Frauenbewegung

Marxismus und Feminismus

Frederiqe Vinteuil

Das Wiederaufblühen des Feminismus in den siebziger Jahren bringt ein Paradoxon hervor: als Produkt einer vom Marxismus geprägten militanten Generation hat es dazu beigetragen, Strömungen zu nähren, die entweder Marx rundweg zurückweisen oder die „Überwindung“ des Marxismus durch eine Methodologie, die dem neuen Untersuchungsobjekt besser angepaßt erscheint, predigen. Die Erklärung dieses Paradoxons scheint uns auf äußere Faktoren, aber auch auf Faktoren innerhalb der marxistischen Theorie zu weisen.

Der Wunsch, über die Beziehungen zwischen den Geschlechtern nachzudenken, ist nicht, entgegen den überkommenen Vorstellungen, eine Neuerung dieses Jahrhunderts. Man könnte sogar behaupten, daß die Verallgemeinerung der kapitalistischen Produktionsweise und die ideologische Revolution der Aufklärung den Ausgangspunkt sowohl für die Verschleierung der wirklichen Beziehungen zwischen den Geschlechtern als auch die Möglichkeit ihrer Überwindung darstellen.

 

Die kritische Abarbeitung am Marxismus hat in den letzten 10 bis 15 Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der feministischen Theorie geleistet, gleich ob auf dem Gebiet der Anthropologie, der Theorie über das Verhältnis zwischen Geschlechterkampf und Klassenkampf oder der Bedeutung der Frauenarbeit für die Reproduktion des Kapitals und der bürgerlichen Gesellschaft.

Die platte Ableitung der Frauenunterdrückung aus ihrer Klassenzuordnung, die Verdrängung der reproduktiven Tätigkeit der Frau aus der Analyse der Produktion und Reproduktion der Arbeitskraft und die daraus folgende Unterordnung des Geschlechterwiderspruchs unter den Klassenwiderspruch behauptet heute kaum noch jemand. Wie die neuen Erkenntnisse der feministischen Wissenschaft sich selbst zur marxistischen Theorie ins Verhältnis setzen, ist dabei ganz unterschiedlich, hängt natürlich auch stark davon ab, welches Verhältnis z.B, sozialistische Feministinnen politisch zum Marxismus entwickelt haben.

Der vorliegende Beitrag stammt von einer Genossin der französischen Sektion der IV. Internationale, einer Feministin der ersten Stunde sozusagen, einer, die die Frauenbewegung der siebziger Jahre mitaufgebaut hat und bis heute maßgeblich die französische sozialistisch-feministische Zeitschrift Cahiers du féminisme beeinflußt. Sie hat den Marxismus von Anfang an nicht als ein Lehrgebäude, sondern als eine lebendige und kritische Wissenschaft aufgefaßt, die im Lichte des realen gesellschaftlichen Werdegangs und der neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse weiterzuentwickeln sei. Ausgestattet mit einer sehr gründlichen Kenntnis der „Klassiker“ und ohne Scheu davor, davon über Bord zu werfen, was heute nicht mehr haltbar ist, versucht sie glaubwürdig, die marxistische Methode auch für die feministische Wissenschaft nutzbar zu machen, und unterzieht die Klassiker selber dabei einer fundierten Kritik.

Der Beitrag, der 1983 für die Zeitschrift Critique Communiste verfaßt wurde, setzt sich vor allem mit der Frage nach dem historischen und aktuellen Verhältnis zwischen dem Geschlechterwiderspruch und dem Klassenwiderspruch auseinander.

Tatsächlich stellt man, wenn man die antiken Sklavenhaltergesellschaften oder die Gesellschaft des Mittelalters betrachtet, verblüfft fest, wie sehr die die Herrschaft über die Frauen rechtfertigenden theoretischen oder phantastischen Ausarbeitungen gegenüber der ideologischen Produktion, die zur Verewigung der Spaltung der Gesellschaft in Klassen bestimmt ist, überwiegen. Die Mythologie des antiken Griechenlands, des konfuzianischen China und des vedischen Indien nährt sich zu einem großen Teil von Konflikten zwischen den Geschlechtern, und die mittelalterliche Kirche hat um die Minderwertigkeit der Frau ein gewaltiges Gebäude von Vorstellungen errichtet.

Dagegen ist das bürgerliche Denken voller Widersprüche. Indem es die Existenz des Menschen als universales, ahistorisches Subjekt außerhalb der Klassen postuliert, ist es für das bürgerliche Denken schwieriger, eine ontologische Minderwertigkeit irgendeiner Gruppe von Menschen zu behaupten (dasselbe Problem hat sich gegenüber den kolonisierten Völkern ergeben, deren „Eliten“ sich gegen die Metropolen unter Berufung auf die offiziellen Werte der Bourgeoisie gewandt haben).

Wenn auch die Absicht, eine natürliche Minderwertigkeit der Frau wissenschaftlich zu beweisen, seit zwei Jahrhunderten stets vorhanden gewesen ist, zieht es das bürgerliche Denken doch vor, die Legitimität der Institutionen, durch die die Unterdrückung ausgeübt wird, zu begründen, anstatt ein „Untermenschentum“ zu behaupten. Die faschistische Doktrin, die rundheraus die Minderwertigkeit der Frau propagiert, ist genau die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Der mittelalterliche Priester stellte „die“ Frau als diabolisches Wesen hin, die bürgerliche Ideologie propagiert die Notwendigkeit der Familie und die Gleichsetzung von Weiblichkeit und Mutterschaft. Außerdem besitzt die Bourgeoisie eine ideologische Produktion, die auf die Verteidigung ihrer direkten Klasseninteressen ausgerichtet ist: die Wertschätzung der Arbeit, des Individuums, die Legitimation des Staates … Die Frauenunterdrückung, so umfänglich sie auch ist, wird selten benannt. Unter anderen Produktionsweisen freiheraus gefordert, scheint sie unter dem Kapitalismus verschwunden zu sein. Wir wissen, daß der Feminismus der siebziger Jahre zunächst etwas behauptet hat, was damals einen Bruch darstellte: die Unterdrückung existiert, und dies sind ihre Ausdrucksformen.


Marx, Engels und die Frauenunterdrückung


Nun, Marx und Engels haben unserer Auffassung nach zu einem intellektuellen Rahmen beigetragen, in dem weder die Beziehungen zwischen Männern und Frauen noch die allgemeine Lage der Frauen innerhalb des kapitalistischen Systems und der verschiedenen Klassen analysiert wurden, sondern allein die Institutionen, über die sich die bürgerliche Gesellschaft reproduziert und worin die Frauen miteinbezogen wurden.

Diese Sichtweise, die zwar auf die Frauen stößt, aber niemals von ihrer Unterdrückung mit der Absicht zu ihrer umfassenden Erklärung ausgeht, bleibt partiell und konnte nur zu Irrtümern bei den Voraussagen und zu theoretischen Annäherungen führen. Die Frauen werden nacheinander als „Proletarierinnen des Proletariats“, „Dienerinnen“, „Sklavinnen“ bezeichnet, Begriffe, die die Phantasie anregen, aber kaum zu einem Verständnis der realen Funktion der Unterdrückung innerhalb des Systems beitragen.

In den siebziger Jahren war man auch Zeuge einer Abwendung vom Marxismus, der der intellektuellen Sterilität beschuldigt wurde: „Marx hat nichts vernünftiges über Frauen geäußert, Engels hat sich über die Frage des Ursprungs der Unterdrückung geirrt.“ Solcherart waren die am meisten verbreiteten Vorstellungen, die oft von dichotomischen Behauptungen begleitet wurden: „Der Marxismus bleibt das Instrument der Analyse der Klassenverhältnisse, er hat keinen Nutzen für die Analyse des Geschlechterverhältnisses. Für ein neues Studienobjekt ist auch eine neue Methode erforderlich.“

Es versteht sich von selbst, daß diese Infragestellung nicht nur rein theoretischen Ursprungs ist. Die fortdauernde Existenz einer reformistischen Arbeiterbewegung mit sozialdemokratischer oder stalinistischer Tradition, die seit Jahrzehnten (mit Ausnahme kurzer revolutionärer Perioden) in dieser Frage die bürgerliche Ideologie wiederkaut, fällt notwendigerweise auf die Glaubwürdigkeit des Marxismus zurück. Die nordamerikanische Herkunft des gegenwärtigen Neofeminismus, der gerne von der Psychoanalyse oder von einer Argumentation, die die Analyse anderer Formen der Unterdrückung (nationale Frage, Rassenunterdrückung) auf die Frauenunterdrückung überträgt, ausgeht, begünstigte kaum ein marxistisches Herangehen.

Schließlich konnte der Feminismus, der danach strebt, eine soziale Gruppe zu begreifen, die in einem Verhältnis der Andersartigkeit steht (Mann zu sein, ist das normale, eine Frau zu sein, die Abweichung), schwerlich den Wellen der Philosophien des Unterschieds entgehen, die seit einigen Jahren grassieren: von den „Neuen Philosophen“ bis zur „Neuen Rechten“ über verschiedene Interpretationen, die sich auf die Psychoanalyse berufen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit möchten wir zeigen, was uns in den Texten von Marx und Engels nützlich und was uns problematisch zu sein scheint. Wir möchten auch zeigen, daß die Theorien, die den Marxisrnus zurückweisen oder ihn zu überwinden vorgeben, unfähig sind, die Frauenunterdrückung in ihrer Totalität zu erklären. Der Marxismus bleibt die einzige Methode, die dies ermöglicht … trotz der einen oder anderen These seitens der Marxisten. Der Marxismus hat das ungeheure Verdienst, im 19. Jahrhundert die Unterordnung der Frauen angeprangert zu haben, als andere „Sozialisten“ so weit gingen, ihre Verschärfung zu predigen (Proudhon). Marx und Engels reihen sich in die Kontinuität der Saint-Simonisten und Fourieristen (darunter Flora Tristan) ein, die die Gleichheit der Geschlechter und den Sturz der bürgerlichen Familie fordern. Indem er über die Utopisten hinausgeht, die sich darauf beschränken, die Unterlegenheit der Frauen zu beschreiben und die Gleichheit im Namen der Gerechtigkeit zu fordern, geht der Marxismus von einer grundlegenden Annahme aus: die Frauenunterdrückung ist keine Unveränderliche der Geschichte, sondern das Produkt einer Gesellschaftsformation, die Beziehungen zwischen den Geschlechtern sind nicht naturgegeben, sondern haben gesellschaftlichen Charakter. Diese materialistische und historische Basis bleibt heutzutage die Trennlinie gegenüber der strukturalistischen Ethnologie (Lévi-Strauss), die den Frauentausch als konstitutives Element menschlicher Gesellschaften betrachtet, oder gegenüber den Vertretern der Psychoanalyse, die dem Geschlechtsunterschied die treibende Kraft bei der Strukturierung der Psyche zuweisen. Doch scheint es, daß in diesem Bereich sich der historische Blickwinkel von Marx mehr auf ein Postulat stützt, das sich aus der Logik des historischen Materialismus ergibt, als auf einer Überzeugung, die von einer präzisen Studie der Stellung der Frau in den verschiedenen Epochen untermauert wird. Um eine systematische Studie dieser Frage zu finden, bedarf es erst des letzten Werkes von Engels – vierzig Jahre nach dem Tode Flora Tristans …

In Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats [1884] werden drei große Perioden in der Geschichte der Frauen unterschieden: die klassenlosen Gesellschaften, in denen die Frauen eine beherrschende Stellung einnahmen (ursprüngliches Matriarchat); die nichtkapitalistischen Klassengesellschaften, in denen die „versklavte“ Frau zur häuslichen Reproduktion bestimmt ist; die Ära des Kapitalismus, der die Frauen wieder in die Produktion eingliedert und eine objektive Basis für ihre Emanzipation bietet. Diese Periodisierung ist, wenn auch ungeheuer vereinfachend, akzeptabel; was irrig erscheint, ist die Analyse des Status der Frauen innerhalb gewisser Zeitabschnitte.

Zunächst ist es unbestreitbar, daß Gesellschaften ohne private Aneignung der Produktionsmittel, ohne Staat, in denen sich die gesellschaftlichen Beziehungen in Verwandtschaftsbeziehungen ausdrücken, Beispiele für eine Unterdrückung der Frauen bieten, die unendlich heftiger ist als die, die in den imperialistischen Metropolen gegen Ende des 20. Jahrhunderts herrscht. Zahlreiche Stämme dieses Typs leben fast ausschließlich von Arbeit, die von Frauen geleistet, aber von Männern kontrolliert wird, die wie Waren getauschten Frauen sind dazu bestimmt, in der Ortschaft ihres Ehemannes zu leben, wo sie aller Rechte beraubt sind: die ideologisch-religiöse Ausarbeitung dieser Gesellschaften ist entschieden frauenfeindlich.

Engels’ lrrtum

Warum hat Engels sich geirrt? Als Gefangener der ethnologischen Entdeckungen seiner Epoche, die viel begrenzter waren als die, über die wir heute verfügen, hat er zwei Realitäten gleichgesetzt, die keinesfalls miteinander verwechselt werden dürfen: Matrilinearität und Matriarchat. Wenn es unbestreitbar ist, daß die Mehrzahl der bekannten archaischen oder ursprünglichen Gesellschaften entsprechend einem Modell matrilinearer Abstammung funktionieren oder funktioniert haben, so teilt das System die Macht dem Onkel mütterlicherseits und nicht der Frau selbst zu.

Dagegen hat Engels die Bedeutung des Wohnorts der Familie nicht gesehen. Je nachdem ob der Ehemann im Klan seiner Frau leben mußte (Matrilokalität) oder die Frau in dem des Mannes (Patrilokalität), gestaltete sich das Kräfteverhältnis der Geschlechter vollständig anders. Die Verallgemeinerung der Patrilokalität kennzeichnet mehr die „historische Niederlage des weiblichen Geschlechts“ (ein zweideutiger Begriff, der einen regelrechten Kampf suggeriert und nicht einen widersprüchlichen Prozeß, der sich über Jahrtausende in sozialen Übergangsformen vollzog) als das Auftauchen der Sklaverei, des Staates, der Patrilinearität und der patriarchalischen Familie.

Frauen ohne Eigentum

Auf dem Welternährungstag 2012 berichten Frauen aus Tansania, die Opfer von Landraub geworden sind. Amina Rashid, Mutter zweier kleiner Kinder, hatte zusammen mit ihren Eltern ein kleines Stück Land beim Dorf Kipera bewirtschaftet. Jetzt beansprucht ein ausländischer Investor einen Großteil der Ländereien des Dorfes und hat einen Zaun direkt am Ortsrand gesetzt. Foto: Marc Wegerif / Oxfam East Africa

 

Darüber hinaus führt Engels den Ursprung der Herabsetzung des Status der Frauen auf eine primitive Arbeitsteilung zurück (der Mann jagend, die Frauen sammelnd und Ackerbau treibend …), die geeignet sei, den Männern die Fähigkeit zu verleihen, sich das gesellschaftliche Mehrprodukt anzueignen.

Nun, wir denken, daß es keine „natürliche“ und universelle geschlechtliche Arbeitsteilung gibt. Die Männer machen, was die Frauen tun, und umgekehrt: alles hängt von der Gesellschaft ab, in der wir uns befinden. Sogar Spinnen und Weben, weibliche Tätigkeiten par excellence, werden in einigen Stämmen Nordafrikas von Männern ausgeübt! Was für Klassengesellschaften gilt, gilt für ursprüngliche Gesellschaften: es ist nicht die Natur der Arbeit, die zählt, sondern die gesellschaftlichen Verhältnisse, unter denen sie ausgeübt wird.

Hier ist nicht der Ort, die Forschungshypothesen über den Status der Frauen in den Gesellschaften vor Aufkommen der Spaltung der Gesellschaft in Klassen zu erörtern, erst recht nicht, die Thesen über den historischen „Ursprung“ der Frauenunterdrückung, worauf jemals eine endgültige Antwort zu finden wenig wahrscheinlich ist. Wir werden nur sagen, daß uns die fruchtbarste Methode die zu sein scheint, die auf den klassischen Konzepten des Marxismus beruht. Auch für die Gesellschaften, wo sich die Produktionsverhältnisse über Verwandtschaftsverhältnisse vermitteln, sind folgende Fragen die nützlichsten: Wer produziert? Wer kontrolliert die Produktion? Zu wessen Gunsten wirken die Verwandtschaftsbeziehungen?

Folglich unterstützen wir die Auffassung, daß die uns bekannten ursprünglichen klassenlosen Gesellschaften, fast alle patrilokal – matrilinear oder patrilinear –, auf der Grundlage der kollektiven Aneignung der Arbeitskraft der Frauen durch die Männer funktionieren. Diese Situation kann man in den gegenwärtigen ursprünglichen Gesellschaften feststellen; sie kann aus der Untersuchung archaischer Gesellschaftsformationen geschlossen werden, wo die weibliche Sklaverei herrscht und die ideologische Gleichsetzung von Weiblichkeit und Sklaverei eine Konstante ist. Wir meinen somit, daß die mit dem Aufkommen der Sklaverei durchgeführte „Revolution“ und die private Aneignung der Produktionsmittel sich sowohl im Bruch als auch in der Kontinuität mit den Gentilgesellschaften vollziehen und die kollektive Aneignung der weiblichen Arbeit und die Entwertung einer Menschengruppe innerhalb eines Klans ein Modell für spätere Formen der Ausbeutung liefern.

Auch wenn wir glauben, daß die erste Form des Klassenkampfes die Frauen in einen Gegensatz zu den Männern gestellt hat, so folgern wir dennoch aus dieser historischen Reihenfolge nicht den Vorrang des Geschlechterkampfes für die nachfolgenden Produktionsweisen. Das Aufkommen der Sklaverei modifiziert den Geschlechterwiderspruch und führt dazu, daß Männer und Frauen jeweils ihrem Platz im Produktionsprozeß zugeordnet werden.

Doch die Frauen werden nicht in der gleichen Weise wie die Männer den Klassen zugeordnet. Während die Klassenzugehörigkeit der Frauen in den ausgebeuteten Schichten eindeutig ist, so ist die der Frauen der herrschenden Klassen in bestimmten Geschichtsperioden viel schwieriger zu erfassen. Zu welcher Klasse gehöre in der Antike die Frau des athenischen Aristokraten, die mit zwölf Jahren verheiratet wurde, in einem Gynäkeion [1] eingeschlossen jeder Kontrolle über ihre Güter beraubt war und zusammen mit ihren Dienerinnen arbeitete?

Engels charakterisiert die zweite Periode der Geschichte der Frauen durch ihren Ausschluß von der Produktion. Von der Entstehung der Sklaverei bis zur Manufaktur hätten die Frauen sich vor allem der Reproduktion im doppelten Sinne des Wortes gewidmet. „Die Frau wurde erste Dienstbotin, aus der Teilnahme an der gesellschaftlichen Produktion verdrängt. Erst die große Industrie unsrer Zeit hat ihr – und auch nur der Proletarierin – den Weg zur gesellschaftlichen Produktion wieder eröffnet.“ [2]

Diese Auffassung wird noch von vielen Marxisten vertreten. J.-L. Moynot schreibt, daß in der Geschichte „die männliche Arbeit die Hauptrolle gespielt hat“, während die Frauen sich der Sorge um die Kinder und den häuslichen Aufgaben widmeten. Diese These scheint uns anachronistisch und unannehmbar.

Anachronistisch, weil sie eine klare Trennung zwischen den Sphären der Produktion und Reproduktion postuliert, die nur der Kapitalismus verwirklicht hat. Nehmen wir das Beispiel eines ländlichen Gemeinwesens auf dem Höhepunkt der feudalen Produktionsweise. Die geschlechtliche Arbeitsteilung war dort absolut und unbeweglich. Aber sie deckte sich nicht mit dem Gegensatz von produktiver und reproduktiver Arbeit. Die Frauen leisteten eine bestimmte landwirtschaftliche Arbeit, und zwar die härteste, die Männer machten den Rest: alle produzierten. Die Frauen spannen, ebenso eine produktive Tätigkeit (gesponnene Wolle wurde mitunter vermarktet) wie die Arbeit auf dem Feld, die zu einem großen Teil der eigenen Konsumtion diente. Und die häuslichen Aufgaben? Sie waren in Anbetracht der Wohn- und Ernährungsverhältnisse ziemlich beschränkt und wurden meist den Großeltern oder größeren Kindern überlassen. Unannehmbar ist Moynots These, weil keine aus der Geschichte bekannte Gesellschaftsformation auf den massiven Gebrauch weiblicher Arbeitskraft für die Produktion verzichten konnte.

Allein eine detaillierte Untersuchung über eine gegebene Gesellschaft in einer gegebenen Epoche kann uns in die Lage versetzen, die jeweilige, im übrigen sehr variable, Rolle männlicher und weiblicher Arbeitskraft zu bestimmen. Aber die Auffassung, daß alle Frauen von der Produktion ausgeschlossen waren, ist ein Produkt der patriarchalischen Ideologie, die die Frauenarbeit als Nicht-Arbeit hinstellt. Waren die Sklavinnen der großen asiatischen Monarchien oder von Mykene, die Textilarbeiten verrichteten oder die ausgedehnten Ländereien der Könige oder der Tempel kultivierten, etwa unproduktiv? Waren die Bäuerinnen des Mittelalters unproduktiv? Im Gegenteil, ein Charakteristikum des Gebrauchs der weiblichen Arbeitskraft ist die Kombination der am meisten entwerteten produktiven Arbeiten mit den Aufgaben der Reproduktion, wobei sich die einen oft als die Ausdehnung der anderen darstellen.

Die Verdrängung aus der Produktion hat in den nichtkapitalistischen Klassengesellschaften nur für die Frauen der herrschenden Schichten wirklich stattgefunden. Doch auch sie unterscheiden sich von den Männern der ausbeutenden Gruppen darin, daß sie fast immer arbeiten: sie sind die „erste Dienstbotin“, im Gynäkeion wie im feudalen Herrenhaus, während ihre Ehemänner völlig „müßig“ leben und sich, je nach Epoche, der Politik, dem Krieg oder der Jagd widmen.

Auch hier scheint uns die Unterscheidung zwischen Produktion und Reproduktion wenig sinnvoll zu sein, um die Lage der Frauen in der Sklavenhaltergesellschaft oder der feudalen Produktionsweise zu begreifen. Es scheint uns interessanter, von der Realität des persönlichen Status der Frauen auszugehen, um festzustellen, daß der Gebrauch ihrer Arbeitskraft, welcher Art der Arbeit auch immer, niemals wie der der Männer erfolgt, sondern im Rahmen spezifischer gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse.

In der Sklavenhaltergesellschaft waren die Sklavinnen anfänglich viel zahlreicher; auch wenn sich später eine numerische Gleichheit durchsetzte, so waren die Chancen, freigelassen zu werden, auf die Geschlechter ungleich verteilt, zumal die Sklavinnen mit ihren Kindern einen zusätzlichen Reichtum einbrachten. In der mittelalterlichen Gesellschaft existierte zwischen der Bäuerin und dem Grundherrn eine obligate Mittelsperson – der Vater oder Ehemann –, die das Gewohnheitsrecht zum Eigentümer ihrer Arbeit und ihrer Person bestimmte. Nehmen wir das Beispiel des freien Bauern in Westeuropa: er besaß das Nutzungsrecht über sein Land, er konnte es verkaufen und es verlassen; er mußte seinem Grundherrn zahlreiche Abgaben zahlen, aber er war ein freier Mann. Dagegen die Bäuerin: ihr gehörte weder das Land (sie erbte selten) noch das Produkt ihrer Arbeit; sie konnte nicht weggehen, denn sie hing von der väterlichen Autorität oder der ihres Ehemanns ab. Sie war nicht frei.

Zweifellos gehörten sie beide grundsätzlich derselben Klasse an: ihre Interessen verschmolzen gegenüber dem Grundherrn, und ihre Stellung im Produktionsprozeß war ähnlich. Aber es ist offensichtlich, daß innerhalb der ausgebeuteten Klasse die Frauen nicht nur durch ihre Klassenzugehörigkeit, sondern auch durch ihren persönlichen Status in der Familie definiert wurden, ein Status, dessen Ähnlichkeit mit dem in der Sklaverei ins Auge fällt. Die Frau gehört sich nicht selbst. Der Ehemann oder der Vater, so sehr er auch ausgebeutet wird, hat zugleich in den Gesellschaften, in denen auf allen Ebenen des Sozialgefüges Autorität ausgeübt wird, über die Frau eine ökonomische und politische Macht, vermittelt über die Kontrolle der Arbeit und die Bewahrung der Hierarchie.

Eine bemerkenswerte Intuition

Marx und Engels haben sehr gut gespürt, daß der Kapitalismus für die Situation der Frauen und die Natur der Familie einen wesentlichen Bruch darstellte. Mit einer bemerkenswerten Intuition vermochten sie in der Epoche des „ungebändigten Kapitalismus“, in der die Lage der proletarischen Frauen grausamer schien als die der Bäuerinnen, zu sehen, daß die Logik der neuen Produktionsweise zur Schaffung der objektiven Bedingungen einer Emanzipation führen würde. Indem der Kapitalismus tendenziell immer mehr Frauen in die Sphäre der gesellschaftlichen Produktion wirft, indem er eine immer größere Zahl von Arbeitern und Arbeiterinnen proletarisiert und so die Familie ihrer Rolle der Übertragung des Eigentums beraubt, untergräbt er (teilweise) die Grundlagen der männlichen Herrschaft. Auch wenn uns diese Vision heute als zu einseitig erscheint, auch wenn sich Marx und Engels in den Rhythmen geirrt haben, rechtfertigt der Spätkapitalismus doch zum Teil ihre Analyse.

Es genügt, die Lage der Frauen in der „Dritten Welt“, die, bei Beachtung der Proportionen, so sehr der unserer Urgroßmütter ähnelt, mit dem heutigen Status der Frauen in den imperialistischen Ländern zu vergleichen, um sich davon zu überzeugen. Ebenso hatte die positive Rolle, die Engels der Eingliederung der Frauen in die kapitalistische Produktion (trotz einiger zweideutiger Formeln) zuwies, das Verdienst, das Recht auf Arbeit für Frauen in einer Zeit zu proklamieren, in der die Mehrheit der Arbeiterbewegung die Arbeiterinnen als „Arbeitsplatzräuberinnen“ denunzierte. Heute stellt diese Position – mit Nuancen (der Zugang zur Lohnarbeit ist keine hinreichende Bedingung der Befreiung, zumal die Frauen als Frauen proletarisiert werden – weiterhin die Trennlinie gegenüber denen dar, die theoretisch wie praktisch die Notwendigkeit für Frauen, außerhalb des Hauses zu arbeiten, bestreiten.

Man findet bei Marx und Engels keine Verteidigung der Hausarbeit oder der Mutterschaft mehr: dies ist umso bemerkenswerter, als die utopischen Sozialisten für die Frau Rechte im Namen ihrer Funktion als Mutter einforderten. „Ich wiederhole, im Leben eines Arbeiters ist die Frau alles: Als Mutter übt sie in seiner Kindheit Einfluß auf ihn aus; aus ihr und nur aus ihr schöpft er die ersten Vorstellungen jenes so bedeutsamen Wissens, das er sich erwerben muß, das Wissen um das Leben …“ [3] Diese Formulierung von Flora Tristan kann noch als eine Feststellung betrachtet werden, aber der Saint-Simonist Prosper Enfantin oder die Anhänger Fouriers überhöhten die Frau als Mutter mitsamt ihrer Pflichten mit einer mystischen Phraseologie, die perfekt an die bürgerliche Ideologie, welche sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zu dieser Frage herausgebildet hatte, abgestimmt war. Engels ist unendlich aktueller, wenn er schreibt: „Die moderne Einzelfamilie ist gegründet auf die offne oder verhüllte Haussklaverei der Frau …“ [4]

Nichtsdestoweniger haben Marx und Engels, wie wir bereits einleitend gesagt haben, nicht daran gedacht, eine Theorie der Frauenunterdrückung zu entwickeln. Im Kapital, worin eine Analyse der Produktionsbedingungen im kapitalistischen System vorgenommen wird, werden die Bedingungen der Reproduktion fast niemals angeschnitten. Die Erklärung liegt in der Natur des Systems selbst, das in der Geschichte die radikalste Trennung zwischen dem Bereich der Produktion und dem der Reproduktion bewirkt hat und so eine getrennte Analyse ermöglicht. Auch trifft Marx auf die Frauen nur durch ihren Eintritt in die Manufaktur: er greift ihre globale Lage nicht auf.

Marx und Engels haben eine Theorie der Familie, aber die Struktur, die sie beschreiben, ist mehr ein Vermächtnis der Vergangenheit: die Rolle der Übertragung der Erbschaft auf die legitimen Kinder, die Bereicherung dank der Mitgift der Frau, das sind bei ihnen die grundlegenden Merkmale der monogamen Familie. „Herrschaft des Mannes in der Familie und Erzeugung von Kindern, die nur die seinigen sein konnten und die zu Erben seines Reichtums bestimmt waren – das allein waren die … Zwecke der Einzelehe.“ [5]

Marx und Engels hatten Recht, wenn sie feststellten, daß diese Funktion der Familie dazu verurteilt war, mit der Verallgemeinerung des Kapitalismus zu verschwinden. Auch wenn die über die Bildung ererbter Vermögen in Frankreich gemachten Untersuchungen zeigen, daß die Erbschaft eine bestimmende Rolle bei der Zirkulation von Reichtum innerhalb der herrschenden Klasse spielt, ist es offensichtlich, daß dies für die Mehrheit der Bevölkerung nicht die primäre Funktion der Familie ist. Und doch floriert diese Institution weiterhin recht gut – und mit ihr die Frauenunterdrückung.


Die Lücken des Marxismus


Die marxistische Theorie scheint uns zu drei grundlegenden Punkten Lücken aufzuweisen: der unterschiedliche Gebrauch männlicher und weiblicher Arbeitskraft durch den Kapitalismus: das Auftauchen einer bürgerlichen Familie, die an die politischen und ökonomischen Bedürfnisse des Systems angepaßt ist; die Natur der gesellschaftlichen Beziehungen zwischen den Geschlechtern.

Zwei Arten der Arbeitskraft

Marx und seine Zeitgenossen konnten nur die bestimmende Rolle konstatieren, die von weiblichen Arbeitskräften bei der Akkumulation von Superprofiten in der Anfangszeit des industriellen Kapitalismus gespielt wurde. „Weiber- und Kinderarbeit war … das erste Wort der kapitalistischen Anwendung der Maschinerie!“ [6] Die Erklärung für diese Vorliebe erschien klar: im Gegensatz zu den Handwerksgesellen der früheren Zünfte hatten die Frauen keinerlei Ausbildung und waren daher unendlich anpassungsfähiger gegenüber neuen Arbeitsbedingungen; ihre Erziehung und vor allem die extreme Unsicherheit ihrer Existenz machten sie gefügig.

Diese Erklärung ist konjunkturell, und Marx liefert sie auch als solche. Nun ist aber die Überausbeutung weiblicher Arbeitskräfte bis hin zum Spätkapitalismus ein strukturelles Phänomen. Jeder weiß, daß die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern bei Arbeit und Beruf die Regel ist, und zwar auf allen Ebenen der Gesellschaftspyramide. Die Unterqualifikation ist nicht eine Ursache, sondern eine unmittelbare Folge der Notwendigkeit für das Kapital, über überausgebeutete Arbeitskräfte zu verfügen. In Frankreich sind wir zu dem Paradox angelangt, daß die Mädchen, weil sie ihre schulische Ausbildung erfolgreicher abschließen, weniger qualifiziert sind; die Mehrheit gelangt zu einem mittleren Abschluß oder zum Abitur, während sich die Jungen infolge ihres schulischen Scheiterns) an eine technische Ausbildung orientieren, woraus sie als besser an den Arbeitsmarkt angepaßt hervorgehen.

Auf jeden Fall genügt es, daß ein Beruf, auch wenn er sehr qualifiziert ist, sich feminisiert, um erstaunlich rasch abgewertet zu werden. Des weiteren wird das, was Marx für die erste industrielle Revolution festgestellt hatte, heute durch die technologischen Veränderungen bestätigt. Mit weiblichen Arbeitskräften werden neue Formen der Arbeit erprobt: Informatik, Bürokratie, Umstrukturierung des Arbeitsrhythmus … Diese Kontinuität genügt, um eine Analogie mit der Arbeitskraft der Immigranten in Europa als oberflächlich zurückzuweisen. Die ausländischen Arbeitskräfte wurden letztendlich stets „integriert“, was bei jeder Periode ökonomischer Expansion die Ankunft einer neuen Welle erforderte. Die Frauen „integrieren“ sich nicht und werfen die Frage auf, was es dem Kapital ermöglicht, die Abwertung ihrer Arbeitskraft aufrechtzuerhalten.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Zusammensetzung des Lohnes, die für Männer und Frauen verschieden ist. Marx gibt für den Lohn die folgende Definition: „Der Wert der Arbeitskraft war bestimmt … durch die zur Erhaltung der Arbeiterfamilie nötige Arbeitszeit.“ [7] Global bestätigt sich diese Zusammensetzung mit Ausnahme von Perioden zugespitzter kapitalistischer Krisen sowie mit der Ausnahme des Lumpenproletariats. Aber sie gilt nur für die Vergütung der männlichen Arbeitskraft. Dagegen weist alles darauf hin, daß der weibliche Lohn um den Teil beschnitten wird, den die Männer erhalten, um außer sich selbst auch ihre Familie zu unterhalten.

 

Frauenversammlung

Rojava (Kurdistan), 2014. Foto: Janet Biehl

Diese Differenzierung des Lohns erweist sich für alle als funktional, da das System ja postuliert, daß alle Lohnempfänger verheiratet sind. Den besten Beweis dafür stellen die Sozialmaßnahmen dar, die in den entwickelten kapitalistischen Ländern zugunsten der Frauen ergriffen werden, Maßnahmen, die darauf abzielen, das Fehlen eines Ehemannes zu kompensieren: Zuwendungen für Witwen, unverheiratete Mütter, Geschiedene; Hinterbliebenenrenten, die die Witwen sofort erhalten, während die Witwer erst ihren eigenen Ruhestand abwarten müssen, usw. Die Gesellschaft zieht es vor, Millionen von Frauen zu „unterstützen“, anstatt die weibliche Arbeitskraft ebenso wie die der Männer zu vergüten. Entgegen dem äußeren Anschein und der bürgerlichen Gesetzgebung wird der Abstand zunehmend größer; die Frauen machen einen ständig größer werdenden Anteil an den angelernten Arbeitskräften aus.

Es ist offensichtlich, daß der Zuverdienerlohn sich aus den Erfordernissen der Akkumulation des Profits ergibt; zu bestimmen, ob er darin ein strukturelles oder konjunkturelles Element darstellt, ist abstrakt, da die Realisierung des Profits stets innerhalb konkreter historischer Bedingungen (und Kräfteverhältnisse) erfolgt. Die Dauer des Phänomens über drei industrielle Revolutionen hinweg spricht zugunsten seines strukturellen Charakters, von den Ursprüngen des industriellen Kapitalismus bis zu seiner gegenwärtigen Phase. Die Besonderheit dieser Überausbeutung besteht darin, daß sie ihre Legitimation aus einer Instanz zieht, die als außerhalb der Produktionsverhältnisse stehend erfahren wird: der Familie; darüber hinaus aus der gesamten zivilen Gesellschaft, die die Frauen zu einer unterdrückten Gruppe macht.

Die bürgerliche Familie ist nicht verschwunden

Marx und Engels prophezeiten das Verschwinden der bürgerlichen Familie in kurzer Frist, was ihnen oft vorgeworfen wurde. Einige Historiker und manche Marxisten behaupteten dagegen, daß sich die Familie konsolidiert habe – eine logische Folge der Festigung des bürgerlichen Staates. Die Voraussage von Marx und Engels erklärt sich durch den historischen Kontext: die vom „ungebändigten Kapitalismus“ verwirklichte brutale Ausbeutung hatte den Arbeiter und die Arbeiterin von ihrer ländlichen Familie getrennt und die früheren Rollen verändert.

Engels hat die englische Situation ausführlich beschrieben, manchmal mit zweideutigen Formulierungen. „In vielen Fällen wird die Familie durch das Arbeiten der Frau nicht ganz aufgelöst, sondern auf den Kopf gestellt. Die Frau ernährt die Familie, der Mann sitzt zu Hause, verwahrt die Kinder, kehrt die Stuben und kocht. Dieser Fall kommt sehr, sehr häufig vor; in Manchester allein ließe sich manches Hundert solcher Männer, die zu häuslichen Arbeiten verdammt sind, zusammenbringen. Man kann sich denken, welche gerechte Entrüstung diese tatsächliche Kastration bei den Arbeitern hervorruft und welche Umkehrung aller Verhältnisse der Familien, während doch die übrigen gesellschaftlichen Verhältnisse dieselben bleiben, dadurch entsteht.“ [8]

Die Familie erschien so als ein Relikt vorkapitalistischer gesellschaftlicher Verhältnisse, das einen funktionellen Wert nur für die herrschenden Klassen behielt. Darin liegt der Irrtum von Marx und Engels, die ein konjunkturelles Phänomen als strukturelle Erscheinung betrachteten. Dieser, wie bereits gesagt wurde, durch den historischen Kontext zu erklärende Irrtum hat sie daran gehindert, eine Theorie der bürgerlichen Familie auszuarbeiten, eine Lücke, die es reformistischen Ideologen der Arbeiterbewegung ermöglicht hat, sich zu Verteidigern der „Arbeiterfamilie“ zu machen, ohne dabei als offen mit dem Marxismus brechend zu erscheinen. Tatsächlich hat die Bourgeoisie, nachdem die erste Phase des ungehemmten Kapitalismus erst einmal vorüber war, die Notwendigkeit erkannt, eine Arbeiterklasse nach dem bürgerlichen Vorbild zu „familiarisieren“, die sie als zu mobil und undiszipliniert beurteilte.

Zahlreiche in Frankreich in den letzten Jahrzehnten erschienene Studien, die ein neues Interesse der Historiker für diese Fragen (in Verbindung mit dem Aufstieg des Feminismus) bekunden, zeigen, daß dieser Prozeß bereits seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stattfand: die Bildung „annehmbarerer“ und vor allem an die Kernfamilie besser angepaßter proletarischer Wohnverhältnisse (die Häuser der Bergarbeitersiedlungen verdrängten die Promiskuität der Kellerlöcher); die Ausdehnung der Mutterschaftsideologie auf die Arbeiterin. Das Interesse, das die Bourgeoisie daran hat, ist offensichtlich: die Aufgaben der Reproduktion der Arbeitskraft, die das Kapital nicht vergesellschaften kann, werden weiter im privaten Rahmen ausgeführt; [9] der Arbeiter „gliedert sich ein“, er setzt sich fest und übernimmt vermittelt über die Familie Verantwortung.

Die Frauen werden weiter über ihre Rolle in der Familie definiert, was ihre Überausbeutung und ihren Gebrauch als Reservearbeitskräfte möglich macht. Die Bourgeoisie hat die aktive Hilfe der organisierten Arbeiterbewegung erhalten, die, wie man weiß, im wesentlichen aus qualifizierten männlichen Arbeitern besteht. Dies wird durch mehrere Faktoren erklärt: die altertümelnde Ideologie à la Proudhon, die die Verdienste der patriarchalischen Familie preist, war sehr stark: die Stabilisierung der männlichen Arbeiter erschien günstig für ihre Organisierung durch die Gewerkschaften; vor allem aber bewahrte das Belassen der Mehrheit der Frauen im Hause und die Hoffnung darauf, die anderen dahin zurückzuschicken, vor weiblicher Konkurrenz!

Es findet auch eine fortschreitende Verallgemeinerung des Modells der bürgerlichen Familie auf das gesamte soziale Gefüge statt, einer Einheit, die für die Reproduktion (abgeschnitten vom Bereich der Produktion), die Sozialisation der Kinder und die Gleichsetzung von Weiblichkeit und Mutterschaft bestimmt ist. Marx und Engels haben keinen besonderen Nachdruck darauf gelegt, daß der Frühkapitalismus nicht in der Lage war, einen großen Teil der häuslichen Aufgaben zu sozialisieren. Ihr Irrtum rührt nicht von der Tatsache her, daß sie dies für möglich hielten, sondern daß sie die konkreten Bedingungen der Reproduktion der Gattung und der Arbeitskraft in ihrer Epoche wenig analysiert haben.

Nun rührt aber der Status der Frauen genau von der dialektischen Verbindung zwischen der von ihnen geleisteten reproduktiven Arbeit in der Familie und ihrer Einbeziehung in die Arbeit für den Markt, wobei diese auf jene zurückwirkt. Die Frauen nur in ihrem Verhältnis zur Produktion zu erfassen bedeutet, sich des Verständnisses dessen zu berauben, was sie zu „besonderen“ Arbeiterinnen macht. Solange das System nicht in der Lage ist, sie in Produkte für den Markt zu verwandeln, stellen die im privaten Rahmen verwirklichten häuslichen Aufgaben eine ungeheure Einsparung von Kapital dar.

Marx hatte diesen Aspekt schlecht verstanden, als er allgemein postulierte, daß der Arbeiter auf dem Markt die Mittel zur Reproduktion seiner Arbeitskraft findet. Die Hausarbeit erscheint in der klassischen marxistischen Theorie als Nicht-Arbeit, was außerdem im Widerspruch steht zu Engels’ Formel über die häusliche Sklaverei. Gerne als unentgeltlich beschrieben, sind dies die häuslichen Aufgaben nicht vollständig. Der Arbeiter erhält mit seinem Lohn einen Teil, der seine Familie leben (oder überleben) läßt und so in gewisser Weise die Hausarbeit der Ehefrau vergütet. Diese Feststellung steht nicht im Widerspruch zur Funktion der Einsparung von Kapital. Der männliche „Zusatzlohn“ (die Differenz zum weiblichen Lohn) erreicht niemals die Kosten der Hausarbeitsstunden, selbst wenn diese zum Mindestlohn vergütet würden.

Heißt das, daß Marx und Engels sich vollständig geirrt haben und der Kapitalismus eine Stärkung der Familie hervorgerufen hat? Der so oft gebrauchte Begriff der Stärkung ist nicht zutreffend. Die Bourgeoisie setzt nicht eine Festigung der vorkapitalistischen Familienbindungen durch, sondern eine andere Familie. Kommt das Neue aus einer Konsolidierung der ökonomischen Basis dieser neuen Familie als Resultat der Reproduktion im privaten Rahmen? Das Neue kommt, wie wir gesehen haben, aus der räumlichen und ökonomischen Trennung von Reproduktion und Produktion. Aber in den nichtkapitalistischen Gesellschaften wurden die sogenannten reproduktiven Aufgaben ebenfalls innerhalb der Familie von den Frauen ausgeführt, eine Situation, dessen sich das gegenwärtige System bemächtigt hat. Man kann sogar sagen, daß der Kapitalismus tendenziell immer mehr die einst im privaten Rahmen realisierten Arbeiten vergesellschaftet. Von der ersten industriellen Revolution an beginnt in der Stadt die Produktion der Grundnahrungsmittel (Brot, Gemüse, Fleisch) in der Familie zu verschwinden; die Bekleidung wird zunehmend zur auf dem Markt käuflichen Ware … Was den Spätkapitalismus betrifft, so veranschaulicht er die Fähigkeit des Systems, auf breite Bereiche der Reproduktion die Herrschaft der Ware auszudehnen (eine rasante Entwicklung des Marktes für Konfektionskleidung. Fertiggerichte, Wäschereien…). Selbst der Konsum verliert (ein wenig) seinen familiären Charakter und wird zunehmend zu einem individuellen Konsum. [10] Diesem neuen Stadium des Kapitalismus entspricht logischerweise eine neue Welle des Eindringens von Frauen auf den Arbeitsmarkt.

Aus diesem Prozeß können wir zwei wesentliche Elemente festhalten: die private Verrichtung der Hausarbeit ist für das Funktionieren des Systems nicht strukturell unerläßlich, aber eine Notwendigkeit auf lange Sicht; der Status der Frauen bestimmt sich durch die Verbindung von Arbeitsmarkt und Familie, was jedoch in letzter Instanz ihre Lage determiniert, begründet sich aus den Erfordernissen der Akkumulation von Mehrwert.

Worin liegt also die Besonderheit der bürgerlichen Familie im Verhältnis zu früheren Formen? Offensichtlich auf politischem Gebiet! Sie vergegenständlicht die Trennung zwischen dem privaten Menschen einerseits und dem Produzenten und Bürger andererseits. Sie verkörpert in effizienter Weise den bürgerlichen Individualismus (die auf sich selbst zurückgezogene Kernfamilie), wobei sie dem Individuum einen Ort mit minimaler affektiver Solidarität sichert. Sie sichert, mehr als je zuvor und trotz der Schulpflicht, die Sozialisation der Kinder. Alle Soziologen betonen: es gibt die Geldheirat nicht mehr, sondern die Liebesheirat, und damit behält die Familie in allen Untersuchungen an oberster Stelle den Wert als Zufluchtsort. Diese gesellschaftspolitische Funktion ist ausreichend wirksam und ziemlich unabhängig von den ökonomischen Strukturen, um ohne Modifikation von den Staaten Osteuropas integriert zu werden, wo sie den herrschenden Schichten eindeutig dieselben Dienste leistet.

Überall ist die Verinnerlichung dieses Modells sehr stark und trägt zur Entfremdung derjenigen bei, die, wie die Mütter, die Pfeiler dieser Strukturen bilden. Aber der Prozeß ist widersprüchlich. Tatsächlich funktioniert die Familie in den nichtkapitalistischen Gesellschaften unbestreitbar als Ort der Frauenunterdrückung; in diesen grundlegend nichtegalitären Gesellschaftsformationen, in denen der Staat schwächer ist, wird die Autorität auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Gewebes entsprechend den Hierarchien der Geburt, der Funktion, des Alters und des Geschlechts, die als unveränderlich akzeptiert werden, ausgeübt. Die Männer beherrschen die Frauen, weil es Gott (oder die Natur) so gewollt hat. Der moderne Staat, die Inkarnation des über den Klassen oder Gruppen stehenden Rechts, mußte diese Zwischenhierarchien zerstören und die Freiheit und Gleichheit des Individuums ihm gegenüber proklamieren; diese Entwicklung entspricht offensichtlich de Bedürfnis des Kapitals an „freien“ Arbeitskräften.

Aus diesem Grund wurde die alte Familie, Ort der kodifizierten Ausübung männlicher Autorität, langsam und partiell ihrer Rolle beraubt, aus objektiven (Logik des Systems) wie subjektiven Gründen (Kampf der Frauen). Die Teilnahme der Frauen an der Produktion für den Markt, der Zugang zur selben Ausbildung wie die Männer, die bürgerliche Ideologie von der formellen Gleichheit aller Individuen sind in Widerspruch zum unterdrückten Status der Frauen bei der Arbeit und in der Familie geraten. Dieses Phänomen wurde von Marx und Engels vorausgeahnt, weil es in der fundamentalen Logik des Systems lag, aber es hat sich viel langsamer und widersprüchlicher manifestiert, als sie es vorausgesehen hatten. Es ist ein Phänomen, das weit davon entfernt Ist, abgeschlossen zu sein, und bei dem die bewußte Intervention der organisierten Frauen ein entscheidendes Element ist.

Die Frage der gesellschaftlichen Beziehungen

Die dritte Lücke in der marxistischen Theorie betrifft die Natur der gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Männern und Frauen. Marx und Engels haben nichtsdestoweniger kraftvollere Ausdrücke gebraucht als ihre diversen Epigonen, die verbissen die Unterdrückung der einen durch die anderen im Namen der Arbeitereinheit leugneten. „Die moderne Familie … enthält in Miniatur alle die Antagonismen in sich, die sich später breit entwickeln in der Gesellschaft und ihrem Staat.“ (Marx [11]) Die „Einzelehe … tritt auf als Unterjochung des einen Geschlechts durch das andre, als Proklamation eines … Widerstreits der Geschlechter.“ (Engels [12])

Was dagegen weder der eine noch der andere der beiden wirklich gesehen hat, ist die Grundlage – im kapitalistischen System – der Aktualität des Konflikts der Geschlechter.

Manche Feministinnen sprachen von der Ausbeutung der Frauen durch die Männer mittels der Hausarbeit. Die Auffassung, daß die Männer sich die Arbeitskraft der Frauen für produktive und reproduktive Aufgaben aneignen, scheint uns für die Gesellschaften vor Aufkommen der Klassenspaltung sinnvoll. Sie kann von Fall zu Fall für nichtkapitalistische Klassengesellschaften in Erwägung gezogen werden. Sie gilt nicht für den Kapitalismus. Ausbeutung setzt Abschöpfung von Mehrwert im Rahmen der Produktion für den Markt und die radikale Trennung zwischen dem Besitzer des Kapitals und dem Arbeiter oder der Arbeiterin voraus. Nichts dergleichen trifft für die Hausarbeit zu. Ihre Bestimmung ist es, im privaten Rahmen ausgeführt zu werden, außerhalb des Kriteriums der Rentabilität, und somit ohne, im marxistischen Sinne des Begriffs, produktiv zu sein.

Man kann einräumen, daß der Ehemann sich die Arbeitskraft der Ehefrau mit seinem Lohn verschafft, aber ihre Interessen stehen nicht in einem radikalen Widerspruch zueinander; sie sind beide juristisch Eigentümer des Lohnes des Mannes, der zu Hause produzierten Gegenstände, und keine(r) hat ein Interesse daran, den Teil des oder der anderen zu verringern. Mehr noch, der Gatte erwartet einen Dienst; er ist nicht direkt interessiert an der Produktion der Gattin. Ihm liegt wenig daran, ob das Bügeln in einer Stunde oder zwei Stunden vonstatten geht, sofern es nur geschieht; wenn es erledigt ist, wird er nicht beim Nachbarn zusätzlich Wäsche suchen, nur um seine Frau zu beschäftigen!

Das Konzept der Ausbeutung auszuschließen, führt nicht dazu, in der männlichen Herrschaft „ein bloßes Zurückbleiben der Mentalität“ zu sehen. Wir haben gesehen, daß der Kapitalismus auf der Basis der Überausbeutung der weiblichen Arbeitskraft funktioniert, daß er dadurch beim Unterhalt der Gesamtarbeitskraft einspart. Es ist offensichtlich, daß die notwendige Vermittlung in der Zuweisung eines minderbewerteten Status an alle Frauen besteht, auf allen Ebenen der zivilen Gesellschaft.

      
Mehr dazu
Marijke Colle: Bolschewiki und Feminismus: Eine turbulente Beziehung, die internationale Nr. 2/2018 (März/April 2018)
Edith Bartelmus-Scholich: So revolutionär wie feministisch (Rezension zu Cinzia Arruzza: Feminismus und Marxismus), die internationale Nr. 1/2018 (Januar/Februar 2018)
Cinzia Arruzza: Marxismus und Feminismus, Inprekorr Nr. 2/2016 (März/April 2016)
Jacqueline Heinen: Frauenbefreiungsbewegung und Klassenkampf, Inprekorr Nr. 442/443 (September/Oktober 2008)
Lidia Cirillo: Feministische Theoriebildung, Inprekorr Nr. 329 (März 1999)
Barbara Schulz: Frauen in der Oktoberrevolution, Inprekorr Nr. 253 (November 1992)
 

Dazu bedarf es keiner großen schöpferischen Phantasie. Es genügt, die Jahrtausende alte Unterdrückung zu übernehmen und dadurch fortzusetzen, mit aktiver Unterstützung derjenigen – aus allen sozialen Klassen –, die daraus unleugbare materielle und moralische Vorteile ziehen. Den Männern wurde ein kollektiver Status als Unterdrücker garantiert, mit Brosamen von Mehrwert (erhöhte Löhne), sozialen (keine Hausarbeit zu leisten) und ideologischen Privilegien. Diese letzteren rufen bei den am meisten Ausgebeuteten Gefühle wie bei kleinbürgerlichen Kolonisten gegenüber den. Eingeborenen in den Kolonialländern hervor, Gefühle, die ein wichtiger Faktor bei der Verschüttung von Klassenbewußtsein sind.

Offensichtlich gibt es im kapitalistischen System in allen Klassen sowohl Männer als auch Frauen. Innerhalb jeder Klasse sind ihre historischen Interessen identisch (man kann sich noch über die widersprüchlichen Interessen der Frauen der Bourgeoisie im unklaren sein). Konjunkturell und konkret stellen sich die Dinge anders dar: Konkurrenz um den Arbeitsplatz, besonders in Krisenperioden; Konkurrenz um den Zugang zu wichtigen Posten; Konkurrenz im politischen und im gewerkschaftlichen Bereich, einem der am meisten verteidigten Bastionen der Männer … Diese gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Männern und Frauen fügen sich schlecht in den Rahmen vorgefaßter Vorstellungen ein. Von Sklaverei oder Leibeigenschaft zu sprechen, führt dazu, nicht die rechtliche Freiheit, die „Gleichheit“ zu verstehen, die die Frauen heute genießen.

Die Männer befinden sich von Geburt an in einer generell „privilegierten“ Situation gegenüber den Frauen ihrer Klasse und bei gewissen Punkten in bezug auf alle Frauen. Eine partielle Analogie besteht mit den rassischen Minderheiten (wie in den USA), mit dem wesentlichen Unterschied, daß die Unterdrückung nicht individuell ausgeübt wird: nicht jeder Weiße hat einen Schwarzen, den er unterdrücken kann.

Wenn wir hinzufügen, daß das Archaische dieser Unterdrückung in Verbindung mit der Unmittelbarkeit der Beziehung zwischen Männern und Frauen ihr eine Hauptrolle bei der Strukturierung der individuellen Persönlichkeit zuweist, schließen wir daraus auf ihre Fähigkeit, über die kapitalistischen Produktionsverhältnisse und sogar über die gegenwärtige Familie hinaus fortzudauern. Die Geschlechterkonflikte existieren (wenn auch durch den Klassenkampf zersplittert), wir treffen jeden Tag auf sie. Daß die innere Entwicklung des Kapitalismus zum Teil eine objektive und widersprüchliche Basis für ihre Überwindung geliefert hat, daß die Zerstörung des Systems diese objektive Basis erweitert, das ist offensichtlich. Aber, und das konnten Marx und Engels schwerlich wahrnehmen, der subjektive Faktor, der unabhängige Kampf der Frauen, ist bestimmend.

Die Stärke des Marxismus besteht darin, daß er die Methode darstellt, die es erlaubt, die vereinzelten Fragmente der Frauenunterdrückung (Arbeit, Familie, Werte …) zu einer Gesamtheit wieder zusammenzufügen, die ihnen einen Sinn gibt. Diese Methode stellt die Frau wieder in die Geschichte und das Gesellschaftliche, woraus sie von der patriarchalischen Ideologie (und nicht von der Realität) geworfen worden waren. Indem sie dies tut, stellt sie sich nicht neben den Klassenkampf, sondern dringt mitten in ihn hinein. Nicht weil sie die am meisten Ausgebeuteten und Unterdrückten sind, sondern weil ihre Unterdrückung dem Kapitalismus ermöglicht, auf allen Ebenen zu funktionieren, und weil diese Unterdrückung in anderen Formen auf andere Unterdrückungsgesellschaften übertragen werden kann.


Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 223 (Januar 1990). | Startseite | Impressum | Datenschutz


[1] Gynäkeion: Frauengemach des altgriechischen Hauses. „Das Frauengemach war ein abgesondertes Stück des Hauses, im oberen Stock oder im Hinterhaus, wohin Männer, namentlich Fremde nicht leicht kamen und wohin sie [die Frauen] sich bei Männerbesuch zurückzogen. Die Frauen gingen nicht aus ohne Begleitung einer Sklavin: zu Hause wurden sie förmlich bewacht …“ (F. Engels. Der Ursprung der Familie, des Privateigenturns und des Staats, in: K. Marx / F. Engels, Werke [MEW]. Bd.  21, Berlin 1984, S. 67.)

[2] Ebd., S. 75.

[3] F. Tristan. Arbeiterunion [1843], in: Arbeiterunion. Sozialismus und Feminismus im 19. Jahrhundert (Hg. P. Kleiser), Frankfurt 1988, S. 124.

[4] Engels, a.a.O., S. 75.

[5] Ebd., S. 68.

[6] K. Marx, Das Kapital, Bd. l, in: MEW. Bd. 23. Berlin 1984. S. 416.

[7] Ebd., S. 417.

[8] F. Engels. Die Lage der arbeitenden Klasse in England [1845], in: MEW, Bd. 2. Berlin 1970. S. 169.

[9] Wenige wissen, daß der „ungebändigte Kapitalismus“ kollektive Dienste (Krippen. Kinderverwahranstalten) mit offensichtlich beklagenswerten Zuständen eingerichtet hatte, Einrichtungen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts wieder verschwanden.

[10] Der sich ausdehnende Markt für Fertiggerichte und Konserven, für Konfektionskleider und Staubsauger, die steigende Nachfrage nach elektrischen Haushaltgeräten aller Art entsprechen dem rapiden Rückgang der innerhalb der Familie früher durch die Arbeiterfrau, die Arbeitermutter oder die Arbeitertochter gesicherten Produktion unmittelbarer Gebrauchswerte: Mahlzeiten. Kleider und unmittelbare Dienstleistungen für den ganzen Haushalt, d. h. Heizen. Putzen, Waschen usw. Indem die Reproduktion der Ware Arbeitskraft immer mehr durch kapitalistisch erzeugte Waren und kapitalistisch organisierte und angebotene Dienstleistungen vermittelt wird, erlischt die materielle Basis der Einzelfamilie auch in der Konsumsphäre.“ (E. Mandel. Der Spätkapitalismus, Frankfurt 1972, S. 357.)

[11] K. Marx, Die ethnologischen Exzerpthefte (Hg. L. Krader), Frankfurt 1976. S. 160; vgl. auch MEW, Bd. 21. S. 61.

[12] Ebd., S. 68.