Stellungnahme der Koordination der isl
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Diese Regierung hat sofort einen aggressiven antirussischen Kurs eingeschlagen und den politischen Teil des EU-Assoziierungsabkommens sowie einen Kreditvertrag unterzeichnet, der ein hartes Sparprogramm, umfangreiche Privatisierungen und die Abwicklung der Schwerindustrie im Osten impliziert. Die Oligarchenherrschaft wurde nicht beendet, im Gegenteil, sie ist drückender als zuvor.
Die Bevölkerung im Osten und Südosten des Landes hat dies zu Recht als einen Generalangriff auf ihre Arbeitsplätze und auf die Rechte der russischsprachigen Minderheit verstanden; die Aufmärsche des Rechten Sektors und der Konfrontationskurs der neuen Regierung haben bei ihr Ängste und Empörung ausgelöst, diese stellt für sie eine schwere Bedrohung dar und sie erkennt ihre Legitimität nicht an. Aber auch auf Seiten der Aufständischen im Südosten sind nationalistische bis separatistische, in diesem Fall pro-russische, Kräfte tonangebend.
Obwohl das von Westeuropa aus schwer zu beurteilen ist, so scheint es doch, dass nach wie vor beträchtliche Teile der Bevölkerung im Südosten der Ukraine einen Verbleib in der Ukraine wünschen.
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Westliche Regierungen, auch die Bundesregierung, haben auf dem Maidan offen die nationalistischen Kräfte unterstützt und die Swoboda-Partei hofiert. Die neue ukrainische Regierung ist inzwischen von den Krediten der EU und des IWF abhängig und wird von der Nato militärisch aufgerüstet, was die Bevölkerung im Ostteil des Landes nur als Bedrohung empfinden kann. Jetzt ist die Lage zum Zerreißen gespannt und die Nato gießt noch Öl ins Feuer, indem sie an den Ostgrenzen der EU Truppen aufmarschieren lässt und die USA mit privaten Söldnern in der Ukraine operieren!
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Russland ist keineswegs die antifaschistische Macht, als die es sich gerne darstellt. Unter den Kräften, die im Osten und Südosten öffentliche Gebäude besetzen und sich den Faschisten vom Rechten Sektor entgegenstellen, sind nicht wenige, die selber Mitglieder russischer faschistischer Organisationen waren oder sind und beste Kontakte zum russischen Geheimdienst unterhalten. Faschisten und Ultranationalisten gibt es auf beiden Seiten. Sie führen keinen antifaschistischen Kampf, ebenso wenig wie die Herrschenden im Westteil des Landes keinen Kampf um Rechtsstaatlichkeit führen.
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Eine Verbesserung für die ukrainische Bevölkerung könnte nur durch eine breite multiethnische ArbeiterInnenbewegung erreicht werden, die über alle ethnischen, kulturellen und sprachlichen Differenzen hinweg soziale und demokratische Forderungen vertritt.
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Die linken Kräfte, die eine solche anti-oligarchische, demokratische und nicht-nationalistische, von beiden Blöcken unabhängige Lösung vorschlagen, sind leider sehr schwach. Es ist eines der Hauptprobleme für die weitere Entwicklung, dass es ihnen bislang nicht gelungen ist, in den Massenprotesten eine führende Rolle zu spielen.
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Einmal mehr geht es den Regierungen, wie vor hundert Jahren, um die Aufteilung der Welt. Der Erste Weltkrieg sollte uns lehren, dass Linke nichts zu gewinnen haben, wenn sie sich in diesem Spiel auf eine Seite schlagen. Die Agenda der Arbeiterbewegung und der fortschrittlichen Kräfte muss unabhängig davon sein!
Keinen Fußbreit den Faschisten – wo und in wessen Namen sie auch immer auftreten! Eine soziale und politisch fortschrittliche Orientierung können wir auch bei den separatistischen Kräften nicht entdecken. Eine landesweite antifaschistische Bewegung, die explizit antinationalistisch, multiethnisch, antisexistisch und demokratisch auftritt, könnte ein erster Schritt sein, die Vorherrschaft der extremen Rechten zu brechen und Wege zu öffnen für soziale Alternativen.
Weder Berlin, noch Moskau noch Washington! Die Lage der Ukraine zwischen den Blöcken und ihr natürlicher Reichtum eröffnen durchaus die Perspektive, einen eigenständigen Entwicklungspfad einzuschlagen, der das Land wirtschaftlich und außenpolitisch unabhängiger macht. Außenpolitische Neutralität braucht allerdings einen wirtschaftlichen Unterbau; dafür wäre die Abkehr von der fossilen Wirtschaft eine zentrale Voraussetzung.
Stoppt Nato und EU! Abzug aller US-Streitkräfte aus Europa! Keine Militärhilfe für die ukrainische Regierung! Verbot aller Rüstungsexporte! Nein zur Militärunion EU!
Nein zum Spardiktat! Kündigung der EU-Partnerschaftsprogramme zugunsten von solidarischen Entwicklungsprogrammen, die nicht die Oligarchen und die ausländischen Kapitalinteressen, sondern die Interessen der Bevölkerungsmehrheit bedienen.
Unsere Solidarität gehört denen in der Ukraine, die gegen die Herrschaft der Oligarchen, gegen den Ausverkauf des Landes an ausländisches Kapital, gegen Nationalismus, für die Einheit der Ukraine und für deren grundlegende demokratische, soziale und ökologische Erneuerung stehen. Die Forderungen der Linken Opposition, u. a. nach Ausweitung der Arbeiterrechte und Kontrolle des Produktionseigentums durch die Arbeiter und Arbeiterinnen, finden unsere Unterstützung. Die Einheit der arbeitenden Bevölkerung kann nur auf gemeinsamen sozialen und demokratischen Forderungen hergestellt werden, nicht auf nationalistischen oder gar separatistischen.
Köln, 10. Mai 2014 |
Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 4/2014 (Juli/August 2014). | Startseite | Impressum | Datenschutz