Das Gespräch fand Ende Januar 2021 statt. Die Namen wurden zum Schutz der Teilnehmenden geändert. U. D. stellte die Fragen.
Ein Gespräch mit Betriebsräten
Im letzten Jahr hatten wir zweimal mit aktiven Gewerkschafter*innen und Betriebsrät*innen aus der Rhein-Neckar-Region über ihre Situation in der Pandemie gesprochen. Alle hatten über zusätzliche Herausforderungen berichtet.
Einerseits durch die Pandemie selbst. Zum Beispiel aufgrund der eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten mit den Kolleg*innen oder wegen der Schwierigkeiten Sitzungen und Betriebsversammlungen durchzuführen.
Andererseits durch die jeweilige Unternehmensführung: Diese hatten ja ihre Strategie, Profitziele, Umstrukturierungen, „Optimierungen“ usw. während der Pandemie nicht plötzlich auf Eis gelegt, sondern verfolgten diese weiter. Und sie griffen dabei im „Schatten der Pandemie“ in unterschiedlichem Maß Betriebsräte und deren Mitbestimmungsrechte an.
Grund genug also, diesmal mit den Kolleg*innen über Ihre Arbeit und Erfahrungen zu reden.
Die Weinheimer Nachrichten befragten vor kurzem Unternehmen zur Pandemie. Diese waren sich einig: Der Gesundheitsschutz wird beachtet und weitergehende gesetzliche Regelungen seien nicht notwendig. Unseres Wissens gab es darauf keine Reaktionen von Gewerkschaften und Betriebsräten. Macht das Management tatsächlich einen guten Pandemie-Job oder legt Corona die Betriebsräte lahm? |
Clara: In den letzten Gesprächen wurde ja schon deutlich, dass die Pandemie für uns eine ziemliche Herausforderung war und ist. Ich glaube, das trifft auf alle in dieser Runde zu. Bis wir kapiert hatten, was da auf uns zukommt, waren wir schon mitten in der ersten Welle. Und plötzlich war nichts mehr wie zuvor. Die Unternehmensführung war schneller als der Betriebsrat.
Auch wenn Arbeits- und Gesundheitsschutz für uns vorher schon wichtig war, waren wir ehrlicherweise überfordert. Und vielen Betriebsräten in unserem Gewerkschaftsbezirk ging es ähnlich.
Heiko: Ich muss Clara zustimmen. Von jetzt auf nachher standen ganz andere Themen auf der Tagesordnung. Wir haben zwar arbeitende BR-Strukturen, und Arbeitsschutz ist bei uns seit Jahren ein zentrales Thema, aber auf so etwas waren wir nicht vorbereitet.
Wir mussten die Geschäftsführung nicht zum Handeln bewegen. Klar, anfangs hat sie Corona als „chinesisches Problem“ abgetan. Aber als sie die Entwicklung und die möglichen negativen Folgen für das Unternehmen sah, hat sie sofort gehandelt. Einige Vorgesetzte sind dabei mit ihren Maßnahmen zu weit gegangen und wollten uns aus ihren Entscheidungen raushalten. Die mussten wir erst wieder einfangen und dabei auf unsere Mitbestimmungsrechte pochen. Ich glaube, das ist uns gelungen.
Kevin: Bei uns hat die Führung auch reagiert. Aber ein guter Job sieht anders aus. Die binden uns zwar ein, aber das ist nur Anstrichfarbe, denn gleichzeitig haben sie ihre Angriffe auf uns verschärft.
Seit Jahren müssen wir um unsere Mitbestimmungsrechte gerade auch beim Arbeitsschutz kämpfen und jetzt tun die so, als ginge es ihnen nur ums Wohl der Belegschaft. Die wollen doch nur eines, dass der Laden störungsfrei weiterläuft. Solange wir ihre Maßnahmen „konstruktiv“ abnicken, ist es gut, wenn wir aber eigene Vorstellungen haben, sind wir der Untergang des Unternehmens.
Soweit ich das für unsere Geschäftsstelle beurteilen kann, trifft das, was Clara sagt, zu. Viele Betriebsräte, aber auch die Gewerkschaftshauptamtlichen, waren plötzlich mit etwas völlig Unerwarteten konfrontiert und überfordert und wussten nicht, wie sie damit umgehen sollen. Die „sanften“ Betriebsräte, die eh nur kuschen und kuscheln, die wir ja auch kennen, die sind noch weiter abgetaucht.
Also ist mein Eindruck richtig, dass die Pandemie bei euch eine gewisse Ratlosigkeit und vielleicht sogar eine Schockstarre verursachte? |
Heiko: Von einer Schockstarre würde ich bei uns nicht reden. Wir haben, wenn auch mit Einschränkungen, arbeitsfähige Strukturen. Das war natürlich ein Riesenvorteil. Auch dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz seit Jahren große Bedeutung hat, hat uns geholfen. Wir haben dazu einfach schon Wissen und Klarheit über unsere Rechte.
Trotzdem drohten uns, neben den Schnellschüssen des Managements, die Fragen und Herausforderungen der Pandemie zu überrollen. Zum Beispiel, wie und wo können wir uns zu unserer Sitzung treffen? Wie können wir trotz Hygienebestimmungen und „Home-Office“ Kontakt mit den Beschäftigten halten? Kriegen wir Video-Sitzungen hin? Können wir online rechtssicher abstimmen? Und einige Betriebsräte haben versucht, sich noch stärker als bisher einzugraben und nichts zu machen. Dagegen anzugehen, war sehr schwer.
Clara: So gut sieht es bei uns nicht aus. In unserem Betriebsrat gab es schon eine gewisse Handlungsunfähigkeit. Das traf auch auf uns von der aktiven Minderheit zu. Quer durch die Strömungen haben wir gemerkt, wie Corona uns beansprucht, auch ganz persönlich, und lähmt. Und dann kommt dazu, dass unserer Meinung nach das Management Corona nutzt, um die Mitbestimmung und unsere Rechte in Frage zu stellen. Die Mehrheit sieht dieses Problem nicht.
Auch waren wir selbst zum Pandemiebeginn handlungsunfähig. Wir haben aber das Glück, uns mit aktiven Kolleg* innen anderer Betriebe regelmäßig austauschen zu können. Das hat uns immer wieder aktiviert und Impulse gegeben.
Tom: Die Logistik gilt ja als einer der Pandemie-Hotspots. Unsere Niederlassung gehört da zum Glück nicht dazu. Und ich habe ja schon früher darüber gesprochen. Wir arbeiten auch bei anderen Firmen in der Logistik und im Versand. Da sind wir auf den jeweils herrschenden Gesundheitsschutz angewiesen.
Unser eigener Betriebsrat ist noch weniger zu sehen als zuvor. Klar, wenn du kein freigestellter Betriebsrat bist und dazu noch an einem anderen Ort arbeitest, ist es nicht leicht, Kontakt zu halten. Aber während der Pandemie ist das gleich null.
Auch der Betriebsrat unseres Auftraggebers ist kaum präsent. Für uns als Werkverträgler ist der ja nicht zuständig, aber doch für die eigenen Leute. Ich glaube, die haben schlichtweg keinen Plan. Die hatten schon vor der Pandemie keine gute Kommunikation. Woher soll das jetzt plötzlich herkommen. Ich sehe das so und ich weiß, ich habe da gut reden, wer sich vor einer Krise nicht gut aufstellt, der schafft es während der Krise erst recht nicht.
Kevin: Anfangs hat es auch uns beinahe überrollt. Aber wir haben versucht, nicht unter die Räder zu kommen und unsere Strukturen und unsere Arbeit aufrecht zu erhalten. Das fiel uns zwar ziemlich schwer, aber Zeit für Warten und Erstarrung hatten wir gar nicht. Wir mussten nämlich nicht nur auf die Unternehmensführung reagieren, sondern auch auf die starke und unternehmensorientierte Minderheit.
Habt Ihr alle, wie bei Heiko, arbeitende Betriebsratsstrukturen? Haben diese weitergearbeitet? |
Clara: Wir haben viele Ausschüsse. Vielleicht zu viele. Die waren sehr unterschiedlich aktiv. Manche haben schon vorher nichts gemacht. Ein paar arbeiten weiterhin, allerdings sehr eingeschränkt. Die Arbeit wird nicht regelmäßig besprochen.
Der Betriebsrat führt auch keine regelmäßigen Sitzungen mehr durch. Insgesamt ist die Arbeit des Betriebsrats durch die Pandemie deutlich schlechter geworden. Wir als Minderheit versuchen, dagegenzuhalten, aber das ist sehr mühselig. Es ist wirklich vieles in der Pandemie ganz anders als vorher.
Übrigens führen wir auch keine Betriebsversammlungen durch. Ich weiß, das müssten wir tun, aber dafür haben wir noch keine wirkliche Idee.
Tom: Wir haben einen kleinen Betriebsrat und kaum Ausschüsse. Aber die Arbeit hat sich in der Pandemie auf die beiden Vorsitzenden konzentriert. Der Rest ist inaktiv. Es gibt kaum noch Regelmäßigkeit. Und mit der Begründung „Corona“ wird fast alles akzeptiert, was vom Unternehmen kommt.
Heiko: Ich wollte keinen falschen Eindruck erwecken. Auch bei uns läuft nicht alles super. Am Anfang herrschte eine sehr große Unsicherheit. Was dürfen wir noch? Was können wir noch? Es hat einige Monate und viele Diskussionen gebraucht, wieder Betriebsratsarbeit außerhalb der Pandemiebekämpfung zu organisieren. Und diese ist bei weitem nicht auf dem Niveau der Vorkrisenzeit.
Kevin: Ja, bei uns haben die Strukturen weitergearbeitet. Vor allem der Betriebsausschuss hat an Bedeutung gewonnen. Ein Teil der Arbeit konzentriert sich inzwischen auf ihn. Das ist nicht glücklich, aber wir standen vor der Wahl, nicht mehr zu funktionieren oder so zu funktionieren. Wir haben regelmäßig unsere BR-Sitzungen durchgeführt und dabei schon früh die Videokonferenztechnik genutzt. Aber das ist datenschutzrechtlich nicht immer ganz einfach.
Die sonstigen Ausschüsse funktionieren unterschiedlich gut, aber spürbar schlechter als zuvor.
Ihr habt berichtet, dass sich Betriebsräte aus der Arbeit zurückgezogen haben? Welche Folgen hat das? |
Kevin: Bei uns ist das unterschiedlich. Die Aktiven sind noch aktiver geworden. Und die passiven, sind eher noch passiver geworden. Die schießen aus dem Hinterhalt. Das heißt, sie schauen zu, wie wir arbeiten, und wenn etwas nicht gut läuft, dann greifen sie uns an. Sie warten auf Fehler von uns, um bei den kommenden BR-Wahlen die jetzige Mehrheit zu kippen.
Heiko: Ja, bei uns ist das der Fall und das ist wirklich bitter. Es haben sich einzelne zurückgezogen. Das hat den Arbeitsdruck auf die Aktiven noch erhöht. Und die Schwierigkeit, reale Sitzungen durchzuführen, hat das Gremium zerfleddert. Vorher war klar, es gibt einmal in der Woche die BR-Sitzung und alle haben zu erscheinen und mitzuarbeiten. Dies war längere Zeit nicht der Fall, nicht einmal per Video. Dies hat das Gremium stärker auseinandergetrieben. Das war und ist für uns wirklich eine Gefahr. Seit letzten Spätherbst arbeiten wir dagegen an.
Clara: Bei uns sind die Aktiven weiterhin engagiert. Diejenigen, die vorher schon passiv waren sind komplett weggetaucht. Wir von der Minderheit versuchen, den Kontakt zu den Kolleg*innen zu halten und gehen in die Abteilungen. Aber umso mehr kriegen wir auch deren Frust ab.
Auch den Frust über die fehlende Betreuung durch die passiven BR. Es ist ja nicht so, dass die Kolleg*innen keine Probleme hätten. Im Gegenteil. Im „Stillen“ wird ja weiter die Optimierung betrieben. Und die Hygienemaßnahmen werden ja auch, gerade in der Produktion – und zwar zurecht – als belastend wahrgenommen.
Stimmt Ihr Clara zu, dass sich die Erwartung der Kolleg*innen an die Betriebsräte nicht grundlegend verändert hat? |
Clara: Also so wollte ich das nicht sagen. Natürlich sind neue Fragen hinzugekommen. Zum Beispiel zur Pandemie und zum betrieblichen Hygienekonzept. Das ist neu. Und die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, schwingt mit. Aber ansonsten gibt es auch die „alten“ Probleme. Schlechte Vorgesetzte, Urlaubsprobleme, Staub, Entgeltfragen, höhere Leistungsanforderungen. Eben den ganzen üblichen Katalog. Aber genau deswegen wollen die Kolleg*innen, dass sich die Betriebsräte weiterhin darum kümmern, ihnen den Rücken stärken usw. Sie wollen auch in der Pandemie gute und aktive Betriebsräte.
Heiko: Im Kern stimme ich Clara zu. Und wenn ein Teil der Betriebsräte sich aus der Arbeit verabschiedet, wird das Problem für die Aktiven noch größer. Dann müssen der Betriebsausschuss oder die Vorsitzenden noch mehr machen. Und das kann nicht funktionieren.
Die Folge ist, dass die Verärgerung der Beschäftigten uns gegenüber zunimmt. Ich verstehe das deshalb gut. Ich hätte früher genauso reagiert. Aber damit spielen sie den Passiven und auch dem Management in die Hände. Kritik allein ändert ja auch nichts. Wir versuchen darum, diejenigen, die sich beschweren, zu bewegen, im nächsten Jahr zum Betriebsrat zu kandidieren. Da sind aufrechte Leute dabei.
Tom: Ich würde Clara auch zustimmen. Bei uns ist ganz stark Zukunftsangst und die Unsicherheit, wie es mit dem Arbeitsplatz weitergeht, zu spüren. Die einen reagieren gegenüber ihren Kolleg*innen aggressiv, die anderen schlucken und ducken sich.
Kevin: Im Unternehmen gibt es den ganz normalen „Wahnsinn“. Die Pandemie kommt nur noch dazu. Aber die Beschäftigten wollen nicht nur sehen, dass wir bei der Pandemiebekämpfung mitmischen, sondern auch bei den anderen Themen. Es gibt natürlich auch Beschäftigte, die sich näher bei der Unternehmensführung sehen und uns sagen, wir sollen uns aus allem raushalten, weil die Führung alles richtig macht. Aber das ist eine Minderheit.
Was uns ganz gut gelingt ist, dass wir regelmäßig die Beschäftigten in den Abteilungen aufsuchen. Probleme gibt es bei denen, die im „Homeoffice“ sind ober mobil arbeiten. Das wollen wir jetzt angehen. Allerdings haben wir bisher wie bei Clara keine Betriebsversammlungen organisiert. Aber ich finde, so etwas zu organisieren, ist einfacher gesagt als getan. Unsere Kolleg*innen sind deswegen aber nicht sauer, ihnen ist es wichtiger, dass wir regelmäßig in den Abteilungen sind.
Wir hatten schon öfters darüber gesprochen: Verfolgt der Betriebsrat eigene Ziele oder reagiert er nur auf Unternehmensentscheidungen? |
Clara: Es hat sich nichts geändert. Der Betriebsrat reagiert auf Unternehmungsentscheidungen. Er definiert keine eigenen Ziele. Die Mehrheit will daran in Wirklichkeit nichts ändern. Das würde ja ihre gesamte bisherige Arbeitsweise in Frage stellen. Wir versuchen die Diskussion darüber im BR zu führen, aber mit wenig Erfolg.
In der Pandemie hat sich das eher noch verstärkt. Die meisten Betriebsräte fühlen sich abhängig von den Informationen der „Spezialisten“, also Werksärzte, Arbeitssicherheitsabteilung und Werks- und Abteilungsleiter.
Unsere Betriebsrats-Strukturen stehen auf dem Papier, arbeiten aber nicht. Das alles hat sich im letzten Jahr noch verschlechtert. Wir selbst drohen in dem Wust von Themen, mit den uns das Unternehmen konfrontiert, unterzugehen. Für das Unternehmen gibt es nicht nur Corona, sondern auch pandemieunabhängige Ziele. Das will und kann die Mehrheit des Betriebsrates wohl nicht sehen.
Kevin: Ich finde ja, wir machen keine schlechte Arbeit. Aber dennoch sind wir eher ein reagierender Betriebsrat. Wir haben immer wieder versucht, das zu ändern, aber ohne Erfolg. Zentral haben wir versucht, beim Arbeitsschutz ein zentrales Aktionsfeld aufzubauen. Aber da sind wir noch nicht wirklich vorangekommen.
Heiko: Wir hatten ja schon drüber gesprochen. Wir haben eigene Ziele und Leitlinien für unsere Arbeit. Aber Corona hat es verdammt schwer gemacht, am Ball zu bleiben. Und es ist auch sehr schwer, die BR-Kolleg*innen zur kontinuierlichen Arbeit zu bewegen. Corona überlagert alles und wirkt wie ein Beruhigungsmittel.
Tom: Eigene Ziele zu benennen und zu veröffentlichen, das ist in der Pandemie völlig untergegangen. Das war vorher schon keine Stärke. Außer vielleicht vor Wahlen, wenn mal wieder so ein Unsere-Erfolge-unser-Programm-Flugblatt herauskam. Alles scheint der Pandemiebekämpfung untergeordnet zu werden. Dabei sehen alle, dass das Unternehmen seine eigenen Ziele weiterhin systematisch verfolgt. Zum Beispiel die Straffung und Optimierung der Arbeitsabläufe usw.
Welche Erfahrungen habt Ihr in dem zurückliegenden Jahr gemacht? |
Clara: Das Pandemiejahr war ein schwieriges Jahr für uns. Neue Anforderungen, die Technisierung unserer Arbeit, neue Arbeitsformen, das musste alles erst mal verdaut werden. Unsere Gewerkschaft hat uns zwar Material und Flyer zur Verfügung gestellt, aber bei vielen Fragen, zum Beispiel „Wie führen wir Sitzungen im BR oder mit den Vertrauensleuten durch?“, standen wir alleine da.
Was aber ganz deutlich wurde und vorhin schon gesagt worden ist: Was du in den krisenfreien Zeiten nicht aufbaust, das kannst du in der Krise nicht schaffen. Also entweder der Betriebsrat hat Arbeitsstrukturen und Kommunikationskanäle usw. oder er hat es nicht. In der Krise sind so viele andere Dinge auf uns hereingeprasselt, dass wir das nicht aufbauen konnten.
Also müssen wir uns diesmal nach der Krise auf die nächste besser vorbereiten.
Heiko: Dem kann ich nichts hinzufügen. Stimmt hundertprozentig.
Tom: Genauso sehe ich das auch. Ich hoffe nur, dass das auch die anderen so sehen und begreifen.
Kevin: Das Jahr hat für uns mehr Anforderungen bereitgehalten als die vorherigen. Für jede Schweinerei des Unternehmens, für jeden Missachtung unserer Mitbestimmung wurde als Grund Corona genannt. Und dass man jetzt schnell handeln müsste und keine Zeit zur Diskussion habe. Dem konnten wir uns gut entgegenstellen. Aber es macht wirklich mürbe.
Das Unternehmen verfolgt ja weiter seine Ziele. Und die dafür Verantwortlichen arbeiten trotz Corona weiter. Darum werden wir auf vielen Ebenen „beschäftigt“. Unter Corona-Bedingungen ist es aber schwerer als sonst, sich dagegen zu wehren und die Beschäftigten einzubeziehen. In dieser Situation war es für den aktiven Kern des Betriebsrates sehr wichtig, sich fast täglich auszutauschen und das gemeinsame Vorgehen zu besprechen.
Seid Ihr über „Euren“ Betrieb hinaus vernetzt? |
Clara: Ja. Und wie schon gesagt können wir in diesem Kreis über unsere Situation reden und wie wir weiterarbeiten können. Natürlich müssen wir die Arbeit bei uns selbst machen, aber wir bekommen immer wieder Anregungen. Und mir gibt das auch Kraft, mich weiter einzusetzen.
|
|||||||||
Kevin: Ich denke, Clara spricht für uns alle. Sonst würden wir ja nicht hier sitzen. Manchmal muss man aber aufpassen. Dann erschlagen einem die vielen Vorschläge und Anregungen. Wir müssen immer prüfen, was wir davon konkret umsetzen können. Aber trotzdem ist es besser, als alleine im Topf zu schmoren.
Was würdet Ihr anderen Betriebsrät*innen empfehlen? |
Clara: Wissen ist Macht. Bildet euch weiter, besucht Schulungen und vergesst niemals, warum ihr Betriebsräte seid und wer euch gewählt hat. Ihr seid ein Teil der Belegschaft. Darum muss eure Seite immer die der Belegschaft sein.
Kevin: Tauscht euch regelmäßig aus und besprecht, was zu tun ist. Versucht alle einzubinden. Aber wenn das nicht gelingt, dann trefft euch mit denen, die was tun wollen. Das Schlimmste was passieren kann ist, wenn die Aktiven nicht gemeinsam an einem Strang ziehen. Wenn alle für sich allein arbeiten oder leiden, dann ist die Gefahr groß, dass sie nicht durchhalten oder aufgeben.
Heiko: Unbedingt die Strukturen aufrechterhalten. Unbedingt den Kontakt mit euren Kolleg*innen aufrechterhalten. Dabei ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz ein zentrales Thema. Und was bislang kaum angesprochen worden ist, aber sehr wichtig ist: Aufbau der Gewerkschaft im Betrieb. Das heißt unter anderem, der Aufbau eines aktiven Vertrauensleutekörpers. Wir sind in erster Linie nicht Betriebsräte, sondern aktive Gewerkschafter*innen, die Betriebsräte sind.
Dieses Gespräch wurde in zwei Teilen in der Januar- und der Februarausgabe der Avanti2 veröffentlicht. |
Dieser Artikel erschien in die internationale Nr. 3/2021 (Mai/Juni 2021). | Startseite | Impressum | Datenschutz