Interview mit den rot-grünen Abgeordneten Jette Gottlieb und Søren Søndergaard
Nach den Wahlen habt ihr eine „bedingungslose Unterstützung“ für Poul Nyrup Rasmussen [1] angekündigt. Was bedeutet das? |
J.G.: Die bedingungslose Unterstützung gilt für die Regierungsbildung und für sonst gar nichts.
S.S.: Und es wäre keine Unterstützung für eine bestimmte Koalition. Wir stützen ihn als Verhandlungsführer und Staatsministerkandidat, weil wir keine Rechtsregierung wollen.
Wir haben auch gesagt: Wenn man uns fragen würde, würden wir uns eine sozialdemokratische Minderheitsregierung [2] wünschen. Aber man hat uns nicht gefragt, und das hängt u.a. damit zusammen, daß Nyrup genau verstanden hat, warum wir uns eben das wünschen. Eine sozialdemokratische Minderheitsregierung könnte sich bei faulen Kompromissen nämlich gegenüber ihrer Basis nicht mehr damit verteidigen, daß sie die Regierungseinheit bewahren müßte.
J.G.: Die „bedingungslose Unterstützung“ bezieht sich nur auf die Regierungsbildung und bedeutet nicht, daß die Einheitsliste ein Sicherheitsnetz für die Regierung ist.
Wir können uns gut vorstellen, Vorschlägen der bürgerlichen Parteien zuzustimmen. Aber wir lassen uns nicht in eine Taktik einbauen, wenn der Rechtsblock die Regierung stürzen will. Käme sie in die Minderheit, würden wir sie anschließend beim Mißtrauensvotum unterstützen.
Im Wahlkampf habt ihr erklärt, für die kleinste Verbesserung und gegen die kleinste Verschlechterung stimmen zu wollen. Was wollt ihr machen, wenn das zu Paketen zusammengeschnürt wird? |
J.G.: Die Diskussion hat gerade begonnen. Die meisten Gesetzentwürfe sind in Wirklichkeit Paketlösungen mit Vor- und Nachteilen. Das öffnet Raum für Bewertungen. Aber von dort zu wirklichen Paketlösungen, wo man etwas bekommt und etwas gibt, ist es ein Stück Weges.
Wie will die Fraktion der Einheitsliste mit dem gewählten Vorstand zusammenarbeiten? |
J.G.: Nach unserem Statut gibt es da gar keinen Zweifel, da hat der Vorstand natürlich großen Einfluß. Die Frage ist, wie das in der Praxis organisiert wird. Man sollte ein paar Prinzipien festlegen und das dann ausprobieren.
|
||||||
S.S.: Aber will doch eine Warnung aussprechen. Ich habe so oft gehört, daß die Fraktion außerparlamentarisch orientiert sein soll. Nun sind wir sechs Menschen in der Fraktion. Und wenn man erwartet, daß die sechs Leute jetzt „das richtige“ machen sollen, dann bekommen wir Probleme.
Das muß eher die ganze Organisation sein, die die Parlamentsfraktion außerparlamentarisch nutzt. Die Organisation muß ihr Recht durchsetzen. Je aktiver und dynamischer die Organisation ist, desto bessere Möglichkeiten haben wir dafür.
Aus: Røde Tråd, 30.9.1994 |
Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 277 (November 1994).