I. Vorwort II. Elemente der ökologischen Krise
V. Errungenschaften und Grenzen der Ökologiebewegung VI. Umweltprobleme und die Vorherrschaft der Bourgeoisie VII. Erfahrungen mit der politischen Organisation der Ökologiebewegung VIII. Die IV. Internationale und die ökologische Krise IX. Aktionsprogramm
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Die Menschheit ist auch in anderen Zeiten mit Umweltproblemen konfrontiert gewesen, aber heute haben sie aufgrund ihres Ausmaßes und des Ernstes der Lage eine neue Qualität erhalten. Die Schädigung der Umwelt hat oft nicht wiedergutzumachende Auswirkungen auf den Menschen und die Natur. Am Morgen des 21. Jahrhunderts gefährdet die sich abzeichnende ökologische Krise das Leben von Millionen Menschen.
Im Gegensatz zu den Hauptströmungen der Arbeiterbewegung, die dazu neigten, Umweltangelegenheiten zu missachten oder herunterzuspielen, kann den Umweltbewegungen und den Grünen Parteien zugebilligt werden, dass sie diese entscheidenden Fragen auf die Tagesordnung gesetzt haben. Jedoch sind die von ihnen vorgeschlagenen Lösungsmodelle oft vollkommen falsch, da sie die innere strukturelle Verbindung zwischen Umweltzerstörung und kapitalistischer Profitlogik übersehen. Um den ökologischen Gefahren ernsthaft begegnen zu können, müssen wir aus dem vom Gewinnmotiv beherrschten Rahmen ausbrechen, und uns in Richtung einer demokratisch geplanten sozialistischen Gesellschaft orientieren.
Die industrielle Revolution, die mit dem Aufstieg des Kapitalismus des 19. Jahrhunderts verbunden ist, hat die Abgasmenge, die in die Atmosphäre abgegeben wird, wesentlich vermehrt und die Gesundheit der Arbeiter und Stadtbewohner schwerwiegend beeinträchtigt. Überall erfolgten rasche und heftige Wellen vom Menschen verursachter ökologischer Erschütterungen. Dennoch ist die ökologische Krise, wie wir sie kennen, nicht das lineare Ergebnis der industriellen Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert. Sie ist die Folge eines qualitativen Sprungs, bedingt durch die Verallgemeinerung der Nutzung des Erdöls, die unglaubliche Entwicklung des Autoverkehrs und der chemischen Industrie sowie deren Anwendung in allen wirtschaftlichen Bereichen, vor allem in der Landwirtschaft mittels Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel. Seit den Siebzigern wurde dieser qualitative Sprung noch spektakulärer: einerseits infolge der Krise der bürokratisch geplanten Gesellschaften, zum anderen, auf besonders dramatische Weise, vor allem durch das zeitliche Zusammentreffen einer Wirtschaftskrise mit einer wilden Woge der Industrialisierung in der sogenannten "Dritten Welt".
Vorausberechnungen zufolge werden sich diese klimatischen Störungen mit dem weiteren Rückgang des stratosphärischen Ozons und einem entsprechenden Anstieg krebserregender ultravioletter Strahlung in Bodennähe verbinden. Die Zerstörung der Ozonschicht wird verursacht durch halogenierte Kohlenwasserstoffverbindungen - Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), die vor allem in Kühlsystemen und Sprays Verwendung finden. Obwohl diese Verbindungen heute weitgehend verboten sind, ist der zerstörerische Einfluss bereits freigesetzter FCKW noch lange wirksam: Voraussagen zufolge wird er bis 2060 anhalten.
Weltweite Veränderungen der Steuerungsabläufe innerhalb und zwischen den Hauptkomponenten der irdischen Umwelt (Atmosphäre, Ozeane, Biosphäre) werden durch das ganze 21. Jahrhundert ihren Widerhall finden. Der Zeitrahmen dieses Geschehens wird variieren, aber im Allgemeinen weit über den Zeitraum hinausgehen, in dem die ihr zugrundeliegende menschliche Aktivität erfolgte. Diese Tatsache unterstreicht die Dringlichkeit der Einbeziehung ökologischer Fragestellungen in die Gesamtorganisation der Gesellschaften.
Die Luft der Städte kann diese Gifte in der 1000-fachen Konzentration der Landluft enthalten. Die Luftverschmutzung ist zu einem richtigen Fluch der großen städtischen Zentren geworden. Das gilt sowohl für die reichen Länder als auch für die wuchernden, anarchischen Städte der armen Länder. Im städtischen Umfeld hat diese Verschmutzung zu einer alarmierenden Zunahme von Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis und Lungenkrebs geführt. Untersuchungen in Europa haben gezeigt, dass die Luftverschmutzung in den großen Metropolen Westeuropas für mehrere Tausend Todesfälle im Jahr verantwortlich ist. Asbest verursacht mehrere tödliche Formen von Krebs bei Werft- und Bauarbeitern. Da diese Krebsformen erst nach einer bestimmten Latenzzeit ausbrechen, steigt die Sterberate pro Jahr sprunghaft an und enthüllt so das Ausmaß des Problems. Allein in Frankreich werden im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts mehr als 100 000 durch Asbest verursachte Todesfälle erwartet. Proteste gegen die asbestbedingten Gesundheitsrisiken haben die Verwendung dieses Stoffes in den reichen Industrieländern weitgehend eingeschränkt und zu einer Suche nach Ersatzstoffen geführt. Die Verwendung in der "Dritten Welt" nimmt jedoch weiterhin zu. Schwefeldioxid und Stickoxide sind die Ursachen des sauren Regens, der die Wälder der gemäßigten Zonen der nördlichen Halbkugel schädigt.
Der Zustand der Ozeane verschlimmert sich rapide. Die Zunahme des Schiffsverkehrs muss in Frage gestellt werden, und zwar schon allein deswegen, weil viele Schiffe so verrottet sind, dass sei große Mengen an Schadstoffen, vor allem Öl, an die Meere abgeben. Das systematische Bestreben der Ölmultis, ihre Kosten zu senken, ist ganz ursächlich für solche Katastrophen verantwortlich wie die der Exxon Valdez oder der Erika. Neben der sichtbaren Verschmutzung durch die Ölpests - allein im Jahr 1996 sind 70 Öltanker verunglückt - kommt noch die astronomische Menge von Erdöl hinzu, die bei den Bohrinseln unter Wasser austritt, sowie die Reinigung der Schiffe. Schließlich werden zudem noch giftige Abfälle sowie sonstige chemische oder radioaktive Stoffen ins Meer gekippt.
Die Wasserverschmutzung ist eng mit der Bodenvergiftung verknüpft, die beide Ursache und Folge bestimmter Formen von Wasser- und Luftverschmutzung darstellen. Dies ist das Ergebnis landwirtschaftlicher Methoden, die aufgrund des Drucks der Märkte eingeführt wurden: Intensivlandwirtschaft (Missbrauch von Düngern und Pflanzenschutzmitteln), Monokultur, Anbau von Feldfrüchten, die nicht dem lokalen Ökosystem und Klima entsprechen, usw. Das bedeutet massive weltweite Bodenzerstörung. Eine hochgiftige Mischung aus Verschmutzung, Bodenerschöpfung, Wüstenbildung und Erosion ist mit den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen des Hungers verbunden, der 800 Millionen Menschen in der Dritten Welt betrifft.
Darüber hinaus wurden seit 1997 Amazonien, Zentralamerika, Russland und Südostasien von vermehrten Ausbrüchen von Waldbränden heimgesucht. In Indonesien betrafen die Auswirkungen ausgedehnter Waldbrände, die 10 Millionen Hektar in 3 Jahren vernichteten, an die 70 Millionen Menschen und verursachten Kosten in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar. Weltweit verstärkt die Entwaldung den Treibhauseffekt.
Die biologische Artenvielfalt muss verteidigt werden, nicht aus sentimentalen oder ästhetischen Gründen, sondern der Gattung Mensch zuliebe. Da die Menschheit die Auswirkungen der nicht umkehrbaren Veränderungen, die sie der Umwelt zufügen kann, nicht beherrschen kann, muss sie ihre Unternehmungen sorgsam und mit Achtung vor dem ökologischen Gleichgewicht der Natur in Angriff nehmen.
Jeder, der das ökologische Gleichgewicht bewahren will, muss die wirkliche Grundlage des Kapitalismus angreifen. Der Kapitalismus kümmert sich nicht um Umweltverschmutzung und beutet die natürlichen Reichtümer ausschließlich unter dem Gesichtspunkt kurzfristigen Gewinns aus, sogar dann, wenn dies die nackte Existenz tropischer Regenwälder, einer Schatzkammer an Tier- und Pflanzenarten, oder des Meereslebens gefährdet.
Gleichermaßen versucht er sich technologische Neuerungen- wie etwa genetisch veränderte Organismen - anzueignen, deren Ausbreitung in der Umwelt einen unumkehrbaren und gefährlichen Prozess einleiten kann. Anstatt eine Labortechnik zu bleiben, wurde die Herstellung genetisch veränderter Organismen zu einer Schlüsselbiotechnologie, die der Kapitalismus dazu benutzt, neue Märkte zu finden. Der Kapitalismus strebt die Kontrolle über die intimsten Ebenen an, die bis jetzt außerhalb seiner Reichweite lagen: Fortpflanzung und genetische Kontrolle über Pflanzen- und Tierarten.
Der besondere Charakter der Kernkraft, das unberechenbare Ausmaß ihrer widrigen Auswirkungen und besonders ihre extrem langfristigen Folgen stellen angesichts der Existenz von alternativen Lösungen ein besonders beunruhigendes Beispiel für die widersinnige Wahl dar, die hinsichtlich der Entwicklung der Produktivkräfte getroffen wird.
Das Risiko der Radioaktivität bedeutet nicht nur die Bedrohung durch große Unfälle. Nachdem die Atomindustrie seit 40 Jahren existiert, hat sie noch immer keine Lösung für das Problem des Atomabfalls gefunden. Vom Niedergang bedroht hebt sie nun ihre ökologischen Tugenden hervor, um neue Atomstromprogramme zu initiieren, die derzeit stillstehen. Die Atomkraft wird als Weg zur Verminderung der CO2 Emissionen angeboten. Diese Behauptung verharmlost die Risiken durch radioaktive Verseuchung (genehmigtes oder "wildes" Müllabladen) und die Tatsache, dass die Hauptursache der CO2 Emissionen der Autoverkehr ist.
Darüber hinaus monopolisiert ein derart inflexibles Energiesystem, das auf großen Produktionseinheiten beruht und Hunderte neuer Kraftwerke errichtet, die Investitionen, und zwar auf Kosten anderer Systeme (Energiesparmaßnahmen, erneuerbare Energien). Des weiteren begünstigen Überkapazitäten in der Energieproduktion und Verluste über die Verteilersysteme die Energieverschwendung. Dies würde auch ein Entwicklungsmodell, das sich auf lange Sicht als schädlich erwiesen hat, verewigen.
Zu diesem ständigen Gefahrenpotenzial kommen noch die imperialistischen Kriege hinzu, die sehr schwerwiegende ökologische folgen haben, und zwar wegen der hohen Zerstörungskraft der eingesetzten Waffen und der dauerhaften Umweltschäden, die sie hervorrufen. Als Beispiele seinen nur genannt der Vietnamkrieg, der Golfkrieg und der NATO-Krieg auf dem Balkan.
Die ökologische Krise stellt nun keine neuartige Notlage dar, die alle traditionellen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme bedeutungslos werden lässt. Im Gegenteil alle ihre Elemente sind eng mit diesen "traditionellen" Fragestellungen verknüpft.
Die ökologische Krise ist dramatisch, weitet sich aus und verursacht örtliche und Teilkatastrophen. Diese verursachen manchmal nicht wieder gut zu machende Schäden, in anderen Fällen kann kurz -, mittel- oder auch langfristig über 2-3 Jahrhunderte (dem Alter vieler Bäume) gegengesteuert werden. Aber das hängt von den bewussten Entscheidungen der menschlichen Gemeinschaften ab.
Die kapitalistische Produktion beruht auf der Durchführung eines zyklischen Prozesses, bei dem in der kürzest möglichen Zeit das investierte Kapital sich vermehren soll. Folglich muss sie den natürlichen Prozessen einen Rhythmus und einen Rahmen aufzwingen, der ihnen fremd ist. Die Ausbeutung der natürlichen Reichtümer kann den Zeitraum, den diese benötigen um zu entstehen oder sich zu erneuern, nicht berücksichtigen. Die Ausbreitung der Warenproduktion kann keine Rücksicht nehmen auf vorbestehende Formen der gesellschaftlichen Organisation. Indem sie sich den Raum nimmt, den sie für einen zügigen Produktionsprozess benötigt, muss die Energieversorgung und Verteilung ohne Beachtung der natürlichen Umwelt, der Pflanzen- und Tierwelt voranschreiten. Nicht der Mangel an Weisheit im Kapitalismus führt zur Umweltzerstörung sondern die ihm zugrundeliegende Logik. Daher wird der Ruf der Sozialdemokratie nach "qualitativem Wachstum" durch die Logik des Kapitals vereitelt: Qualitatives Wachstum und Wertgesetz schließen sich gegenseitig aus.
Die kapitalistische Rationalität bestimmt die Bewegung des einzelnen Kapitals. Doch die Konkurrenz zwischen den Kapitalien macht das System als Ganzes irrational. Die Intelligenz, die benutzt wird, um die Produktion zu verbessern oder Rohstoffe einzusparen, endet am Fabriktor. Der Umwelt wird die Rechnung präsentiert, für die sich niemand verantwortlich fühlt - z. B. im Fall der Wasser-, Luft- und Bodenverschmutzung. Ferner führt die Konkurrenz zu periodischen Überproduktionskrisen, die zum Ergebnis haben, dass ein beträchtlicher Teil von Energie und Rohstoffen in Waren investiert wurde, die sich nicht verkaufen. Des weiteren begünstigt der Markt die Produktion von aus Gebrauchswertsicht überflüssigen Produkten (Werbung, verschiedene Drogen, Waffen etc.), die aber einen Tauschwert haben, der hohe Gewinne ermöglicht. Wettbewerb und die Jagd nach Profit und Mehrprofit sind letztendlich die Ursache von verbrecherischem Verhalten, wie es von der kapitalistischen Gesetzgebung selbst erkannt wird: Missachtung von Umweltschutzgesetzen, Gebrauch giftiger Stoffe, nicht angemessene Qualitätskontrolle, Fälschung von Inhaltsangaben, nicht genehmigte Müllentsorgung, usw.
Der Begriff des "Produktivismus", wie ihn die ökologische Bewegung popularisiert hat, drückt - zuweilen in konfuser Weise - einen Aspekt der Irrationalität des kapitalistischen Systems aus. Statt eine Chance für den sozialen Fortschritt zu sein, bewirkt die Steigerung der Produktivität eine verschärfte Ausbeutung der Arbeitskraft, eine Produktion, die sich weder an den sozialen Bedürfnissen noch an den ökologischen Erfordernissen orientiert sowie immer wieder neue Überproduktionskrisen. Wie in einem Blindgang funktioniert die Produktion so, als ob sie ihr eigenes Ziel darstellte.
Das hat in allen imperialistischen Ländern zu den gleichen großen ökologischen Problemen geführt, was einmal mehr beweist, dass diese Probleme nicht als "Betriebspannen" oder "Systemfehler" angesehen werden können. Sie sind in der ganzen Welt eine logische Folge dieses Systems. Die praktisch völlige Ausbeutung der letzten Quadratzentimeter Land für die Nutzung als Industriegebiete, Shoppingcenter, Schlafstädte, Themenparks und Verwaltungszonen hat ständig die zurückzulegenden Wegstrecken verlängert, während die Struktur der Bedürfnisse im Wesentlichen unverändert geblieben ist. Die Verkehrspolitik, die auf der privaten Nutzung von benzinbetriebenen Pkws beruht, hat zu chronischem Verkehrsstau geführt, der alle großen Ballungsräume mit Lähmung und Erstickung bedroht.
Die Zentralisation der Eigentumsverhältnisse hat insbesondere im Energiesektor den Bau riesiger Kraftwerkskomplexe vorangetrieben, die mit fossilen Brennstoffen oder Atomenergie betrieben werden. Diese Entscheidung hat verheerende Auswirkungen auf die Luftqualität und ist vom Gesichtspunkt einer wirtschaftlichen Energienutzung aus gesehen gänzlich unvernünftig. Die Irrationalität des Marktes und das Profitstreben spielen eine entscheidende Rolle beim Abfallproblem. Für jede Firma wird es immer "nützlicher" das in der Produktion Nutzlose einfach weg- bzw. in den Müll zu werfen oder zu verbrennen. Daher sind die Berge von Müll, besonders von Giftmüll, zum Symbol der kapitalistischen Überflussgesellschaft geworden.
Die Folgen dieser grundsätzlichen Umweltprobleme sind: Naturzerstörung, wuchernde Städte, Überfüllung des Straßennetzes, Luftverschmutzung durch das Privatauto, Vergiftung durch die chemische Industrie radioaktive Verseuchung durch die Kernenergie, ständig wachsende Müllberge. Der Kapitalismus ist nicht imstande, diese Fehlentwicklungen zu korrigieren. Solange die natürlichen Reichtümer wie Wasser, Holz, Boden, "frei" verfügbar sind, werden sie im Kapitalismus verbraucht, verschwendet und verschmutzt - meistens ohne jede Kontrolle. Sie sind - und nicht nur im ökonomischen Sinn - "exogene Faktoren" . Sie bleiben abhängig, das heißt sie sind Objekte für das Streben nach privatem Profit. In anderen Worten: die begrenzte Natur dieser Reichtümer wird nur von denen gesehen, die sie kaufen müssen. Ihre Verkäufer haben ein grundlegendes Interesse an der Expansion und widerstehen jedem Versuch sie zu bewahren.
Alle Versuche der Korrektur stoßen auf dem Druck der Kapitalisten nach größerer Deregulierung. Ansonsten können sie nur auf der Grundlage einer falschen Voraussetzung in Betracht gezogen werden: Dass das Wertgesetz zwischen "guten" (umweltverträglichen) und "schlechten" Profiten unterscheiden kann.
Daher finden sich die imperialistischen Länder damit ab zu versuchen, die Probleme, nachdem der Schaden erfolgt ist, zu reparieren. Bestenfalls kann dies nur zu sehr begrenzter und unvollständiger Abhilfe führen - wie verbindliche Filter zur Wasser- und Luftreinigung etc.
Die kapitalistische Produktion prägt auch die Verbraucher. So ist das Verhalten der Einzelnen ein Element, das die ökologische Krise verschlimmert und ihre Lösung behindert. Ein schlagendes Beispiel ist das, was man die "Diktatur des Autos" nennen könnte, nämlich das ökologisch katastrophale System des motorisierten Individualverkehrs. Er wird von der Werbung des Automobilindustrie vorangetrieben, aber auch von der individualistischen bürgerlichen Ideologie, der absichtsvollen Vernachlässigung der öffentlichen Verkehrsmittel sowie durch die Struktur der Großstädte, die die Lohnabhängigen zur Zurücklegung immer längerer Wegstrecken zwingt. Die Verhaltensänderungen des Einzelnen können nur einen winzigen Einfluss auf die grundsätzlich umweltzerstörerische Natur der kapitalistischen Produktion haben.
Die Hauptursache der schrecklichen Armut und der ökologische Krise ist die kapitalistische Produktionsweise. Die altbekannten Strukturen der imperialistischen Abhängigkeit und der Weltmarkt, der sie beherrscht, haben die Umwelt der beherrschten Länder einer weit unmittelbareren und brutaleren wirtschaftlichen Ausbeutung unterworfen, als die der imperialistischen Länder. Die Zerstörung der Umwelt entsprechend den Bedürfnissen des Weltmarkts und den Interessen der multinationalen Konzerne steht dort in noch extremerem Gegensatz zu den aus der Geschichte ererbten gesellschaftlichen Strukturen und Lebensweisen. All diese Länder hat der Imperialismus durch die Errichtung einer Infrastruktur umgestaltet, die beinah völlig um Zentren herum erbaut wurde, deren wirtschaftliche Tätigkeit vom Weltmarkt abhängt. Das ist die Grundlage auf der Rohstoffzonen, Geschäftszentren, Touristenzonen, Plantagen und Weideländer für die exportorientierte Produktion ausgewählt werden.
Das setzt die Menschen, die diesem Prozess zum Opfer fallen, unter gewaltigem Druck und treibt andere Lebensweisen und "überholte" gesellschaftliche Funktionen in die abgelegenen Regionen eines Landes. Die Auswirkungen waren und sind weiterhin viel schwerwiegender als in den kapitalistischen Metropolen, da diese Länder Prozessen unterworfen sind, die von anderen in Bewegung gesetzt werden.
Auch vom ökologischen Standpunkt aus betrachtet können wir die verhängnisvollen Auswirkungen des Gesetzes der "kombinierten und ungleichen Entwicklung" in den abhängigen Ländern beobachten. Der Weltmarkt bringt seine umweltzerstörende Dynamik und seine schreiendsten Widersprüche in die hintersten Winkel der Welt. Sein Werk ist hier unvergleichlich verheerender, die Gegenkräfte unvergleichlich schwächer. Wir können eine Reihe struktureller Merkmale dieses Mechanismus benennen:
Die Ausbeutung der natürlichen Reichtümer für die Exportwirtschaft und die Abhängigkeit von Produkten und Technologien, die von kapitalistischen Industrien herrühren führten ebenso zu einer zwangsläufigen Zerstörung der Umwelt in diesen Ländern. Dies geschah auf eine Art und Weise, die mit dem, was wir in den abhängigen Ländern sehen, vergleichbar ist. Die Planwirtschaft war ein Anlauf um eine unmittelbar soziale Wirtschaft zu entwickeln. Im Gegensatz zum Kapitalismus, in dem die Nützlichkeit der Arbeit sich nur im Nachhinein, über den Markt, herausstellt, das heißt von der Möglichkeit, die entsprechenden Waren dort los zu werden, versuchten nichtkapitalistische Gesellschaften, die sozialen Bedürfnisse vor der Produktion zu bestimmen und zu planen. Offensichtlich kann dieser Versuch nur erfolgreich sein, wenn alle menschlichen Bedürfnisse und besonderen Interessen in einen umfassenden Prozess demokratischer Beratung und Entscheidungsfindung eingebracht werden. Wenn ein wirklicher Mangel verteilt werden muss, wird die Demokratie noch bedeutsamer. Aber die Bürokratisierung der Übergangsgesellschaften beseitigte jegliche Demokratie.
Die Vielfalt der gesellschaftlichen und nationalen, der kulturellen und wirtschaftlichen Bedürfnisse verschiedener Menschen wurden genormt und gewaltsam in einen von oben diktierten Plan eingefügt. Da alle qualitativen Bezüge mit der Demokratie begraben wurden, konnten die entscheidenden Kennzeichen des Plans nur quantitative Maßstäbe und Wachstumsraten sein. Auf diese Weise legten die Übergangsgesellschaften die Betonung auf quantitatives Wachstum, manchmal sogar mehr als die kapitalistischen Gesellschaften. Diese Raten wurden mittels Dekret bekanntgegeben und mit Gewalt durchgesetzt. Der Schutz der Ressourcen und der Umwelt waren in diesen Plänen bestenfalls in Form von quantitativen Begriffen enthalten (Zahl der Kläranlagen, Filter, bestimmte Budgetposten, usw.). Diese Planung war vom Beginn an mit Irrtümern und blinden Flecken sowie einem entsprechenden Missbrauch von Ressourcen behaftet. Ohne gesellschaftliche Kontrolle wurde das nur berichtigt, wenn es letztlich "höher oben" bemerkt und anerkannt wurde.
Darüber hinaus entsprachen die unterschiedlichen Abschnitte des Plans den Interessen verschiedener Fraktionen der Bürokratie, die sie ausarbeiteten. Das ist die Ursache für die Gigantomanie, die so typisch für die UdSSR und die anderen bürokratisierten Staaten war. Je größer der Maßstab und je zentralisierter diese Vorhaben waren (Beispiel: Veränderung des Laufs der sibirischen Ströme), umso mehr Macht bedeutete das für die Bürokraten. Ab den siebziger Jahren wurden Bürokraten, die mit Umweltangelegenheiten zu tun hatten, eingesetzt, aber sie hatten keine Macht und blieben in kleinen Abteilungen der unteren Ebene.
Optimismus und Fortschrittsglauben waren die Leitlinien in der Ideologie der Bürokratie. Die Bürokratien betonten die Vorstellung von "einem Wettbewerb zwischen zwei Systemen" und "dem Überholen" der kapitalistischen Gesellschaften. Von diesem Standpunkt aus waren die kapitalistischen Modelle des Konsums und der Modernisierung, die der Umwelt solchen Schaden zugefügt haben, hochgeschätzt. Diese Modelle wurden als ideologische Werte übernommen und spielten eine Rolle bei der Planerstellung. Die Bürokratie benutzte nur Modelle, die auf der Quantifizierung natürlicher Ressourcen beruhten (namentlich Modelle, die von konservativen bürgerlichen Ökonomen benutzt werden). Es muss hier nicht betont werden, dass die ökologische Krise sich im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Ausplünderung und des ungehemmten Kapitalismus, wie er nun seit dem Fall der UdSSR mit dem Segen der Westmächte und des IWF in Russland herrscht, nur verschlimmern kann.
Dennoch ist es wahr, dass wir manchmal bei Marx und Engels und noch häufiger im späteren Marxismus eine Tendenz aufspüren, die die "Entwicklung der Produktivkräfte" zur Haupttriebkraft des Fortschritts macht und eine verhältnismäßig unkritische Haltung zur industriellen Zivilisation, insbesondere hinsichtlich ihrer zerstörerischen Beziehung zur Umwelt. Der folgende Abschnitt aus den Grundrissen ist ein schlagendes Beispiel für die allzu unkritische Bewunderung von Marx für die "zivilisatorische" Mission der kapitalistischen Produktion und ihre brutale Instrumentalisierung der Natur:
"So schafft das Kapital erst die bürgerliche Gesellschaft und die universelle Aneignung der Natur wie des gesellschaftlichen Zusammenhangs selbst durch die Glieder der Gesellschaft. Hence the great civilising influence of capital; seine Produktion einer Gesellschaftsstufe, gegen die alle frühren nur als lokale Entwicklungen der Menschheit und als Naturidolatrie erscheinen. Die Natur wird erst rein Gegenstand für den Menschen, rein Sache der Nützlichkeit; hört auf, als Macht für sich anerkannt zu werden; und die theoretischen Erkenntnisse ihrer selbständigen Gesetze erscheint selbst nur als List, um sie den menschlichen Bedürfnissen, sei es als Gegenstand des Konsums, sei es als Mittel der Produktion, zu unterwerfen." (MEW, Band 42, 1983, Seite 323)Andererseits finden wir bei Marx auch Texte, die ausdrücklich die Verheerungen erwähnen, die das Kapital der natürlichen Umwelt zugefügt hat und die Zeugnis von einer dialektischen Sicht der Widersprüche des "Fortschritts", die von den Produktivkräften herbeigeführt werden, ablegen - zum Beispiel, in der berühmten Passage über die kapitalistische Landwirtschaft im Kapital Band I:
"Wie in der städtischen Industrie wird in der modernen Agrikultur die gesteigerte Produktivkraft und größre Flüssigmachung der Arbeit erkauft durch Verwüstung und Versiechung der Arbeitskraft selbst. Und jeder Fortschritt in der kapitalistischen Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebne Zeitfrist zugleich ein Fortschritt im Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. Je mehr ein Land, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika z. B., von der großen Industrie als dem Hintergrund seiner Entwicklung ausgeht, desto rascher dieser Zerstörungsprozess. Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen des Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter." (MEW 23, S. 529-530, 1979)Sogar bei Engels, der so häufig die "Überlegenheit" und die "Beherrschung" der Natur durch den Menschen gefeiert hat, können wir Texte finden, die unsere Aufmerksamkeit ausdrücklich auf die Gefahren einer solchen Sichtweise richten. Als Beispiel können wir die folgenden Abschnitte aus dem Artikel "Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen" erwähnen:
"Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsern menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. Jeder hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben. Die Leute, die in Mesopotamien, Griechenland, Kleinasien und anderswo die Wälder ausrotteten, um urbares Land zu gewinnen, träumten nicht, dass sie damit den Grund zur jetzigen Verödung jener Länder legten, indem sie ihnen mit den Wäldern die Ansammlungszentren und Behälter der Feuchtigkeit entzogen.(...)Es wäre nicht schwierig, weitere Beispiele zu finden. Tatsächlich fehlte Marx und Engels jedoch eine umfassende ökologische Perspektive. Die ökologische Frage ist eine der größten Herausforderungen für eine Erneuerung des marxistischen Denkens am Morgen das 21. Jahrhunderts. Es verlangt von den Marxisten eine sorgfältige und kritische Neubeurteilung ihres traditionellen Konzepts der "Produktivkräfte" und einen radikalen Bruch mit der Ideologie eines linearen Fortschritts und dem technologischen und ökonomischen Paradigma der modernen industriellen Zivilisation.Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, dass wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der außer der Natur steht - dass wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehen, und dass unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht, im Vorzug vor allen anderen Geschöpfen, ihre Gesetze zu erkennen und richtig anwenden zu können." (MEW 20, S. 452-453, 1978).
Zusammen mit der Entwicklung des Reformismus in den Reihen der Arbeiterbewegung wurde Marx' und Engels' kritische Betrachtung über die Bedrohung der Natur durch die kapitalistische Zivilisation heruntergespielt. Der Reformismus übernahm die produktivistischen Konzepte und Anschauungen der bürgerlichen Gesellschaft im selben Ausmaß, wie er ein eingegliederter Teil derselben wurde und sich in ihre Haupteinrichtungen (Staat, Armee, Gesetzgebung etc.) integrierte. Zum Beispiel erklärte der Deutsche Metallarbeiterverband (DMV), die von der Sozialdemokratie geführte Organisation der deutschen Metallarbeiter, zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer bezeichnenden Stellungnahme:
"Je rascher die technische Entwicklung voranschreitet, desto rascher wird die kapitalistische Produktionsweise den Punkt erreichen, wo sie sich selbst hemmen wird und von einer höheren Produktionsweise abgelöst werden muss."Sozialdemokratie und Stalinismus hatten beide trotz ihrer Meinungsverschiedenheit in vielen Fragen ein produktivistisches Wirtschaftskonzept und einen völligen Mangel an Sensibilität in Umweltfragen gemein. Wir müssen zugeben, dass im Allgemeinen revolutionäre Strömungen, auch die IV. Internationale, die ökologische Frage erst sehr spät aufgegriffen haben.
Die Nachhaltigkeit ökologischer Katastrophen, das Wachstum von Umweltschutzbewegungen, die Teilerfolge dieser Bewegungen und ihre Versuche, sich politisch zu strukturieren ("Grüne" Parteien etc.), haben innerhalb der Arbeiterbewegung zu Differenzierungen geführt. In einer Anzahl von Ländern widersetzen sich ganze Gewerkschaften oder zumindest starke Minderheiten in ihren Reihen der "friedlichen" Nutzung der Atomkraft und entfalten eine erhöhte Sensibilität in ökologischen Fragen: CGIL in Italien, Britische Bergarbeiter, CUT in Brasilien, SUD in Frankreich, die Arbeiterkommissionen in Spanien, die IG Metall in Deutschland etc.
Gegenwärtig können wir vier Strömungen in den Parteien und Gewerkschaften, die behaupten, für die ArbeiterInnen zu sprechen, unterscheiden:
Der Ökosozialismus ist unter den Strömungen der Arbeiter- und Ökologiebewegung diejenige, die am meisten auf die Interessen der Arbeiter und der Völker des Südens achtet. Er bricht mit der produktivistischen Ideologie des Fortschritts in ihrer kapitalistischen und/oder bürokratischen Form (der sogenannte "real existierende Sozialismus") und widersetzt sich der grenzenlosen Ausbreitung einer umweltzerstörenden Produktions- und Konsumtionsweise.
Er versteht, dass "nachhaltige Entwicklung" innerhalb des Rahmens der kapitalistischen Marktwirtschaft unmöglich ist.
Als Revolutionäre haben wir das Ziel, unsere Kräfte mit dieser Strömung zu verbinden und die ArbeiterInnen davon zu überzeugen, dass teilweise Reformen vollkommen unangemessen sind. Die Mikrorationalität (Teilrationalität) muss durch eine sozialistische und ökologische Makrorationalität (Gesamtrationalität) ersetzt werden, was eine wirkliche Veränderung der Zivilisation verlangt. Dies ist ohne eine tiefgehende technologischen Neuorientierung unmöglich, die sich um die Ersetzung der derzeitigen Energiequellen durch andere, nicht verschmutzende und erneuerbare, wie die Sonnenenergie bemüht.
Das bedeutet, das erste auf der Hand liegende Problem ist die Frage nach der Verfügbarkeit über die Produktionsmittel und darüber hinaus nach der Entscheidungsgewalt über Investitionen und den technologischen Wandel.
Eine umfassende Reorganisierung der Produktions- und Konsumtionsweise tut Not, die auf Kriterien beruht, die dem kapitalistischen Markt fremd sind, nämlich den wirklichen Bedürfnissen der Menschen und der Sicherung der Umwelt. Mit anderen Worten, eine Wirtschaft im Übergang zum Sozialismus, die auf den demokratischen Entscheidungen der Menschen über Prioritäten und Investitionen und nicht auf den "Gesetzen des Marktes" oder einem allwissenden Politbüro beruht. Eine Planwirtschaft, die fähig ist, dauerhaft die Spannungen zwischen der Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse und ökologischem Gebot zu überwinden. Ein Übergang, der zu einer alternativen Lebensweise, einer neuen Zivilisation führen wird, die jenseits der Herrschaft des Geldes, des von der Werbung künstlich angeheizten Konsumverhaltens und der unendlichen Produktion umweltschädlicher Güter (z. B. das Privatauto!) stehen wird.
Eine weitere Errungenschaft der Umweltbewegung ist die Art und Weise, wie sie das Konzept des "Fortschritts" hinterfragt. Sie hat die Mängel der marxistischen Analyse des Spätkapitalismus dargelegt. Wir können nicht länger von einer positiven Entwicklung der Produktivkräfte sprechen, wie zu Beginn der kapitalistischen Entwicklung, oder davon, dass sie nur durch das Privateigentum an den Produktionsmitteln gehemmt oder auf Kosten des Proletariats entwickelt werden. Immer mehr verwandelt der Kapitalismus, der viel länger "überlebt" hat, als es historisch "erforderlich" gewesen ist, die Produktivkräfte in Destruktivkräfte. Aber das bedeutet auch, dass diese Kräfte nicht als solche befreit werden und in einem sozialistischen System zugunsten aller verwendet werden können. Sie werden überprüft und kritisch untersucht werden müssen. Das ist nicht bloß eine theoretische Frage, sondern eine ausgesprochen praktische, die eine Kritik der Idee vom "Überholen des Kapitalismus" beinhaltet, die für das stalinistische bürokratische Denken typisch war. Darüber hinaus wird das erste Mal eine sorgfältige Analyse der materiellen (Gebrauchswert-) Seite der Produktion durchgeführt, indem danach gefragt wird, welche Güter von einem ökologischen und gesellschaftlichen Standpunkt aus wünschenswert sind etc.
Nach dem Rückfluten der 68er Bewegung, hat die Umweltbewegung wieder eine utopische Dimension in die Politik eingebracht. Diskussionen über einen grundlegenden Wandel im Gesellschaftssystem, eine andere Art zu leben und zu produzieren werden ausgehend von ökologischen Fragestellungen wiederbelebt. Die zuvor erwähnte Debatte über den Gebrauchswert von Produkten beinhaltet auch eine Diskussion über gesellschaftlich nützliche Produktion. Neue utopische Ideen über eine andere Gesellschaft werden geäußert und konkrete "Umwandlungspläne" werden skizziert.
Die Umweltbewegung entwickelte sich zuerst in Europa. Sie zog Massenmobilisierungen nach sich, sogar in Ländern, in denen wie in Österreich, der Schweiz und Deutschland, die Arbeiterbewegung auf dem Rückzug war. Militante und greifbare Formen des Kampfes wie Demonstrationen, Blockaden und Geländebesetzungen schufen eine "Kultur des Widerstands". Anfangs konzentrierten sich diese Kämpfe vor allem auf die Frage der Atomenergie, aber die Bewegung griff andere Fragen auf und mobilisierte dafür, wie etwa zur Luft- und Wasserverschmutzung und zur Genmanipulation. Skandale wie die BSE-Krise haben die öffentliche Aufmerksamkeit auf das "junk food" und die Gefahren, die von der Logik des kapitalistischen Marktes ausgehen, gerichtet. In Frankreich war die Vereinigung der Kleinbauern (Confédération paysanne) der Katalysator für eine radikale Entwicklung. Ausgehend von einer symbolischen Aktion (Zerlegung einer McDonalds Filiale) als Vergeltung gegen die von den USA verhängten Sanktionen gegen das französische Importverbot von hormonbehandeltem Rindfleisch, dehnte sich der Kampf aus, um es - mit Unterstützung von Gewerkschaften, Umweltorganisationen und Linksparteien und einer starken Sympathie der öffentlichen Meinung - und hat dabei auch die WTO angeprangert. Im Juni 2000 wurde den Bauern, die in Millau (Frankreich) vor Gericht gestellt wurden, durch eine Solidaritätskundgebung starke Unterstützung zuteil.
Wichtige ökologische Mobilisierungen haben auch in den USA stattgefunden und eine komplexe, heterogene Bewegung entstehen lassen, die sich von der "Tiefenökologie" ("deep ecology - sie fordert den Pflanzen- und anderen Tierarten Vorrang vor dem Menschen einzuräumen) bis hin zum Ökosozialismus erstreckt. Die jüngste Mobilisierung in Seattle (Dezember 1999) enthüllte die Stärke dieser Bewegung und die Bereitschaft einiger ihrer Elemente, wie z. B. der großen Umweltvereinigung "Freunde der Erde", ihre Kräfte mit denen von Gewerkschaften und Linken im Kampf gegen die WTO und eine vermehrte Vermarktung der Welt zu vereinen. Seattle ermöglichte auch ein erstes Zusammengehen der Kämpfe von Bewegungen aus Nordamerika, Europa (die Kleinbauernvereinigung war durch ihren Sprecher José Bové vertreten) und der Dritten Welt. Zu nennen ist auch die Existenz der Netzwerke der direkten Aktion, die von öko-libertärem Gedankengut inspiriert sind und aus sehr kämpferischen jungen Menschen bestehen, die in allen großen anti-neoliberalen Mobilisierungen eine wichtige Rolle spielen.
Man würde sich sehr irren, wenn man dächte, dass ökologische Probleme nur die Länder des Nordens beträfen - ein Luxus reicher Länder. Immer häufiger tauchen soziale Bewegungen mit einer ökologischen Komponente an der Peripherie des Kapitalismus im, "Süden", auf.
Diese Bewegungen antworten auf die sich verschlimmernden Umweltprobleme in Asien, Afrika und Lateinamerika, die eine Folge der bewussten Politik der imperialistischen Länder sind, die "Umweltverschmutzung zu exportieren", wie auch eine Folge der entfesselten Produktion, die sich als Reaktion auf die Zwänge zur Herstellung von mehr Konkurrenzfähigkeit ergibt. Wir sind Zeugen des Auftretens von allgemeinen Mobilisierungen im Süden, die die kleinbäuerliche Landwirtschaft, sowie den gemeinschaftlichen Zugang zu den natürlichen Ressourcen verteidigen, welcher von der energischen Ausdehnung des Marktes (oder des Staates) mit Vernichtung bedroht wird. Andere Kämpfe entstehen, um die Schädigung der unmittelbaren Umwelt zu bekämpfen, die durch den ungleichen Tausch, die abhängige Industrialisierung und die Entwicklung des Kapitalismus (agrobusiness) auf dem Land hervorgerufen wird. Häufig bezeichnen sich diese Bewegungen nicht als ökologisch, aber ihr Kampf hat doch eine wesentlich ökologische Dimension.
Man kann darauf verzichten zu erwähnen, dass diese Bewegungen die Verbesserungen, die der technische Fortschritt ermöglicht, nicht ablehnen. Im Gegenteil, das Verlangen nach Elektrizität, Trinkwasserversorgung, Kanalisation und mehr Gesundheitsstationen stehen auf der Liste ihrer Forderungen ganz oben. Was sie ablehnen ist die Verschmutzung und Zerstörung ihrer natürlichen Umgebung im Namen der "Marktgesetze" und der Zwänge des "kapitalistischen Wachstums".
Ein 1991 verfasster Text des peruanischen Bauernführers Hugo Blanco (Mitglied der IV. Internationale) drückt die Bedeutung dieser "Ökologie der Armen" auf bemerkenswerte Weise aus:
"Auf den ersten Blick erscheinen die Verteidiger der Umwelt oder die Naturschützer als ziemlich nette, aber exzentrische Leute, deren Hauptziel im Leben ist, die Ausrottung der Blauwale oder der Pandabären zu verhindern. Die gewöhnlichen Leute haben brennendere Anliegen, zum Beispiel, woher sie ihre nächste Mahlzeit nehmen werden (...). Aber in Peru gibt es sehr viele Menschen, die die Umwelt verteidigen. Natürlich, wenn man zu ihnen sagen würde: "Ihr seid Ökologisten", würden sie vermutlich antworten "Ökologisten, so ein Quatsch (...)" Und dennoch: Wer kann bestreiten, dass die Einwohner der Stadt Ilo und der Umlandgemeinden, die gegen die von der "Südlichen Peruanischen Kupfergesellschaft" verursachten Verschmutzung ankämpfen, die Umwelt verteidigen? Und ist nicht die Bevölkerung Amazoniens durch und durch ökologisch, bereit zu sterben um ihre Wälder vor der Rodung zu bewahren? Oder die Armen Limas, die gegen verseuchtes Wasser protestieren?"
Brasilien gehört zu den Ländern, in denen die Verbindung zwischen sozialen und Umweltproblemen auf Massenebene gelungen ist. Wir können die Bewegung der landlosen Bauern (MST) sehen, wie sie gegen gentechnisch veränderte Organismen mobilisieren, in direkter Konfrontation mit einem der größten multinationalen Konzerne, Monsanto. Stadtgemeinden und Provinzen, die von der Arbeiterpartei (PT) regiert werden, versuchen ökologische Ziele zu einem Teil ihres Programms der Beteiligungsdemokratie zu machen. Die Regierung des Bundesstaats Rio Grande do Sul, die der MST und der PT nahesteht, beabsichtigt, genetisch veränderte Organismen aus der Region zu verbannen. Die reichen Landbesitzer der Region sind empört und sprechen sich gegen diese ihrer Meinung nach "archaischen Ansichten" aus. Sie betrachten den Kampf gegen genetisch verändertes Saatgut als eine "Verschwörung um eine Landreform durchzusetzen".
Die indigenen Völker, die unmittelbar im Regenwald leben, zählen zu den ersten Opfern der vom Agrarkapitalismus verursachten "Modernisierung". In der Folge mobilisieren sie sich in vielen lateinamerikanischen Ländern, um ihre herkömmliche Lebensweise, die im Einklang mit ihrer Umwelt steht, gegen die Bagger der kapitalistischen Zivilisation zu verteidigen. Unter den unzähligen Äußerungen der brasilianischen "Ökologie der Armen" ist eine Bewegung als besonders beispielhaft hervorzuheben, auf Grund ihres sozialen und ökologischen, örtlichen und planetaren, "roten" und "grünen" Horizonts: Nämlich der Kampf von Chico Mendes und der Vereinigung der Völker der Regenwalds zur Verteidigung der Amazonasregion gegen den zerstörererischen Hunger der Großgrundbesitzer und des multinationalen Agrobusiness.
Vergegenwärtigen wir uns kurz die Hauptereignisse in dieser Auseinandersetzung. Chico Mendes war ein Gewerkschaftsaktivist, Mitglied der CUT und der Arbeiterpartei (PT). Indem er sich ausdrücklich auf den Sozialismus und die Ökologie bezog, organisierte er in den frühen 80iger Jahren Landbesetzungen mit den Kautschuksammlern (seringueiros), Kleinbauern, die die Gummibäume anzapfen, gegen die Großgrundbesitzer, die Bulldozer schickten, um den Wald niederzuwalzen und ihn durch Weideland zu ersetzen. Später vereinigte er erfolgreich Kleinbauern, Landarbeiter, Kautschuksammler, Gewerkschafter und Indigene mit der Unterstützung von kirchlichen Basisgemeinden zur Allianz der Regenwaldbewohner, der es gelang viele Rodungen zu hintertreiben (verhindern). Die internationale Kenntnis dieser Aktionen sicherte ihm 1987 den Global-500-Preis. Kurze Zeit später im Dezember 1988 jedoch, forderten die Großgrundbesitzer einen hohen Preis für diesen ökologischen Kampf, indem sie Mörder anheuerten, um ihn zu töten.
Diese Bewegung kann ein Musterbeispiel für die Volksbewegungen des "Südens" werden, vorausgesetzt die Verbindung zwischen sozialen und ökologischen Kämpfen, von Kleinbauern und indigenem Widerstand, Überleben der ortsansässigen Bevölkerung und Bewahrung eine Elements der Lebensgrundlage für die ganze Welt (Erhaltung des letzten großen tropischen Regenwalds) bleibt fest geschmiedet.
In bestimmten Ländern - vor allem in Europa - war die Umweltbewegung bei der Erringung von Reformen, die teilweise das halsbrecherische Tempo der Umweltzerstörung verlangsamt haben, erfolgreich. Zum Beispiel werden tatsächlich fast keine neuen Atomkraftwerke gebaut, die Herstellung bestimmter chemischer Erzeugnisse (Fluorkohlenwasserstoffe, Kunstdünger etc.) wurde eingeschränkt, und strengere Normen wurden für bestimmte Fabriken, Kraftfahrzeuge usw. in Kraft gesetzt. Eine kapitalistische Umweltindustrie ist entstanden und ökologische Reformen haben ihren Weg sogar in die Programme bürgerlicher Parteien gefunden.
Und dennoch, trotz aller Reformversuche, trotz der Umweltindustrie ist die Zerstörung auf Weltebene schlimmer geworden als je zuvor. Die Verschmutzung der Meere, die Rodung tropischer Regenwälder und die Klimaveränderung zeigen, dass die globale Dynamik der ökologische Krise ungebrochen bleibt. So zeigt diese Krise nur noch mehr die Dringlichkeit für eine grundlegende Veränderung unserer Gesellschaft.
Da die Ökologiebewegung kein schlüssiges revolutionäres Programm besitzt und die ArbeiterInnen nicht als revolutionäres Subjekt sieht, ist sie weit davon entfernt, eine neue soziale Kraft zu werden, die den Platz der Arbeiterbewegung einnehmen oder beerben könnte. Nichtsdestotrotz bleibt die Ökologiebewegung, sofern wir ausdrücklich bürgerliche oder reaktionäre Gruppen, deren zahlenmäßige Bedeutung gering ist, ausnehmen, ein wichtiger Bündnispartner der Revolutionäre im allgemeinen Kampf gegen das kapitalistische System.
Die wachsende Aufmerksamkeit für die ökologische Krise und die Umweltbewegung, die sich seit den 60ern entwickelt, bedeutet einen energischen Angriff auf eines der Schlüsselkonzepte der bürgerlichen Ideologie: auf die Idee, dass die bürgerliche Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung in der Lage ist, einen ununterbrochenen "Fortschritt für alle" zu garantieren, dass die fortgesetzte Unterwerfung der Natur schon an sich positiv ist und dass alle Probleme, die damit zusammenhängen, gelöst werden können.
Angesichts dieser ideologischen Herausforderung hat es Versuche gegeben, die bürgerliche Ideologie auf den neuesten Stand zu bringen. Der erste war der weltweit bekannte Bericht des Club of Rome ("Die Grenzen des Wachstums", 1972). Dieser Bericht dokumentierte den raschen Fortschritt der Umweltzerstörung und schlug eine übernationale Politik gegen Bevölkerungswachstum, Vergeudung von Naturschätzen, Umweltzerstörung usw. vor. Diese Studie und die anderen, die folgten, waren ein zweischneidiges Schwert.
Einerseits übernahmen die Wissenschaft und die bürgerliche Ideologie wieder die Initiative in Umweltfragen und führten eine Diskussion über Prognose und Lösungen, die vorzuschlagen wären. Andererseits stützten diese Studien pessimistische Aussichten über die Zukunft der Welt und waren eine weitere Motivation für die Umweltbewegung.
Die existierende Ordnung der kapitalistischen Weltwirtschaft verlor ihre Aura der Überlegenheit. Ihre Begrenztheit und ihre Mechanismen wurden von innen her hinterfragt. Gleichzeitig führten diese Analysen zu Forderungskatalogen, die dahin tendierten, eine weltweite Planung und eine politische Regulierung der Wirtschaft zu unterstützen. Auf diese Weise kamen sie direkt mit der kapitalistischen Marktwirtschaft, dem Wirtschaftsliberalismus und der Deregulierungspolitik in Konflikt, Offensiven die heute weltweit auf der Tagesordnung stehen.
Schon Mitte der 80iger Jahre erwies sich eine zweite bürgerliche Offensive im Umweltbereich als erforderlich. Seither wurde es notwendig, Lösungen dieser Widersprüche, besonders auf der Ebene der konkreten Politik vorzuschlagen. Der Brundtlandbericht ("Unsere gemeinsame Zukunft"), der von der UN-Vollversammlung 1988 angenommen wurde, brachte dies zum Ausdruck. Er wird bereits von der bürgerlichen Überzeugung geprägt, dass der Kapitalismus, obwohl er unglücklicherweise die Umwelt schädigt, auch in der Lage ist, die notwendigen Korrekturen durchzuführen. So forderte er, dass die Elemente für eine ausgeglichenere Form des Wachstums ("nachhaltige Entwicklung") zusammengeführt werden sollten.
Die 90iger Jahre brachten eine Vertiefung des Widerspruchs zwischen Versprechungen bezüglich neuer internationaler Regulierungen für den weltweiten Kapitalismus und den sehr heftigen sozialen und ökologischen Auswirkungen dieses Systems. Sicherlich führte die Erklärung von Rio, die das Ergebnis der Gipfelkonferenz von 1992 war, gewisse Grundsätze, wie das Vorsorgeprinzip, ein, was einen Fortschritt im Bewusstsein in Bezug auf die Elemente der ökologischen Krise darstellt. Weder die Agenda 21, eine umfassende Mischung von 2500 Maßnahmen, noch die internationalen Abkommen zu Artenvielfalt und Klimawandel, haben zu den notwendigen radikalen Lösungen geführt. Nach der Geburt der WTO, die die Umwelt noch mehr den Auswirkungen des liberalisierten internationalen Handels unterwirft, haben die Umweltabkommen sehr geringe Auswirkungen. Feierliche Verkündigungen zur Verteidigung der Artenvielfalt sind machtlos gegen die fortgeführte Zerstörung der natürlichen Umwelt.
Auf der politischen Ebene stoßen sie sich mit den Interessen der agrochemischen und pharmazeutischen multinationalen Konzerne, die versuchen sich Lebewesen durch vermehrten Gebrauch von genmanipulierten Organismen und der Patentierung von Genomen anzueignen. Das Kyoto-Protokoll (1997) zum Treibhauseffekt erlegt den reichen Ländern keinerlei Verpflichtung auf, um das sehr bescheidene Ziel erreichen, die Treibhausgasemissionen zu verringern. Anlässlich des Haager Gipfels (2000) konnten sich die imperialistischen Mächte nicht auf seine Anwendung einigen. 125 Milliarden US$ in 10 Jahren wurden in Rio für eine Politik zur Verteidigung der Umwelt auf Weltebene angekündigt. Bis 1996 wurden nur 315 Millionen US$ dafür investiert. In der Auseinandersetzung zwischen den reformistischen Ideen, wie sie vom Brundtlandbericht und später in Rio veröffentlicht wurden und dem vorherrschenden ultraliberalen imperialistischen Modell, hat des letztere derzeit die Nase vorn.
Die Nichtregierungsorganisationen (NRO), die in Rio stark vertreten waren, haben sich zuweilen von den Umweltreden der G 7 und der internationalen Institutionen betören lassen. In Zukunft werden die NRO kaum eine andere Wahl haben als sich zu entscheiden zwischen einer völligen Integration, indem sie dem Kapitalismus zu einem ökologischen Anstrich verhelfen, und der Rückkehr zu einer radikalen ökologischen Kritik, die der Ausgangspunkt vieler NRO war.
Heute ist ein praktisches Herangehen an Umweltprobleme Teil jedes bürgerlichen Regierungsprogramms. Im Allgemeinen gibt es Versuche, der Verschmutzung von Luft, Boden und Wasser Grenzen zu setzen. Dazu kommen Stufenpläne zur Verminderung der gefährlichen Wirkungen von Rückständen aus dem Produktionsprozess. Diese Pläne werden mit Mühe und Not in internationalen Abkommen festgehalten. Unter dem Strich handelt es sich um Behelfsmaßnahmen, die der wirklichen stattfindenden Zerstörung nicht entgegenwirken. Wirtschaftsprogramme und politische Richtungen, die die "ökologische Marktwirtschaft" betreffen, haben ebenfalls an Bedeutung gewonnen. Bis jetzt sind Versuche, die kapitalistische Wirtschaft auf ein umweltfreundliches Funktionieren umzuorientieren, über das Stadium theoretischer Betrachtungen nicht hinausgekommen.
Im Zusammenhang mit dem Bemühen, das Treibhausgas zu vermindern, ist im Rahmen der kapitalistischen Globalisierung jedoch eine ungeheure Offensive in Gang, auf Weltebene ein System zur "Vermarktung des Rechts zu verschmutzen" einzurichten. Dieser Mechanismus wurde zuerst von den US befürwortet und in der Folge von der EU akzeptiert. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die bekämpft werden muss. Vor allem schafft sie freie Bahn für die Verstärkung der Abhängigkeit der unterentwickelten Länder vom Norden. In einem Mechanismus, der jedem Land einen umtauschbaren Anteil an Verschmutzung zuteilt, gehört die entscheidende Macht jenen, die die finanzielle Macht haben, mit der Verschmutzung so zu handeln, wie sie es für richtig halten. Die hochverschuldeten Länder des Südens und des Ostens würden Gefahr laufen, ihre Anteile an den Norden zu verkaufen, obwohl die letzteren bei weitem die größten Verschmutzer sind.
Darüber hinaus bezweckt das System, aus der Verschmutzung eine Ware zu machen, also zu einer Quelle des Profits. Wie können wir uns unter diesen Umständen vorstellen, dass das zu einer wirksamen Verminderung der Verschmutzung führen würde?
Schließlich muss unterstrichen werden, dass es der Zweck dieses Mechanismus, das Schlüsselelement der neoliberalen Offensive auf dem Gebiet des Umweltschutzes, ist, die subversive Macht der ökologischen Kritik zu entschärfen, die eine Kampfansage an das gesamte Funktionieren des kapitalistischen Systems verursacht. Er zielt darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Idee, dass der Markt das beste Instrument zur Bekämpfung der Verschmutzung ist, wiederherzustellen in dem Sinn, dass mehr Kapitalismus zu einem wesentlich "saubereren" Kapitalismus führen würde.
Diese Idee muss bekämpft werden, ebenso wie die These, die besagt, dass der Umweltschutz zum Motor einer "neuen Modernisierung der kapitalistischen Wirtschaft" werden könnte. Eine große Kluft trennt die reichen Staaten von den armen. Während in den wohlhabenden imperialistischen Ländern ein gewisser Fortschritt in der Eindämmung der schlimmsten Probleme der Verschmutzung und Zerstörung erzielt worden ist, versagen in den armen Ländern sogar die unbedeutendsten notwendigen Maßnahmen wegen Geldmangels oder angesichts der Interessen einiger weniger Firmen, die erfolgreich durch Umweltzerstörung Profite machen.
Natürlich kann die Entwicklung grüner Organisationen und Parteien in den letzten 20 Jahren durch das Auftauchen der ökologische Krise auf Weltebene erklärt werden. Dennoch kann sie nicht ohne weitere politische Faktoren wie das Fehlen einer allgemeinen Perspektive bei der traditionellen Führung der Arbeiterbewegung oder dem Ausbleiben von revolutionären Durchbrüchen im kapitalistischen Europa seit 1968 verstanden werden.
Es ist vollkommen falsch, alle verschiedenen "grünen" Erfahrungen in dieselbe Schublade zu stecken. Abhängig von den Ländern, der politischen Kultur, ihren konkreten historischen Ursprüngen haben sie besondere Eigenschaften. Ihre Bandbreite reicht von einem starken Einfluss bürgerlicher und kleinbürgerlicher Kräfte bis zur Koexistenz von Linken, Alternativen und Ökosozialisten und schließt reformistische grüne Strömungen ein.
Wir können im Allgemeinen und mit gebührender Vorsicht feststellen:
Die Aktivitäten der Grünen haben das Gepräge einer Kombination aus häufig richtiger Kritik an sozialen Ungerechtigkeiten in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen und illusorischen reformistischen Strategien. In den meisten Fällen würgt die Regierungs- oder Parlamentsarbeit praktisch die Basisaktivität der Grünen Parteien ab, fördert das Auftauchen traditioneller Formen der Machtdelegation und neigt dadurch zur Untergrabung der radikalen Natur dieser Bewegung. Noch schlimmer: Die deutschen Grünen z.B. befinden sich in einem Prozess, in dem sie all den utopischen Inhalt verlieren, den die ökologische Kritik verkörpert, und werden eine einfache "Reformpartei" unter vielen. Als die Grünen Ende 1998 in die Regierung eintraten verursachte das ein regelrechtes politisches Erdbeben in ihren Reihen. Die Schockwellen setzten sich mit dem schwierigen Kompromiss in der Kernenergiefrage, dem Kosovokrieg und dem verschärften neoliberalen Kurs der Regierungspolitik fort. Trotzdem ist es fruchtlos, über den Rhythmus und die Formen der Veränderungen Vermutungen anzustellen, die die ökologistischen Parteien durchmachen werden und bis zu welchem Ausmaß sich die eigentliche Natur der Grünen durch die Wahl, die sie treffen und die politischen Schwenks, die sie machen, verändern wird.
Revolutionäre Marxisten beurteilen die politischen Akteure nicht auf der Grundlage ihrer Forderungen, ihrer Programme oder ihres Bewusstseins über die eigene Rolle, sondern zuallererst auf der Grundlage ihrer wirklichen Funktion im Klassenkampf. Allgemein kann man davon ausgehen, dass das Auftauchen der grünen Organisationen und Parteien kein Schritt zurück gewesen ist. Im Gegenteil, es hat den Aktionsradius der Linken in vielen Fällen erweitert.
Die Grünen dürfen nicht ignoriert werden, im Gegenteil muss eine aktive Politik ihnen gegenüber entwickelt werden: gemeinsame Aktionen, Debatten über ihre theoretischen Positionen etc. In bestimmten Ländern sind Protestparteien und Umweltbewegungen entstanden, die Wahlbündnisse bilden und einen Teil der kritischen Meinung organisieren. Es obliegt jeder Sektion der Internationale die beste Form der Zusammenarbeit mit solchen Parteien oder Bewegungen konkret festzulegen.
Das hat sich seit Anfang der 70iger Jahre geändert, als der Hang zur Selbstzerstörung der kapitalistischen Gesellschaft zu einem weithin diskutierten Thema wurde, einem Diskussionsgegenstand selbst für so bürgerliche Denkweisen wie den Club of Rome 1972. Artikel und Studien, die von Mitgliedern unserer Bewegung verfasst waren, erschienen.
Aber die wirkliche Prüfung für die Organisationen der Arbeiterbewegung war die Geburt einer Massenbewegung gegen die Atomenergie, insbesondere in Japan, Westeuropa und den Vereinigten Staaten.
Praktisch alle Sektionen der IV. Internationale waren an diesen Massenbewegungen beteiligt, obgleich sehr wenige Sektionen beim Nachlassen der Anti-AKW-Bewegung in der Lage waren, ihre ökologische Arbeit zu konsolidieren. Die Erfahrung dieser Bewegungen fand ihren Weg in unsere Weltkongressdiskussionen. In den Texten des X. Weltkongresses wurden die Ökologie und verwandte Themen nicht einmal erwähnt. Jedoch auf dem folgenden Kongress im Jahr 1979 wurde der Kampf gegen die Atomindustrie als eine "Überlebensfrage für die Arbeiterklasse" angesehen und es wurde erklärt, dass es die Pflicht der Internationale und ihrer Sektionen sei, "durch die Einbeziehung von Industriearbeitern die Bewegung zu stärken". Auf dem Kongress von 1985 wurden die Positionen weiterentwickelt. Die Dokumente liefern eine detailliertere Analyse für jeden der drei Sektoren der Weltrevolution. Die wichtigste Entschließung forderte die Internationale und ihre Sektionen auf, der Umweltfrage in ihrer Propaganda und ihren Aktivitäten größeres Gewicht zu geben und gemeinsame Aktionen an der Seite der Umweltbewegung zu organisieren. 1990 skizzierte eine Kommission, die von verschiedenen Sektionen gebildet wurde, den Entwurf für eine Ökologieresolution, der während der Diskussionen auf dem 13. Kongress vorgestellt wurde, aber es wurde beschlossen, weitere Debatten zu führen, bevor eine Entschließung verabschiedet würde.
Heute betrachtet die IV. Internationale die Umweltzerstörung als eine der Hauptbedrohungen für die Menschheit, als ein Problem, dass der berühmten Formulierung von Rosa Luxemburg "Sozialismus oder Barbarei" eine neue Bedeutung gibt. Sie sieht ihre Hauptaufgabe auf diesem Gebiet darin, eine Verbindung zwischen der Arbeiterbewegung und ihren Organisationen mit dem Kampf gegen die Zerstörung des Planeten zu schaffen. Sie ist bestrebt den Weg für eine Zusammenarbeit zwischen der sozialen Bewegung und der Umweltbewegung zu ebnen, nicht nur gegen die verschiedenen Formen der Zerstörung, sondern auch gegen das Gesellschaftssystem, das in erster Linie dafür verantwortlich ist. Sie möchte sich an den Diskussionen in diesen Bewegungen beteiligen und versuchen den weitverbreiteten Illusionen über einen "sauberen" Kapitalismus entgegenzuwirken.
In vielen Ländern spielt die Internationale eine aktive Rolle in den laufenden Kämpfen, so beim Kampf gegen genmanipulierte Organismen und die Zerstörung des Amazonasregenwalds in Brasilien. Die europäischen Sektionen sind zunehmend an der Umweltbewegung ihrer Länder beteiligt. In unserer Analyse stellt das Umweltthema einen der wichtigsten Pole dar, um den sich die Arbeiterbewegung reorganisieren muss.
All das bedeutet nicht, dass es keine Probleme dabei gegeben hat, diese neuen Themen in die Aktivitäten unserer Bewegung einzubringen. Viele Genossen blickten weiterhin auf die Umweltprobleme als einen der vielen Widersprüche des Kapitalismus neben anderen.
Sie haben sie nicht als Probleme gesehen, die eng mit dem alltäglichen Überlebenskampf der Arbeiterklasse gegen unmenschliche Lebens- und Arbeitsbedingungen und die Kriegsdrohung verbunden sind. Die meisten Sektionen begannen erst über Umweltfragen nachzudenken, wenn es Schlagzeilen in den Zeitungen im Anschluss an Aktionen anderer Kräfte gab. Als Ergebnis hat die Debatte in der Internationale eher langsam Gestalt angenommen. Während andere Strömungen und Individuen die Frage von Ökologie und Sozialismus seit Jahrzehnten erörtert haben, blieben die revolutionären Marxisten verhältnismäßig still. Es wird immer deutlicher, dass die Marxisten sich besonders anstrengen müssen, ihre Methoden auf die objektiv aufgeworfenen Fragen anzuwenden. Es ist nicht länger möglich, einfach ein paar Elemente ökologischen Denkens zu nehmen und ihnen einen Klecks roter Farbe zu geben.
Die IV. Internationale will nicht einfach nur an Diskussionen über konkrete Umweltpolitik teilzunehmen. Sie will auch die politischen und organisatorischen Schritte nach vorne tun, die für die Massenaktion notwendig sind. Nur durch die Aktion von Massenbewegungen können die gegenwärtigen Bedingungen verändert werden.
Heute gibt es in der ganzen Welt ein breites Spektrum von Initiativen und Bewegungen gegen die Ausplünderung und Zerstörung der Natur. Die IV. Internationale unterstützt diese Initiativen und diese Bewegungen und beteiligt sich an ihnen, manchmal kritisch, da die allgemeinen Positionen gewisser Ökologen oft ziemlich verworren sind. Die Erfahrungen der Umweltbewegung zeigen, dass nur breite Mobilisierungen und Massenproteste es ermöglichen, die öffentliche Meinung auf unsere Seite zu ziehen und wirkliche Ergebnisse zu erzielen.
Diese Mobilisierungen können sich entlang folgender Achsen entwickeln; die Aufzählung ist keineswegs erschöpfend:
Aber mit dieser Feststellung ist die Auseinandersetzung darüber, wie die öffentlichen Dienste in der modernen Welt organisiert sein sollen, nicht beendet. Tatsächlich neigen die staatlichen Monopole dazu, ihre Politik auf der Grundlage undemokratischer Ziele zu entwickeln. (Auf dem Gebiet der Energieversorgung seien nur Verbindungen zwischen Erdölproduzenten und imperialistischen Interventionen in Afrika oder die Verbindungen zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Kernkraft erwähnt.) Sie benutzen kapitalistisch ausgerichtete Managementmethoden und Produktionsmodelle und verwenden Rentabilitätsstandards, die von den privaten Monopolen übernommen wurden.
Die Tragweite der Umweltverschmutzung und der Probleme der öffentlichen Gesundheit haben zu einer gesteigerten öffentlichen Aufmerksamkeit geführt. Es ist schwieriger geworden sogenannte Umweltangelegenheiten als Randfragen, als mit sozialen Fragen nicht verbunden, oder als elitäre Sorgen und kleinbürgerlichen Luxus abzutun. In Europa markiert die "BSE-Krise" wahrscheinlich eine Trendwende vergleichbar mit Tschernobyl auf dem Gebiet der Atomenergie. Sie hat ein grelles Licht auf die ernste Bedrohung geworfen, die von der Produktionsweise der Agrarindustrie ausgeht.
Es ist auch erforderlich, trügerische Strategien zu bekämpfen, wie einen Markt für Verschmutzungsrechte, den die Länder des Nordens auf diesem Planeten einzuführen versuchen. Die Umweltverschmutzung sollte beseitigt und nicht an den Meistbietenden verkauft werden.
Andererseits muss klar sein, dass die Revolutionärinnen und Revolutionäre nicht alle heute existierenden Arbeitsplätze verteidigen, etwa in der Nuklear- oder der Automobilindustrie - ganz zu schweigen von der Produktion von Tiermehl... Wir kämpfen dafür, dass jeder und jede einen Arbeitsplatz und ein gesichertes Einkommen hat, aber nicht notwendigerweise gerade den Arbeitsplatz, den er oder sie heute hat.
Aber die Ökologie hat auch Anteil an der Entwicklung einer eingehenden Kritik der bürokratischen Erfahrungen der früheren Ostblockländer. Ist dieses unerlässliche Zusammentreffen von ökologischen, demokratischen und sozialen Zielen und Kräften möglich? Ja, weil heute die ökologische und die soziale Krise ihren gemeinsamen Ursprung im Kapitalismus haben. Gemeinsame Ursachen rufen nach gemeinsamen Lösungen.
Der Antikapitalismus ist keine Sammlung "negativer" Ideen. Tatsächlich ermöglicht er es, den Zusammenhang von ökologischen und sozialen Kämpfen vorauszusehen. Er hilft auch, gemeinsame Alternativen in einem positiven Geist der Solidarität zu schaffen. Er beleuchtet sowohl die Ursachen als auch die Lösungen auf. Andererseits, sollte die politische Ökologie dabei versagen, eine Kritik am Kapitalismus einzubeziehen, läuft sie Gefahr, sich dem Mainstream anzupassen, ihre radikalen Seite zu verlieren und in elitäre, letztlich antidemokratische Lösungen zurückzufallen, die zugleich unsozial, ungerecht und ohnmächtig sind.
Dies verlangt nach wirklichen Verknüpfungen, nicht nur danach,
Ökologie mit ihren sozialen Auswirkungen gleichzusetzen.
Das ökologische Denken hat tatsächlich eine wesentliche
Dimension erschlossen, die als solche im sozialen Denken nicht
auffindbar ist, eine Analyse der Beziehung zwischen der menschlichen
Gesellschaft und der Natur. Das ist sein wesentlicher Beitrag
und sein eigenes Gebiet. So können wir festhalten, dass wir
weder die Umweltfrage allein auf soziale Folgewirkungen beschränken,
noch die sozialen Gegensätze im Namen der weltweiten ökologischen
Erfordernisse missachten dürfen.
Übersetzung: Hans Peter Meister Wir freuen uns über Kommentare zu diesem Text. |