Covid-19-Pandemie

Aktionsplan im Sinne der Übergangsforderungen

Am Bewusstsein anknüpfen: Der hier dokumentierte Aktionsplan der ISO ist ein Versuch, die Strategie der Übergangsforderungen auf die gegenwärtige politische Lage in Deutschland anzuwenden.

Manuel Kellner

Auf die Frage interessierter Kolleg*innen und anderer Linker, was wir eigentlich wollen, genügt nicht der Verweis auf unsere programmatischen Grundpositionen. Natürlich wollen wir die Überwindung der kapitalistischen Klassengesellschaft durch eine sozialistische Umwälzung. An die Stelle der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie, die eine eher schlecht als recht verschleierte Herrschaftsform des Kapitals ist, wollen wir eine sozialistische Demokratie, in der die abhängig Beschäftigten und die kapitalfreie Mehrheit der Bevölkerung das Sagen haben.

Aber was setzen wir der Regierung Merkel und überhaupt der etablierten Politik konkret entgegen? Seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie steht nicht mehr die gnadenlose Sparpolitik mit ihrem Dogma der „schwarzen Null“ im Mittelpunkt. Milliardenschwere „Konjunkturprogramme“ sind an deren Stelle getreten. Nun halten wir es nicht für ausreichend, hierauf bloß mit einzelnen Verbesserungsvorschlägen zu reagieren, wie das andere Linke tun, vor allem auch die Partei Die Linke. Das ganze Prinzip ist falsch, weil es der Logik der Kapitalherrschaft und der Kapitalinteressen folgt. Darum stellen wir dem ein Programm öffentlicher Ausgaben für die gesellschaftlich – gesundheitspolitisch, sozial und ökologisch – dringlich gebotenen Maßnahmen entgegen


Solidarische Massenaktionen


Es geht uns damit darum, die Möglichkeiten solidarischer Massenaktionen zur Durchsetzung der genannten Ziele und, im Fall ihrer Durchführung, zu ihrer demokratischen Kontrolle von unten auszuloten. Deshalb verstehen wir unseren Aktionsplan als Diskussionsangebot für alle Kräfte und Einzelpersonen, die an der Auslösung solcher Bewegungen interessiert sind oder schon daran arbeiten. Welcher der genannten – oder vielleicht auch nicht genannten – Punkte letztlich von einer großen Zahl von Menschen in praktischer gemeinsamer Aktion aufgegriffen werden, können wir heute nicht wissen. Wir wollen dies aber zusammen mit allen daran Interessierten herausbekommen und mit gemeinsamen Initiativen testen.

      
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Dieses Herangehen an die gegenwärtigen Aufgaben steht in der Tradition der jungen Kommunistischen Internationale, bevor sie von der Stalin-Fraktion überwältigt und schließlich aufgelöst wurde. Auf ihrem Vierten Kongress 1922 diskutierte sie über Einheitsfronttaktik sowie Teil- und Übergangsforderungen. Vor der sozialistischen Eroberung der politischen Macht war die Mehrheit der Arbeiter*innenklasse für die konkreten Vorschläge der Kommunist*innen und schließlich für ihre Grundpositionen – für die sozialistische Umwälzung – zu gewinnen. Natürlich unterscheiden sich die damaligen Bedingungen in vielem von den heutigen. Das Grundproblem ist aber geblieben. Darum treten wir dafür ein, an dem seitdem weitgehend verschütteten strategischen Problembewusstsein von damals anzuknüpfen. Es geht nicht darum, etwas nachzuplappern oder zu kopieren, was damals versucht wurde. Es geht darum, eine Methode zu verstehen und auf die heutigen Probleme anzuwenden. Eine neue Generation von Revolutionär*innen wird weiter gehen und das revolutionäre Denken erneuern – aber ohne die kritische Aneignung der revolutionären Überlieferungen der Vergangenheit wird das nicht gelingen.


Dieser Artikel erschien in die internationale Nr. 6/2020 (November/Dezember 2020). | Startseite | Impressum | Datenschutz