Am Vorabend des Ersten Mai 2020, mitten in der Coronavirus-Pandemie, veröffentlichte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) einige haarsträubende Statistiken. Etwa 1,6 Milliarden Arbeiter*innen aus dem informellen Sektor befinden sich aufgrund der von den Regierungen verhängten Lockdowns, mit denen die Ausbreitung des Virus gestoppt werden soll, in einer ernsten Notlage.
GRAIN
Nach Angaben der IAO [ILO] sind etwa 60 % der Lohnabhängigen weltweit in der informellen Wirtschaft tätig und arbeiten ohne Verträge, Sicherheitsnetze oder Ersparnisse. [1] Je nach Land stellen Frauen einen höheren oder niedrigeren Anteil der informellen Arbeitskräfte und werden durchweg schlechter bezahlt als Männer. [2]
Jetzt gibt es wegen Quarantäne und Beschränkungen, Produktionsstopps und Ausgangssperren keine Arbeit mehr. Keine Arbeit bedeutet kein Einkommen. Ohne Einkommen keine Nahrung. Ohne alternative Einkommensquellen „werden diese Lohnabhängigen und ihre Familien keine Mittel zum Überleben haben“, warnte die IAO. [3]
Wenn Arbeiter*innen im informellen Sektor nicht in der Lage sind, sich selbst zu ernähren, sind sie auch nicht in der Lage, weiterhin Millionen, wenn nicht sogar Milliarden von Menschen zu ernähren. Die informelle Arbeit hält die Lebensmittelversorgung in den meisten Teilen der Welt am Laufen: Sie macht weltweit 94 % der Arbeit in der Landwirtschaft und einen großen Teil der Arbeit im Lebensmittelhandel, im Einzelhandel, bei der Zubereitung und Lieferung von Lebensmitteln in vielen Teilen der Welt aus. [4]
Die Covid-19-Krise hat nicht nur unsere Abhängigkeit von gut funktionierenden Gesundheits- und Ernährungssystemen offengelegt, sondern auch die schreienden Ungerechtigkeiten, die denjenigen, die in diesen wesentlichen Sektoren arbeiten, in der „besten“ Zeit zugefügt wurden: niedrige Löhne, kein Zugang zur Gesundheitsversorgung, keine Kinderbetreuung, kein Sicherheitsschutz am Arbeitsplatz, oft kein Rechtsschutz und keine Vertretung bei Verhandlungen über Arbeitsbedingungen. Dies gilt sowohl für den informellen als auch für den formellen Sektor des globalen Ernährungssystems. In der Tat ist der Kontrast zwischen dem Reichtum an der Spitze der größten Nahrungsmittelkonzerne und dem Elend ihrer Beschäftigten an der vordersten Front extrem. Nestlé beispielsweise, die Nummer eins unter den Nahrungsmittelkonzernen der Welt, schüttete seinen Aktionären Ende April 2020 eine Dividende in Höhe von 8 Milliarden US-Dollar aus; dieser Betrag übersteigt das Jahresbudget des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WEP). [5]
Die einzige jetzt entscheidende Frage ist, wie sichergestellt werden kann, dass alle Menschen Zugang zu Lebensmitteln haben, und ihre Sicherheit und Gesundheit entlang des ganzen Weges vom Bauernhof bis zum Verbraucher und zur Verbraucherin gewährleistet werden kann. Leider war dies nicht die Priorität, die die Lebensmittelversorgung in den letzten Jahrzehnten geprägt hat. Aber der Weg dorthin ist nicht so kompliziert, wie es scheinen mag.
Die Abschaltung eines Großteils der Weltwirtschaft seit März 2020 hat dazu geführt, dass viele Menschen auf ihr Zuhause oder ihre Nachbarschaft beschränkt sind und nicht arbeiten können. Fabriken wurden stillgelegt, Bauprojekte gestoppt, Restaurants und Büros geschlossen und Transportmittel stellten den Betrieb ein. In vielen Ländern haben Wanderarbeiter*innen, Studentinnen und Studenten sofort versucht, nach Hause zu ihren Familien zu gelangen, auf die sie sich abstützen können; vielen aber gelang diese Reise wegen fehlender Transportmöglichkeiten oder aufgrund von Grenzschließungen nicht.
Diese Corona-Maßnahmen scheinen ohne große Rücksicht auf die tatsächliche Funktionsweise der Lebensmittelversorgung umgesetzt worden zu sein. Die Landwirte waren zwar meistens – wenn auch nicht immer – in der Lage, die Arbeit auf ihren Höfen weiterzuführen, aber es fehlt ihnen an Arbeitskräften – und dies gerade zu einer Zeit, wenn in vielen Teilen der Welt Ernte- oder Geburtszeit ist – und an den Mitteln, um Produkte und Vieh vom Hof zu Kooperativen, Sammelstellen, Schlachthöfen, Händlern oder Märkten zu bringen. Die Schließungen von Schulen, Büros und Restaurants haben das System erstickt, was zu einer enormen Verschwendung geführt hat. Infolgedessen wird Milch weggeschüttet, Tiere werden eingeschläfert und Feldfrüchte in den Boden gepflügt. In ähnlicher Weise wurde gegen Fischer, die wie in Uganda nachts vor Ort fischen, aufgrund von Ausgangssperren Hausarrest verhängt. [6]
In den Städten haben oft Gewalt, Missbrauch und Korruption diese Schließungen auf unverständliche Weise begleitet. In Ostafrika, wie auch in Teilen Asiens, wurden Straßenverkäufer*innen, die auf der Straße erwischt wurden, mit Peitschen und Gummigeschossen angegriffen. [7] In städtischen und stadtnahen Gemeinden kam es zu Unruhen, als knappe Nahrungsmittelhilfe eintraf. [8] Im Libanon wurde bei solchen Unruhen sogar eine Person getötet. [9] Und in eSwatini, dem ehemaligen Swasiland, hat die Regierung einfach beschlossen, dass sie nicht die Städte ernähren, sondern sich dabei auf die ländlichen Gebiete konzentrieren wird. [10]
In der Zwischenzeit wurden den Nahrungsmittelkonzernen Ausnahmeregelungen gewährt, die die Gesundheitskrise wesentlich verschärft haben, ohne dass die Menschen zu genügend Nahrung kommen. Einige der weltweit schlimmsten Ausbrüche von Covid-19 waren in Fleischverarbeitungsbetrieben multinationaler Konzerne in Brasilien, Kanada, Spanien, Deutschland und den USA zu verzeichnen. Obwohl diese Betriebe hauptsächlich Fleisch für den Export produzieren, galten sie als „lebenswichtige Dienstleistung“ und durften ihre Kapazitäten voll auslasten, wodurch ihre Arbeiter*innen mit den umliegenden Gemeinden wissentlich einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt werden. [11] In den USA sind bis zum 6. Mai d. J. 12 000 Arbeiter*innen in Fleischfabriken erkrankt und 48 sind gestorben. [12] Auch Verarbeitungsbetriebe für Meeresfrüchte sind Hotspots, wie etwa in Ghana, wo ein Ausbruch in einer Thunfischkonservenfabrik der Thai Union für 11 % der Covid-19-Fälle im ganzen Land verantwortlich ist. [13] Die Beschäftigten von Supermärkten und E-Commerce-Plattformen sehen sich ebenfalls mit der enormen Schwierigkeit konfrontiert, sich einerseits genügend zu schützen und andererseits die so genannten „wesentlichen Arbeiten“ zu erbringen, die von den Sperren ausgenommen sind. Die Ölpalmenplantagen haben ihren Betrieb größtenteils aufrechterhalten – um die Produktion dringend benötigter Seifen zur Bekämpfung der Pandemie sicherzustellen, wie ihre Eigentümer behaupten – aber einige haben sich über lokale Verordnungen hinweggesetzt oder nicht den notwendigen Schutz für die Beschäftigten bereitgestellt. [14]
Es besteht die Gefahr, dass die Genesung schlimmer wird als die Krankheit. Menschen, die seit dem Ausbruch der Pandemie weder Arbeit noch Lohn haben – der Großteil des informellen Sektors, aber auch Arbeiter*innen aus dem formellen Sektor – sehen sich nun mit der wachsenden Realität des Hungers konfrontiert. Nach Angaben des WEP [Welternährungsprogramm] ist das Risiko derzeit in etwa zehn Ländern am höchsten, von denen die meisten in bewaffnete Konflikte verwickelt sind, wie Somalia oder Südsudan. Doch der mangelnde Zugang zu Nahrungsmitteln aufgrund der Betriebsschließungen unter Covid-19 und die daraus resultierende weltweite Rezession, die, wie uns gesagt wird, noch Monate andauern wird, bedroht jetzt viele andere Länder. In Indien haben 50 % der Landbevölkerung aufgrund der Schließung weniger zu essen. [15] Weltweit könnte sich die Zahl der Menschen, die unter akutem Hunger leiden, von heute 135 Millionen auf 265 Millionen bis Ende des Jahres verdoppeln, so das WEP. [16]
Schon jetzt stehen die am härtesten Betroffenen vor dieser schmerzlichen Wahl. Das Sprichwort „Lieber sterbe ich am Coronavirus, als zu verhungern“, ist in Haiti, Angola, im Libanon, in der Demokratischen Republik Kongo, Mayotte, Indien und Lateinamerika weit verbreitet. [17] Sogar in Belgien heißt es nun: „Entweder wir sterben an Hunger oder am Coronavirus. Wir müssen uns entscheiden“. [18] In Westafrika lautet die Losung: „Der Hunger wird uns töten, bevor es Corona tut“.
Klar ist: Wenn dieser sich ausbreitende Hunger das Ausmaß einer globalen Krise erreicht, dann nicht wegen mangelnder Produktion oder gar wegen Hortens. Das Angebot ist reichlich vorhanden. Vielmehr hat sich gezeigt, dass das System der Verteilung nicht in der Lage ist, alle sicher zu ernähren; dies betrifft gerade die hochkonzentrierten und exponierten Bevölkerungssegmente, die nicht auf die Krise reagieren können.
Eine der ersten Maßnahmen, die viele Behörden ergriffen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen, war die Schließung von Restaurants, Cafés, Imbissständen und Frischmärkten. Als Reaktion darauf entstanden oft spontan viele andere Wege, um Lebensmittel dorthin zu bringen, wo sie benötigt werden, oft unter Nutzung sozialer Medien. Auf Facebook und Whatsapp haben sich Gruppen gebildet, um gemeinsam zu ermitteln, wo sich die Lebensmittelvorräte befinden oder um gemeinsam Produkte von Bauern zu beschaffen. Geschlossene Restaurants und Kantinen nutzen ihre Ressourcen, um auf lose Lebensmittelvorräte wie Mehl oder Getreide zuzugreifen, sie neu zu verpacken und in kleinen Mengen zu verkaufen. „Umnutzung“ ist zum Wort der Stunde geworden, wenn Gemeinschaften zusammenkommen oder sich formieren, um Lebensmittel mit kreativen Mitteln zu finden und zu transportieren.
Die Landwirte beschreiten ebenfalls innovative Wege, um ihre Produkte zu verkaufen und zu transportieren. In Europa haben sie mit dem Verkauf ab Hof, mit Lieferungen an Krankenhäuser und mit Online-Vertrieb begonnen und sind über öffentliche Landwirtschaftsprogramme und Bauernmärkte direkt mit den Verbraucher*innen in Kontakt getreten. [19] In Asien sind die Bauern und Bäuerinnen über soziale Medien oder E-Commerce-Instrumente online gegangen, um alternative Märkte zu organisieren. [20] Im indischen Karnataka beispielsweise haben Landwirte begonnen, Twitter zu nutzen, um Videos zu ihren Produkten aufzuschalten und mit Käufer*innen in Kontakt zu treten. Andere beleben erneut traditionelle Tauschsysteme, um dem Mangel an Bargeld beizukommen und das Angebot an die Nachfrage anzupassen. [21] In Indonesien hat eine Gewerkschaft von Fischer*innen in Indramayu, West-Java, eine Initiative gestartet, um mit lokalen Bauerngruppen im Rahmen einer kollektiven Aktion mit dem Namen „Lebensmittelscheune der Fischer“ Handel zu treiben. Da Restaurants und Märkte geschlossen wurden, fehlen den Fischern die Käufer*innen. Deshalb tauschen sie mit den Bauern und Bäuerinnen Fisch gegen Reis und Gemüse. Dadurch sorgen die verschiedenen Gemeinschaften für Nahrung und Lebensunterhalt. [22]
In Lateinamerika sind die ländlichen Gemeinden am wenigsten von dem Virus betroffen. Viele von ihnen organisieren sich, um Nahrungsmittel an die Armen in den Städten zu verteilen. In Cauca, Kolumbien, haben die Nasa – die sich selbst als Langzeitüberlebende von Viren, Kriegen und dem Eindringen der Agrarindustrie betrachten – gemeinsam einen „Lebensmittelmarsch“ organisiert und Lieferungen aus ihrer Ernte in die verarmten Stadtviertel gebracht, um der Abriegelung zu trotzen. [23] In Brasilien hat die Landlosen-Bewegung ohne jegliche staatliche Unterstützung 600 Tonnen gesunder Nahrungsmittel an Krankenhäuser, Obdachlose und andere gefährdete Teile der Bevölkerung in 24 Bundesstaaten des Landes gespendet. [24] Die Mitglieder sind auch dabei, städtische Cafés in Suppenküchen und Bildungseinrichtungen in behelfsmäßige Krankenhäuser umzuwandeln, in denen mit ihnen verbündete Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen ihre Dienste anbieten. [25]
In Simbabwe hat die Abriegelung den Transport landwirtschaftlicher Erzeugnisse von den großen Farmen im ganzen Land zum Erliegen gebracht. Kleinbauern und -bäuerinnen, die nur begrenzte Unterstützung erhalten, füllen die Lücke und suchen neue Wege, Gemüse und andere Produkte auf die Märkte zu bringen. Frontleute der Bauernbewegung sagen, diese Verschiebung in der Nahrungsmittelmatrix zeige, dass die 1,5 Millionen Kleinbauern und -bäuerinnen des Landes in der Lage sind, die Nation zu ernähren. [26]
Auch lokale Regierungen, Privatpersonen und Unternehmen haben ihren Beitrag geleistet. In Vietnam wurden öffentliche Automaten erfunden, so genannte „Reis-Geldautomaten“; mit diesen wird Familien der Zugang zu einer kostenlosen Tagesration Reis ohne physischen Kontakt oder Horten ermöglicht. [27] In Indien hat der Bundesstaat Kerala eine Kampagne namens „Subhiksha Keralam“ gestartet, die mittels Subventionen, Infrastruktur und anderen Unterstützungsmechanismen die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln zu erreichen sucht. [28] In Thailand wurden unter der Quarantäne mit Unterstützung der lokalen Behörden Bangkoks mobile Gemüseläden wiederbelebt. Der städtische Großmarkt stellt Kleinproduzenten und Händlern Hunderte von Lastwagen zur Verfügung, damit sie auf Haus-zu-Haus-Lieferungen umsteigen können. [29] Und in vielen Teilen Afrikas passen die Motorradlieferdienste ihre Praktiken an, um die Lebensmittelversorgung der Menschen zu erleichtern, die sie benötigen. [30]
Ob durch Solidarität, gegenseitige Hilfe, ehrenamtliche Arbeit oder Kooperativen, ob formell oder informell, diese Welle gemeinschaftsorientierter Bemühungen, Nahrungsmittel dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden, ist von entscheidender Bedeutung und erfordert dringend Ressourcen. Initiativen an der Basis sind zwar nicht „die“ Lösung, aber sie weisen sicherlich in die richtige Richtung.
Um die Katastrophe zu verhindern, vor der uns sowohl die IAO als auch das WEP warnen, fordern wir drei Arten von Maßnahmen.
Kurzfristig:
1) Materielle und finanzielle Ausstattung von Gemeinschaftsinitiativen: Es ist dringend notwendig, dass die Bemühungen der informellen Zusammenhänge um die Versorgung der Bedürftigen klar anerkannt und unterstützt werden. Für diese Bemühungen sollten finanzielle Mittel, Instrumente und andere Mittel bereitgestellt werden. Dabei kann es sich um Geld oder Materialien für Nachbarschaftsgruppen oder indigene Gemeinschaften handeln, die persönliche Schutzausrüstung, Räume oder Mittel benötigen, mit denen Vorräte organisiert und transportiert werden können. Dies kann Unterstützung für regionale und lokale Regierungen umfassen, damit diese die Arbeit gemeinsam mit gemeindebasierten Organisationen, Kooperativen, Bäuerinnen und Bauern durchführen können. Und dann die Unterstützung der lokalen Regierungen selbst, sei es durch politische Maßnahmen oder Infrastruktur. Viele tun dies bereits, aber diese Anstrengungen müssen massiv und schnell aufgestockt werden. Die Finanzmittel der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds und anderer Geber an die Regierungen für die Meisterung der Gesundheitskrise gehen zu einem großen Teil an große Unternehmen. Es wäre besser, den lokalen Regierungen mehr Mittel zuzuweisen, damit sie die Bemühungen der Gemeinden unterstützen können.
Längerfristig:
2) Verbesserung der Bedingungen für Bauern, Bäuerinnen und Arbeiter*innen: Wir müssen die Position der Arbeitenden im Lebensmittelsystem verbessern, von der Produktion oder Beschaffung bis hin zum Einzelhandel, zur Lieferung und zum Lebensmittelservice. Das bedeutet unter anderem: Höhere Löhne oder ein universelles Grundeinkommen, das einkommensschwache Lohnabhängige viel besser bezahlt und auch die Menschen außerhalb der Lohnarbeit erreicht; eine Mitentscheidung über eine Neudefinition von Arbeit und der Arbeitsprozesse, wie es viele Gewerkschaften fordern; volle Rechte auf Gesundheitsversorgung, Gefahrenzulage, sichere Arbeitsbedingungen und Kinderbetreuung; und, vielleicht am wichtigsten, einen besseren Status in der Gesellschaft. Die Landwirte müssen auch mit zuverlässigen Systemen unterstützt werden, damit sie ihre Produkte zu fairen Preisen auf die Märkte bringen und ihren Lebensunterhalt sichern können. Gleichzeitig müssen den Landarbeiter*innen existenzsichernde Löhne und gesunde Arbeitsbedingungen garantiert werden. Die Covid-19-Krise hat deutlich gemacht, wie wichtig landwirtschaftliche Arbeit, Transport, Lebensmittelverteilung für unser Wohlergehen sind. Die Menschen, die in diesem System arbeiten, arbeiten ebenso an der Front wie die Beschäftigten im Gesundheitswesen. Sie verdienen einen besseren Arbeitsplatz, eine bessere Bezahlung und eine gerechtere Verteilung der Leistungen. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Strukturwandel voranzutreiben.
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3) Wiederaufbau einer öffentlichen Lebensmittelversorgung: Wir müssen von der Öffentlichkeit kontrollierte Märkte im Lebensmittelbereich neu erfinden und stärken, und zwar von der lokalen Ebene an aufwärts. Und wir müssen diese Märkte mit der Produktion der Kleinlandwirtschaft und Fischerei verbinden. Die Corona-Sperrmaßnahmen haben uns recht deutlich vor Augen geführt, dass wir uns nicht auf den Welthandel als Strategie verlassen können, und dass die Kontrolle der Konzerne über wichtige Segmente unserer Nahrungsmittelversorgung unser Überleben gefährdet. Wir müssen damit aufhören, öffentliche Gelder an große Nahrungsmittel- oder Agrarunternehmen zu vergeben, es sei denn zur Stärkung der Arbeitenden. Wir müssen die Konzentration der Lebensmittelindustrie zurückdrängen, und zwar durch Maßnahmen wie Anti-Kartellgesetze im gesamten Nahrungsmittelsektor und mittels direkter Nahrungsmittelverteiler. Wir wissen, dass weitere Pandemien kommen werden. Jetzt ist die Gelegenheit für Fortschritte durch den Aufbau einer öffentlichen Ausrichtung unserer Lebensmittelsysteme, ähnlich wie im Gesundheitssektor, wo wir öffentliche medizinische Forschung, öffentliche Krankenhäuser und Generika haben müssen, die nicht durch Patente belastet sind, die dem Profit der Unternehmen dienen. Lebensmittel sind nicht nur ein öffentliches Gut; sie sind ein soziales Gut und sie müssen ebenso wie die Gesundheitsversorgung garantiert, geschützt und für alle bereitgestellt werden.
Wenn etwas Positives aus dieser Krise hervorgehen sollte, so müssen wir nach Jahrzehnten der Privatisierung und der Einflussnahme der Konzerne die öffentlichen Versorgungssysteme in unseren Ländern zurückgewinnen und konsolidieren. Diese Systeme sollten Lösungen unterstützen und auf Lösungen aufbauen, die lokale Gemeinschaften bereits anbieten. Nahrung ist ebenso wie Gesundheit ein entscheidender Ansatzpunkt.
Quelle: https://grain.org/e/6465#.XsE6dyHDAHs.twitter
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Dieser Artikel erschien in die internationale Nr. 4/2020 (Juli/August 2020). | Startseite | Impressum | Datenschutz