimmten der Erklärung des deutschen Reichstags zu. Da brach ein Beifallssturm der anderen Abgeordneten los. Selbst unser unversöhnlichster Gegner, Adolf Hitler, schien einen Augenblick bewegt. Er erhob sich und klatschte uns Beifall zu. [...] Da fingen die deutschnationalen Abgeordneten das Deutschlandlied zu singen an. Die meisten in unseren Reihen sangen mit. Manchen liefen die Tränen über die Wangen"5 . Schließlich bot am 23.03.1933 der SPD-Parteivorsitzende Wels den Nationalsozialisten die "loyale Mitarbeit" an6 .
Diese Geschehnisse konnten Kurt Schumacher als ehemaligem Abgeordneten besagter sozialdemokratischer Reichstagsfraktion nicht unbekannt sein. Schumachers "Legende", "dass die SPD nie geirrt habe und an der Niederlage von 1933 vollkommen unschuldig gewesen sei"7 , war glatte Geschichtsfälschung. Damit versuchte die SPD ihren eigenen Führungsanspruch zu begründen und politische Positionen wie z.B. der Ablehnung der Kollektivschuld-These zu untermauern. Der Führungsanspruch der SPD scheiterte aber nicht an der falschen geschichtlichen Ableitung, sondern an den Kräfteverhältnissen in Nachkriegsdeutschland. Alliierte Besatzung, verhinderte Sozialisierung und die Niederlagen der ArbeiterInnenbewegung in Frankreich und Italien führten zu einer politischen Stabilisierung der bürgerlichen Ordnung. Ausdruck davon waren die Bundestagswahl 1949 und die Wahl des CDU-Kandidaten Konrad Adenauers zum Bundeskanzler.
Die SPD versuchte nach 1945 wieder dort anzufangen, wo sie bei ihrer Zerschlagung 1933 aufgehört hatte. Bei dem Wiederaufbau der Partei musste sie allerdings den Verlust ihrer traditionellen Zentren in Sachsen, Thüringen, Oberschlesien und Ostberlin verkraften. Die Vereinigung von KPD und SPD in Ostdeutschland zur SED verschüttete dort die sozialdemokratischen Traditionen8 . Mit der Anerkennung der neuen Grenzen und der Vereinigung von KPD und SPD hätte die sozialdemokratische Partei dem Verzicht auf die Zugehörigkeit der Ost-SPD zur Gesamtpartei zugestimmt. Kurt Schumacher trat deshalb jeder Vereinigung mit den "roten Faschisten" der KPD vehement entgegen9 . Entsprechend der Linie Kurt Schumachers vom Oktober 1945 hielt die SPD 1949 in Bad Dürkheim fest: "Ablehnung der Oder-Neiße-Linie als deutsche Ostgrenze. Verbleib des Saargebiets im deutschen Staatsverband. Abwehr neuer Gebietsabtretungen"10 .
Trotz den bitteren Verluste früherer östlicher Hochburgen sprach die Mitgliederentwicklung der Sozialdemokratie in Westdeutschland einschließlich Westberlins zunächst für sie. Ende 1946 wurden dort 711.448 Mitglieder in 8.132 Ortsvereinen gezählt, wo sie 1932 nur 602.084 Mitglieder in 5.552 Ortsvereinen organisiert hatte. Bis 1947 stieg die Mitgliedszahl auf 875.47911 an. Dabei konnte die SPD unmittelbar nach dem Kriege von dem verbreiteten Wunsch nach einer politischen Neuordnung profitierten. Sogar die CDU forderte 1947 in ihrem Ahlener Programm die Vergesellschaftung des Bergbaus und der eisenschaffenden Industrie. Wenn auch für die Mehrheit der Bevölkerung die "materielle Not 1945" [...] "nicht" [...] "politisch stimulierend, sondern" [...] "demoralisierend"12 war, so stand "einer weitverbreiteten politischen Apathie der Mehrheit der starke Wille einer Minderheit gegenüber [...] politisch aktiv zu werden" 13 . Dies wurde auch durch den Neuaufbau der KPD 1945-48 bestätigt. So vereinigte die KPD-Region Rhein-Ruhr 1948 131.000 Mitglieder14 , während die früheren Bezirke Ruhr, Niederrhein und Mittelrhein 1931 zusammengerechnet 51.129 Mitglieder umfassten15 . Auch diese Zahlen sprechen für die Politisierung einer Minderheit der Lohnabhängigen in den Jahren 1945-47, von der die Nachkriegs-SPD profitieren konnte.
Nach 1945 fing die SPD dort an, wo sie 1933 aufgehört hatte. Ihre Weimarer Tradition setzte sie aber in einem Punkt nicht fort, denn die sozialdemokratischen Kultur- und Sportorganisationen wurden nicht wiederaufgebaut: "Der ganze Bereich der Arbeitersport und -kulturorganisationen, in dem vor 1933 Hunderttausende in eigenen Vereinen vom Bürgertum getrennt organisiert waren - allein die Arbeitersportvereine zählten mehr als 1,2 Millionen Mitglieder - wurde nicht wieder aufgebaut."16 .
In diesen Organisationen lebten schon im Kaiserreich Hunderttausende Sozialdemokraten (auch) in einer eigenen, sozialdemokratischen Welt. Hans-Jürgen Schulz beschreibt sie wie folgt: "Der klassenbewusste Arbeiter wählte nicht nur die Partei. Er wurde auch ihr Mitglied. Er trat in die Gewerkschaft ein und kaufte im Konsumverein. Fußball spielte er im Arbeitersportverein und sein Weltbild formte der Arbeiterbildungsverein. Seine Kinder überließ er nicht dem Popen, sondern schickte sie zur Jugendweihe. Er las nicht so etwas wie "Bild", sondern eine der 91 sozialdemokratischen Tageszeitungen. Sein Geld kam nicht auf eine Bank oder Sparkasse, sondern auf eine Kasse der Arbeiter. Bei ihnen versicherte er sich. Die Freizeit verbrachte er im Wander-, Gesang- oder Kleingartenverein der Arbeiter. Selbst seine Beerdigung besorgte eine gemeinnützige Gesellschaft"17 . Von der Wiege bis zur Bahre waren die SPD-Mitglieder und -StammwählerInnen Bestandteil einer abgeschlossenen Gesellschaft innerhalb des Kapitalismus. Wie begrenzt auch immer die Funktion der sozialdemokratischen Gegengesellschaft innerhalb der bestehenden bürgerlichen Ordnung war, so war sie doch "[...] Teil einer Frontstellung der Arbeiterschaft gegen andere Teile der Gesellschaft, denn die Sportund Kulturorganisationen bekannten sich offen zu einer Klasse und hatten einen [...] politischen Anspruch"18 .
BTW | 49 | 53 | 57 | 61 | 65 |
---|---|---|---|---|---|
CDU/CSU | 31.0 | 45.2 | 50.2 | 45.4 | 47.6 |
FDP | 11.9 | 9.5 | 7.7 | 12.8 | 9.5 |
Bürgerliche* | 21.9 | 8.7 | 3.4 | ||
SPD | 29.2 | 28.8 | 31.8 | 36.2 | 39.3 |
KPD | 5.7 | 2.226 |
1952 | 1966 | 1968 | |
---|---|---|---|
Arbeiter | 45 | 32 | 35 |
Angestellte | 17 | 19 | 21 |
Beamte | 5 | 8 | 10 |
Selbständige | 12 | 5 | 5 |
Landwirte | 2 | - | - |
Rentner | 12 | 18 | 24 |
Hausfrauen | 7 | 16 | 4 |
In Ausbildung | - | 1 | 1 |
Nach 1945 boten sich der Sozialdemokratie ganz andere Möglichkeiten der Mitarbeit beim Neuaufbau des demokratisch-bürgerlichen Staates als in der Weimarer Republik: "Sowohl in den von den Alliierten nach 1945 eingesetzten als auch in den nach den ersten Wahlen gebildeten Regierungen war die SPD in allen Ländern vertreten. Von Schleswig-Holstein abgesehen, wo die SPD von 1947 bis 1950 sogar allein regierte, bildete die Partei überall Koalitionen mit der CDU, der CSU und der FDP"19 . Gelangte die SPD in Weimar nur in Zeiten gesellschaftlicher Krisen an die Regierung20 , so setzten die westlichen alliierten Machthaber bis zum Beginn des Kalten Krieges das im 2. Weltkrieg geschlossene Bündnis mit der Sowjetunion fort, mit all seinen Auswirkungen auf die innenpolitische Lage in Deutschland21 . Dabei arbeitete die SPD auf (fast) allen staatlichen Ebenen mit.
Nachdem sich die SPD nach 1945 wieder als "Arbeiterpartei" 22 gegründet hatte, bildete sich neben ihr ein neuer Parteitypus heraus: "Mit der Gründung der CDU entstand nach 1945 eine interkonfessionell christliche, breite Schichten der Bevölkerung ansprechende bürgerliche Sammlungspartei. Zum ersten Mal in der deutschen Parteiengeschichte war es damit gelungen, divergierende politische Strömungen des bürgerlichen Lagers - große Teile des politischen Katholizismus, des deutschnationalen, protestantischen Konservatismus, aber auch Teile des liberalen und demokratischen Bürgertums - zusammenzufassen" 23 . CDU/CSU hatten sich nicht als katholische Konfessionspartei(en), sondern als "Massen- und Integrationspartei neuen Typs"24 gegründet. Sie schufen(en) damit einen neuen Parteitypus - die moderne Volkspartei, deren Kennzeichen sind: "Die VP hat - eine breite, sozialstrukturell heterogene Wählerbasis, - ein für jeweilige Situationen und Gruppen anpassungsfähiges Programm, das primär der Integration vieler Tendenzen dient" 25 .
Als Volkspartei konnten CDU/CSU andere im Bundestag vertretene bürgerlichen Parteien wie Bayernpartei, Deutsche Konservative Partei/Deutsche Reichspartei, Deutsche Partei, Deutsche Zentrums-Partei, Gesamtdeutscher Block/BHE und Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung aufsaugen, wie die Zusammenstellung der Ergebnisse der Bundestagswahlen von 1949 bis 1965 zeigt: (Siehe Tabelle 1)
Bei den Wahlen zwischen 1949 bis 1957 legten CDU/ CSU um 19,2% zu. In dieser Zeit schrumpften die genannten bürgerlichen Parteien um 18,5%. Im gleichen Zeitraum gewann die SPD ganze 2,6% der Wählerstimmen, doch allein die KPD verlor einen Wähleranteil von 5,7%. Trotz achtjähriger Oppositionsarbeit blieb der SPD als "Arbeiterpartei" der Zugang zum "bürgerlichen Lager" versperrt und damit die Sozialdemokratie auf lange Zeit von den Regierungsgeschäften ausgeschlossen.
Die soziale Zusammensetzung der Mitgliedschaft der SPD veränderte sich zwischen 1952 und 1968 wie in Tabelle 2 ersichtlich.
Demnach nahm die Zahl der Arbeitermitglieder von 1952 bis 1968 um 10% ab, während im gleichen Zeitraum der Anteil der angestellten und beamteten Mitglieder um zusammen 9% anstieg. In der erwerbstätigen Bevölkerung ging zwischen 1950 und 1968 der Anteil der ArbeiterInnen von 51,9% auf 47,3% zurück. Fiel der Rückgang bei den ArbeiterInnen von 4,6% über einen Zeitraum von 18 Jahren auf den ersten Blick bescheiden aus, so verdeutlichen die absoluten Zahlen eine tiefgreifende Entwicklung: Die Zahl der Arbeiterinnen sank von 20.311.701 im Jahr 1950 (Gesamtdeutschland) auf 12.244.000 im Jahr 1968 (Bundesgebiet). Dagegen addierte sich die Zahl der Angestellten und Beamten in Gesamtdeutschland im Jahr 1950 auf 8.495.000 und blieb mit 8.698.000 ungefähr in dieser Höhe bis 1968 - aber nur auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Im gleichen Zeitraum stieg ihr Anteil an der Erwerbstätigkeit von 21,9% auf 33,6%28 . Vor allem durch die Teilung Deutschlands in BRD und DDR hatte sich die Sozialstruktur der bundesrepublikanischen Gesellschaft erheblich verändert29 . Bei einem Vergleich der Mitgliedsstruktur 1952 und 1968 mit der Erwerbstätigkeit der Gesamtbevölkerung 1950 und 1968 fallen jedoch einige Besonderheiten auf30 : (Siehe Tabelle 3)
1950 | 1968 | 1952 | 1968 | |
---|---|---|---|---|
ArbeiterInnen | 52 | 47 | 45 | 35 |
Angestellte / Beamte | 22 | 34 | 22 | 31 |
Selbständige / Landwirte | 26 | 19 | 14 | 5 |
Bereits 1950-52 waren die Arbeiter in der SPD mit -7% gegenüber ihrem Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung unterrepräsentiert. Die Schere zwischen dem Anteil der ArbeiterInnen innerhalb der SPD und dem der Gesamtgesellschaft ging immer weiter auseinander und erreichte 1968 -12%. Die Selbständigen waren innerhalb der SPD-Mitgliedschaft wenig vertreten, zudem fiel ihr Anteil bis 1968 prozentual weiter. Dagegen entsprach der SPD-Mitgliederanteil an Angestellten und Beamten 1950-52 und 1968 in etwa dem gesellschaftlichen Durchschnitt. 1968 ist der Anteil der Angestellten ungefähr so hoch wie der der ArbeiterInnen. Auch wenn man dabei die starke Mitgliedsgruppe der RentnerInnen, die überwiegend frühere ArbeiterInnen waren, berücksichtigen muss, drückt die Statistik einen sozialen Wandel der sozialdemokratischen Partei aus, der den allgemeinen gesellschaftlichen Prozess mehr als nachvollzog.
Es stieg aber nicht nur der Anteil der Erwerbstätigen aus Büroberufen in der SPD-Mitgliedschaft, sondern auch der Anteil der Mitglieder im Öffentlichen Dienst. Der Anteil der Beamten verdoppelte sich von 5% im Jahr 1952 auf 10% im Jahr 1968 (s.o.). Der Anteil von Beamten und Angestellten im Öffentlichen Dienst unter den neu aufgenommenen Mitgliedern verdreifachte sich fast von 3,8% im Jahr 1956 auf 10,7% im Jahr 1965, während der Anteil von ArbeiterInnen unter den Neuaufnahmen nahezu stagnierte31 .
Auch eine Untersuchung über den stark proletarisch geprägten SPD-Unterbezirk Solingen stellte im Jahr 1960 einen Anteil von 9,8% Beamten, 30,3% Angestellten und 55,7% ArbeiterInnen unter den SPD- Mitgliedern fest. Allerdings betrug der Anteil der Beamten unter den Erwerbstätigen in Solingen nur 4%32 . Der Anteil der Parteimitglieder im Öffentlichen Dienst nahm beständig zu. Sie bildeten die Basis für den Aufstieg der SPD-Ministerriege der Länder und der Spezialisten in Partei und Fraktion33 . Das blieb nicht ohne Folgen für die politische Entwicklung der SPD. Beamte und Angestellte im Öffentlichen Dienst standen etwa bei Tarifverhandlungen nicht wie die ArbeiterInnen in der Industrie dem Kapital gegenüber, sondern dem Staat. Indem dieser als "neutral", "unabhängig" angesehen oder mit "wir alle" identifiziert wurde, war die Bildung von "Klassenbewusstsein" im Unterschied zum klassischen Lohnabhängigen im Industriebetrieb erheblich erschwert. Die sozialen Veränderungen blieben nicht ohne politische Folgen. PolitikerInnen wie der SPD-Funktionär Karl (Carlo) Schmid redeten bereits 1953 im Rundfunk einem Wandel der SPD zu einer "Volkspartei" das Wort. Er brachte damit die sozialen Veränderungen an der Mitgliedsbasis, weg von der "Arbeiterpartei", auf den Punkt34 . Auch eine Gruppe um den 1957 gewählten Berliner Oberbürgermeister Willy Brandt suchte die SPD in eine "Volkspartei" zu verwandeln und strebte eine "Öffnung nach rechts"35 an.
Die allmählichen Veränderungen in der Zusammensetzung ihrer Mitgliedsbasis bildete den sozialen Nährboden, auf dem sich die SPD von einer reformistisch-sozialistischen Partei, die im Kern aus IndustriearbeiterInnen bestand, hin zu einer sozialliberalen Volkspartei, mit einem großen Mitgliedsanteil von Angestellten und Beamten im Öffentlichen Dienst, wandeln konnte.
Nach 1948 geriet die SPD in die Krise. Sie lässt sich an der Mitgliederentwicklung ablesen. Diese sank von 1948 mit 846.518 Mitgliedern zunächst auf 683.896 (1950), um dann 1954 auf einen Tiefpunkt von 585.479 Mitgliedern zu fallen. Sie stabilisierte sich 1958 bei 623.816 Mitgliedern und überschritt erst 1965 die 700-Tausender-Marke36 . Auch bei Bundestagswahlen musste die SPD einige schwere Niederlagen hinnehmen. 1949 stimmten nur 29,2 % der Wähler für sie, 1953 waren es 28,8 % und 1957 31,8 %37 . Die SPD war in einem "30-Prozent-Turm"38 gefangen. In einer "auf Wahlerfolge fixierten" Partei39 , mussten sich Wahlniederlagen demoralisierend auf das Selbstbewusstsein von Mitgliedern und Funktionären auswirken. Entpolitisierung, Mitgliederverluste und Wahlniederlagen begünstigten die Mäßigung der Sozialdemokratie und führten zu einer Krise ihrer politischen Orientierung.
Parallel zu dem Rückgang der Mitgliederzahlen der SPD und ihren Wahlniederlagen sanken in den 50er Jahren auch die gewerkschaftlichen Aktivitäten. Betrug in der Zeit von 1951-1956 die Zahl der durch Streiks und Aussperrungen verlorenen Arbeitstage 7,8 Tage je 100 Beschäftigten, so sanken die Streiktage von 1957-1962 auf 2,1 Ausfalltage je 100 Beschäftigten40 .
Ökonomischer Hintergrund der sich im Rückgang der Parteimitglieder, Stimmenanteile und Streiktage ausdrückenden Entpolitisierung war eine lange Welle des Wirtschaftswachstums. Sie begann infolge der dritten technologischen Revolution in Westeuropa und der BRD um 1948 und endete 196841 . Deutschland gelang zunächst ein einmaliger wirtschaftlicher Aufbau: (Siehe Tabelle 4.)
1950 | 1955 | 1960 | 1965 | 1970 | |
---|---|---|---|---|---|
USA | 1020 | 1265 | 1404 | 1776 | 2044 |
Großbritannien | 252 | 293 | 335 | 392 | 443 |
BRD | 186 | 293 | 401 | 508 | 623 |
Japan | 106 | 165 | 248 | 400 | 673 |
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt holte die BRD 1955 die bis dahin zweitstärkste westliche Industriemacht Großbritannien ein und überholte sie in der Folge. Zehn Jahre lang konnte die BRD die Position der zweitstärksten Wirtschaftsmacht auf dem Weltmarkt behaupten - bis sie sie 1966/67 an Japan verlor.
Zunächst stärkte der lang anhaltende Wirtschaftsaufschwung die CDU und schwächte die SPD. Die CDU konnte sich die wirtschaftlichen Ergebnisse als Erfolge der eigenen Politik auf die Fahnen schreiben. Die Person des Wirtschaftsministers und späteren Bundeskanzlers Ludwig Erhard verkörperte den Wirtschaftsboom in den Augen der Bevölkerung. Währenddessen geriet die SPD in eine Dauerkrise. Es fehlte der SPD an politischer und strategischer Orientierung gegenüber der übermächtig erscheinenden Christdemokratie. Der Verlust der wirtschaftlichen Ausnahmestellung, verschärft durch die erste große Rezession 1966/67, bildete dann den wirtschaftlichen Hintergrund für die Krise der Regierung Erhard.
Als älteste Partei Deutschlands - ihr Vorläufer ADAV wurde 1863 gegründet - wurzelte die SPD ursprünglich in der programmatischen Tradition Lassalles und Kautskys. Nach ihrer revolutionären, illegalen Phase unter dem Sozialistengesetz 1878-1890 nahm sie erst 1891 mit dem Programmentwurf Kautskys ein marxistisches Programm an. Das Erfurter Programm43 blieb bis nach dem 1. Weltkrieg gültig, wurde zwar in Görlitz vorübergehend revidiert, beeinflusste aber stark das Heidelberger Programm44 von 1925, das dann durch das Godesberger Programm von 1959 ersetzt wurde45 . Letzteres wurde mit großer Mehrheit der Delegierten beschlossen. Nur 16 Mandatsträger stimmten dagegen46 .
Das Heidelberger Programm war wie sein Vorbild, das Erfurter Programm, ein klassisch reformistisch-sozialistisches Programm. Als solches untergliederte es sich in zwei Teile: eine "Klassenanalyse" der kapitalistischen Gesellschaft mit dem Ausblick auf den Sozialismus (Maximum) und ein Programm von Sofortforderungen (Minimum). Beide Teile waren strikt voneinander getrennt. Diese Trennung in ein Maximal- und ein Minimalprogramm entsprach einer Trennung in der Wirklichkeit: Während das sozialistische Endziel der Propaganda an den Festtagen der Arbeiterbewegung überlassen blieb, waren die Sofortforderungen innerhalb des kapitalistischen Systems verwirklichbar47 . Dagegen war das Godesberger Programm48 nicht mehr in einen Minimalteil von Sofortforderungen und einen Maximalteil mit einer Analyse der kapitalistischen Gesellschaftsordnung getrennt. Das Maximalprogramm war ersatzlos weggefallen.
Das Heidelberger Programm ging von Klassengegensatz und Klassenkampf aus: "Immer größer wird die Zahl der Proletarier, immer schroffer der Gegensatz zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, immer erbitterter der Klassenkampf zwischen den kapitalistischen Beherrschern der Wirtschaft und den Beherrschten". Und: "Die Sozialdemokratische Partei kämpft nicht für neue Klassenprivilegien und Vorrechte, sondern für die Abschaffung der Klassenherrschaft und der Klassen selbst" [...]49 .
Dagegen kannte das Godesberger Programm weder "Ausbeuter" und "Ausgebeutete" noch "Klassen" und "Klassenkampf". Der "gesteigerten Macht" [...] "führender Männer der Großwirtschaft" [...] "auf Staat und Politik" stellte es "Freiheit und Menschenwürde, Gerechtigkeit und soziale Sicherheit", die "Bändigung der Macht der Großwirtschaft" und den "Wettbewerb durch öffentliche Unternehmen50 " entgegen.
Wenn das Heidelberger Programm forderte: "Das Ziel der Arbeiterklasse kann nur erreicht werden durch die Verwandlung des kapitalistischen Privateigentums an den Produktionsmitteln in gesellschaftliches Eigentum"51 , erklärte das Godesberger Programm: "Das private Eigentum an Produktionsmitteln hat Anspruch auf Schutz und Förderung, soweit es nicht den Aufbau einer gerechten Sozialordnung hindert" und das Programm "bejaht" [...] den freien Markt"52 .
Sprach das Heidelberger Programm davon, dass das "Finanzkapital die Staatsmacht zur Beherrschung auswärtiger Gebiete als Absatzmärkte, Rohstoffquellen und Stätten für Kapitalanlagen (benutzt)"53 , führte das Godesberger Programm aus, dass die "Staatsgewalt vom Volke" ausgeht und bejahte die Landesverteidigung54 . Die Annahme des Godesberger Programms bedeutete eine qualitative Änderung auf der Ebene der Programmatik und damit der Zielsetzung der SPD. Wollte die SPD auf Dauer für die CDU oder die FDP koalitionsfähig werden, so musste sie ihren programmatischen Charakter ändern und die kapitalistische Gesellschaftsordnung nicht nur in Taten, sondern auch in Worten akzeptieren und das Ziel des Sozialismus aufgeben. Diese Änderung fand mit der Annahme des Godesberger Programms von 1959 statt.
Aus Sicht der SPD blieb ihre parlamentarische Arbeit nach '45 zunächst nicht ohne Erfolg. Mit der KPD konnte eine lästige Konkurrenz aus dem Felde geschlagen werden. Der Niedergang der KPD hatte zwar vielfältige Ursachen, wurde aber durch die Politik der SPD beschleunigt. Zeitweise trat die SPD links von der KPD auf. Strebte z.B. die SPD nach '45 ein sozialistisches Deutschland an, so forderte die KPD in ihrem "Gründungsaufruf" nur eine "parlamentarisch-demokratische Republik" und hielt ein "Sowjetsystem", gemeint war ein sozialistisches Regime, für "falsch"55 . Auch unterstützte die KPD im Unterschied zur SPD die Kollektivschuldthese "des gesamten deutschen Volkes am Nazismus und damit am Kriege"56 .
Die CDU bezeichnete der SPD-Vorsitzende Schumacher als "reine Unternehmerpartei" 57 . Ihr gegenüber trat die SPD als "intransigente Opposition"58 auf. Die bürgerlichen WählerInnen belohnten diese Haltung nicht. Zu widersprüchlich war ihnen Politik der SPD. Einerseits trat sie für einen "unabhängigen Sozialismus" ein, andererseits stimmte sie für die Währungsreform und damit für ein kapitalistisches Westdeutschland. Sie lehnte eine Große Koalition mit den Christdemokraten auf Bundesebene ab, koalierte aber mit ihnen in einigen Bundesländern. Zudem konzentrierte sich die SPD bei ihrer Arbeit im ersten Parlament der BRD mit ihren vielfältigen Versorgungs- und Aufbauproblemen auf die Außenpolitik und die Frage der Wiedervereinigung. Die Widersprüche führten zum Eklat als Kurt Schumacher in einer Parlamentsdebatte im November 1949 Konrad Adenauer als "Bundeskanzler der Alliierten"59 bezeichnete. Schumacher musste öffentlich zurückrudern. Sein Kurs wurde von einigen Parteifreunden wie dem Bremer SPD-Oberbürgermeister Wilhelm Kaisen von rechts kritisiert: "Kurt Schumachers Oppositionsführung musste sich schließlich in die Negation all dessen verlaufen, was auf dem Wege der Neuordnung der politischen Welt auf uns zukam. Es war längst offensichtlich geworden, dass sein politischer Kurs der Partei einmal die größten Schwierigkeiten bereiten würde"60 .
Nach dem Tod Schumachers schwenkte die SPD auf eine Politik ein, die sie selbst "konstruktive Opposition"61 nannte. Sie zeichnete sich durch "Kooperationsbereitschaft der Sozialdemokratie und ihr Bemühen um Gemeinsamkeit mit der Regierung" 62 aus. Der Parteivorsitzende Ollenhauer und der regierende Bürgermeister Willy Brandt erklärten "eine gemeinsam erarbeitete Außenpolitik von Regierung und Opposition" für wünschenswert63 . Mit der aufsehenerregenden Wehner-Rede "Plädoyer für eine gemeinsame Politik" vom 30.6.1960 ging die SPD noch einen Schritt weiter64 . Mit ihr wollte Wehner den Zug der SPD "auf ein anderes Gleis heben"65 , die Weiche gar in Richtung einer Großen Koalition stellen. Die "konstruktive" Außen- und Innenpolitik gipfelte 1961 in der Formel einer "Allparteienregierung". Sie wurde jedoch von der CDU/CSU abgelehnt66 .
Der Kurs der SPD auf eine "Gemeinsamkeitspolitik" mit der CDU führte schließlich zu einer Art "Selbstverleugnung". So griff die Sozialdemokratie nur zögernd in die Spiegelaffäre ein67 , unterstützte die Wahl des CDU-Kandidaten Lübke zum Bundespräsidenten und schickte 1964 eine hochrangige Parteidelegation zu Papst Paul VI.68 . Der SPD-Finanzexperte Möller bezeichnete CDU-Bundeskanzler Erhard 1963 gar als "Volkskanzler"69 . Die These der Überanpassung wird vor allem durch eine Quelle der SPD selbst belegt. Das Jahrbuch der SPD 1964/65 dokumentiert, dass die SPD-Bundestagsfraktion bei 243 in den Jahren 1964/65 im Bundestag verabschiedeten Gesetzen nur 12 mal dagegen stimmte und sich ganze sechs mal enthielt70 .
Durch den Übergang der SPD von der "intransigenten" Opposition Schumachers erst zur "konstruktiven" Opposition und dann zur "Gemeinsamkeitspolitik" verschwammen aus Sicht ihrer ArbeiterInnen-Stammwählerschaft immer mehr die politischen Konturen gegenüber der regierenden CDU. Andererseits: Je ähnlicher die SPD als parlamentarische Opposition der CDU wurde, desto mehr erschienen die Sozialdemokraten den CDU-RepräsentantInnen als koalitionsfähig und einigen CDU-WählerInnenschichten als attraktiv.
Bei der SPD stand ihrer "radikalen Phraseologie [...] die Abneigung gegen spontane, außerparlamentarische Aktionen gegenüber71 ". Kurt Schumacher wies "als radikaler Demokrat" "alle außerparlamentarischen Aktionen weit von sich"72 . Die dann von den Alliierten und Adenauer nach dem Beginn des Koreakriegs 1950 durchgeführte Wiederaufrüstung der BRD "führte" "bei der SPD zur ersten großen innerparteilichen Diskussion nach dem 2. Weltkrieg"73 . Die Demonstrationen des DGB 1954 gegen die Wiederaufrüstung und die Forderungen nach Streik zwangen die SPD zu einer anderen Haltung: Sie setzte sich mit der "Paulskirchenbewegung" an die Spitze der KritikerInnen. Die von der SPD dann durchgedrückte parlamentarischen Orientierung führte zum Scheitern der Bewegung.
Ähnlich lief die Kampagne "Kampf dem Atomtod" ab. Erneut forderte ein Teil der Bewegung Streiks - diesmal gegen die atomare Ausrüstung der Bundeswehr. Doch die SPD orientierte Hunderttausende auf Volksbefragungen. Nach deren Verbot durch das Bundesverfassungsgericht, brach die Bewegung zusammen. Später sollte die SPD nicht nur die Aufrüstung, sondern 1964 auch eine Multinationale Atomstreitmacht befürworten.
1960 formulierte die Adenauer-Regierung ein "Notstandsgesetz". Es räumte der Bundesregierung für den Notfall unbeschränkte Vollmachten ein. Die SPD war gegen dieses Gesetz. Der DGB lehnte es 1962 grundsätzlich ab. Es sollte ein Streitpunkt bleiben - bis die SPD in die Große Koalition eintrat. Dort brachte sie gemeinsam mit der CDU/CSU die Notstandsgesetze mit 2/3 Mehrheit zur Verabschiedung.
Hatte die SPD unter Schumacher ihre außerparlamentarischen Möglichkeiten nicht genutzt, so setzte sie sich unter Ollenhauer an die Spitze von Bewegungen - und ließ sie im parlamentarischen Treibsand versinken. Doch mit ihrer "konstruktiven" Oppositionsrolle und der Aussicht auf eine Große Koalition änderte die Sozialdemokratie ihr Verhältnis zu den Bewegungen grundlegend. Von nun an setzte sie sich nicht mehr an deren Spitze, sondern trat ihnen wie z.B. bei den Notstandsgesetzen als Staatsmacht entgegen. So wie das Aufkommen von Bewegungen die kritisch-linken Elemente in der SPD stärkte, so mussten umgekehrt die Niederlagen der Bewegungen den "Ballastabwerfern" in der SPD Auftrieb geben.
Die CDU ging aus der Bundestagswahl 1965 als Sieger hervor und setzte die "kleine" Koalition mit der FDP fort. Doch nur ein Jahr später kam es zu einer Wirtschaftskrise: "Die Rezessionen der Wirtschaft der USA 1949, 1953, 1957, 1960, 1969-71 sind bekannt. [...] Glaubte man bis 1966, die BRD bilde hiervon eine Ausnahme, so wurde dies durch die Rezession 1966-67 schlagend widerlegt [...] Konjunkturspitzen gab es 1957 und 1960, Konjunkturtiefs 1959 und 1963. 1962-63 ging "die Erzeugung des Maschinenbaus absolut zurück [...] und auch das Gesamtvolumen der industriellen Investitionen (wurde) zum ersten Mal seit Kriegsende rückläufig" 74 . Rückgänge des Wirtschaftswachstums hatte es schon vor 1966 gegeben. Sie stellten sich dem Betrachter aber eher als Schwankungen der Wachstumsrate denn als Konjunkturrückgang dar. Daher wurden sie in der Bevölkerung kaum als Krise wahrgenommen. In der Wirtschaftskrise 1966/67 war das anders: "[...] sehr viele der erwachsenen Deutschen hatten ja noch die Elendszeiten nach dem 2. Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise 1929/33 und die Inflation 1921/23 miterlebt, und in Erinnerung daran begann sich Sorge, ja Angst vor einer neuen schlimmen Wirtschaftsentwicklung breitzumachen"75 .
Es gab aber nicht nur eine Wirtschaftskrise, sondern auch eine "Bundeswehrkrise", eine "Kanzlerkrise" und, so der FDP-Politiker Karl-Hermann Flach, eine "Krise unserer gesamten staatlichen Organisation"76 . Der CSU-Politiker Franz-Josef Strauß brachte die Stimmung im September 1966 auf den Nenner der "5 U's": "Ungewissheit, Unsicherheit, Unbehagen, Unruhe und potentielle Unzufriedenheit"77 .
Neben vielen Querelen mit dem Koalitionspartner FDP oder mit dem CDU-Bundespräsidenten traf die CDU unter Erhard vor allem das Ergebnis der NRW-Landtagswahl vom Juli '66. Während die Christdemokraten nahezu vier Prozent verloren, erreichte die SPD fast die absolute Mehrheit. In der Folge brach die mühevoll zusammengezimmerte Koalition aus CDU und FDP in NRW auseinander und die Regierungskrise in Bonn offen aus78 . Als die CDU neue Steuererhöhungen zur Deckung des Haushalts vorschlug, traten die FDP-Minister zurück79 . Die Regierung Erhard war am Ende. Rückblickend schrieb die SPD: "Die gegen die SPD gerichteten Koalitionen in Bonn und Düsseldorf zerfielen, die Koalitionsparteien zerstritten sich immer mehr, die Regierungsgewalt war gelähmt, die Staatsautorität wurde untergraben. Die unvermeidbare Folge war eine Krise, die unser gesamtes Staatswesen zu erschüttern drohte"80 .
Auf diesen Zeitpunkt hatte sich die SPD vorbereitet. Sie konnte ein aktuelles Regierungsprogramm präsentieren, das den Interessen der kapitalistischen Bundesrepublik wesentlich mehr entsprach als die überholten Vorstellungen der CDU. Insofern war der langjährige Anpasssungsprozess der SPD durchaus erfolgreich. Die Sozialdemokratie forderte vor allem die "Normalisierung unseres Verhältnisses zu den östlichen Nachbarvölkern" und "sofort einzuleitende Maßnahme" des Staates für die "deutsche Wirtschaft"81 . Die Erschließung neuer Märkte in Osteuropa und die keynesianische Wirtschaftssteuerung sollten die Markenzeichen der zukünftigen Koalitionsregierung(en) werden. Am 26. November 1966 gaben die Verhandlungskommissionen von SPD und CDU die Bildung einer Großen Koalition bekannt. Am 30. November trat Bundeskanzler Erhard zurück und am 1. Dezember wurde das CDU-Mitglied Kiesinger zum neuen Bundeskanzler einer Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD gewählt.
In der Schlüsselrolle, die die Annahme des Godesberger Programms für die Entwicklung der SPD gespielt hat, sind sich viele Akteure und BeobachterInnen einig. Das neue Programm sollte, so Herbert Wehner auf dem Godesberger Parteitag: "[...] vor der breiten Öffentlichkeit als Partei unter Beweis stellen, dass wir eine allgemeine Ordnung anstreben, [...] die keine Schicht und keine Gruppe der Bevölkerung mehr benachteiligt" 82 . Nach Willy Brandt hat die SPD mit dem Godesberger Programm "traditionelle Doktrinen durch neu definierte fundamentale Wertvorstellungen ersetzt und die Öffnung der SPD zur Volkspartei bestätigt"83 .
Vor allem sei die "Legende von der Militärfeindlichkeit der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands [...] spätestens durch das Godesberger Programm vom November 1959 endgültig zerstört worden. Dort erklärte diese große Partei ‚sie bejaht die Landesverteidigung'" 84 . Nicht viel anders als führende SPD-Politiker bewerteten HistorikerInnen, SoziologInnen und Intellektuelle die Annahme des Godesberger Programms. In ihm sieht Heimann "ein Parteidokument, das in erster Linie die Imageveränderung zur Volkspartei begründen half "85 . Eine andere Meinung vertritt Grebing, für die im Godesberger Programm "der demokratische Sozialismus" als eine "dauernde" "Aufgabe" begriffen wird. Doch auch sie stellt fest: "Nach Godesberg bekam die Partei immer mehr den Charakter einer Volkspartei"86 .
Andere Autoren wie Pirker gehen in der Bewertung weiter: "Das Programm bestimmte die Partei [...] als eine soziale Reformpartei im Rahmen der etablierten Gesellschaftsordnung. Sie ging in keinem Punkt über diese Ordnung hinaus"87 . Schmoekel/Kaiser schreiben: "1959 hatte sich die Partei im Godesberger Programm die Plattform einer sozialen Volkspartei, nicht mehr einer ausschließlich auf Arbeiterinteressen fixierten sozialistischen Partei, gegeben"88 . Noch schärfer bewerten sozialdemokratische Intellektuelle das Godesberger Programm: Glotz sieht mit Godesberg "den Widerspruch zwischen wortradikaler Theorie und reformistischer Praxis" beendet89 . Und Günter Verheugen meint: "Wenn Sozialismus im Kern prinzipiell Vergesellschaftung der Produktionsmittel bedeutet, dann ist die SPD seit Godesberg spätestens keine sozialistische Partei mehr. [...] Im Grunde hat das Godesberger Programm den einzigen klaren Widerspruch zwischen liberaler und sozialdemokratischer Programmatik beseitigt"90 . Verheugen muss es ja wissen. Der frühere Generalsekretär der FDP wechselte nahtlos zur SPD über.
Auch die revolutionären MarxistInnen sahen im Godesberger Programm einen qualitativen Rückschritt. Georg Jungclas schrieb 1960 in dem Artikel Godesberg - Ein Sieg der Anti- Sozialisten: "Das vom Godesberger Parteitag verabschiedete Programm bestätigt einen Zustand der deutschen Sozialdemokratie, wie er bereits seit Jahren besteht und sich schrittweise dem Ziel der Rechten näherte: eine sozialliberale Volkspartei, deren Führer das zerschlissene sozialistische Gewand abstreifen, weil sie es als ein Hindernis auf dem Weg zu den Ministersesseln ansehen; Anpassung an das Denken des von der Bourgeoisie manipulierten Wählers und an seine Scheinwelt; Bekenntnis zur bürgerlich- kapitalistischen Gesellschaft, zu ihrem Staat und zu dessen militärischer Verteidigung. Alle im Programm angesprochenen Veränderungen von Staat und Gesellschaft bewegen sich im Rahmen des Kapitalismus. Sie sollen Krisen und Klassenkämpfe mildern, wenn nicht gar von der Gesellschaft fernhalten. Das Programm ist eine eindeutige Absage an den Rest marxistischen Gedankenguts, welches bis heute in der SPD noch geduldet wurde. Im besten Falle räumt man dem Marxismus noch einen Platz im Museum der Geschichte der Arbeiterbewegung ein. Man geht auf den Aufguss vormarxistischer Ideologien, einschließlich der Bergpredigt, zurück. Das alte sozialistische Ziel wird aufgegeben zugunsten der formalen Demokratie. An Stelle des alten reformistischen Weges ‚über die Demokratie zum Sozialismus' ist die bürgerliche Demokratie selbst getreten. In Wirklichkeit besteht das neue Programm aus Abfallprodukten der verschiedenen Schulen der bürgerlichen Ideologie, als deren Repräsentant der klassenfremde Flügel innerhalb der SPD wirkt"91 .
Jungclas erfasste klarsichtig den Wandel der SPD hin zu einer sozial-liberalen Volkspartei, auch wenn die Internationalen Kommunisten Deutschlands, die deutsche Sektion der IV. Internationale, daraus weder die politischen noch die organisatorischen Konsequenzen zogen. Sie setzten weiter auf die "Klassendifferenzierung" "in der Sozialdemokratischen Partei". Bereits in der Zeit zwischen der Zustimmung zu den Kriegskrediten im August 1914 und der kampflosen Kapitulation vor dem Faschismus 1931-33 hatte für Jungclas die SPD "aufgehört, eine sozialistische Partei zu sein", wobei er feststellte: "immer hat sie dabei sich einiger verwaschener ‚sozialistischer' Redensarten bedient".
Jungclas NachfolgerInnen in der späteren Gruppe Internationale Marxisten (GIM) stritten sich ab 1974 um die richtige Einschätzung der SPD. Die Internationalistische Tendenz (IT) sah in der SPD eine "bürgerliche Arbeiterpartei" während die Kompasstendenz (KT) die SPD in Anlehnung an Trotzki als "bürgerliche Partei, die sich auf die Arbeiterklasse stützt und von ihr gestützt wird" charakterisierte.
Je offensichtlicher der Wandel der SPD in eine sozial-liberale Partei wurde, desto mehr zerbrach die einheitliche Haltung der GIM-Mehrheit zur "bürgerlichen Arbeiterpartei". Als 1985 eine Mehrheit die Vereinigung mit der KPD befürwortete, splitterte sich die bis dahin vorherrschende Leitungsmehrheit in drei Positionen auf:
• Die Mehrheit des ausgehenden Politischen Büros und der Hauptamtlichen glaubte: "Die Beeinflussung der Massendifferenzierung geht nur über eine Einheitsfrontpolitik. Aber Einheitsfrontpolitik können wir nur entfalten, wenn wir Teil der Einheitsfront sind. [...] Die Einheitsfront von SPD und Grünen zum Sturz der Wenderegierung ist das Schlüsselelement für die zukünftige Entwicklung in der BRD, weil es die einzige mögliche, realistische Form von Einheitsfront auf Massenebene darstellt [sic!]". Sie schlug den Eintritt in die Grünen vor: "Die Alternative zum Entrismus, d. h. zum Einreihen in die Einheitsfront, liegt darin, entweder den Unmut auf sich zu ziehen durch die Kritik von außen (d.h. nicht auf Gehör zu stoßen - unser bisheriges Schicksal), oder aber sich ganz von der Einheitsfrontpolitik zu verabschieden"92 . Bei einem Eintritt in die Grünen stand für die GenossInnen "[...] im Vordergrund, eine Mehrheit für eine richtige Taktik gegenüber der SPD innerhalb der ökosozialistischen Strömung zu gewinnen. [...] Die Position, eine SPD-Regierung durch Kanzlerwahl ohne Vorbedingung ins Amt zu bringen, ist der erste Schritt, um deutlich zu machen, dass man alles für die Verhinderung einer Wenderegierung zu tun bereit ist, was im Interesse der Lohnabhängigen noch zu vertreten ist"93 . Nachdem sie als Fraktion in die Grünen eingetreten waren, scheiterten die GenossInnen mit ihrer SPD-Position.
• Eine zweite Gruppierung um Winfried Wolf behauptete u.a.: "Es ist eine Errungenschaft unserer Organisation und ein wichtiges positives Ergebnis der internen Debatten in den siebziger Jahren, dass seit 1980 eine große Mehrheit - auf dem letzten Kongress über zwei Drittel - den grundsätzlichen Unterschied anerkennt, der zwischen der Sozialdemokratie einerseits und den bürgerlichen Parteien andererseits besteht. Diese Errungenschaften verteidigen wir. [...] Wir gehen bisher davon aus, dass der in der Vergangenheit entwickelte Begriff einer bürgerlichen Arbeiterpartei den dialektischen Widerspruch kennzeichnet, der sich in der SPD ausdrückt: Diese Partei ist mit dem bürgerlichen System eng verbunden und, soweit es die Partei als Ganzes betrifft, diesem verschrieben. Sie ist gleichzeitig Teil der Arbeiterbewegung, bürgerliche Agentur innerhalb der Arbeiterbewegung. Weil dies so ist - und weil die SPD von den lohnabhängigen Massen so verstanden wird und von ihrer Wählerbasis in gewissem Maß abhängig ist - spiegelt sich in dieser Partei auch die Entwicklung des Klassenkampfs und die Verschärfung der kapitalistischen Krise wider. Differenzierungsprozesse innerhalb der SPD sind, wenn man über deren zeitliche Abfolge unterschiedlicher Auffassung sein kann, unausweichliches Resultat des Charakters der SPD und des Charakters der kapitalistischen Krise". [...] Daraus leiteten die GenossInnen u.a. ab: "(1) Sozialistinnen und Sozialisten innerhalb der SPD, die nicht direkt für die revolutionäre Organisation gewonnen werden können [...] fordern wir dazu auf, für ein sozialistisches Aktionsprogramm innerhalb der SPD einzutreten..."... "(3) Eine Konkretisierung dieser Politik kann ein Wahlaufruf für die SPD dort sein, wo keine revolutionär-sozialistische Position (oder ein von uns unterstütztes Wahlbündnis) kandidieren". Und sie zogen die Schlussfolgerung: "Die politische Veränderung, die von der Mehrheit der Arbeiterklasse gesehen wird, ist eine SPD-Regierung. Die fortgeschrittenen Teile setzen auf eine SPD-Regierung, die von den Grünen gestützt wird. [...] Wir dürfen uns jedoch nicht als ‚Besserwisser' von den fortschrittlichen Teilen der Klasse trennen und eine parteisektiererische Ecke beziehen"94 . An anderer Stelle meinte der Theoretiker dieser Position, Winfried Wolf: "Die Grünen sind für uns Ausdruck einer breiten Linksdifferenzierung in der bundesdeutschen Gesellschaft. Sie drücken einen Fortschritt im gesellschaftlichen Bewusstsein aus. Wir sind demnach gegensätzlicher Meinung wie der Duisburger Kreis und der Genosse S.; letzterer stellt klipp und klar fest: Es ist unsere Aufgabe klarzumachen, dass durch die Gründung der Grünen kein Fortschritt im Bewusstsein stattgefunden hat"95 . Ausdrücklich erklärten die Vertreter dieser Tendenz gegenüber der Gegenposition des Duisburger Kreis: "Wir sind gegensätzlicher Meinung wie z.B. Gen. Daniel (Duisburger Kreis): ‚Die SPD als solche ist heute kein Teil der Arbeiterbewegung' [...]. Für uns ist sie bürgerlicher Teil in der Arbeiterbewegung" 96 . Heute haben die ehemaligen ErstunterzeichnerInnen dieser Position 2 entweder jede revolutionär-marxistische Arbeit aufgegeben und/oder sind Mitglieder der PDS.
• Eine dritte Position aus dieser Tradition, die SPD als eine "bürgerlichen Arbeiterpartei" zu bezeichnen, befürwortete die Vereinigung mit der KPD und kritisierte den Vorschlag der o.g. PB-ZK- Mehrheit "wegen der zentralen Bedeutung der Regierungsfrage [...] Wählerinitiativen aufzubauen, die sich für eine SPD-Regierung einsetzen, die mit den Grünen zusammenarbeitet" und "bei zukünftigen Wahlen [...] Kandidaten auf grünen Listen aufzustellen". Gleichzeitig warnten die VertreterInnen dieser Tendenz vor einer "falsche(n) Einschätzung" der SPD. "Deren Charakter als bürgerliche Arbeiterpartei sie nicht begreifen und ihre ‚Definition' des Reformismus, den sie beschränkt sehen auf die klassisch-reformistische Programmatik etwa der SPD der Weimarer Republik (‚Sozialismus ist das Ziel, der Weg dahin ist graduell mit dem Mittel der Reformen'), führt die Gen. des ‚Duisburger Kreises' zu ultralinken Schwächen in der Zuspitzung ihrer Positionen"97 . Die meisten ErstunterzeichnerInnen dieser Position sind heute nicht mehr Mitglied einer revolutionär-marxistischen Organisation. Einige sind Mitglied der PDS.
Die Gegenposition zu allen drei Haltungen der "Pro-SPD-Position" vertrat die Tendenz "Duisburger Kreis". In einem Beitrag zur SPD schrieben damals zwei Genossen (heute im RSB): "Die SPD heute begreift sich nicht als Arbeiterpartei (im besten Fall als eine Partei, die eng mit den Gewerkschaften verbunden ist); macht keine reformistische Arbeiterpolitik; ist nicht einmal Sprecher des Protestpotentials (im Gegensatz etwa zur Zeit der Atom-Tod-Bewegung und da war es schon nur sehr lahm); betreibt keine noch so abgeschwächte Propaganda für den Sozialismus oder die Ziele der Arbeiterbewegung. Sie hat sich entwickelt von einer radikaldemokratischen Arbeiterpartei (nach dem II. Weltkrieg) zu einer linken Volkspartei ‚sui generis', will heißen besonderer Art, weil sie immer noch nicht unmittelbar mit den anderen bürgerlichen Parteien gleichgesetzt werden kann".
Scharf kritisierten die GenossInnen des Duisburger Kreises ein Flugblatt der Ortsgruppe Frankfurt, dem Sitz der damaligen GIM-Zentrale, in dem es 1983 geheißen hatte: "Wählt SPD! Für eine SPD- Regierung! Für den Aufbau einer sozialistischen Alternative! [...] Nur eine Partei, die so eng mit den Gewerkschaften verbunden ist, wie die SPD, kann diese Regierung stellen. Deswegen sind wir für eine absolute Mehrheit der SPD und eine SPD-Regierung. Dazu ist aber auch eine andere Politik nötig. Eine Regierung der Arbeiter kann und muss die Betriebe und Gewerkschaften gegen die Unternehmerangriffe mobilisieren, kann und muss sich auf die massenhaften Friedens- und Umweltbewegungen stützen. Das Zurückweichen vor den Forderungen der Unternehmer, um diesen ‚Vertrauen in die wirtschaftliche Lage' zu geben, hat die Arbeitslosigkeit nicht verhindert, sondern nur das Vertrauen der Arbeiter in die SPD abgebaut. Die SPD wird stark durch eine Politik, die sich nur die Interessen der Arbeiter, Angestellten und Bauern zur Richtschnur nimmt. Kämpfen wir gemeinsam - für die absolute Mehrheit, für eine SPD- Regierung; - für eine sozialistische Politik"98 .
Die angeführten "Pro-SPD-Positionen" wirken heute völlig anachronistisch. Das GIM- Mehrheits-Dogma von der notwendigen Einheitsfront mit ihrer Krönung einer "Arbeiterregierung" aus SPD und Grünen, führte die GIM-Abspaltung in den Grünen ungewollt an die Seite der Realos. Wenn auch in andere Worte gekleidet, ist heute in der PDS das GIM-Mehrheits-Dogma die Formel des Parteivorstandes.
Das Dogma von der Bildung eines linken sozialistischen Flügels in der SPD, aus dem sich dann eine neue sozialistische Partei entwickeln würde, wurde durch die Bildung der Grünen praktisch widerlegt. Es wurde dann auf die Grünen übertragen, aus denen sich ebenfalls eine neue sozialistische Partei entwickeln sollte.
Mit ihrer Sicht der SPD als "reformistische Partei" oder "Arbeiterpartei", waren die GenossInnen mit "Pro-SPD-Positionen" in dem Moment politisch entwaffnet, als Parteien auftauchten, die offensichtlich "links" von der SPD standen. Als die Grünen erschienen - kapitulierte die GIM-PB-ZK-Mehrheit und verschwand in die Grünen auf nimmer wiedersehen. Die restlichen SPD-BefürworterInnen ließen wortlos ihre Position fallen, als mit der PDS eine wirklich reformistische Partei auftauchte. Ein Teil tauchte in der PDS unter - ein anderer Teil überwintert dort. Für den Aufbau der revolutionär-sozialistischen Organisation erwies sich die grüne Option genauso katastrophal wie die reformistisch-rote.
Für Trotzki war die SPD keine ArbeiterInnenpartei, sondern bürgerlich. Er schrieb Anfang der 30er Jahre: "Die Sozialdemokratie ist, ungeachtet ihres Arbeiterbestandes, eine vollständig bürgerliche Partei, unter normalen Bedingungen, vom Standpunkt der bürgerlichen Ziele aus sehr geschickt geführt, doch unter den Bedingungen der sozialen Krise zu nichts tauglich. Den bürgerlichen Charakter der sozialdemokratischen Partei sind die Führer selber einzugestehen genötigt, wenn auch gegen ihren Willen. [...] Die Krise hat die Partei des Sozialismus nicht gestärkt, sondern im Gegenteil geschwächt, so wie sie Handelsumsätze, Bankenkassen, Hoovers und Fords Selbstvertrauen, die Einkünfte des Fürsten von Monaco usw. geschwächt hat. Die optimistischsten Bewertungen der Konjunktur hat man jetzt nicht in den bürgerlichen Blättern, sondern in den sozialdemokratischen zu suchen. Kann es einen unwiderlegbareren Beweis des bürgerlichen Charakters der Partei geben? Bedeutet die Krankheit des Kapitalismus Krankheit der Sozialdemokratie, so kann der nahende Tod des Kapitalismus nichts anderes bedeuten als den nahenden Tod der Sozialdemokratie. Die Partei, die sich auf die Arbeiter stützt, aber der Bourgeoisie dient, muss in der Periode höchster Zuspitzung des Klassenkampfes den Odem des Grabes spüren99 ".
Für Trotzki war die SPD eine "vollständig bürgerliche Partei", "die sich auf die Arbeiter stützt". Auf welchen Stützen stand aber die Weimarer Sozialdemokratie? Unmittelbare Stütze waren die klassenbewussten (Industrie) ArbeiterInnen innerhalb der Partei. Ihr Anteil betrug 1930 fast 60 Prozent100 . Zweite Stütze waren die oben beschriebenen ArbeiterInnen- Kulturorganisationen. Dritte Stütze bildeten die ArbeiterInnen in den freien Gewerkschaften des ADGB, der Anfang der 30er Jahre eine sozialdemokratische Richtungsgewerkschaft war101 . Keine Stütze in diesem Sinne waren die WählerInnen der SPD. Insofern sie nicht mit den in der Partei, den ArbeiterInnen-Kulturorganisationen und den in den freien Gewerkschaften erfassten AnhängerInnen, den Kernschichten der SPD, identisch waren, waren sie unorganisierte Schichten, die bei den alle paar Jahre stattfindenden Wahlen individuell ihr Kreuzchen bei der SPD machten.
Nach dem 2. Weltkrieg änderten sich die Beziehungen zwischen SPD und ArbeiterInnenklasse vollkommen. Der Industriearbeiter als Mitglied wurde durch den Angestellten im Öffentlichen Dienst verdrängt, der nicht mehr dem Kapital, sondern dem "Staat" gegenüberstand. Die ArbeiterInnen-Kulturorganisationen wurden zugunsten der Integration in den bürgerlichen Staatsapparat nicht neu gegründet. Im DGB waren nicht mehr die Lohnabhängigen sozialdemokratisch, sondern nur noch die Gewerkschaftsbürokratie. Eine revolutionäre Massenpartei als Konkurrenz existierte nicht. Unter diesen Umständen wurde der Teil von Trotzkis Formel, der das Verhältnis der SPD zur ArbeiterInnenklasse beschreibt ("die sich auf die Arbeiter stützt") hinfällig. Eine organisierte Stütze der SPD in der ArbeiterInnenklasse war zwar weiterhin die sozialdemokratische Gewerkschaftsbürokratie. Dabei handelt es sich aber nach dem von Daniel de Leon geprägten und von Lenin oft wiederholten Ausdruck um "Arbeiterleutnants der kapitalistischen Klasse". Ihre Autonomie gegenüber der SPD hatten sie längst durchgesetzt.
Es bleibt allein der erste Teil von Trotzkis "Formel" bestehen: Die SPD ist eine "vollständig bürgerliche Partei". Dies gilt heute mehr als damals. Aber auch hier ist die Entwicklung nicht stehengeblieben. Für Trotzki war die SPD "vollständig bürgerlich", als noch das "sozialistische" Heidelberger Programm mit seiner Klasskampfrhetorik galt. Damals strebte die SPD eine sozialistische Gesellschaft über den Weg der Reformen an. Genau deshalb bezeichnete Trotzki die Sozialdemokratie ja als "vollständig bürgerlich". Eine Strategie der Reformen führt eben nicht zur Abschaffung des Kapitalismus, sondern im besten Fall ins Nirgendwo und im schlechtesten zur Niederschlagung der revolutionären ArbeiterInnen durch die Sozialdemokratie wie in der Periode 1918-1923. Auch hier hat sich die SPD "weiterentwickelt": In den 50er Jahren vom sozialistischen Reformismus zum Sozialliberalismus. In den 90er Jahren vom Sozialliberalismus zum Neoliberalismus. Die SPD ist weder eine sozialistische Partei noch eine ArbeiterInnenpartei.
Im Unterschied zur SPD ist heute die PDS sozialistisch-reformistisch, wenn auch ihr Programm von 1993 weit rechts vom Heidelberger Programm der SPD steht. Schließlich verzichten PDS-Führung und "linke" PDS-Opposition auf den Bezug zu Klassengegensatz und Klassenkampf. Als sozialistisch- reformistische Partei ist die PDS eine "vollständig bürgerliche Partei".
Die PDS ist keine ArbeiterInnenpartei. Sie organisiert die Lohnabhängigen weder in ArbeiterInnen- Kulturorganisationen, noch in Betrieben und Gewerkschaften. Die Basis der PDS sind nicht die klassenbewussten ArbeiterInnen, sondern die vom Kapitalismus zurückgestoßene sozialistische Intelligenz der ehemaligen DDR. Insofern gibt es zwar mit der PDS eine sozialistische Partei, aber keine ArbeiterInnenpartei, die die Klasseninteressen der ArbeiterInnenklasse vertritt.
Ob und wie eine Sozialistische ArbeiterInnenpartei entstehen wird, kann niemand vorhersagen. Dass sie notwendig ist, wird die ArbeiterInnenklasse und ihre Vorhut nur dann erkennen, wenn sie sich in radikalen Kämpfen in Bewegung setzt. Ohne Bewegung der Klasse keine sozialistische ArbeiterInnenpartei.
Werden offene Klassenkämpfe zu einer Links-Differenzierung innerhalb der reformistisch-sozialistischen PDS führen? Bildet sich dann dort ein linker Flügel, aus dem eine Sozialistische ArbeiterInnenpartei entstehen kann? Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Das Dogma, dass sich Klassenbewegungen zunächst im "Reformismus" in der Bildung von linken, sozialistischen Flügeln niederschlagen sollten, erwies sich schon bei SPD und dann bei den Grünen als leere Behauptung. Die SPD hatte sich schon längst von ihrer ArbeiterInnenbasis getrennt, die Grünen hatte nie eine. Selbst die reformistische PDS hat weder eine organisierte ArbeiterInnenbasis noch einen linken Flügel, der den Namen verdient. Vor allem ist eine solche Differenzierung in normalen Zeiten wenig entwickelter Klassenkämpfe nicht sehr wahrscheinlich. Die USPD spaltete sich von der SPD in einer Phase illegaler Streikkämpfe ab. Der linke Flügel der USPD spaltete sich 1920 in der revolutionären Nachkriegsphase ab und vereinigte sich mit der KPD zur VKPD, die SAP trennte sich 1931 in einer vorrevolutionären Situation von der SPD. Immerhin macht es das Gewicht der PDS unwahrscheinlich, dass im Fall der Entstehung einer neuen ArbeiterInnenpartei diese nicht sozialistisch, sondern nur eine Art Labour Party wäre.
Die revolutionären MarxistInnen können eine Sozialistische ArbeiterInnenpartei nicht am Grünen Tisch gründen. Sie können aber mit ihrer Propaganda in den kommenden Kämpfen den Boden bereiten, dass im Fall einer ArbeiterInnenradikalisierung leichter eine SAP entsteht. Das wäre der erste Schritt zur politischen Unabhängigkeit der ArbeiterInnenklasse.
B.B. 16.03.02 Auf diesen Beitrag erschien eine Entgegnung in Inprekorr 370. |
2 Scholz/Oschilewski (Hrsg.), Kurt Schumacher - Reden und Schriften, Berlin 1953 in: Pirker, S. 17-18.
3 Gegen die Truppen der konservativen Dollfußregierung und faschistische Heimwehren in Österreich erhob sich vom 11.-14.02.1934 die sozialdemokratische Kampforganisation Schutzbund zu einem bewaffneten Aufstand. Am 12.02.1934 riefen die sozialistische Partei Frankreichs SFIO und ihre Gewerkschaft CGT zu einem erfolgreichen Generalstreik und Massendemonstrationen gegen den gescheiterten faschistischen Sturm auf die Nationalversammlung vom 6.02.1934 auf. Am 4.10.1934 rief die Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens PSOE den Generalstreik gegen den Eintritt der katholisch-faschistischen CEDA in die Regierung aus. Der Kampf führte in ganz Asturien zum bewaffneten Aufstand und zur Kommune von Oviedo, die nach 15 Tagen von General Franco niedergeworfen wurden (vgl. Braunthal, Julius, Geschichte der Internationale, Band 2, 3. Auflage, Berlin/Bonn 1978, Seite 428, S. 437-444 und 474).
4 Goebbels, Josef, Tagebücher 1924-1945, Bd. 2, München 1992, S. 676.
5 Hoegner, Wilhelm, Flucht vor Hitler. Erinnerungen an die Kapitulation der ersten deutschen Republik 1933, Hamburg 1979, S.153-154.
6 Vgl. Pirker, S. 32.
7 Ebd., S. 9.
8 Nach 1945 strebten viele klassenbewusste ArbeiterInnen nach Einheit. Daraus entstanden vereinzelt in Westdeutschland neue Arbeiterparteien. Frühere sozialdemokratische Absplitterungen kehrten zur SPD und ehemalige kommunistischer DissidentInnen zur KPD zurück. Das spontane Einheitsstreben von unten nutze die stalinistische KPD aus, um mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsbehörden die Vereinigung von KPD und SPD in Ostdeutschland von oben durchzusetzen. Sofern revolutionäre kommunistische Kerne den Faschismus überstanden hatten, wurde ihnen durch die Vereinigung des Stalinismus mit dem Reformismus jede Arbeitsbasis entzogen. Ein Gegenbeispiel ist die Vereinigung von KPD und USPD 1920 auf revolutionärer Grundlage.
9 Vgl. Pirker, S. 39.
10 Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1948/49, Hannover 1949, S. 19.
11 Pirker, S. 55.
12 Klotzbach, Kurt, Der Weg zur Staatspartei. Programmatik, praktische Politik und Organisation der deutschen Sozialdemokratie 1945 bis 1965, Berlin/Bonn 1982, S. 179.
13 Pirker, S. 55.
14 Vgl. Kulemann, Peter, Die Linke in Westdeutschland nach 1945, Hannover/Frankfurt 1978, S. 57.
15 Eigene Berechnung nach: Weber, Hermann, Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik, Frankfurt 1969, S. 372ff.
16 Kulemann, S. 33-34.
17 Schulz, Hans-Jürgen, Soziologie und Demokratie in der SPD, in: Die Internationale, Band 16, Frankfurt 1981, S. 72.
18 Kulemann, S. 34.
19 Siegfried Heimann, Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, in: Stöss, Richard (Hrsg.), Parteienhandbuch, Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 4, Opladen 1986, S. 2137.
20 In der Zeit revolutionärer Unruhen zwischen 1918 - 1923 und nach der Weltwirtschaftskrise 1929 war die SPD an verschiedenen Reichsregierungen beteiligt. Dagegen war sie in Zeiten relativer Ruhe d.h. "in den Jahren 1923 bis 1928 von den Staatsgeschäften des Reichs ausgeschlossen" (Droz, Jacques, Der Sozialismus in Deutschland von 1919 bis 1939, in: Geschichte des Sozialismus. Von 1919 bis 1945, Band XI, Frankfurt/Berlin/Wien 1977, Seite 116.; Hervorhebung B.B.).
21 In Frankreich waren in den beiden ersten Regierungen der "nationalen Einheit" de Gaulles die Sozialisten und die Kommunisten vertreten. Auch in Italien koalierten die bürgerlichen Parteien von April 1944 bis 1947 mit den Kommunisten und darüber hinaus mit den Sozialisten (vgl. Braunthal, Band 3, S. 47 und S. 77). Die antifaschistische Koalition in Deutschland schloss die KPD mit ein, die z.B. 1946 selbst in der bayrischen Landesregierung den Sonderminister für Entnazifizierung stellte (vgl. Staritz, Dietrich, Die Kommunistische Partei Deutschlands, in: Stöss, Richard (Hrsg.), Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 3, Opladen 1986, S. 1767).
22 Vgl. Stöss, S. 2042-2054 und Pirker S. 15-316.
23 U. Schmidt, S. 490.
24 Klotzbach, S. 110.
25 Stöß, S. 123 und S. 121-142.
26 Vgl. Stöss, S. 446, 576, 694, 1012, 1090, 1221, 1356, 1445, 1763, 2131 und 2471. Eigene Berechnungen. Unter* sind die Parteien mit Bundestagsmandaten zusammengefasst: Bayernpartei, Deutsche Konservative Partei/Deutsche Reichspartei, Deutsche Partei, Deutsche Zentrums- Partei, Gesamtdeutscher Block/BHE und Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung.
27 Heimann, S. 2183.
28 Den Anteil der Arbeiter und Angestellten/ Beamten berechnet nach: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 1953, S. 111 und Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 1968, S. 125. Die Erwerbstätigkeit schließt die Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen mit ein. Im Folgenden zitiere ich: Statistisches Jahrbuch, Jahr, Seite.
29 Der Anteil der Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen an der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet war im Jahr 1968 mit 19,0% durchaus mit dem Anteil von 26,3% im Jahr 1950 vergleichbar. Ihre absolute Zahl hatte sich aber von 10.297.000 (Gesamtdeutschland 1950) auf 4.927.000 (BRD 1968) halbiert. Das lag vor allem an den Enteignungen in der DDR.
30 Angaben nach Heimann, S. 2183, wobei die Angestellten und Beamten, die Selbständigen und die Landwirte zusammengefasst sind, ohne Berücksichtigung der RentnerInnen, Hausfrauen und in Ausbildung Befindlichen. Der Anteil der Arbeiter, Angestellten/Beamten und Selbständigen-/mithelfenden Familienangehörigen ist berechnet nach: Statistisches Jahrbuch, 1953, S. 111 und Statistisches Jahrbuch 1968, S. 125.
31 Heimann, S. 2181.
32 Vgl. Schmidt-Urban, Karin, Apathie von Mitgliedern, in: Leonhard, Elke, Die Genossen. Wie sie sind und wie sie waren, Köln 1989, Seite., S. 86.
33 Vgl. Pirker, S. 177.
34 Vgl. Pirker, S. 186ff.
35 Struve, Günter, Kampf um die Macht, Gütersloh 1971, Seite, S. 26.
36 Heimann, S. 2174.
37 Ebd., S. 2131.
38 Ebd., S. 2125.
39 Vgl. Brauns (Hrsg.), SPD in der Krise. Die deutsche Sozialdemokratie seit 1945, 2. Auflage, Frankfurt/ M. 1976, S.153.
40 Eigene Berechnungen nach den Angaben in: Brauns, S. 144.
41 Vgl. Mandel, Ernest, Die langen Wellen im Kapitalismus, 2. Auflage, Frankfurt 1987, S. 98.
42 Zahlen nach Lüdemann, Ernst, Die Weltwirtschaft im 20. Jahrhundert. Eine statistische Übersicht, Frankfurt 1996, S. 33-34. Eigene Zusammenstellung.
43 Mommsen, Wilhelm, Deutsche Parteiprogramme, Bd. 1, München 1960, S. 349-351.
44 Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Beschlossen auf dem Parteitag Heidelberg 1925, in: Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Jahrbuch der Deutschen Sozialdemokratie für das Jahr 1931, Berlin/ Bonn/Bad Godesberg 1976 (Nendel o.J.), S. 316-321.
45 Die Programmatik der SPD im weiteren Sinne umfasste außerdem Aktionsprogramme wie die Thesen von Bad Dürkheim (s.o.).
46 Heimann, S. 2064.
47 Vgl. Luxemburg, Rosa, Rede zum Programm, in: Weber, Hermann, Der Gründungsparteitag der KPD. Protokoll und Materialien, Frankfurt/ M. 1969, S. 175.
48 Vorstand der SPD, Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Beschlossen vom Außerordentlichen Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Bad Godesberg vom 13. bis 15. November 1959, Braunschweig o.J., S. 14. Im Folgenden zitiere ich Godesberger, Seite.
49 Heidelberger, S. 317.
50 Godesberger, S. 14.
51 Heidelberger, S. 317
52 Godesberger, S. 14 und S. 13.
53 Heidelberger, S. 317.
54 Vgl. Godesberger, S. 9 und S. 10-11.
55 Vgl. Staritz, S. 1682.
56 Scholz, S. 111.
57 Pirker, S. 72.
58 Ebd., S. 110.
59 Pirker, S. 125.
60 Kaisen, Wilhelm, Meine Arbeit, mein Leben, München 1976, S. 268.
61 Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1960/61, Bonn 1961, S. 258.
62 Bouvier, S. 43.
63 Ebd., S. 50.
64 Vgl. Wehner, Herbert, Wandel und Bewährung. Ausgewählte Reden und Schriften 1930-1975, Frankfurt/M. 1976, S. 232- 248 und Pirker, S. 293.
65 Gaus, Günter, Staatserhaltende Opposition oder Hat die SPD kapituliert? Gespräche mit Herbert Wehner, Berlin 1966, in: Bouvier, S. 62.
66 Vgl. ebenda, S. 516ff.
67 Vgl. Bouvier, S. 194.
68 Vgl. ebd., S. 220ff.
69 Pirker, S. 337.
70 Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1964/65, Bonn 1965, S. 25 - 39. Eigene Berechnungen. Sechs Mal konnte ich das Abstimmungsverhalten nicht feststellen (B.B.).
71 Grebing, Seite 241.
72 Pirker, S. 136.
73 Nowka, Harry, Das Machtverhältnis zwischen Partei und Fraktion in der SPD, Berlin 1973, S. 73.
74 Mandel, Ernest, Der Spätkapitalismus, 3. Auflage, Frankfurt 1974, S. 403-404.
75 Schmoekel/Kaiser, S. 30.
76 Bouvier, S. 290.
77 Hildebrand, Klaus, Von Erhard zur Großen Koalition. 1963-1969, Stuttgart/Wiesbaden 1984, S. 204.
78 Vgl. Bouvier, S. 293.
79 Vgl. Schmoekel/Kaiser, S.35ff.
80 Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1966/67, Bonn 1967, S. 56.
81 Ebenda, S. 57.
82 Wehner, Herbert, Wandel und Bewährung. Ausgewählte Reden und Schriften 1930-1975, Frankfurt/M. 1976, S. 215.
83 Heimann., S. 2064.
84 Brandt, Willy, Plädoyer für die Zukunft. Zwölf Beiträge zu deutschen Fragen, Frankfurt/M. 1961, S. 45.
85 Heimann, S. 2066.
86 Vgl. Grebing, Helga, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 7. Auflage, München 1976, S. 261. 87 Pirker, S. 281.
88 Schmoekel, Reinhard/Kaiser, Bruno, Die vergessene Regierung. Die große Koalition 1966-1969 und ihre langfristigen Wirkungen, Bonn 1991, S. 27. Im Folgenden zitiere ich Schmoekel/Kaiser, Seite.
89 Glotz, Peter, Der Weg der Sozialdemokratie. Der historische Auftrag des Reformismus, Wien/München/ Zürich 1975, S. 172.
90 Verheugen, Günther, Liberalismus und Sozialdemokratie - vom Godesberger Programm zu den Freiburger Thesen, in: Die Neue Gesellschaft, Heft 7, Bonn 1983, S. 606.
91 Jungclas, Georg, Godesberg - Ein Sieg der Anti-Sozialisten, in: Georg Jungclas 1902-1975. Eine politische Dokumentation, Hamburg 1980, S. 230.
92 GIM, Rundbrief 17/85, Ernst machen womit? Mit einer Politik, die eingreift in Umgruppierungsprozesse, S. 21-22.
93 Ebenda, S. 27.
94 Ebd., Plattform der Position 2, S. 42-45.
95 GIM, Rundbrief 20/85, Thesen zur Situation in der GIM und ein letzter Appell, S. 21.
96 Ebd., S. 20.
97 GIM, Rundbrief 12/85, Plattform der Tendenz "Mit Parteiaufbau ernst machen!", S. 1 und S. 3.
98 GIM, RB 5/85, S. 24.
99 Trotzki, Leo, Was nun? Schicksalsfragen des deutschen Proletariats, Prinkipo 1932, in: Trotzki, Leo, Schriften über Deutschland, Bd. 1, Frankfurt/M. 1971, S. 192.
100 Zeuner, Bodo (Hrsg.), Genossen, was nun?, Hamburg 1983, S. 63.
101 Die kommunistischen ArbeiterInnen waren in der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO), die christlichen in christlichen Verbänden, die liberalen im Hirsch-Dunckerschen Verband und die nationalsozialistischen im NSBO organisiert.