Sudan

Konflikt zwischen Putschisten im Sudan

Im Sudan finden heftige Kämpfe zwischen der Armee und paramilitärischen Gruppen statt. Sie führen einen gnadenlosen Krieg um die Kontrolle des Landes und gefährden die Verhandlungen über die Bildung einer Zivilregierung.

Paul Martial

Gemeinsam hatten sie [2021] die Zivilregierung gestürzt, die aus der sudanesischen Revolution hervorgegangen war, die das Regime von Omar al-Bashir beendete. Keine drei Jahre später haben sich die schon länger bestehenden Rivalitäten zwischen Abdel Fattah al-Burhan, dem Chef der regulären Truppen, den sudanesischen Streitkräften (SAF) und der paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF) unter der Führung von Mohamed Hamdan Dogolo, bekannt als Hemidti, in einen offenen und tödlichen Konflikt verwandelt.


Ein Krieg, der sich ausweitet


 

Solidarität mit der Revolution im Sudan

Berlin, 2019. Foto: Hossam el-Hamalawy

Die beiden Lager kämpfen mit schweren Waffen um strategische Positionen in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Die RSF versuchen, die offiziellen Medien, den Präsidentenpalast und den Flughafen einzunehmen. Die SAF hingegen zögert nicht, die Luftwaffe einzusetzen, um die RSF-Lager in den verschiedenen Wohngebieten zu bombardieren.

Die Bewohner*innen haben keine andere Wahl, als zu Hause zu bleiben und zu hoffen, dass die Granaten nicht ihre Häuser treffen. Dutzende Zivilisten wurden bereits getötet und Hunderte verletzt.

Die Befürchtungen, dass sich der Konflikt im ganzen Land ausbreiten wird, haben sich bereits bestätigt. Die Kämpfe finden auch in mehreren anderen Großstädten statt, in Port Sudan, Kabkabiya in Nord-Darfur, El Obeid in Nord-Kordofan, Zalingei in Zentral-Darfur und auch in El Geneina, der Hauptstadt von West-Darfur.


Paramilitärische Gewalt


Die RSF gingen aus den Dschandschawid hervor. Diese Milizen wurden während des Darfur-Konflikts vor zwanzig Jahren von Omar al-Bashir häufig zur Verbreitung von Terror eingesetzt. Dies führte dazu, dass Bashir vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt wurde. Unter der Führung von Hemidti halfen die Dschandschawid beim Aufbau der paramilitärischen Gruppe RSF. Letztere kontrollieren die Goldminen des Landes, so dass ihr Anführer einer der reichsten Männer im Sudan wurde. Die RSF fungierte auch als Grenzschutz. Sie waren in Menschenhandel verwickelt. Migrant*innen, die versuchten, die Grenze zu überqueren, haben sie verhaftet und an libysche Milizen verkauft. Auf Anforderung Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate spielte die RSF im Krieg im Jemen gegen die Huthis die Rolle von bezahlten Söldnern.

Wenn Hemidti in den letzten Monaten nicht aufgehört hat, den von ihm mit ausgeführten Staatsstreich zu kritisieren, und die Zivilbevölkerung aufruft, ihn zu unterstützen, hat niemand vergessen, dass die RSF für das Massaker am Sit-in vom 3. Juni 2019 verantwortlich waren, bei dem mehr als hundert Demonstrant*innen ermordet wurden, und weiterhin umfassend an der Unterdrückung von Gegner*innen beteiligt sind.

      
Mehr dazu
Ali Taha: Was wird aus dem Sudan angesichts des Machtkampfs der Generäle, die internationale Nr. 4/2023 (Juli/August 2023) (nur online)
Luiza Toscane: Weder Sieger noch Besiegte, die internationale Nr. 3/2023 (Mai/Juni 2023) (nur online). Auch bei intersoz.org
Joshua Craze: Schüsse in Khartum, intersoz.org (23.04.2023)
Muzan Alneel: Das Volk organisiert sich, um sein Existenzrecht zu verteidigen, die internationale Nr. 4/2022 (Juli/August 2022). Auch bei intersoz.org
Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale: Solidarität mit der sudanesischen Revolution!, die internationale Nr. 3/2019 (Mai/Juni 2019) (nur online)
 

Was steht in dem Konflikt auf dem Spiel?


Paradoxerweise war es die monatelang zwischen dem Militär und einem Teil der demokratischen Kräfte ausgehandelte Vereinbarung, die Macht an Zivilist*innen zu übergeben, die den Konflikt entfachte. Ein erstes Rahmenabkommen war unterzeichnet worden. Dieses Abkommen ließ einige wichtige Fragen ungelöst, darunter die Integration der RSF in die SAF. Burhan schlug eine schrittweise Integration vor, während Hemidti im Gegenteil darauf abzielte, die RSF als solche zu integrieren. Dies hätte es ihm erlaubt, weiter eine Schlüsselrolle im Sudan zu spielen. Seine Ambitionen, an der Spitze des Landes zu stehen, hat er nie verheimlicht. Eine Art Rache dieses ehemaligen Kamelhändlers aus Darfur. Gleichzeitig war ein Teil der SAF unter der Leitung von General Shams el-Din Kabbashi mit dem Verhandlungsprozess mit den Zivilist*innen nicht zufrieden. Schließlich konnten die islamistischen Offiziere Hemidti etwas nie verzeihen, was sie als Verrat betrachteten. Hemidti hatte sich geweigert, Omar al-Bashir bis zum Ende zu unterstützen, als seine Macht 2019 unter Druck der Straße wankte.

Die Ereignisse können auch als Bestätigung für die Bedeutung der Position der Widerstandskomitees angesehen werden. Sie haben sich immer geweigert, mit einer Militärmacht zu verhandeln, die seit der Unabhängigkeit des Landes nicht aufgehört hat, Staatsstreiche durchzuführen und ihre eigenen Zusagen zu verraten.

Erinnern wir uns daran, dass Burhan und Hemidti ihren Putsch damit gerechtfertigt hatten, dass sie verhindern wollten, dass das Land ins Chaos stürzt.

19. April 2023
Quelle: l’Anticapitaliste
Übersetzung: Björn Mertens



Dieser Artikel erschien in der Online-Ausgabe von die internationale Nr. 3/2023 (Mai/Juni 2023) (nur online). | Startseite | Impressum | Datenschutz