Vierte Internationale

Zur Lesben- und Schwulenbefreiung

15. Weltkongress der IV. Internationale

Inhalt
Teil I – Grundlagen der Unterdrückung
Teil II – Unsere Standpunkte
Teil III – Unsere Taktik beim Aufbau der Bewegung
Teil IV – Öffentliches Profil und internes Leben

Seit Ende der 1960er Jahre haben sich Bewegungen von Lesben und Schwulen beträchtlich vermehrt und auf alle Kontinente ausgedehnt. In einigen Ländern ist es ihnen gelungen bedeutsame Reformen durchzusetzen, während viele andere Bewegungen in die Defensive gerieten. Seit den 1980ern sind Bewegungen von Lesben und Schwulen in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Osteuropas entstanden, wo es sie vorher nicht gegeben hatte; sie gewannen wieder Kraft in Schlüsselländern Lateinamerikas (Mexiko, Brasilien, Argentinien), wo sie zuvor Rückschläge hatten hinnehmen müssen; und bei mehreren Gelegenheiten mobilisierten sie Hunderttausende in Westeuropa und Nordamerika.

Die wichtigsten Lehren, die wir aus unserer Beteiligung an diesen Bewegungen gezogen haben und die wir in dem folgenden Text zum Ausdruck bringen, sind die folgenden:

  1. Die Unterdrückung, unter der Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) [1] zu leiden haben, ist eine Realität in allen Ländern der Welt. Die Assoziation von HIV mit Homosexualität hat zu einer globalen Stigmatisierung von Sex unter Männern und von Geschlechtsverkehr außerhalb der monogamen heterosexuellen Familie geführt. Sexualität ist generell eine politische Frage.

  2. In unserem Verständnis gibt es einen wesentlichen Zusammenhang zwischen Unterdrückung von LGBT-Menschen und Frauenunterdrückung; die Kämpfe für ihre Befreiung sind demzufolge eng miteinander verbunden.

  3. Wir verteidigen die Notwendigkeit autonomer Organisierung von LGBT-Menschen, weil wir davon ausgehen, dass Unterdrückung nur durch Selbstorganisierung überwunden werden kann.

  4. Wir kämpfen dafür, dass der Zusammenhang zwischen dem Kampf der Lesben und Schwulen und der ArbeiterInnenbewegung verstanden wird, lehnen es aber ab, dass der Kampf der Lesben und Schwulen irgendeiner anderen Bewegung untergeordnet wird.

  5. Wir setzen uns für eine internationalistisches Herangehens an diese Fragen ein. LGBT werden überall unterdrückt, wenn auch in unterschiedlicher Weise. Die Bewegung muss sich international organisieren und sich mit den am meisten Unterdrückten solidarisieren.

  6. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, müssen wir unser eigenes Haus – das der revolutionären Linken – in Ordnung bringen. Dies erfordert in vielerlei Hinsicht einen Wandel unserer Organisationen.

Seit langem kämpfen linke Lesben und Schwule innerhalb der ArbeiterInnenbewegung mühevoll für ein besseres Verständnis ihrer Lage und für die Unterstützung ihrer Anliegen. Bis in die 1970er und noch erfuhren sie Ablehnung und Vorurteile in allen Strömungen der Linken. Im Allgemeinen haben sozialdemokratische Parteien und Bewegungen der ArbeiterInnenklasse nicht gerade positiv auf Fragen der sexuellen Befreiung reagiert. Aber Versuche, Verbindungen zur ArbeiterInnenbewegung herzustellen, haben auch zu Erfolgen geführt, beinahe schon zu Beginn dieser Bewegungen am Ende des 19. Jahrhunderts.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden die Forderungen des 1897 in Deutschland gegründeten Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) und anderer europäischer Sex-Reform-Organisationen von vielen sozialdemokratischen und kommunistischen Parteien, aber nur selten von bürgerlichen Parteien, und unter den damals amtierenden Regierungen allein von der bolschewistischen Regierung unterstützt. Selbst unter der bolschewistischen Regierung konnte die Unterstützung sexueller Freiheit nicht als gegeben angesehen werden, wie in den Schriften Kollontais nachzulesen ist. Der Sieg des Stalinismus in der Sowjetunion führte zum Kippen vieler Errungenschaften der Frauenemanzipation und sexueller Befreiung und sorgte für die Verbreitung homophober Vorurteile in fast allen stalinistischen und mao-stalinistischen Strömungen von den 1930ern bis in die 1980er Jahre. Aber das Entstehen der Lesben- und Schwulenbefreiungsbewegung in Westeuropa, in Nord- und Lateinamerika in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren fiel mit dem Aufstieg der radikalen und revolutionären Linken zusammen. Der Feminismus und insbesondere der sozialistische Feminismus waren von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der lesbisch/schwulen Befreiungsbewegung im Zusammenhang mit einer globalen Infragestellung der Gesellschaft.

Dieser Text


Teil I – Grundlagen der Unterdrückung



1
Auch wenn der Grad der Unterdrückung oder der Toleranz stark voneinander abweicht: Nirgendwo gibt es heute in den kapitalistischen Gesellschaften eine vollständige Gleichheit oder Freiheit für Lesben, Schwule, Bisexuelle oder Transgender [zur Definition s. Punkt 18.]. Heterosexismus, d. h. die Unterdrückung, der diese Menschen ausgesetzt sind, ähnelt dem Sexismus, „der in allen Bereichen zum Ausdruck kommt – in der Politik, im Berufsleben und in der Erziehung bis hin zu den persönlichsten Fragen des Alltagslebens“, wie es schon die Resolution zur Frauenbefreiung formulierte, die die Vierte Internationale 1979 verabschiedet hat.


2
Heterosexismus ist tief in der Institution der heterosexuellen, patriarchalen Familie verwurzelt, die für den Kapitalismus charakteristisch ist. Die Familie ist „die wichtigste sozioökonomische Institution zur Verewigung der Klassenteilung der Gesellschaft von einer Generation zur nächsten“, wie es die Resolution von 1979 zur Frauenbefreiung ausdrückte. In der Form, in der sie sich im Kapitalismus entwickelt hat, schafft sie „den billigsten und ideologisch annehmbarsten Mechanismus zur Reproduktion menschlicher Arbeitskraft“ – indem sie unbezahlte, weitestgehend weibliche Arbeitskraft zur Versorgung der Jungen und der Alten wie auch der arbeitenden Erwachsenen nutzt. Die Familie „ist eine repressive und konservierende Einrichtung, die in sich selbst die hierarchischen, autoritären Verhältnisse reproduziert, die notwendig sind, um die Klassengesellschaft insgesamt aufrechtzuerhalten.“ Besonders repressiv ist das Familiensystem gegenüber Frauen und Kindern. Wesentlich für die Beziehungen, die die Familie mehr oder weniger adäquat in der kapitalistischen Gesellschaft von Generation zu Generation reproduziert, ist zum einen die monogame, heterosexuelle Liebe (die letztlich die Grundlage für die Heirat und die Bildung neuer Familien sein soll) und zum anderen die elterliche Liebe, die die Erwachsenen an ihre biologischen Kinder binden soll, indem sie Zuneigung, Verantwortung und Autorität miteinander kombiniert. Der Staat wie auch medizinische und psychiatrische Einrichtungen sind so ausgerichtet, dass sie stabile, zeugungsfähige Heterosexualität fördern und andere Formen der Sexualität stigmatisieren, herabwerten und oft auch unterdrücken, die als abnormal, pathologisch und unverantwortlich dargestellt werden.

Solange die Gesellschaft in einer Form organisiert ist, die davon ausgeht, dass viele grundlegende Bedürfnisse innerhalb der Familie befriedigt werden, haben all diejenigen, die hierbei am Rande stehen oder es vorziehen, nicht in dieser Form zu leben, Schwierigkeiten, ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Im Kapitalismus setzt dieses Familiensystem die heterosexuelle Norm voraus, reproduziert sie, durchdringt Staat und Gesellschaft und unterdrückt alle, die von diesem abweichen. Solange die heterosexuelle Liebe als die Grundlage für die Bildung einer Familie angesehen wird, werden Menschen, deren emotionales und sexuelles Leben weitgehend von gleichgeschlechtlicher Liebe bestimmt sind, an den Rand familiären Lebens gedrängt. Solange die Familie der zentrale Ort ist, an dem Kinder aufgezogen werden, wachsen lesbisch/schwule/bisexuelle/transsexuelle/transgender Kinder entfremdet auf, und zwar noch mehr als Kinder und junge Leute normalerweise schon in der Familie entfremdet sind; und der Zugang dieser Kinder zu Erwachsenen, im besonderen unverheirateten Erwachsenen und anderen Kindern, mit denen sie nicht biologisch verwandt sind, ist oft eingeschränkt. Solange ausschließlich heterosexuelles Begehren und Romantik die kapitalistische Konsumkultur prägen, fühlen sich LGBT-Menschen nicht wahrgenommen. Solange der Staat sowie medizinische und psychiatrische Einrichtungen die Heterosexualität als die Norm definieren, werden LGBT direkt oder indirekt diskriminiert und an den Rand gedrängt. Repressive Gesetze und die weitverbreitete gesellschaftliche Diskriminierung verstärken diese Unterdrückung in vielen Ländern der Welt, aber die Aufhebung repressiver Gesetze und der Kampf gegen gesellschaftliche Diskriminierung werden nicht reichen, diese Unterdrückung zu beseitigen.


3
Für Millionen Menschen auf der ganzen Welt, besonders – aber nicht nur – in den unterentwickelt gehaltenen Ländern, kann gleichgeschlechtliche Liebe nur episodisch, am Rande der Familien gelebt werden; oft verborgen vor Eltern, bei denen sie noch leben, oder vor andersgeschlechtlichen EhepartnerInnen. Angesichts ihrer extrem begrenzten sozialen und wirtschaftlichen Möglichkeiten heiraten Millionen Frauen, einfach um überleben zu können; diesen Druck erleben auch Männer, aber in geringerem Ausmaß. Für abertausende Männer und Frauen geht das Scheitern, sich der heterosexuellen Norm anzupassen, einher mit einem offensichtlichen Unvermögen, den Normen der Männlichkeit und der Weiblichkeit zu entsprechen, was es ihnen schwer oder auch unmöglich macht, heterosexuelle Rollen zu spielen. Tausende transsexuelle/transgender Menschen, die nicht gewillt oder in der Lage sind, sich in gesellschaftlich anerkannte Familien einzufügen, und die nicht fähig oder bereit sind, als „wirkliche Männer“ oder „wirkliche Frauen“ zu leben, werden an den äußersten Rand des Arbeitsmarktes wie auch der Gesellschaft verbannt; vielfach bestreiten sie ihren Lebensunterhalt im Sex-Geschäft oder anderen stigmatisierten Beschäftigungen und sind mit allgemeiner Verachtung und sogar gewalttätigen Angriffen konfrontiert. Viele LGBT auf der ganzen Welt erleben die Repression als tägliche Realität: Gefängnis, Vergewaltigung, Folter und Mord.


4
In abhängig gehaltenen Ländern nimmt der Heterosexismus bisweilen besonders bösartige Formen an. Vom 16. bis zum 20. Jahrhundert nutzten europäische Eroberer oft das Ausrotten von „Sodomie“ als ideologische Rechtfertigung für die Eroberung und Beherrschung anderer Völker. Viele Länder, die heute formal oder politisch unabhängig sind, haben noch Gesetze gegen die Homosexualität, die von den früheren Kolonialherren erlassen worden waren.

In abhängig gehaltenen wie in imperialistischen Ländern wird Beibehaltung repressiver Gesetze, Politik, Sitten und Gebräuche oft religiös begründet; dazu gehören das Christentum, der Islam und der Hinduismus. In Ländern, in denen die Trennung zwischen Staat und Religion noch nicht durchgesetzt werden konnte, wird dies aufrechterhalten mittels offizieller religiöser oder gemeindlicher Rechtsprechung über die Familie und das persönliche Leben. Oft argumentieren die religiöse Rechte und die Fundamentalisten damit, dass der „ Moralkodex“, den sie vertreten, tief im traditionellen Gefüge der Gesellschaft verankert sei, in dem sie organisiert sind.

In Wirklichkeit hat die reaktionärste Praxis, im Besonderen jene, die sich gegen Frauen wie auch gegen sexuelle „Abweichungen“ richtet, oft keine solchen Wurzeln, sondern ist vollständig neueren Datums und durch und durch reaktionär. Ein zweiter entscheidender ideologischer Mythos ist die Ansicht, dass Homosexualität in diesen Gesellschaften ein weiteres negatives Erbe des Imperialismus sei. Wir argumentieren für ein materialistisches Verständnis des Wachstums lesbischer und schwuler Identitäten im Zusammenhang mit der vorangeschrittenen Industrialisierung und Verstädterung, aber gleichzeitig werben wir für ein Verständnis der Geschichte gleichgeschlechtlicher Beziehungen unterschiedlicher Art in traditionellen Kulturen.

Fehlende oder schlechte sozialstaatliche Einrichtungen sowie niedrige Löhne fördern in den abhängig gehaltenen Ländern die Abhängigkeit von traditionellen Familienstrukturen. Besonders in ländlichen Gegenden erschwert das Fehlen nicht-traditioneller gesellschaftlicher oder politischer Organisationen oder kultureller Alternativen nonkonforme Lebensweisen. Menschen in abhängig gehaltenen Ländern sind auch ganz besonders anfällig für ausbeuterische Formen des heimischen Sexgewerbes und des internationalen Sextourismus. In diesem Zusammenhang betrachtet die Vierte Internationale die Selbstorganisierung von LGBT als einen wichtigen Teil eines umfassenden Projekts nationaler Befreiung, was zwangsläufig beinhaltet, nationale und religiöse Machtstrukturen wie auch den Imperialismus infrage zu stellen. Die offene Beteiligung von LGBT an demokratischen Massenbewegungen in einigen lateinamerikanischen, südafrikanischen und südostasiatischen Ländern haben erkennen lassen, wie schwul-/lesbische Befreiung und nationale Befreiung zusammenwirken können.


5
Nur aufgrund gestiegener Löhne und der Entwicklung sozialer Sicherungssysteme im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde es möglich, dass Menschen aus der ArbeiterInnenklasse auf Massenebene unabhängig von ihren Familien leben können, ohne zu heiraten und eine neue Familie zu gründen; und nur so wurde es möglich, längerfristig tragende emotionale und sexuelle Beziehungen mit Menschen des gleichen Geschlechts aufrechtzuerhalten und sich offen auftretenden dauerhaften lesbischen und schwulen Gemeinschaften (Communities) anzuschließen und sich mit ihnen zu identifizieren. Gleichzeitig ist in wachsendem Maße sexuelle Anziehung und romantische Liebe zur Grundlage heterosexueller Heirat geworden, wenngleich es noch starken materiellen Druck zum Heiraten gibt und in vielen Ländern arrangierte Heiraten nach wie vor die Norm sind.

Besonders in imperialistischen Ländern und unter Männern findet homosexuelles Leben im kommerziellem Milieu statt, was die für den Kapitalismus typische Art ist, auf das Bedürfnis von LGBT zu reagieren, nämlich Orte zu haben, wo sie sich treffen und Kontakte knüpfen können. Dort, wo sich dieser kommerzielle Raum ausgedehnt hat und es nur wenige Möglichkeiten gibt, wo LGBT frei in der Gesellschaft leben können, ist das Ergebnis widersprüchlich. Auf der einen Seite ist es ein Schritt nach vorne, dass LGBT in dieser Umgebung die Möglichkeit haben, offen zu ihrer Sexualität zu stehen. Auf der anderen Seite ist es inakzeptabel, dass sie dies nicht in der gesamten sie umgebenden Gesellschaft können. In vielen Fällen hat die Existenz dieser spezifischen Szene den Anstoß für die Entwicklung der lesbisch/schwulen Bewegung gegeben.

Ein weiterer Schwachpunkt liegt darin, dass diese Szene in der Art beschränkt ist, wie sie es ermöglicht, persönliche Beziehungen zu jemandem zu haben, auch wenn sich das mit dem Wachstum der Szene verbessert hat. Im Allgemeinen bleibt sie männerdominiert und führt Vorstellungen sexueller Anziehung fort, die gegen ältere Menschen eingestellt und auch rassistisch geprägt sind – kurz sie konzipiert Sex als eine Ware und schafft keine Umgebung, in der LGBT ganz einfach als vollwertige Menschen persönliche Beziehungen zueinander haben können.

Lesbisch/schwule Communities, in denen sich alle Frauen und Männer unterschiedlicher Klassen zusammenfinden, welche sich als Lesben oder Schwule identifizieren, sind mit den Identitäten und Subkulturen, die sich dort entwickelt haben, die Basis gewesen, auf der lesbisch/schwule Bewegungen entstanden sind. Vieles an der lesbisch/schwulen Subkultur wurde wegen ihrer Entfremdung kritisiert, aber wenn diese Kritik von den Medien oder der Rechten kommt, dann wird dabei bewusst übersehen, dass in Wirklichkeit im Kapitalismus jegliche Sexualität zunehmend als Ware präsentiert wird.

Lesbisch/schwule Bewegungen haben sich meistens gegen eine bestimmte Politik oder bestimmte Gesetze gewandt, mit denen gleichgeschlechtliche Sexualität oder LGBT-Menschen unterdrückt werden; und sie kämpfen für Gesetze, die jegliche Form sexueller Diskriminierung verbieten und die den gleichgeschlechtlichen Beziehungen volle Anerkennung und gleiche rechtliche und politische Behandlung sicherstellen.


6
Seit den 1970er Jahren hat sich das Verhältnis junger Menschen zur Sexualität in vielen Ländern gewandelt, und zwar auf widersprüchliche Art. Die Sexualität junger Menschen hat einiges von ihrem Tabu verloren; die Körper und die Sexualität junger Menschen wurde in den Medien sichtbarer und die kommerzielle Werbung benutzt und missbraucht sie zunehmend, um Produkte zu verkaufen. Die Rückschläge, die durch Aids wie durch das Hochkommen eines neuen Moralismus verursacht wurden, haben diesen Trend nicht gestoppt.

Aber die Sexualität junger Menschen wird immer noch unterdrückt, im Besonderen die junger Frauen und junger LGBT. Kinder und Jugendliche werden immer noch zu Hause und in der Schule unter Druck gesetzt, sich den anerkannten Geschlechterrollen anzupassen; Vorurteile, Scham über ihren eigenen Körper und die Angst vor Grenzüberschreitungen gehören zu den wesentlichen Inhalten, die ihnen vermittelt werden.

Und wie eh und je verfügen junge Menschen nicht über die materiellen Bedingungen, um ihre Sexualität frei zu leben. Die Abhängigkeit dieser Menschen von ihren Familien ist mit dem Angriff auf soziale Errungenschaften sogar wieder gestiegen. Lesben-/Schwulen-Treffs sind oft strikt kommerziell, was viele junge Menschen ausschließt, die nur wenig Geld haben. Und es gibt auch noch Beschränkungen für junge Menschen beim Zugang zu Informationen über Sexualität, zu Verhütungsmitteln und zu entsprechenden Informationen.

Mangelnder Zugang zu Kondomen und zu Informationen über Sexualität ist ein besonderer Punkt, wenn es um die Übertragung von AIDS oder anderen sexuell übertragbaren Krankheiten geht. Auch wenn heute in vielen Ländern die Darstellung von Homosexualität in den Medien verbreiteter ist als früher, so sind diese Wiedergaben doch oft entstellt und stereotyp. Jüngere Menschen sind zwar meist offener und weniger homophob als ältere Generationen, aber für viele junge Menschen ist das Coming-out immer noch ein schmerzhafter Prozess, sogar in vorgeblich toleranten Kulturen, was schon an der sehr hohen Suizidrate junger Lesben und Schwulen zu sehen ist.


7
Die Resolution zur Frauenbefreiung stellte vor über zwanzig Jahren fest: „Heute ist die herrschende Klasse angesichts sich vertiefender wirtschaftlicher Probleme dabei, die Sozialausgaben zusammenzustreichen und zu versuchen, diese Last wieder den einzelnen Familien aufzubürden.“ In den vergangenen Jahrzehnten ist diese Lage nur noch schlimmer geworden. Zusammen mit stagnierenden oder sinkenden Einkommen und wachsender Erwerbslosigkeit bedrohen diese Kürzungen wesentliche Lebensbedingungen – als da sind Wohnen, Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung und andere Arten sozialer Absicherung – für LGBT, um annehmbar außerhalb heterosexueller Familien leben und ihre Communities unterstützen zu können. Die Auswirkungen waren besonders verheerend in neu entstandenen Communities in abhängig gehaltenen Ländern, etwa seit 1982 in Lateinamerika und seit 1997 in Südost- und Ostasien, was dazu führt, die Familien-Ideologie wieder zu stärken. Dort, wo es Lesben-/Schwulen-Bewegungen gibt, sollten sie sich offen an den Kämpfen gegen die kapitalistische Sparpolitik beteiligen; in jedem Fall sollten in diesen Kämpfen die spezifischen Forderungen der LGBT nach spezifischen Angeboten oder deren Aufnahme in bestehende Programme aufgenommen werden.

Die Bewegung für eine andere Globalisierung, die von Seattle über Porto Alegre gewachsen ist, lässt viele Kämpfe gegen die kapitalistische Austeritätspolitik zusammenwachsen und macht sie breiter, demokratischer und für Mitwirkung offener und schafft neue Gelegenheiten, die Linke neu zu sammeln und Kämpfe zu internationalisieren.

Dabei werden alle fortschrittlichen Bewegungen, einschließlich der LGBT-Bewegung, mit der Notwendigkeit konfrontiert, neue Richtungen einzuschlagen und sich sozial und politisch neu zu definieren. Die neu sich für die Mitwirkung öffnenden Räume, die durch die Entwicklung des Weltsozialforums hin zu kontinentalen und nationalen Foren eingeleitet wurde, eröffnen den LGBT-Bewegungen eine Gelegenheit, sich nach neuen Verbündeten umzusehen, die Bedeutung der LGBT-Fragen anderen Bewegungen, etwa der ArbeiterInnenbewegung, zu vermitteln, die diese Fragen oft vernachlässigt haben, und andere radikale gesellschaftliche Forderungen in die eigenen Programme der LGBT-Bewegungen aufzunehmen.

In einer Zeit, in der „LGBT-Märkte“ einen neuen „Normerungs-“ und Spaltungsdruck auf die LGBT-Communities ausüben und in der international die meisten LGBT-Strömungen sich auf institutionelle und Lobbyarbeit konzentriert haben, ist es für die LGBT-Bewegungen entscheidend, dass sie Teil einer breiteren sozialen Debatte werden und sich an den Mobilisierungen gegen die neoliberale Globalisierung beteiligen.

Sie müssen die Ansichten und Perspektiven der LGBT in Kämpfe für einen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Wandel einbringen und sich dabei dem Druck widersetzen, die spezifischen LGBT-Kämpfe zugunsten „struktureller Fragen“ zurückzustellen. Es wird keine vollständige strukturelle Änderung geben, wenn die Strukturen sexueller Unterdrückung, die alle Menschen betreffen, unangetastet bleiben.


Teil II – Unsere Standpunkte



8
Beginnend mit der Radikalisierung Ende der 1960er Jahre haben sich AktivistInnen dafür ausgesprochen, über die Kämpfe für die Rechte von Schwulen und Lesben hinauszugehen, um die völlige Befreiung von Lesben und Schwulen zu fordern, was nämlich voraussetzt, dass die Institution kapitalistische Familie abstirbt und die vom Kapitalismus aufgezwungene heterosexuelle Norm infrage gestellt wird. Auch wenn in den Bewegungen seit den 1980er Jahren dieses Ansinnen weniger deutlich vertreten wurde, so sieht die Vierte Internationale doch völlige Gleichheit und Freiheit sowohl für Frauen als auch für LGBT nur als möglich an, wenn die Funktionen der Familie vergesellschaftet werden, was nur mit dem Sturz des Kapitalismus erreicht werden kann. Bei unserer Unterstützung der Kämpfe für die Rechte von Schwulen und Lesben versuchen wir Brücken zu bauen zwischen aktuellen Forderungen und dem Endziel der Lesben- und Schwulenbefreiung, was nach unserer Sicht verbunden ist mit dem Endziel der sozialistischen Revolution.

In dem Maße, wie wir unsere Vision der sozialistischen Gesellschaft vertiefen, für die wir kämpfen, werden wir auch die Vision der Schwulen- und Lesbenbefreiung darin integrieren. Indem wir gegen die repressiven und engen Konzeptionen von Männlichkeit, Weiblichkeit und Sexualität angehen, arbeiten wir für eine Gesellschaft, in der das (soziale) Geschlecht keine zentrale Kategorie mehr für die Organisierung des gesellschaftlichen Lebens sein wird, und in der die Konzepte von „Heterosexualität“ und „Homosexualität“, soweit sie noch existieren, keine gesetzlichen oder wirtschaftlichen Folgen haben werden. Wir machen uns stark für die Vergesellschaftung der verschiedenen Funktionen, die heute von der Familie wahrgenommen werden: unterschiedliche Formen kollektiver, gemeinschaftlicher Betreuung und Versorgung von Kindern und Gebrechlichen; eine Wirtschaft, die Menschen nicht zum Verlassen ihrer örtlichen Zusammenhänge zwingt; unterschiedliche Formen der Hauswirtschaft und der Kooperation innerhalb des örtlichen Gemeinwesens; und unterschiedliche Formen der Freundschaft, der Solidarität und der sexuellen Beziehungen.


9
In den meisten Kulturen sind Sexualität und sexuelle Aktivität immer noch Aspekte unseres Menschseins, die als gefährlich oder als der „Gesellschaft“ und nicht dem Individuum gehörig behandelt werden. Aber umwerfende Fortschritte in der Reproduktionstechnologie in den 1950er und 1960er Jahren trugen sehr stark zur Stärkung des Strebens nach sexueller Befreiung bei und halfen, Sexualität von Fortpflanzung zu trennen. Unter jungen Menschen und Studierenden entwickelte sich in den 1950er und 1960ern in den imperialistischen Ländern eine kulturelle Radikalisierung, die unter sich anderem daran machte, die traditionelle Klassifizierung der sozialen Geschlechter infrage zu stellen. Diese Kampfansage an die traditionelle Kultur beinhaltete auch neue Herangehensweisen an die Sexualität.

Die Kämpfe für das Recht auf Abtreibung und für freien Zugang zur Geburtenkontrolle genauso wie der Kampf für die Rechte von Schwulen und Lesben stellten die traditionelle Vorstellung infrage, nach der Sex unlösbar mit Fortpflanzung, Heirat und Familie verbunden sei. Neue Ansichten zu Sex und Sexualität förderten eine Aufwertung sexueller Freuden im Allgemeinen und der Frauen im Besonderen. Als die Frauenbewegung ihre Forderungen nach sexueller Gesundheit der Frauen und Informationsfreiheit formulierte, tat sie das in der grundlegenden Ansicht, dass Frauen sexuelle Wesen sind und das Recht auf sexuelle Freuden und die Kontrolle über ihre sexuellen Beziehungen haben, wie es die Männer seit eh und je haben. Eine der wichtigsten Botschaften, die in diesem Kampf für die sexuelle Autonomie der Frauen vermittelt wurden, war die, dass es nicht nur eine Art sexueller Freude, sondern dass es in Wirklichkeit eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt.

Die Lesben-/Schwulenbefreiung ist Teil einer breiteren sexuellen Befreiung der Menschen, für die wir kämpfen. Wir bemühen uns darum, die menschliche Sexualität von dem „System wirtschaftlichen Zwangs, persönlicher Abhängigkeit und sexueller Unterdrückung“ zu befreien, in der sie heute noch allzu oft gefangen ist, wie es die Resolution zur Frauenbefreiung 1979 ausdrückte. Sexuelle Aktivität, die auf freiem Entschluss beruht und die für alle Beteiligten vergnüglich ist, braucht keine weitere Rechtfertigung. Wir streiten für eine Gesellschaft, in der unsere Körper, unsere Wünsche und Gefühle keine Dinge mehr sind, die gekauft und verkauft werden können, in der die Wahlmöglichkeiten für alle Menschen – als Frauen, Männer, sexuelle Wesen, junge und alte Menschen – gewaltig erweitert werden, und wo Menschen neue Formen sexueller Beziehungen, der Lebensweise, der Arbeit und des Großziehens von Kindern entwickeln können. Es ist uns, die wir in der entfremdeten Gesellschaft, in der wir leben, geformt wurden, nicht möglich, vorauszusehen, wie sich unter diesen Bedingungen dann die Sexualität entwickeln wird; deshalb ist es wichtig, dass wir keine Vorhersagen treffen, die sich letztlich nur auf unsere eigenen individuellen Sehnsüchte stützen.


10
Die ersten Kämpfe, die Schwule und Lesben führten und immer noch führen und die oft den Anstoß für die Bildung von politisch aktiven Lesben- und Schwulenbewegungen gaben, waren Aktivitäten gegen die Kriminalisierung der Homosexualität. In der Stonewall Rebellion von 1969 in New York, ein Bezugspunkt für die gesamte westliche Lesben- und Schwulenbewegung, wurde physischer Widerstand geleistet gegen Polizeiangriffe auf Bars, die Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle/Transgender aufsuchten, um sich zu treffen. Heute gibt es immer noch viele Länder, wo Homosexualität gesetzlich verboten ist. Im Nahen Osten, in Afrika und Asien sind Länder, in denen Homosexualität nicht verboten ist, eher die Ausnahme als die Regel. Einige US-Staaten verbieten den heterosexuellen wie den homosexuellen analen und oralen Geschlechtsverkehr; andere US-Staaten verbieten nur den homosexuellen Anal- oder Oralverkehr. Viele andere Länder, darunter in Lateinamerika und Europa, verbieten Homosexualität nicht ausdrücklich, aber sie benutzen solche Formulierungen wie „öffentlicher Skandal“, um Menschen zu inhaftieren, oder sie haben Gesetze, die die „Begünstigung von Homosexualität“ oder das „Auffordern zu sexuellen Kontakten“ unter Strafe stellen. Das verschwommenste Konzept von Gesetzen, die zur Kriminalisierung von LGBT genutzt werden, ist das der „Unsittlichkeit“: Die Erfahrung lehrt, dass Richter „Unsittlichkeit“ viel häufiger bei Menschen gleichen Geschlechts ausmachen, als bei solchen unterschiedlichen Geschlechts. Wir unterstützen die Forderung nach Aufhebung aller Gesetze, die sich gegen Homosexuelle richten, sowie der diskriminierenden Politik und diskriminierender Polizeipraxis, mit der sie einhergeht.

Selbst wenn der erste Kampf für die Legalisierung von Homosexualität gewonnen worden ist, müssen oft noch weitere diskriminierende gesetzliche Bestimmungen bekämpft werden. Viele Länder haben zum Beispiel spezifische Gesetze zum „Schutz“ von Minderjährigen vor Homosexualität. Ausgehend von dem Dogma, dass junge Menschen von Homosexuellen „beeinflusst“ und „verführt“ werden können, wurden dort höhere Altersgrenzen für einverständlichen Sex-Kontakt gleichen Geschlechts als bei heterosexuellen Kontakten festgelegt. In der Europäischen Union sind das heute Österreich, Großbritannien und Irland. Wir unterstützen die Forderung der Lesben-/Schwulenbewegung, dass überall dort, wo es diese gesetzliche Diskriminierung gibt, das Alter für einvernehmlichen Sex auf das Alter für einverständlichen heterosexuellen Kontakt gesenkt wird.


11
Neben dem Kampf gegen gesetzliche Kriminalisierung ringen viele Schwulen-/Lesbenbewegungen in verschiedenen Ländern für Gesetze, die ausdrücklich die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbieten. Bei einem Überblick über alle Länder nimmt Südafrika eine besondere Stellung ein, ist es doch eines der wenigen Länder auf der Welt (neben Ecuador und den Fidschi-Inseln), in denen der Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in der Verfassung verankert ist. Wir unterstützen den Kampf für gesetzliche und verfassungsrechtliche Verbote der Diskriminierung von Homosexuellen.

Die politische Bedeutung dieses Kampfes darf nicht unterschätzt werden. Das Bemühen um einen gesetzlichen Schutz gegen Diskriminierung eröffnet neue Möglichkeiten, um der Benachteiligung und der Ausgrenzung von LGBT den Kampf anzusagen. Es fördert auf sehr wirksame Weise die Argumentation für Gleichheit, denn der Widerstand hiergegen stützt sich zwangsläufig auf den Versuch, Diskriminierung zu rechtfertigen. Außerdem lenkt es den Schwerpunkt der Kampagne auf den politischen Prozess.

SozialistInnen unterstützen und fördern solche Kampagnen, aber sie verstehen auch, dass die Durchsetzung eines gesetzlichen Schutzes allein Diskriminierung und Vorurteile noch nicht beseitigen werden. Diese Kampagnen bieten die Möglichkeit, die gesellschaftliche Grundlage wie auch das Bedürfnis nach Änderung der Gesellschaft – und nicht nur der Gesetze – zu erklären, wenn eine durchgreifende Veränderung erreicht werden soll. Aber es gibt eine Verbindung zwischen der Änderung von Gesetzen und der Infragestellung gesellschaftlicher Verhaltensweisen. Es ist wichtig, die Auswirkungen zu verstehen, die sich aus der Durchsetzung eines gesetzlichen Schutzes und dem daraus resultierenden wachsenden Selbstvertrauen von LGBT ergeben, wie auch der wachsenden Offenheit in sexuellen Fragen, etwa am Arbeitsplatz. Dies wird mit der Zeit auch bedeutsame Auswirkungen beim Abbau allgemeiner Vorurteile und bei der Wahrnehmung anderer Bereiche der Diskriminierung von LGBT haben. Offensichtlich gibt es auch einen klaren Zusammenhang zwischen der Existenz starker Frauenbewegungen, den von Frauen erkämpften Rechten und gleichen Rechten für LGBT.

Wenn eine gesetzliche Änderung erreicht und gesichert ist, müssen Kampagnen für die wirksame Umsetzung in Gang gesetzt werden. Dies kann mittels Überwachung der Wirksamkeit dieser Gesetze geschehen und durch eine Konzentrierung der Kampagne auf Bereiche, die sich gegen die Umsetzung sträuben.


12
Einer der Schlüsselbereiche, wo der Kampf für gleiche Rechte der Lesben und Schwule bestimmte Fortschritte erzielt hat und der gleichzeitig für RevolutionärInnen einen Schlüsselsektor darstellt, ist der Kampf um Anerkennung der Tatsache, dass lesbisch/schwule Gleichheit ein Thema für die ArbeiterInnenbewegung und besonders für Gewerkschaften ist. Die Kampagnen der Lesben- und Schwulenbewegungen haben in den Gewerkschaften ihren Widerhall gefunden. Zu verschiedenen Zeitpunkten und auf unterschiedliche Art haben lesbisch/schwule ArbeiterInnen sich organisiert, um von ihren Gewerkschaften die Anerkennung ihrer spezifischen Bedürfnisse zu fordern, und haben jetzt die Aufnahme dieser Themen in den Forderungskatalog der fortschrittlichsten Gewerkschaften durchgesetzt. Zwei miteinander verbundene Forderungsstränge waren dabei besonders bedeutsam: das Gewinnen gewerkschaftlicher Anerkennung lesbisch/schwuler Rechte am Arbeitsplatz; und die Bestätigung seitens der Gewerkschaften, dass Lesben und Schwule ihre eigenen Strukturen (der Selbstorganisation) innerhalb der Gewerkschaft haben können. Oft war der Erfolg des zweiten Forderungsstrangs nötig, um bei dem ersten wirkliche Fortschritte zu erzielen. Oft wurden dazu Bündnisse mit anderen ArbeiterInnen geschlossen, deren Bedürfnisse von den reformistischen Führungen ebenfalls ignoriert wurden: Frauen, Behinderte, MigrantInnen.

Dieser Kampf hat für RevolutionärInnen eine besondere Bedeutung, weil er die Trennung von „wirtschaftlichen und politischen Themen“ infrage stellt und „der ArbeiterInnenklasse helfen kann, in breiteren sozialen Begriffen zu denken“ (die Resolution von 1979). Die Forderung des Rechts auf Selbstorganisation wurde oft von der Rechten wie der reformistischen Linken mit der Begründung abgewehrt, dies spalte die Bewegung. Wir sollten argumentieren, dass vielmehr die Ausgrenzung und Marginalisierung von lesbisch/schwulen ArbeiterInnen die Spaltung bewirkt und dass die Anerkennung der Selbstorganisierung ein wesentlicher Schritt zur Integration aller Teile der Mitgliedschaft ist.

Die spezifischen Forderungen für die Rechte am Arbeitsplatz hängen von dem jeweiligen Land, dem gesetzlichen Status der Homosexualität und den Bedingungen im jeweiligen Wirtschaftszweig ab. Einige der Hauptforderungen könnten sein:

Es wird auch darauf ankommen, dass diese Forderungen mit dem Verlangen verknüpft werden, dass die Gewerkschaft den Kampf der Schwulen und Lesben auch in der Gesamtgesellschaft breiter unterstützt. Das bedeutet z. B., dass die Gewerkschaft für Kampagnen für die Rechte von Schwulen und Lesben mobilisiert und Aktivitäten der Lesben-/Schwulenbewegung unterstützt, etwa den Pride March (Christopher Street Day; CSD).

Ein wesentlicher Teil dieses Kampfes besteht darin, über die Anerkennung einer selbstorganisierten Struktur hinauszugehen, und diese Forderungen als Teil der Angelegenheiten der ganzen Gewerkschaft zu behandeln. Dazu wird eine langfristige und kontinuierliche Arbeit zur Transformation der vorherrschenden Kultur vieler Gewerkschaften nötig sein. Erfolge werden normalerweise nur erzielt werden, wenn stabile Bündnisse mit anderen Gruppen von ArbeiterInnen hergestellt werden können.

Wir müssen aufmerksam sein und wissen, dass immer die Möglichkeit besteht, dass solche Forderungen, die in sich selbst noch nicht revolutionär sind, im Rahmen reformistischer Politik umgesetzt werden. Den geschicktesten GewerkschaftsführerInnen ist es oft gelungen, die Forderungen dem Schein nach aufzunehmen, in Wirklichkeit aber zu kooptieren oder zu entwaffnen oder eine bürokratische Umklammerung zu bewirken. Das Mittel gegen solche Strategien besteht darin, ohne Kompromisse darauf zu dringen, dass die Gewerkschaften bei den Kampagnen für lesbisch/schwule Themen eine aktive Rolle einnehmen, wodurch sie an Massenaktivitäten beteiligt bleiben. Die lesbisch/schwulen ArbeiterInnen müssen weiter ermutigt werden, für ihre eigenen Ansprüche einzutreten und es „freundlich gesonnenen“ Bürokratien nicht zu ermöglichen, das Heft in die Hand zu nehmen. Ein Erfolg in einem Punkt muss als Sprungbrett für den nächsten genutzt werden.


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Im Gegensatz zu den immer häufiger zu vernehmenden Stimmen, die mehr Schutz von jungen Menschen vor den Gefahren des Sex und der sexuellen Bilder und Informationen verlangen, meinen wir, dass mehr und nicht weniger Information und Autonomie die besten Mittel sind, um junge Menschen zu „schützen“. Dies ist nötig für die sexuelle Befreiung von Jugendlichen, für ihr Bewusstsein und ihre freien Entscheidungen. Auf diese Art können auch junge LGBT die sexuelle Identität und Lebensweise finden, die für sie am besten sind, und sich dem Konformitätsdruck existierender lesbisch/schwuler Lebensstile widersetzen. Sexuelle Erziehung an Schulen, die voll und ganz gleichgeschlechtliche Optionen einschießt und Freude und Unterschiedlichkeit herausstellt; Verstärkung statt Zerstörung von Sozialprogrammen; freier Zugang zu Verhütungsmitteln; ausreichende Bedingungen für die ökonomische Emanzipation von Jugendlichen – all dies sind unmittelbare Forderungen, die es sowohl in imperialistischen als auch in abhängig gehaltenen Ländern an den Staat zu richten gilt. Wir fordern, dass für gleich- und verschiedengeschlechtlichen Sex das gleiche Mindestalter zu gelten hat, und widersetzen uns zugleich jeder Unterdrückung von einvernehmlichen sexuellen Erkundungen und Erfahrungen unter Jugendlichen in ungefähr gleichem Alter.


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ImmigrantInnen und Farbige müssen in lesbisch/schwulen Organisationen in den imperialistischen Ländern willkommen sein und aufgenommen werden. Dies erfordert einen bewussten antirassistischen Kampf in diesen Organisationen. Darüber hinaus unterstützen wir die eigene autonome Selbstorganisierung schwarzer und migrantischer LGBT innerhalb der Minderheiten, die durch besondere und vielfältige Formen der Repression und Diskriminierung gekennzeichnet sind. Wir werden beständig versuchen, Verbindungen mit ihnen herzustellen, ohne aber ihnen irgendein Emanzipationsmodell aufzunötigen. Und wir widersetzen uns der Benutzung des Themas Lesben und Schwule, mit dem im Rahmen des „Kriegs gegen den Terrorismus“ moslemische MigrantInnen stigmatisiert werden. Wir unterstreichen die Selbstorganisierung von LGBT moslemischer Herkunft und die homoerotischen Traditionen in der islamischen Welt.

Die existierenden Verbindungen zwischen migrantischen LGBT-Gruppen und ihren Heimatländern (mittels Internet und über Besuche usw.) hat auch konkrete internationale Solidaritätsaktionen ermöglicht und manchmal die Bildung von LGBT-Gruppen in abhängig gehaltenen Ländern erleichtern.


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Mitte der siebziger Jahre fand in vielen entwickelten Ländern, insbesondere in den USA, eine rechte Gegenoffensive gegen die Frauenbewegung wie auch gegen die lesbisch/schwule Bewegung statt. Extrem konservative, finanzkräftige und sehr militante religiöse Organisationen entwickelten politische Aktionspläne zu sexuellen Angelegenheiten, die Frauen, die lesbisch/schwule Community und Jugendliche betreffen. Viele dieser rechten Organisationen und ihrer SympathisantInnen haben LGBT auch zur Zielscheibe von physischer Einschüchterung und in manchen Fällen von radikaler Gewalt gemacht, die häufig von aggressiven, homophoben Hasstiraden angestachelt wurde. Die Stärke dieser rechten Gegenoffensive – die sich seither auch auf große Teile der unterentwickelt gehaltenen Welt ausgewirkt hat – gegen die Erfolge der sozialen Bewegungen der 1960er Jahre darf nicht unterschätzt werden. In letzter Zeit haben in einigen Ländern des imperialistischen Europas populistische oder neoliberale Parteien Angriffe auf MigrantInnen gestartet, und zwar unter dem Vorwand, dass diese Bevölkerungsgruppen Frauen und Homosexuelle unterdrückten, was angeblich im Gegensatz zu „westlichen Werten“ stehe.

Zusätzlich zu ihrer entschiedenen Verurteilung von Rassismus und Fremdenhass müssen sich antifaschistische Bewegungen auch vehement gegen die in der Gesellschaft vorhandene Gewalt gegen Schwule aussprechen und aktiv dagegen organisieren. Wir unterstützen LGBT-Selbstverteidigung gegen die Gewalt der organisierten Rechten oder der nicht-organisierten Frömmler. In ähnlicher Weise müssen lesbisch/schwule Bewegungen in anderen gesellschaftlichen Sektoren Verbündete suchen, die von der extremen Rechten angegriffen werden, etwa bei MigrantInnen, Jugendlichen, Farbigen, Juden/Jüdinnen und der politischen Linken. So kann der gemeinsame Feind, die religiöse Rechte und der Faschismus, effizienter bekämpft werden. Gleichzeitig müssen die lesbisch/schwulen Bewegungen die Heuchelei und die Widersprüchlichkeiten der neoliberalen und der populistischen Rechten angreifen. In der Auseinandersetzung mit den politischen Machthabern und den schwulenfeindlichen Kampagnen der katholischen und der orthodoxen Kirche wie auch protestantischer evangelikaler Gruppierungen sollten sich die lesbisch/schwulen Bewegungen mit anderen verbünden, um für eine vollständige Trennung von Religion und Staat zu kämpfen.

Besonders in Ländern, in denen LGBT massiv unterdrückt werden, kann ein sinnvoller Beginn lesbisch/schwuler Organisierung darin bestehen, sich mit Menschenrechtsorganisationen in Verbindung zu setzen und in ihnen LGBT­Angelegenheiten zur Sprache zu bringen. Angesichts des Ausmaßes von Unterdrückung, der LGBT in vielen Ländern ausgesetzt sind, unterstützen wir das Asylrecht für LGBT aus Ländern, in denen LGBT verfolgt werden, bedroht werden oder einfach wegen ihrer sexuellen Orientierung nicht leben können.


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Seitdem 1981 die ersten Fälle von AIDS in den USA bei homosexuellen Männern diagnostiziert wurden, hat die Assoziation von HIV und Homosexualität zu einer globalen Stigmatisierung von Sex zwischen Männern und zu einer erneuten Pathologisierung von Homosexualität geführt. Bisweilen haben lesbisch/schwule AktivistInnen andere lesbisch/schwule Aktivitäten fallen gelassen, um sich den dringlichen Aufgaben, die sich aus der Epidemie ergeben, zu widmen, oder sind dem Druck zur Institutionalisierung oder Professionalisierung erlegen. Die notwendigen Reaktionen auf HIV haben aber zugleich in vielen Ländern neuen sozialen und politischen Raum eröffnet, was vor allem in einem Kampf gegen die Macht des medizinischen Establishments, einer Infragestellung der Art und Weise, wie die Behörden ihrer Verantwortung für die öffentliche Gesundheit gerecht werden, und der Forderung, dass Menschen mit AIDS selbst die Kontrolle über öffentliche Gesundheitsmaßnahmen ausüben sollen, zum Ausdruck gekommen ist. Dies hat auch größere Ressourcen für die Entwicklung homosexueller Organisationen und mehr öffentliche Diskussionen über Sexualität und sexuelle Praktiken möglich gemacht. In vielen Ländern hat eine (sowohl im Hinblick auf das Alter als auch auf ihren Radikalisierungsprozess) neue Generation von lesbisch/schwulen AktivistInnen führende Rollen im Kampf gegen AIDS, in Informations- und Serviceorganisationen übernommen; zugleich werden schwule Communities durch die Betreuung von und die Trauer um AIDS-Opfer schwer belastet. Schwulenaktivitäten führten häufig zur Übernahme von Führungspositionen in den Peer-Groups von HIV-Positiven und lesbische oder schwule Organisationen gingen Aktionsbündnisse mit SexarbeiterInnen und Drogenabhängigen ein.

AIDS ist zurzeit die vierthäufigste Todesursache weltweit; in Afrika ist es die häufigste Todesursache. In den afrikanischen und asiatischen Ländern, in denen die AIDS-Epidemie am weitesten verbreitet ist, ist ungeschützter heterosexueller Geschlechtsverkehr (und nicht ungeschützter Geschlechtsverkehr zwischen Männern) für die ganz überwiegende Zahl der Infektionen verantwortlich. Doch auch in den schwulen Communities in Süd- und Westafrika, in Lateinamerika und Südasien gibt es sehr viele Ansteckungen, Erkrankungen und Todesfälle.

Der globale Kampf gegen HIV erfordert die Kombination verschiedener Entwicklungen und Kämpfe:

Wir sind insbesondere mit denjenigen solidarisch, die gegen pharmazeutische Unternehmen kämpfen, welche den Zugang zu Arzneimitteln in der Dritten Welt zu erschwinglicheren Preisen verhindern. Der Erfolg der Kampagne gegen die Pharmakonzerne in Südafrika hat viele bedeutsame Auswirkungen. Diese Auseinandersetzung brachte AIDS-AktivistInnen, GewerkschafterInnen und GlobalisierungskritikerInnen in einem breiten Bündnis zusammen. Die meisten darin involvierten – im Besonderen COSATU und die Treatment Action Campaign [2] – haben in der Folge anerkannt, dass der Kampf jetzt gemeinsam an zwei Fronten geführt werden muss: Erstens muss von der südafrikanischen Regierung – und den Unternehmern – gefordert werden, dass sie Medikamente zur Verfügung stellen, und zweitens muss gegen die Aktivitäten der US-Regierung Front gemacht werden, die Brasilien in der Frage der Generika vor die Welthandelsorganisation zitieren will.

Dies bedeutet, dass der Kampf gegen HIV für Millionen Menschen zu einem Bestandteil des Kampfes gegen die kapitalistische Globalisierung geworden ist.

In Ländern, in denen es noch keine lesbisch/schwulen Organisationen gibt, kann AIDS-Arbeit unter Männern, die gleichgeschlechtlichen Sex haben, ein guter Beitrag für den Aufbau solcher Organisationen sein.


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Überall auf der Welt nehmen die Forderungen nach der gesetzlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen zu. Der Ausgangspunkt der Vierten Internationale zu dieser Frage sind gleiche Rechte – für Frauen und Männer, für Verheiratete und Unverheiratete, für LGBT und Heterosexuelle. Zurzeit erwerben die Menschen eine Reihe von Rechten durch Heirat – und einige Rechte gelten nur oder vorrangig für Männer. Wir treten zum Beispiel für das Recht aller Frauen und Männer ein, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und dem juristischen Stand ihrer Partnerschaftsbeziehung Kinder adoptieren zu können oder deren Vormund zu sein. Alle Entscheidungen über Vormundschaft, Besuchsrechte und Adoption sollte im wirklichen Interesse der betroffenen Kinder getroffen werden, nicht auf der Grundlage, dass eine Kernfamilie, ganz gleich wie gewalttätig oder unerträglich sie ist, stets in ihrem Interesse sei. Wir sind auch gegen die Vorstellung, Kinder als Eigentum von Erwachsenen zu behandeln; Kinder müssen bei derartigen Entscheidungen wirkliches Gehör finden. Weiter sind wir gegen Steuergesetze, die Verheiratete oder Personen in langfristigen Sexualpartnerschaften bevorzugen.

Wir bekämpfen Gesetze und Bestimmungen, die Verheiratete privilegieren, erkennen aber zugleich an, dass die Forderung nach Partnerschaftsrechten und in manchen Kontexten auch nach dem Recht auf Eheschließung eine große Zahl von LGBT mobilisiert. Diese Tatsache überrascht uns nicht, da einerseits nach wie vor diskriminierende Praktiken gegen Unverheiratete existieren und da wir uns andererseits dessen bewusst sind, dass Ideologie ihre eigene Dynamik hat. In der entfremdeten Welt der kapitalistischen Gesellschaft bringt die Heirat nicht nur materielle Vorteile mit sich, sondern verspricht auch emotionale Sicherheit (unabhängig davon, ob dies in der Praxis Bestand hat oder nicht). Wir unterstützen das Recht auf völlig gleichgestellte gleichgeschlechtliche Eheschließung.

Wir fordern auch bessere gesetzliche Rechte für (homo- oder heterosexuelle) Paare, die nicht heiraten wollen. Paare sollten die Möglichkeit haben, Anerkennung für wechselseitige Rechte und Verantwortungen auf vielfältige Weise, nicht einzig über das Modell der Ehe, zu bekommen und gesichert zu haben. Jede Option muss für gleichgeschlechtliche und heterosexuelle Paare gleichermaßen offenstehen.

Wo die bestehende Gesetzgebung beispielsweise den Ehemann der Mutter eines Neugeborenen automatisch als Elternteil anerkennt oder dem männlichen Partner einer Mutter eines Neugeborenen erlaubt, ihr Kind als seines „anzuerkennen“, muss die gleichgeschlechtliche Partnerin einer Mutter eines Neugeborenen dieselben Rechte haben. Wir kämpfen ferner gegen unterschiedliche Wartezeiten für die gesetzliche Registrierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und die Verweigerung (oder höhere Hürden zur Erlangung) von Aufenthaltserlaubnissen von ausländischen PartnerInnen gleichgeschlechtlicher Paare.

Es ist auch wichtig, individuelle Rechte unabhängig davon zu erweitern, ob Menschen alleine oder als Paare leben. Insbesondere sollten die individuellen Rechte von Frauen nicht von ihren Beziehungen zu Männern abhängen. Reale individuelle Rechte benötigen gesellschaftliche Unterstützung. Neoliberale Sparpolitik hat soziale Unterstützung massiv durchlöchert und Verantwortungen privatisiert, die von der Gesellschaft getragen werden sollten, und sie damit wieder einmal in die Familie verlagert. Regierungen lassen lieber Ehefrauen und -männer, Eltern und Kinder für die Kranken, Alten, Jungen, Behinderten und Arbeitslosen sorgen, anstatt die ihnen zukommende Aufgaben zu übernehmen. Lesbische und schwule Bewegungen sollten vermeiden, noch mehr Menschen in die Falle solch demütigender Abhängigkeit gehen zu lassen. Stattdessen sollten sie versuchen, sich mit Frauengruppen und Gewerkschaften zu verbünden, um diese Lage zu ändern.

Die gegenwärtigen Debatten über gleichgeschlechtliche Partnerschaft und Ehe stellen für revolutionäre LGBT eine Chance dar, mit Strömungen in den lesbisch/schwulen Bewegungen zusammenzuarbeiten, die danach streben, die ursprüngliche Forderung der Bewegung nach echter Befreiung wieder zu beleben. Zusammen können wir daran arbeiten, Zweifel an der scheinbaren „Natürlichkeit“ von Heterosexualität zu säen, Geschlechterrollen infrage zu stellen und dagegen anzugehen, dass Autorität über Kinder und Erbrecht in so hohem Maße durch biologische Elternschaft legitimiert sein soll. Wir werden versuchen, ein Tor aufzustoßen, durch das neue Möglichkeiten sichtbar werden: neue Arten von sozialen und emotionalen Beziehungen jenseits von Entfremdung und Abhängigkeit, neue Muster von einzelnen, zweien und mehr, die in Vielfalt und Freiheit gedeihen können.


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Transgender – also diejenigen Personen, die nicht in das herrschende Zwei-Geschlechter System passen, deren soziales Geschlecht (gender) z. B. nicht ihrem biologischen Geschlecht entspricht, wie Transvestiten oder Transsexuelle und viele andere, deren Identitäten ihre Wurzeln in indigenen Kulturen haben – gehören oft zu den am heftigsten Unterdrückten mit gleichgeschlechtlicher Sexualität. Viele Menschen, ganz gleich welchen Geschlechts, werden unterdrückt, weil sie nicht den gängigen Gender-Normen entsprechen; vor allem trifft dies Männer, die als „verweiblicht“ angesehen werden und die in solchen Fällen ähnliche Erfahrungen der Diskriminierung machen wie Frauen. Transgender haben auch eine lange Geschichte des Kampfes gegen diese Unterdrückung. Die pakistanischen „hijras“ und die indonesischen „waria“ haben sich in den 1960er Jahren zur Verteidigung ihrer Rechte organisiert, bevor europäische und nordamerikanische lesbisch/schwule Befreiungsbewegungen gegründet wurden. Die puertoricanischen „drag queens“ („locas“) waren unter den ersten, die sich 1969 bei der Stonewall-Rebellion in New York gegen die Polizei zur Wehr setzten. Je respektabler die Bewegungen für die Rechte von Schwulen und Lesben geworden sind und je mehr sie sich auf reformistische Perspektiven beschränkten, desto stärker wurden Transgender jedoch ignoriert, marginalisiert und als peinlich angesehen. Wir unterstützen die Bemühungen von Transgender, sich gegen ihre Ausgrenzung zu wehren, sich selbst zu organisieren und in lesbisch/schwule Bewegungen voll integriert zu werden.

Transgender haben Bedürfnisse und Wünsche, die für sie von besonderer Bedeutung sind und die von lesbisch/schwulen Bewegungen aufgegriffen werden sollten. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt besonders häufig als SexarbeiterInnen, werden diskriminiert, wenn sie andere Arbeitsmöglichkeiten suchen, und werden von Polizei und Schlägern belästigt und attackiert. Wir verteidigen ihre Rechte auf Anerkennung, Sicherheit und gleichen Zugang zu Wohnung und Arbeit. Sie leiden auch unter der Weigerung der Behörden, in sehr vielen Zusammenhängen ihre Gender-Identität anzuerkennen. Auch wenn wir manchmal die Notwendigkeit anerkennen, Menschen nach ihrem biologischen Geschlecht zu klassifizieren, so dass Frauen sich gegen ihre Unterdrückung organisieren können, so stellen wir doch die Routine-Feststellung des Geschlechts auf jedem Formular bei jeder noch so belanglosen Angelegenheit infrage. Wir lehnen die erzwungene Unterwerfung von Transgender wie von Männern und Frauen im Allgemeinen unter biologisch stereotypisierte Kategorien von Männlichkeit und Weiblichkeit ab (wie sie beispielsweise bei der Schulkleidung oder der Arbeitskleidung oder bei der Verstümmelung von hermaphroditischen Babys, bei Hormonbehandlungen für Teenager mit sogenanntem „nicht-geschlechtsgemäßem Verhalten“ und beim Unterricht in geschlechtstypischem Verhalten für Transsexuelle manifest wird). Wir verteidigen das Recht aller Menschen auf Entwicklung ihrer eigenen individuellen Persönlichkeit.

Transgender sollten das Recht haben, die medizinische Versorgung zu erhalten, die sie für sinnvoll erachten, einschließlich Operationen zur Geschlechtsumwandlung, der Hormonbehandlung und der Psychotherapie. Sie sollten für diese Behandlungen normal krankenversichert sein in ihren Papieren ihr neues Geschlecht anerkannt bekommen, ob mit oder ohne Operation.


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Unsere Vorstellung von lesbisch/schwulen Bewegungen ist die von breit angelegten Bewegungen, die all diejenigen zusammenbringen, die ihre gleichgeschlechtliche Sexualität und Liebe frei leben wollen. In verschiedenen Ländern und Kulturen können sie Menschen mit einer großen Vielfalt an Beziehungen und Lebensweisen umfassen, die unter Umständen eine ganze Reihe von Identitäten aufweisen. Wir sind gegen jede Auffassung der lesbischen/schwulen Bewegung, die die Beteiligung an ihnen einschränkt oder an Bedingungen knüpft, entsprechend einem Standard von ausschließlicher Homosexualität.

In vielen Ländern und Kulturen haben insbesondere Männer sexuelle Kontakte mit anderen Männern, während sie sich nach außen konform zu den kulturellen Erwartungen von Männlichkeit verhalten und die familiären Rollen erfüllen, wie sie von Männern erwartet werden. Sie stehen öffentlich und auch privat nicht zu einer Identität als Schwule oder Bisexuelle. Im Zusammenhang mit der Organisierung wegen AIDS werden solche Männer in einigen Ländern einfach als „Männer, die Sex mit Männern haben“, bezeichnet. Ein Thema in dieser Situation, das zu vielen Spannungen geführt hat, ist, dass Menschen, die sich nicht als LGBT verstehen, aber gleichgeschlechtlichen Sex haben, ihre gleichgeschlechtlichen SexpartnerInnen infolge ihrer Verinnerlichung von Heterosexismus herabwürdigen. Ein wichtiger Schritt in Richtung sexueller Befreiung besteht in dieser Situation darin, dass Männer – oder Frauen – ihren SexualpartnerInnen, die sich als Lesben, Schwule oder Transgender verstehen, mit Respekt und Solidarität begegnen. Ein weiterer positiver Schritt besteht darin, dass solche Menschen lesbische/schwule Bewegungen unterstützen oder sich ihnen sogar anschließen, wie auch immer sie dabei ihre sexuelle Identität definieren mögen.

In einigen Ländern und unter manchen Umständen können Bisexuelle oder andere sexuelle Minderheiten sich dafür entscheiden, sich selbst autonom zu organisieren, entweder inner- oder außerhalb der lesbischen/schwulen Bewegungen, entweder zu Fragen, die für sie von besonderem Interesse sind, oder zu breiteren Fragen wie AIDS, Gewalt oder Vielfalt. Wir unterstützen ihr Recht hierzu und respektieren ihre Entscheidung, während wir weiterhin auf das breitest mögliche Bündnis von allen sexuell Unterdrückten hinarbeiten.

Bisexuelle können sowohl in der heterosexuellen Gesellschaft wie in den lesbisch/schwulen Communities isoliert sein. Ihre sexuelle Orientierung gibt ihnen vielfach die Möglichkeit, in der Gesellschaft unbeachtet zu bleiben oder „normal“ zu wirken, so dass ihre gleichgeschlechtliche Sexualität nicht auffällt oder als bloßes „Experiment“ betrachtet wird. Es ist ein Schritt nach vorne, wenn Bisexuelle mit dieser Unsichtbarkeit zu brechen suchen und anfangen, zu ihrer Bisexualität zu stehen (Coming-out), und wenn ihre sexuelle Orientierung anerkannt und als legitimer Ausdruck der Vielfalt akzeptiert wird, der in den lesbisch/schwulen Communities wie in der menschlichen Sexualität existiert. Diese Sichtweise, dass Coming-out positiv ist, ist dieselbe, wie wir sie bei Lesben und Schwulen haben. Spannungen zwischen Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Identitäten, wie sie in der Bewegung existieren, können am besten durch den Aufbau einer umfassenden Bewegung und den Kampf gegen den Heterosexismus überwunden werden.


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Wir unterstützen Kampagnen gegen psychiatrische Definitionen von Homosexualität und „Transgenderism“ als Krankheit und gegen barbarische Versuche, LGBT medizinisch zu behandeln und zu „heilen“ (durch Psychotherapie, Aversionstherapie und Psychochirurgie).


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Das ideologische Erbe des Stalinismus, der Homosexualität 1934 wieder kriminalisiert hat, nachdem sie nach der bolschewistischen Revolution entkriminalisiert worden war, wirkt gegenwärtig in der Diskriminierung von LGBT in China, Vietnam, Kuba und anderen Übergangsgesellschaften noch nach. Zwar gehören die schlimmsten Verfolgungen der Vergangenheit an und hat die Toleranz in den letzten Jahren zugenommen, aber völlige Gleichstellung ist noch nicht erreicht. Das chinesische Regime hat bis jetzt keine einzige offen lesbische oder schwule Organisation erlaubt.

Die Vierte Internationale unterstützt die Organisierung für lesbisch/schwule Rechte in China, Vietnam, Kuba und anderen Übergangsgesellschaften wie überall sonst. Wir hoffen, dass sich lesbisch/schwule Bewegungen dort mit der Opposition von ArbeiterInnen, Frauen und anderen gegen die bürokratischen Regime verbünden und zu Bewegungen für sozialistische Demokratie entwickeln. Bündnisse mit Feministinnen werden besonders wichtig sein, um gegen sexistische und heterosexistische Ideologien sowie Politiken vorzugehen, die sich auf die heterosexuelle Familie stützen. Dies wird indes utopisch bleiben, wenn demokratische und feministische Bewegungen lesbisch/schwule Kämpfe nicht unterstützen und wenn sie nicht intern gegen schwulenfeindliche Vorurteile vorgehen, und wenn Schwulenbewegungen nicht gegen männlichen Chauvinismus angehen.


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Als SozialistInnen müssen wir unseren Kampf gegen Sexismus auch darauf ausrichten, die Rolle zu ändern, die Sex und Sexualität in unserer sexistischen Gesellschaft spielen, und eine freiere, bewusstere Sexualität anzustreben. Dafür ist es nötig, dass wir eine kritischere und veränderungsbereite Haltung gegenüber unseren eigenen Definitionen von Sexualität einnehmen. Die grundlegende Prämisse hierfür sollte sein, dass unsere Definitionen von Sex und Sexualität, unsere Gender-Identitäten, unsere sexuellen Identitäten (als Lesben, Schwule, Bi- und Heterosexuelle) soziale, historisch-kulturelle und manchmal sogar politische Konstruktionen und daher veränderbar sind. Daher ist es möglich, dass Menschen ihre eigene Sexualität missverstehen. Falsches Bewusstsein, Entfremdung, Verinnerlichung von Unterdrückungsverhältnissen, die Anerkennung sexistischer kultureller Formen als Normalität und verdrängte Schuldgefühle sind reale Hindernisse für das Verständnis und die Neudefinition unserer Sexualität. Darum sind eine breitere Debatte und Kritik des Sexismus in unserer Kultur – und nicht Zensur – so bedeutsam für das Bemühen um Verständnis und Veränderung dieser Kultur, zum Vorteil der menschlichen Sexualität. Wir unterstützen die Bemühungen, LGBT mehr Möglichkeiten zur Darstellung ihrer Kultur zu geben, auch über die Massenmedien.

Eine neue, vom Sexismus befreite Sexualität kann nur durch einen langen Prozess offener Debatte und Erfahrungen entstehen, vor allem innerhalb des Feminismus. Für dessen Ausgang gibt es bisher nur wenige Hinweise oder Indikatoren . Es gibt keine erleuchtete Avantgarde oder Minderheit, die von sich behaupten kann zu wissen, was die „korrekte“, „feministische“ Sexualität ist, und wir sollten alle Versuche zurückweisen, eine „korrekte“ sexuelle Linie aufzuoktroyieren – ob sie von der religiösen Rechten oder aus verschiedenen Richtungen des Feminismus, wie etwa dem Differenzfeminismus – kommen. In vielen Teilen der Welt haben diese Kräfte des religiösen Fundamentalismus und des konservativen Feminismus versucht, sexuelle Verhaltensmaßregeln gesetzlich festzuschreiben, zu denen die Kriminalisierung der Homosexualität und die Zensur von explizit sexuellen Darstellungen gehören. Revolutionäre MarxistInnen sollten stattdessen einen Weg zur sexuellen Selbst-Emanzipation vorschlagen, der kritisch, aber demokratisch, partizipatorisch und tolerant gegenüber der Vielfalt unseres sexuellen Begehrens ist.

Die erste Forderung für einen solchen Prozess der sexuellen Selbst-Emanzipation ist das Eintreten für einverständliche Sexualität und für Autonomie. Daher muss ein untrennbarer Teil unseres Kampfes für sexuelle Autonomie in der Verknüpfung des Kampfs gegen alle gesetzlichen Beschränkungen von einvernehmlicher Sexualität mit dem Kampf gegen alle Formen sexueller Diskriminierung bestehen. Unser Kampf muss sich auch darauf richten, die materiellen Bedingungen für alle Angehörigen der Gesellschaft (Frauen wie Kinder und Männer) zu schaffen, die es diesen ermöglichen, sich gegen die Forderungen derer zu wehren, die ihre Rechte und ihre sexuelle Autonomie durch ungewollte sexuelle und/oder emotionale Beziehungen oder Begegnungen verletzen. Daher sind die grundlegenden Forderungen nach Vollbeschäftigung, Programmen positiver Diskriminierung für Frauen und Minderheiten, garantiertem Einkommen, verlässlicher und hochwertiger Kinderbetreuung, Wohnungen, Gesundheitsversorgung und freier Entscheidung in Bezug auf Reproduktion (einschließlich des Rechts auf Abtreibung) wesentliche Voraussetzungen für sexuelle Autonomie. Es ist nötig, den Kampf für eine freiere Sexualität mit dem Kampf für ein Netz sozialer Sicherheit und für Vollbeschäftigung zu kombinieren, um der rechten Gegenoffensive gegen Frauen und gegen die lesbisch-schwule Community entgegenzutreten.


Teil III – Unsere Taktik beim Aufbau der Bewegung



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Alle LGBT sind aufgrund ihrer sexuellen Orientierung unterdrückt und daher potenziell für eine Bewegung für ihre Rechte und ihre Befreiung zu gewinnen. Die Logik des lesbisch/schwulen Kampfes selbst kann – besonders in Zeiten des Aufstiegs von feministischen und anderen radikalen Bewegungen – dazu führen, dass AktivistInnen sich für radikale und revolutionäre Politik zu interessieren beginnen. Dies kann und sollte sie auch zu einer Allianz mit der ArbeiterInnenbewegung führen. Aber damit das möglich ist, müssen sich LGBT innerhalb und außerhalb der ArbeiterInnenbewegung organisieren, um gegen heterosexuelle Vorurteile zu kämpfen, die in der ArbeiterInnenklasse ebenso existieren wie anderswo. Unsere Sektionen insgesamt müssen versuchen, die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung dafür zu gewinnen, die Forderungen von LGBT aufzugreifen und die Selbstorganisation dieser wie anderer Gruppen innerhalb der Organisationen der ArbeiterInnenbewegung zu unterstützen.

Zugleich können und wollen LGBT ihren Kampf nicht aufschieben, bis die ArbeiterInnenbewegung oder eine andere Bewegung ihre Anliegen aufgreift. Daher brauchen LGBT ihre eigenen autonomen Bewegungen, die wir respektieren, unterstützen und mit aufbauen. Um die Resolution von 1979 über die Frauenbefreiung zu paraphrasieren: Mit autonom meinen wir, dass die Bewegung von LGBT organisiert und angeführt wird, dass sie den Kampf für ihre Rechte und Bedürfnisse als oberste Priorität begreift und es ablehnt, diesen Kampf irgendwelchen anderen Interessen unterzuordnen, und dass sie sich nicht den Entscheidungen oder politischen Bedürfnissen irgendeiner politischen Richtung oder einer anderen sozialen Gruppe unterordnet.


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Element der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen ist, mit denen sie es zu tun haben, wenn sie ihr eigenes Leben bestimmen wollen. So waren lesbische Frauen von Anfang an an vorderster Front der feministischen Bewegung. Sie waren in allen politischen Strömungen der Frauenbefreiungsbewegung zu finden, von den separatistischen Lesben bis zu revolutionären Marxistinnen, und sie haben der dazu beigetragen, dass sich die gesamte Bewegung der vielfältigen Unterdrückungsformen für lesbische Frauen stärker bewusst wurde.“ Dies war nicht immer einfach, da die Frauenbewegung oft auf eine problematische Art auf rechte Hetze gegen Lesben geantwortet hat und nicht systematisch für die besonderen Forderungen der Lesben eingetreten ist.

Lesben haben sich in vielen Ländern unabhängig von schwulen Männern oder der breiteren feministischen Bewegung organisiert. Unabhängige lesbische Organisationen waren für Mobilisierungen für lesbische Forderungen von hoher Bedeutung und waren ein wichtiger Faktor, um Änderung herbeizuführen. Infolge der Beharrlichkeit der Lesben ist die lesbisch/schwule Bewegung inzwischen weniger männlich dominiert und haben die Feministinnen ein besseres Verständnis davon, dass Unterdrückung von Lesben die Errungenschaften der Frauenbewegung untergräbt.


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In den lesbisch/schwulen Bewegungen treten wir wie in anderen Bewegungen für Methoden ein, die so viele LGBT und UnterstützerInnen wie möglich in der ArbeiterInnen- und der Frauenbewegung aktiv mobilisieren, und nicht etwa für Lobbying und Pressure-Groups-Taktiken eintreten. Hier wie auf allen anderen Gebieten, in denen wir uns engagieren, kämpfen wir konsequent gegen Ideologien, FührerInnen und Organisationen, die uns in Sackgassen führen würden. Immer wieder müssen wir Argumenten entgegentreten, die wir grundsätzlich ablehnen; dazu gehören:

Wir drängen auf die größtmögliche Einheit und Demokratie in den Bewegungen und erkennen zugleich an, dass Frauen, Schwarze, Behinderte, Bisexuelle, Transgender, unterdrückte Nationalitäten und andere das Recht und das Bedürfnis haben, sich auch unabhängig zu organisieren. Generell versuchen wir in den Bewegungen, die Beteiligung und die Interessen von LGBT aus der ArbeiterInnenklasse zu fördern.

Wir bauen lesbisch/schwule Bewegungen mit auf und respektieren ihre Autonomie, gleichzeitig arbeiten wir mit anderen in der Bewegung darauf hin, dass die Forderungen der ArbeiterInnenbewegung und internationalistische Perspektiven zur Sprache kommen. Wir bringen revolutionär-marxistische und feministische Ideen ein, weil wir der Auffassung sind, dass sie die beste Grundlage dafür bieten, dass die Bewegungen volle lesbisch/schwule Befreiung gewinnen. Vor diesem Hintergrund wollen wir in ihren Führungen eine Rolle spielen.


Teil IV – Öffentliches Profil und internes Leben



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Die Sektionen der IV. Internationale müssen den Kampf für LGBT-Befreiung unabhängig davon unterstützen, ob es in dem Land, in dem sie aktiv sind, eine autonome soziale Bewegung für diese Forderungen gibt. In Ländern, in denen solch eine Bewegung existiert, sollte die Sektion ihre Mitglieder dazu ermutigen und dabei unterstützen, sich in ihnen zu engagieren, und zugleich in fortschrittlichen Bewegungen allgemein für die Unterstützung der Forderungen der lesbisch/schwulen Bewegung kämpfen. In einigen Ländern haben die Sektionen der IV. Internationale entscheidend zur Entwicklung lesbisch/schwuler Bewegungen beigetragen. Die Internationale sollte die Lehren aus diesen Erfolgen dazu nutzen, Sektionen zu helfen, die keine Erfahrungen in dieser Arbeit haben. In Ländern, in denen es gegenwärtig keine autonome Bewegung gibt, wird die Arbeit der Sektion wesentlich in allgemeiner Propaganda und im Aufgreifen spezifischer LGBT-Forderungen innerhalb der fortschrittlichen Bewegungen bestehen.


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In unserer revolutionär marxistischen Strömung vertreten wir ein Konzept sozialer und sexueller Befreiung für LGBT, das über die begrenzte Forderung nach formeller Gleichheit innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft hinausgeht. Wir streben eine tiefgreifende Revolution der Beziehungen zwischen den Geschlechtern und eine Gesellschaft an, in der in dem Maße, wie heterosexuelle Privilegien zu verschwinden beginnen, sexuelle Identitäten mit einiger Wahrscheinlichkeit in einer anderen Art als heutzutage gebildet werden.

In der „Privatsphäre“, in der Frauen wie LGBT stärker unterdrückt werden und in der ihre Unterdrückung komplexer ist, müssen wir unsere Gewohnheiten hinterfragen. Dieser Kampf ist grundlegend ein ideologischer gegen eine patriarchale und heterosexistische Gesellschaft sowie gegen ihre Wertsysteme und Praktiken; er erfordert organisierte Diskussionen in den Sektionen, nicht nur auf der Führungsebene, sondern auch in den Basisstrukturen und bei der Schulung der Mitglieder. Heterosexistische Vorurteile müssen in den Sektionen von allen Mitgliedern bekämpft werden.

Mit den Worten der Resolution zur Frauenbefreiung von 1979: „Wir haben keine Illusionen, dass die Sektionen Inseln der künftigen sozialistischen Gesellschaft sein könnten, die im kapitalistischen Morast treiben, oder dass es einzelnen GenossInnen, die von der tagtäglichen Mühe des Überlebens in der Klassengesellschaft beansprucht sind, in vollem Umfang gelingen könnte, ihrer Erziehung und Konditionierung zu entkommen. (...) Aber es ist eine Bedingung für die Mitgliedschaft in der Vierten Internationale, dass das Verhalten der GenossInnen und Sektionen mit den Prinzipien übereinstimmt, für die wir einstehen. (...) Wir streben die Bildung einer Organisation an, in der Sprache, Witze, persönliche Gewalt und andere Akte, die Ausdruck chauvinistischer Bigotterie sind, nicht toleriert werden.“

Vorurteile gehen in einer revolutionären Partei alle Mitglieder an. Häufig haben (insbesondere jüngere) LGBT-Mitglieder Schwierigkeiten, ihre Ansichten so deutlich zu machen und ihre Themen so zu vertreten wie andere GenossInnen. Das Gleiche passiert zwischen weiblichen und männlichen GenossInnen. Es muss beachtet werden, dass es um Selbstachtung und Selbstbewusstsein geht, da ja die Mainstream-Erziehung den Menschen beigebracht hat, dass sie sich für das, was sie sind, zu schämen haben. Es kann häufig vorkommen, dass eine Genossin oder ein Genosse ganz entschieden die Position der Organisation zur „Homosexualität“ unterstützt und doch in seinem/ihrem persönlichen Leben oder in den persönlichen Beziehungen innerhalb der Partei extrem unterdrückerisch ist.

Wenn so etwas auftritt, ist es nicht bloß ein persönliches Thema, sondern eine Angelegenheit der Partei, hierüber muss offen und umfassend diskutiert werden. Manche GenossInnen – und sogar Sektionen? – vertreten sehr konservative Positionen in Bezug auf Homosexualität. Meinungen, die sich über viele Jahre hinweg eingefleischt haben, zu ändern, kann sehr schwer sein. Viele radikale Änderungen, die LGBT-Bewegungen vorschlagen, werden weder in der Gesamtgesellschaft noch auch von RevolutionärInnen akzeptiert, weil sie in den Bereich gehören, den wir üblicherweise „privat“ nennen.

Aber die Veränderungen müssen hier beginnen: Dies ist eine notwendige Anstrengung, wenn wir innerhalb der LGBT-Bewegung mit ihrem gesamten subversiven Potenzial anerkannt werden wollen. In dem Text über „Sanktionspolitik in einer feministischen Partei“, der 1989 von dem Kongress der mexikanischen PRT angenommen wurde, heißt es: „Es geht nicht darum, Rezepte oder Modelle für die Lebensweise zu geben. Die Suche nach neuen Männern und Frauen ist eben das: eine Suche. Wir wissen, dass unsere vollständige Befreiung innerhalb des kapitalistischen Systems nicht möglich ist, aber genau das ist einer der Beiträge unserer internationalistischen Strömung: die Anerkennung der Notwendigkeit, für eine Veränderung zu kämpfen und damit heute zu beginnen.“ Diese Veränderungen können nicht auf den Sozialismus warten.


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Es müssen Bedingungen für die Arbeit von LGBT in unseren Organisationen geschaffen werden, die es LGBT­Mitgliedern erlauben, eine organisierte Intervention in LGBT-Bewegungen anzugehen – wo es sie gibt – und ihre eigenen Diskussionsstrukturen aufzubauen, wann immer sie meinen, dass sie sie brauchen. Wir sollten die Bedingungen, die wir in unseren Organisationen für LGBT-AktivistInnen zu bieten haben, kritisch analysieren. Sektionen müssen so sein, dass LGBT sich willkommen fühlen, und sie müssen zugleich in der Lage sein, den politischen Kampf auf diesem Gebiet zu unterstützen.

Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender werden alle durch den Heterosexismus der patriarchalischen kapitalistischen Gesellschaft unterdrückt. Aber diese Unterdrückung wirkt sich auf diese Gruppen jeweils unterschiedlich aus und wird von ihnen verschieden erfahren. Das bedeutet zwar, dass es in den autonomen Bewegungen selbst oft notwendig ist, dass sich selbstständige Strukturen für alle oder einige von diesen Gruppen bilden, aber in den meisten Sektionen ist es schwer möglich, dies ebenfalls auf einer dauerhaften, strukturierten Basis umzusetzen, solange wir nicht zumindest zu kleinen Massenparteien geworden sind. Wir sollten daher Strukturen und Normen anwenden, die die ad-hoc-Bildung solcher Gruppen ermöglichen, wenn und falls ein Bedarf entsteht, die Priorität aber auf die Bildung von allgemeinen LGBT-Arbeitsgruppen legen.


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Die europäischen Jugendorganisationen sind derjenige Teil der Vierten Internationale, in dem lesbisch/schwule Angelegenheiten am kontinuierlichsten politisch behandelt wurden, auch wenn dies noch sehr ungleich ist. Ein wesentliches Element, das für diese Entwicklung förderlich gewesen ist, war die Sichtbarkeit dieser Frage in den Jugendlagern seit Beginn der achtziger Jahre und die Einrichtung eines lesbisch/schwulen Raumes ab 1989. Nicht nur wurde dadurch die Frage für alle TeilnehmerInnen auf die Tagesordnung gesetzt, sondern es bot sich zugleich eine Gelegenheit für junge GenossInnen aus den verschiedenen Organisationen (in denen sie sich aufgrund der Kleinheit unserer Jugendorganisationen isoliert fühlen mögen), sich zu treffen und politisch und sozial gegenseitig zu ermutigen.

Kampagnen gegen die sexuelle Unterdrückung der Jugend sollten ein zentraler Teil der Arbeit unserer Jugendorganisationen sein; sexuelle Orientierung sollte in dieser Arbeit als eine Frage persönlicher Entscheidung begriffen werden. Solche Propaganda- oder Aktionskampagnen sollten auch herrschende sexuelle und Genderrollen infrage stellen.

Die Organisationen sollten weiterhin fordern, dass der Staat seiner Verantwortung für Sexualerziehung und Gesundheitsvorsorge nachkommt, aber sie sollten zugleich soweit wie möglich ihre Mitglieder in Bezug auf Empfängnisverhütung, sexuelle Wahlfreiheit, Gender, Machismo und Homophobie erziehen. Insbesondere bei Jugendlagern, in Schulungen und bei anderen Aktivitäten unserer Organisationen, bei denen die TeilnehmerInnen sexuell aktiv sein können, liegt es in unserer Verantwortung, für die Bereitstellung von Verhütungsmitteln und Informationen zu sexueller Gesundheit zu sorgen, um ungewollte Schwangerschaften und die Übertragung von AIDS und anderen sexuell übertragenen Krankheiten zu verhindern.

Forderungen in Bezug auf Sexualerziehung und Gesundheit können auch effektive Instrumente sein, um StudentInnen und Jugendliche außerhalb unserer Reihen zu mobilisieren. Das Engagement der Jugendorganisationen für lesbisch/schwule Propaganda ist wesentlich, da sich bei Jugendlichen ein größeres Verständnis für diese schwierigen Themen findet, in denen sich das Persönliche und das Politische vermischen – dies hat sich in den Ländern, in denen die Vierte Internationale lesbisch/schwule Arbeit organisiert hat, in der Praxis gezeigt.


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Bei den internen Diskussionen unserer Organisationen sollte nicht davon ausgegangen werden, dass unsere Mitglieder heterosexuell sind. Denn dies schließt – ebenso wie bei der heterosexistischen Erziehung – andere Möglichkeiten aus und führt zu derselben „Unsichtbarkeit“, zu der die heterosexistische, patriarchalische Gesellschaft die LGBT-Realität in vielen Ländern verurteilt.

Zumeist entscheiden sich LGBT-Mitglieder dafür, LGBT-Arbeit zu machen, weil sie das persönlich als notwendig empfinden. Aber der Eintritt in eine LGBT-Gruppe ist nicht das Gleiche, wie z. B. der Eintritt in eine antirassistische Gruppe. Die intimen und politischen Fragen rund um Sexualität machen es besonders schwierig, sich damit zu befassen, und müssen auch auf einer persönlichen Ebene behandelt werden. Häufig enthüllt das Eintreten für LGBT-Angelegenheiten etwas über unser eigenes Intimleben, eine Tatsache, die manchmal nicht leicht auszuhalten ist. Daher muss jedes Parteimitglied sich völlig akzeptiert fühlen, wenn es sich für LGBT-Arbeit entscheidet, ohne dass es das Gefühl hat, dass ihre/seine sexuelle Orientierung beurteilt wird und ohne dass ihr/ihm gesagt wird, andere Gebiete seien „wichtiger“.


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Die Sektionen der Vierten Internationale müssen bewusst dafür kämpfen, dass die Reproduktion der gesellschaftlichen Unterdrückung von LGBT in unseren Organisationen eingeschränkt wird. Das bedeutet nicht nur, dass Witze und sexistisches/heterosexistisches Verhalten unterbleiben müssen. Es bedeutet auch, dass Bedingungen geschaffen werden müssen, die es LGBT erlauben, in vollem Umfang am Leben der Organisation teilzunehmen, und zwar sowohl als RevolutionärInnen als auch als LGBT-AktivistInnen. Zu diesem Zweck ist die Integration von LGBT-Angelegenheiten in die politische Tagesordnung von höchster Bedeutung.

Wie es in dem bereits zitierten Text der mexikanischen PRT heißt: „Als Frauen verlangen wir ein gewisses Kräfteverhältnis, damit Gender-Fragen ständig präsent sein können. (...) Damit das möglich ist, müssen wir (..) Diskussionsraum für Frauen schaffen, wo dieser nicht vorhanden ist, und stärken, wo es ihn schon gibt.“ Wir meinen, dass dies auch für LGBT-GenossInnen gilt.


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In Ländern, in denen es organisierte LGBT-Gruppen in den Sektionen gibt, ist es wichtig, dass die gesamte Organisation erfährt und darüber diskutiert, was diese Gruppen ausarbeiten. Die systematische interne Diskussion von LGBT-Angelegenheiten ist eine Bedingung für die kollektive Verarbeitung dieses Themas und für die Veränderung von diskriminierenden Verhaltensweisen, die womöglich in unseren Organisationen existieren, und auch dafür, LGBT-GenossInnen behilflich zu sein, zu LGBT-Angelegenheiten eine revolutionäre Perspektive einzunehmen. Dies ist besonders wichtig für GenossInnen, die in den LGBT-Bewegungen ganz besonders aktiv sind.

Es ist wichtig, dass die Sektionen für die Organisierung von Kommissionen und Arbeitsgruppen wie auch für die Bildung von Kommissionen zu diesem Thema offen sind. Nicht nur muss jedes Mitglied der Sektionen bereit sein, LGBT-Angelegenheiten zu diskutieren, es muss darüber hinaus bereit sein, LGBT-Aktionen und Kampagnen aktiv zu unterstützen.

Um es in den Worten der Resolution zur Frauenbefreiung von 1979 zu sagen: „Wie in jeder anderen Frage müssen die gesamte Führung und alle Mitglieder der Partei über unsere Arbeit informiert sein, kollektiv an der Bestimmung unserer politischen Linie mitwirken und für die Durchführung unserer Kampagnen und Propaganda in allen Bereichen des Klassenkampfes, in denen wir aktiv sind, Verantwortung übernehmen.“

Lesbisch/schwule Angelegenheiten sollten Teil unserer Diskussionen in den Grundeinheiten sowie auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene sein. Alle unsere Mitglieder sollten in unseren lokalen, nationalen und internationalen Schulungen und Weiterbildung in Sachen lesbisch/schwule Befreiung erhalten. Das bedeutet auch, dass die Publikationen unserer Organisationen über die LGBT-Bewegung berichten und hierzu Stellung nehmen sollten.


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LGBT-Angelegenheiten müssen in die öffentlichen Erklärungen der Sektionen und das tägliche Auftreten der Mitglieder Eingang finden. Mitglieder, die in Bewegungen wie den Gewerkschaften, antirassistischen Bewegungen usw. aktiv sind, müssen in ihrer politischen Arbeit lesbisch/schwule Forderungen zur Sprache bringen. LGBT-Mitglieder unserer Sektionen sollten ermutigt werden, aktiv und organisiert an den LGBT-Bewegungen außerhalb teilzunehmen und dabei eine revolutionäre Perspektive einzubringen.

Je nach politischen Möglichkeiten in dem jeweiligen Land suchen wir, wie in anderen Arbeiterfeldern, uns mit anderen Kräften der Linken, die zu diesen Fragen arbeiten, auf gemeinsame Positionen zu einigen und gemeinsame Arbeit zu leisten. Da revolutionäre AktivistInnen innerhalb der LGBT-Bewegung eine Minderheit darstellen, ist der Kontakt mit LGBT-Organisationen außerhalb auch dann wichtig, wenn die Sektionen keine LGBT-Mitglieder haben, die in diesen Bewegungen aktiv sind.

      
Mehr dazu
Diskussionsbeitrag der IV. Internationale: Das muss passieren zur LGBTIQ-Befreiung, intersoz.org (01.04.2021)
Erklärung der Vierten Internationale: Nach dem Massaker von Orlando: Schmerz, Wut und Wachsamkeit, Inprekorr Nr. 4/2016 (Juli/August 2016) (nur online).
Interview mit Haneen Maikey: Widerstand gegen Homophobie und Besatzung, Inprekorr Nr. 5/2011 (September/Oktober 2011).
Resolution des 16. Weltkongresses der IV. Internationale, Februar 2010: Zu Angriffen auf Transgendered / Intersexed, Inprekorr Nr. 462/463 (Mai/Juni 2010).
Vierte Internationale: Resolutionen des 15. Weltkongresses (2003)
Resolutionsentwurf für den Weltkongress: Über lesbische/schwule Befreiung, Inprekorr Nr. 357/358 (Juli/August 2001).
 

Eine der Auswirkungen der Unterdrückung von LGBT ist, dass ihre persönlichen Fähigkeiten nicht auf der Grundlage einer objektiven Einschätzung, sondern aufgrund ihrer sexuellen Orientierung infrage gestellt werden. Unsere Organisationen sollten die Gelegenheit nutzen, dass LGBT-Mitglieder offen im Namen der Organisation zu LGBT-Fragen Stellung nehmen und die Beteiligung an LGBT-Arbeit zu einem Kriterium (neben mehreren) für die Wahl von LGBT-GenossInnen in ihre Führungen machen, wie die Beteiligung an anderer politischer Massenarbeit auch.

Dasselbe Kriterium sollte Berücksichtigung finden, wenn unsere Organisationen KandidatInnen für Wahlkandidaturen auswählen; sie sollten versuchen, offen LGBT-KandidatInnen zu nominieren. Außerdem müssen alle unsere gewählten FunktionsträgerInnen lesbisch/schwule Forderungen in Vertretungskörperschaften einbringen und sie in ihren öffentlichen Erklärungen ansprechen. Sie müssen auch die Forderungen der lesbisch/schwulen Bewegungen aufgreifen und versuchen, den Bewegungen Zugang zu den politischen Debatten in den Gremien zu verschaffen.


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Häufig bereitet es LGBT-Mitgliedern revolutionärer Organisationen Probleme, sich in unseren Organisationen wie auch in der LGBT-Bewegung integriert zu fühlen. Einerseits bedeutet die Tatsache, LGBT-AktivistIn zu sein, sicher mehr als nur konkrete politische Arbeit zu leisten, denn da LGBT eine gesellschaftlich ausgegrenzte Gruppe sind, haben LGBT-Communities spezielle Formen der Sozialisierung und des Widerstands gegen die Heterokultur, die sich aus der gemeinsamen Erfahrung der Unterdrückung ergeben. Daher neigen LGBT-Mitglieder, insbesondere diejenigen, die in LGBT-Bewegungen aktiv sind, häufig dazu, ihr politisches und ihr soziales Leben voneinander zu trennen. Es wird in unseren Organisationen nicht immer verstanden, dass die Aktivitäten von LGBT-Mitgliedern diese besondere Form annehmen können. Aber in einer Community, deren Basis gemeinsam erlebte Ausgrenzung ist, ist diese Form des sozialen und kulturellen Lebens ein unverzichtbarer Aspekt der politischen Arbeit sowie ein persönliches Bedürfnis von LGBT-AktivistInnen.

Andererseits fühlen sich revolutionäre AktivistInnen auch in der LGBT-„Szene“ oft nicht zuhause. LGBT-GenossInnen leben häufig in zwei verschiedenen Welten mit unterschiedlichen, oft unvereinbaren Regeln. Der Aufbau von Verbindungen zwischen LGBT-GenossInnen in verschiedenen Grundeinheiten und in verschiedenen Sektionen sowie die Förderung von vermehrten Aktivitäten, Diskussionen und sozialen Zusammenkünften von LGBT in unserer Bewegung gehören zu den besten Mitteln, um dieses „Risiko einer gespaltenen Persönlichkeit“ zu bekämpfen und lesbisch/schwule AktivistInnen in der Internationale zu halten. Bemühungen in diese Richtung sollten in unseren Sektionen begrüßt und unterstützt werden.


Dieser Artikel erschien in der Online-Ausgabe von Inprekorr Nr. 376/377 (März/April 2003) (nur online). | Startseite | Impressum | Datenschutz


[1] Im englischsprachigen Original: „lesbian, gay, bisexual and transgendered (LGBT) people“.
„Transgendered“ ist in der schwul-lesbischen Bewegung eine Bezeichnung bzw. Selbstbezeichnung von Menschen, die früher als „Transsexuelle“ bezeichnet worden sind. „Transgendered“ hat gegenüber „Transsexuell“ den Vorteil, dass es sich auch auf Bereiche wie Kultur, Geschlechtsrolle und die politisch-gesellschaftliche Dimension des Geschlechts etc. bezieht und nicht biologistisch auf Geschlechtsorgane und deren Funktion beschränkt ist. „Transgendered“ bezieht auch die Menschen ein, die sich in der Grenzregion zwischen den polarisierten Identitäten „Mann“ und „Frau“ bewegen, auch diejenigen, die sich nicht per „Geschlechtskorrektur“ umoperieren lassen wollen, aber auffällig die „falsche“ Geschlechtsrolle spielen; sie definieren sich mittlerweile nicht mehr ausschließlich „als im falschen Körper gefangene“ Personen des „entgegengesetzten“ Geschlechts. (Anm. d. Bearb.)

[2] Etwa: Aktionskampagne für [erschwingliche oder kostenfreie] Behandlung [von AIDS-PatientInnen]; Anm. d, Übers.