Frankreich

Kongress der LCR

Nach dreimonatiger Debatte auf örtlicher oder regionaler Ebene kamen vom 24. bis zum 27. Januar 313 Delegierte nebst zahlreichen Gästen zum 17. Kongress der LCR in La-Plaine-Saint-Denis zusammen.

François Duval

Zum Auftakt des 17. Kongresses wurde der Bilanzbericht über die Aktivitäten der Organisation und der Nationalen Leitung seit dem letzten Kongress im Januar 2006 vorgetragen. Ein Rückblick also auf die verschiedenen Interventionen der LCR bei den sozialen Mobilisierungen (gegen den Ersteinstellungsvertrag CPE, gegen die Rentenreform, gegen Entlassungen und für Lohnerhöhungen, gegen Diskriminierung, zur Immigrantenfrage usw.), in den internationalistischen Solidaritätskampagnen (Venezuela, Palästina), in der Ausarbeitung unserer theoretischen Grundlagen (bes. der Frauen- und der Ökologiekommission). Und natürlich die Bilanzierung der Kampagnen zu den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen und in diesem Zusammenhang der intensiven Debatten über das Streben nach „Einheitskandidaturen“.

Der zweite Tagesordnungspunkt befasste sich mit der politischen Lage: die Gründe für den Wahlsieg von Sarkozy, die politische Bedeutung des Sarkozysmus, das politische Scheitern der etablierten Linken, die Politik der Gewerkschaftsführungen, die Bilanz der Streiks vom letzten November für den Erhalt der Rentensysteme und der Stand der Gegenmobilisierungen. Im Mittelpunkt dieser Debatte stand natürlich das politische Aufbauprojekt einer „neuen antikapitalistischen Partei“. Es besteht eine sehr weit reichende Übereinstimmung in den Reihen der LCR über die strukturellen Gründe, die so stark für die Schaffung einer neuen politischen Vertretung für die arbeitende Bevölkerung sprechen und all diejenigen vereint, die den Kampf gegen das kapitalistische System nicht aufgegeben haben. Auf der anderen Seite gibt es erhebliche Diskrepanzen über die Definition der Partei, die unerlässlichen politischen Abgrenzungen, die Herangehensweise, die mögliche Existenz von Partnern für dieses Projekt, mögliche Zwischenetappen usw. Diese Diskrepanzen spiegeln sich in den Plattformen der bestehenden drei Tendenzen wider. Die Vorlage der Plattform A erhielt 83% der Delegiertenstimmen, die der Plattform B 14% und die der Plattform C 3%.

Im dritten Abschnitt des Kongresses ging es gewissermaßen um „praktische“ Dinge: die Erarbeitung eines „Aufrufs des nationalen Kongresses für eine neue kapitalistische Partei“. Dieser Aufruf wurde von 81,2% der Delegierten gebilligt (bei 15% Gegenstimmen und 4% Enthaltungen). Die nachfolgende Diskussion drehte sich um die nun anstehenden Schritte, um das Projekt voran zu bringen und um die Modalitäten des Gründungsprozesses, der Ende 2008 oder Anfang 2009 abgeschlossen sein könnte (dem natürlich ein Auflösungsbeschluss der LCR auf einem dazu einzuberufenden Kongress vorausgehen muss). Die eingebrachten Vorschläge beziehen sich vor allem auf die Gründung örtlicher Komitees, die Einberufung überörtlicher Versammlungen und die Planung eines landesweiten Treffens im Juni, um eine Zwischenbilanz ziehen zu können. Parallel dazu wird die LCR drei offene Konferenzen organisieren, in denen es um Betriebsarbeit, Jugendarbeit und Stadtteilarbeit in Problemvierteln geht.

Zudem wurden auf dem Kongress einige Änderungen der LCR-Statuten verabschiedet und eine Resolution über die Stadtteilarbeit in den „Problemvierteln“. Weitere Anträge bezogen sich auf das Engagement der LCR in den Bereichen Ökologie, Gleichstellung der LGBT [1], Repression in Kanaky, Entlassungen beim Stahlkonzern Mittal in Gandrange sowie eine Solidaritätsadresse an das palästinensische Volk. Ein gemeinsamer Antrag der beiden Leitungen vom LCR und JCR wurde mit 63,23% der Stimmen verabschiedet (bei 22,58% Gegenstimmen und 8,39% Enthaltungen). Hierbei geht es um die konkrete Ausgestaltung des gemeinsamen Engagements aller jugendlichen Mitglieder – sei es im Rahmen der JCR oder der Jugendgruppen der LCR – bei der Propagierung und dem Aufbau der neuen Partei und der Aktivitäten eines autonomen Jugendsektors im Rahmen dieser Partei.

Am Schluss des Kongresses wurde eine neue nationale Leitung gewählt, wobei die einzelnen Plattformen proportional zu ihrem Stimmenverhältnis vertreten sind (80 für die Plattform A, 14 für B und 3 für C) und ein Geschlechterproporz gewahrt wird (48 Frauen und 49 Männer). Aus den Reihen der nationalen Leitung wurde umgehend das Politische Büro als Exekutive der Organisation gewählt, wobei viele neue „Gesichter“ vertreten sind. Das erste Treffen der neuen nationalen Leitung wurde für den 15./16. März anberaumt.

Übersetzung MiWe



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 436/437 (März/April 2008).


[1] Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle