USA/Palästina

Pro-Palästinensische Waffenstillstandsbewegung erschüttert die Demokratische Partei

Dan La Botz

Während Israel seine Bombenangriffe fortsetzte und ausweitete und seine Invasion in Gaza startete, zogen schon in der zweiten Woche Tausende in Protestdemonstrationen durch New York, Chicago, Houston, Denver, Los Angeles und andere Städte, um einen Waffenstillstand zu fordern. Unter Führung palästinensischer und jüdischer Gruppen forderten die Demonstrant:innen nicht nur einen Waffenstillstand, sondern auch ein Ende des Völkermordkriegs Israels und einen Stopp der US-Finanzmittel für Israel. Demonstrant:innen in New York besetzten den Hauptbahnhof Grand Central, wobei die Polizei 300 festnahm; Student:innen demonstrierten auf den Universitätsgeländen, während Gymnasiast:innen in einigen Städten den Unterricht verließen. Zur gleichen Zeit unterzeichneten Hunderttausende Amerikaner:innen Petitionen, in denen sie einen Waffenstillstand fordern.

 

Demo in New York, 14.10.2023

(Foto: Felton Davis)

Die Proteste haben die Demokratische Partei erschüttert; einige Progressive brachten Anträge für einen Waffenstillstand ein und die Unterstützung von Präsident Joe Biden begann dramatisch zu sinken. Jüngste Umfragen zeigen, dass zwar die meisten Amerikaner:innen, einschließlich der Demokraten, mit Israel sympathisieren, 67 Prozent der Amerikaner:innen aber Forderungen nach einem Waffenstillstand unterstützen. Doch als die Progressiven im Repräsentantenhaus einen Antrag für einen Waffenstillstand einbrachten, unterstützten ihn nur 18 der 435 Abgeordneten. Mehr als 300 ehemalige Mitarbeiter:innen von Bernie Sanders drängten ihn, einen Waffenstillstandsantrag im Senat einzubringen, was er jedoch ablehnte. Stattdessen forderte er eine „humanitäre Pause“, um Hilfe nach Gaza zu bringen, eine Position, die später von Biden übernommen wurde.

Seit der Gründung Israels im Jahr 1948 hat die US-Regierung, sowohl unter Demokraten als auch unter Republikaner:innen, jede israelische Regierung unterstützt und in den letzten 75 Jahren 260 Milliarden Dollar an Militär- und Wirtschaftshilfe bereitgestellt. Es gibt acht Millionen Juden in den Vereinigten Staaten, die 2,4 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, aber 70 Prozent von ihnen sind Demokraten. Eine Mehrheit der Jüdinnen und Juden unterstützt Israel, und obwohl viele säkulare und jüngere jüdische Menschen Israel kritisieren, ist die zionistische Lobby in den Vereinigten Staaten sehr einflussreich. Die palästinensische Bevölkerung, nur 200 000 von zwei Millionen arabischen Amerikaner:innen, hat viel weniger Einfluss. In jedem Fall wurde die Unterstützung der US-Regierung für Israel bisher als selbstverständlich angesehen.

Heute jedoch, wo das Fernsehen jeden Tag Israels Angriffe auf Gaza zeigt und palästinensische Männer, die ihre toten Kinder durch die Trümmer tragen, zeigen sich Brüche in der Demokratischen Partei und die Unterstützung für Joseph Biden nimmt ab. Palästinenser:innen, arabische Amerikaner:innen und Muslime sowie viele Schwarze und junge Wähler:innen entziehen dem Präsidenten ihre Unterstützung. Im letzten Monat sank Bidens Unterstützung unter den Demokraten um 11 Punkte auf nur noch 75 Prozent, während seine allgemeine Zustimmungsrate nur noch 37 Prozent beträgt.

      
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Büro der IV. Internationale: Solidarität mit dem palästinensischen Volk – Schluss mit der Besatzung!, die internationale Nr. 6/2023 (November/Dezember 2023) (nur online). Auch bei intersoz.org
 

Angesichts der Verwundbarkeit des 80-jährigen Biden hat der 54-jährige Abgeordnete Dean Phillips aus Minnesota seine Bereitschaft zur Präsidentschaftskandidatur erklärt. Er ist ein Gemäßigter und teilt die Loyalität der Demokraten gegenüber Israel indem er sagt: „Die Vereinigten Staaten müssen Israel weiterhin unterstützen. Wir müssen die Hamas auslöschen. Und wir müssen die Palästinenser:innen ermutigen, eine Führung aufzubauen, die mit Prinzipien, mit gutem Charakter und mit der Absicht auf Frieden am Tisch sitzen kann.“

In der Zwischenzeit hat die Republikanische Partei nach wochenlanger Lähmung schließlich Mike Johnson von der extremen Rechten der Partei zum neuen Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt. Seine erste Tat nach seinem Amtsantritt bestand darin, eine Resolution zur Unterstützung Israels vorzulegen, die mit 412 zu 10 bei 6 Enthaltungen abgenommen wurde. Donald Trump, der die Republikaner:innen in eine rechtsextreme Partei verwandelte, sagte vor einer Versammlung der jüdischen Republikaner:innen: „Ich werde Amerika verteidigen, und ich werde die westliche Zivilisation vor den Barbaren und Wilden und Faschisten verteidigen, von denen Sie jetzt sehen, dass sie versuchen, unserem schönen Israel Schaden zuzufügen.“

Anders als das verbohrte amerikanische politische Establishments sind wir Demonstrant:innen auf der Straße entschlossen, die Unterstützung der USA für Israels Krieg zu beenden.

29. Oktober 2023
Quelle: International Viewpoint



Dieser Artikel erschien in der Online-Ausgabe von die internationale Nr. 6/2023 (November/Dezember 2023) (nur online). | Startseite | Impressum | Datenschutz