Palästina

Zur Entwicklung des Trotzkismus in Palästina

Interview mit dem Genossen Micha von der Israelischen Sozialistischen Organisation – Matzpen (Marxisten)

Interview mit Micha [Jakob Taut]

 Seit wann gibt es eine trotzkistische Gruppe in Palästina?

Unsere trotzkistische Gruppe entstand in der zweiten Hälfte der 30er Jahre, und zwar durch folgende drei Faktoren:

  1. Während der 30er Jahre erfolgte die große Immigration aus Deutschland, welche nahezu das ganze Spektrum der politischen Verhältnisse in Deutschland reflektierte. In dieser Immigration befanden sich unter anderem einige Genossen aus der KPO (Brandler-Opposition), deren Mehrheit sich bald zu trotzkistischen Positionen entwickelte (1937/38). Sie waren allerdings politisch von der Gesamtbevölkerung relativ isoliert, und die neuen Genossen waren nur individuell in ökonomischen Kämpfen aktiv. Die Gruppe versuchte natürlich, Verbindungen herzustellen, was durch geringe Erfahrung und Vertrautheit mit den neuen Bedingungen erschwert wurde.

  2. Den zweiten Faktor stellte eine Gruppe Jugendlicher dar, die in derselben Zeit innerhalb der sogenannten CHUGIM MARXISTIIM (Marxistische Zirkel), der Jugendsektion einer der beiden Flügel der „Linken Poale Zion“, organisiert war. Dieser linke Flügel war mit dem damaligen „Londoner Büro“ verbunden. Dort bestanden kurzfristig gewisse Tendenzen« zum Trotzkismus. Die Jugendgruppe, die hauptsächlich aus in Palästina Aufgewachsenen bestand, entwickelte sich aus eigenen Kräften zu trotzkistischen politischen Auffassungen, ohne anfangs ihre zionistischen Positionen ganz zu überwinden, was aber schließlich um die Zeit des Ausbruchs des Weltkrieges geschah. In dieser Zeit erfuhren wir (die deutsche Gruppe) von der Existenz dieser Gruppe, die inzwischen aus den „Marxistischen Zirkeln“ ausgetreten war und einige Nummern des KOL HAMAAMAD (Stimme der Klasse) herausgebracht hatte.

  3. Zu diesen beiden Gruppen stießen im Laufe der Zeit verschiedene andere Elemente, die meist aus dem HASCHOMER HAZAIR (Junge Garde, linkszionistische Kibuz-Bewegung) kamen.

Diese Elemente vereinigten sich zum BRIT KOMMUNISTIM MAHAPCHANIM (Bund revolutionärer Kommunisten), der sich von Anfang an seiner theoretischen und politischen Arbeit widmete. (Unabhängig von uns entwickelte sich eine Gruppe deutscher Immigranten, die der Auffassung waren, daß Trotzkisten in Palästina nicht aktiv werden sollten und sich auf theoretische Arbeit beschränkten.)

 Welche waren Eure wichtigsten Positionen?

Von Beginn an lehnten wir den Zionismus in jeder Hinsicht ob. Er war nicht nur nicht fähig, die Probleme der Juden in der Welt zu lösen, sondern schuf bereits damals ein neues jüdisches Problem im Rahmen des Arabischen Ostens.

  1. Die Judenfrage im modernen Kapitalismus war Folge einerseits der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus selbst, andererseits eine Folge des Mangels der Realisierung der revolutionär-sozialistischen Perspektive zur Lösung des Problems wegen des Ausbleibens der internationalen Revolution nach dem Oktober (Stalinismus ...). Den krassesten Ausdruck erhielt diese Entwicklung in der Machtergreifung des Faschismus in Deutschland, der den Großteil der europäischen Juden physisch vernichtete. Die Judenfrage war (und ist) also ein Symptom der Ausweglosigkeit der gegenwärtigen kapitalistischen Ordnung und kann nur durch die sozialistische Revolution selbst gelöst werden. Wir lehnten die Schaffung eines jüdischen Staates ab, da er nur Teil dieser untergehenden Ordnung sein und die Judenfrage nur verschärfen konnte.

  2. Die zionistische Kolonisation war ihrer Natur nach von Beginn an zwangsläufig mit den Interessen des Imperialismus, die gegen die einheimischen Massen gerichtet sind, verbunden. Die zionistische Kolonisation konnte nur in engem Einvernehmen mit den Interessen und mit der Hilfe einer oder einiger Großmächte erfolgen, was vom gesamten Verlauf der Geschichte des Zionismus bestätigt wird.

Der Zionismus schuf in Palästina einen zweiten sozioökonomischen Sektor, der von der arabischen Bevölkerung nach Möglichkeit isoliert wurde; die Zionisten verdrängten aua ihrem ökonomischen Sektor die arabischen Arbeiter und arabischen Waren vom Markt, um einen eigenen rein kapitalistischen Sektor, als Vorläufer eines zionistischen Staates, zu errichten. Dadurch wurde die jüdische Arbeiterklasse von der arabischen Bevölkerung isoliert und der arabische ökonomische Sektor wurde jeder Entwicklungsmöglichkeit beraubt. Die sogenannte Gewerkschaft („HISTADRUT“) trug wesentlich zu beidem bei.

 Welche war Eure Antwort als revolutionäre Internationalisten?

Wir sahen schon damals, als erste, die Perspektive zur Überwindung der sozioökonomischen Rückständigkeit der Region im allgemeinen anti-imperialistischen Kampf zur sozialistischen Vereinigung des Arabischen Ostens. (Dieser Kriterium ist auch bestimmend für unsere gegenwärtige Position zur palästinensischen Widerstandsbewegung.) Wir sahen (und sehen) unsere Aufgabe darin, innerhalb der jüdischen und arabischen Massen für diese Ziele propagandistisch und organisatorisch zu wirken und eine einheitliche revolutionär-sozialistische Partei der Region zu schaffen, wozu die Stalinisten, deren Politik jener der Kreml-Diplomatie folgt, unfähig waren. Allein in der Perspektive der Vereinigten Sozialistischen Arabischen Ostens sahen wir auch die Perspektive der politischen Integrierung der jüdischen Arbeiter in den anti-imperialistischen und sozialistischen Kampf der Region.

 Wie würdest Du rückblickend die Bedeutung Eurer Gruppe beurteilen?
 

Matzpen-Mahnwache 1980

Aktion vor dem Büro der Arbeitspartei gegen das geplante Verbot jeglicher Unterstützung der PLO (die daher als „X“ bezeichnet wurde). Foto: Matzpen

Unsere organisatorische und politische Situation war während des Weltkrieges sehr schwierig. Wir standen (illegal) gegen drei Feinde: Zionisten, britische Imperialisten und Stalinisten. Letztere waren in jener Zeit bereit, uns der britischen Polizei auszuliefern. Wir konzentrierten uns wesentlich auf die Ausarbeitung unserer programmatischen Positionen und deren Propagierung im KOL HAMAAMAD. Außerdem brachten wir Material in Arabisch, Deutsch und Englisch heraus. Wir hatten mit trotzkistischen Genossen in der britischen Armer Verbindung. Diese stellten Kontakte zu den trotzkistischen Gruppen in Kairo und Alexandria her. Unsere internationale Verbindung bestand hauptsächlich mit der RCP (britische Sektion der IV. Internationale) und zum Teil mit der SWP in Amerika – Kontakt zum Internationalen Sekretariat in Europa erhielten wir erst nach dem Weltkrieg.

Wir intervenierten häufig mit Flugblättern bei Arbeiterkämpfen in den britischen Militärlagern, bei den Eisenbahnen und den Erdölgesellschaffen, etc., das heißt wir konzentrierten uns auf jene Betriebe, wo Juden und Araber gemeinsam vorn imperialistischen Kapital ausgebeutet wurden. Nach dem Weltkrieg beschlossen wir, in diesen Betrieben zu arbeiten. Unsere Absichten, damit internationale Kontakte herzustellen, konnten jedoch kaum verwirklicht werden, da nur wenige arabische Arbeiter nach dem Entstehen des israelischen Staates in diesen Betrieben vorn zionistischen Establishment „geduldet“ wurden.

 Wie war Eure Stellung zur Schaffung des israelischen Staates?

Bereits vor Ausbruch des II. Weltkrieges, während großer politischer Streiks und Kämpfe der arabischen Bevölkerung, entstanden englische Pläne zur Teilung des Landes in einen jüdischen und einen arabischen Staat. Während des Weltkrieges wurde dieses Problem infolge der Kriegshandlungen zurückgedrängt. Nach Beendigung des Krieges stellte sich die Zukunft des Mandatsgebietes Palästina in schärferer Form als vor den Kriege, und zwar aus folgenden Gründen: 1. bedeutende Schwächung des britischen Imperialismus; 2. Beginn der US-imperialistischen Ansprüche auf britische Kolonialgebiete; 3. die arabische nationalrevolutionäre Bewegung begann fast den ganzen arabischen Osten zu erfassen; 4. der Zionismus benutzte die verzweifelte Situation der jüdischen Überlebenden in Europa für seine Ziele in Palästina. Selbstverständlich operierten wir schärfstens gegen den Beschluß der UNO-Vollversammlung (mit amerikanischen und sowjetischen Stimmen) am 29. November 1947, das Land in einen jüdischen und einen arabischen Staat zu teilen. Die Folge der Teilung des Landes war die Vertreibung von über 80 % der arabischen Bevölkerung, und der jüdische Staat wurde faktisch ein Stützpunkt des US-Imperialismus, ohne dessen ökonomische und politische Unterstützung er nicht existieren könnte. Wichtig ist hier zu erwähnen, daß bei der Entstehung des Staates die Sowjetunion ihm bedeutende Unterstützung gewährte, und zwar politisch als auch militärisch.

In dieser Phase beschäftigten wir uns wesentlich mit Propaganda gegen die Vertreibung, Unterdrückung und Enteignung der Palästinenser durch den zionistischen Staat und dessen Instrumentalisierung im Diente des US-Imperialismus im Kampf gegen die sich entwickelnde arabische national-revolutionäre Bewegung. Als Initiative stellten (und stellen) wir folgenden Plan entgegen: Recht auf Rückkehr und Wiedergutmachung für die palästinensischen Flüchtlinge; politische Integrierung der israelischen Arbeiterklasse in die Region und Realisierung beider Aufgaben im Rahmen des Kampfes um einen Vereinigten Sozialistischen Arabischen Osten (wie bereits vorher erwähnt).

 Wie verlief die Entwicklung bis zur Entstehung von MATZPEN?

Nach dem Weltkrieg, mehr noch nach der Entstehung des zionistischen Staates, verließ ein Großteil der Genossen das Land und ein anderer zog sich von der politischen Tätigkeit zurück. Es blieb eine Handvoll Genossen, die bis 1951 eine gewisse Aktivität entfalteten. In den 50er Jahren war ich als Trotzkist völlig isoliert und hatte nur Verbindung zu einem uns nahestehenden arabischen KP-Genossen und einem jüdischen Genossen. In dieser Periode wirkte ich als Betriebsrat einer der größten Fabriken des Landes. Dort bestand eine „Linke Zelle“, in der MAPAMniks, Mitglieder der KP und ich kooperierten.

Im Jahr 1951 fand der große Seeleutestreik statt. Ich war Verbindungsmann des Arbeiterkomitees unserer Fabrik zur Streikleitung der Seeleute und trat bei internen sowie bei Massenversammlungen einer breiten Solidaritätsbewegung auf. Dieser Streik hatte eine besondere Bedeutung für die Charakterisierung des HISTADRUT. Der Seeleutestreik war nicht rein ökonomistisch, sondern forderte die Möglichkeit, gewerkschaftlich unabhängig von der HISTADRUT wirken zu können, da dies keine Gewerkschaft sei. Zur Absicherung der Kontrolle der HISTADRUT über die Arbeiter (d. h. das Entstehen einer wirklichen Gewerkschaft zu verhindern) wurde der gesamte Staatsapparat (Polizei, Militär) sowie eine öffentliche Hetzkampagne mobilisiert

Vertreibung der Araber

Tantura, 1948 (Foto: Benno Rothenberg /Meitar Collection / National Library of Israel / The Pritzker Family National Photography Collection)

 

Neben meiner Arbeit im Betriebsrat setzte ich die trotzkistische Propaganda im Rahmen der linken Zelle fort, die sich bei einigen KP-Mitgliedern zwar ideologisch, aber aus subjektiven und objektiven Gründen nicht organisatorisch-politisch auswirken konnte.

In der zweiten Hälfte der 50er Jahre entstand innerhalb gewisser Teile der jungen Intelligenz hauptsächlich infolge der Entwicklung der arabischen Revolution in Irak eine kritische Haltung zum Zionismus und seinem Staat. So kam ich in Berührung mit Gruppen wie AVNERS „PEULA HASCHEMIT“ (Semitische Aktion) und MOKEDS „HASMOL HECHADASCH“ (Die Neue Linke). Jedoch erst das Entstehen jener Gruppe, welche die Zeitung MATZPEN (Kompaß) herausgab, kündete ein Wiederaufleben revolutionär-sozialistischer Organisationen an. MATZPEN war nicht nur konsequenter in seiner Ablehnung des Zionismus, sondern war auch ein Teil des weltweilen Bruchs im stalinistischen Monolith.

Diese Gruppe entstand in der Periode der sino-sowjetischen Diskussion. Einige junge Mitglieder der KP in Tel Aviv und Jerusalem traten mit der Forderung auf, nicht nur die Dokumente der SU zu veröffentlichen, sondern auch jene Chinas. Er handelte sich ihnen an sich um die Forderung nach Demokratisierung der KP. Noch bevor die vier Mitglieder aus der KP (1962) ausgeschlossen wurden, brachten sie bereits zusammen mit Sympathisanten außerhalb der Partei die Zeitung MATZPEN heraus. Mit dieser Gruppe kamen der arabische Genosse und ich Ende 1962 in Verbindung.

 Wie beurteilst Du die Entwicklung von MATZPEN bis zu den Spaltungen?

Wie erwähnt war ursprünglich der Inhalt der Opposition der erwähnten Genossen Kritik des Mangels an Demokratie in der Partei. Ihre politischen Konzeptionen wahren sehr heterogen und unklar. Sie bezogen in der sino-sowjetischen Auseinandersetzung keine eindeutige Position. Einer der Ausgeschlossenen betrachtete sogar die Partei Pietro NENNIS als Vorbild. Die Aufnahme von uns beiden in die Organisation verursachte gewisse Konflikte und eine Krise in der jungen Gruppe; die Diskussion führte bei ihnen dennoch zu einem klareren Verständnis des Zionismus und der arabischen Revolution (das heißt zur teilweisen Übernahme unserer Positionen). In ihrer gesamtpolitischen Konzeption und vor allem in internationalen und organisatorischen Fragen lehnten sie den Trotzkismus ab; einige unter ihnen jedoch nur teilweise. Ihre Politik bestand in der Sammlung aller nicht- bzw. fast-nicht-zionistischen Elemente, was die Organisation noch heterogener machte, als sie ursprünglich war. Sie umfaßte Elemente von Anarchisten bis zu „linken“ Nicht-Sozialisten. Dies brachte eine quantitative Verstärkung der Organisation bei gleichzeitigem Sinken ihres qualitativen Niveaus mit sich.

Das Neue und Positive der MATZPEN-Gruppe war trotz aller ihrer ernsten Schwächen, 1. daß sie unabhängig vom Stalinismus den gemeinsamen jüdisch-arabischen anti-imperialistischen Kampf zu organisieren begann, 2. daß sie die Idee der Möglichkeit des Bestehens sozialistisch-revolutionärer Kräfte in Israel den palästinensischen Bewegungen aufzeigte, 3. daß sie in der internationalen Linken die Idee der arabisch-israelischen revolutionären antizionistischen Kooperation verbreitete und 4. eine Basis wurde für die neue Entwicklung des Trotzkismus in Israel.

 Welche Differenzen führten zur Abspaltung der lambertistischen und der maoistischen Gruppe von der ISO?

Nach dem Juni-Krieg (1967) und der Besetzung arabischer Territorien wurde der chauvinistische und expansionistische Charakter des zionistischen Regimes immer krasser, was sich auch bei den Auseinandersetzungen Innerhalb der ISO widerspiegelt.

 

Literatur

Jakob Taut: Judenfrage und Zionismus, Frankfurt/M. 1986 (Neuer ISP Verlag), ISBN 3-88332-097-8 (vergriffen).

Abraham Léon: Die jüdische Frage. Eine marxistische Darstellung, Essen. 1995 (Arbeiter­presse-Verlag), ISBN 3-88634-064-3. Geschrieben wurde das Buch 1942. Die Erstausgabe erschien (im französischen Original) 1946. Digitalisat

Sophia Deeg / Hermann Dierkes: Bedingungslos für Israel?Positionen und Aktionen jenseits deutscher Befindlichkeiten, 2010 (Neuer ISP Verlag), ISBN 978-3-89900-134-1. Digitalisat

Das u.a. von ehemaligen Matzpen-Mitgliedern gegründete Alternative Information Center berichtet seit den 1980er Jahren regelmäßig über den israelisch-palästinensischen Konflikt.

Im Internet gibt es ein Archiv der Matzpen. Ihr Manifest von 1967 wurde auch ins Deutsche übersetzt.

Redaktion inprekorr.de (2024)

Die Position der Lambertisten innerhalb der ISO entspricht den allgemeinen Positionen dieser Sekte. Sie leugnen den spezifischen Charakter des zionistischen Staates und betrachten ihn als „normalen“ bürgerlichen Staat, den prinzipiell nichts von den arabischen Staaten unterscheidet; dementsprechend berücksichtigen sie nicht die besondere Stellung der israelischen Arbeiterklasse.

Die Position der Maoisten innerhalb der ISO ist schwieriger zu definieren, weil sie unklarer und fluktuierender ist als jene der Lambertisten. Sie betrachten einerseits die palästinensische Widerstandsbewegung als den Inbegriff aller revolutionären Tätigkeit in der Region, befürworten aber andererseits die ausschließliche Tätigkeit innerhalb der israelischen Arbeiterklasse. Das ist jedoch keine endgültige Position. Diese ändert sich je nach Bedarf.

 Welche Situation entstand nach den Abspaltungen in der ISO?

Die Abspaltung dieser beiden Gruppen hatte wenigstens ein positives Ergebnis: nun standen sich der revolutionäre Marxismus einerseits und ein Konglomerat von Spontaneisten und Anarchisten andererseits in eindeutiger Form gegenüber.

Der Mangel an einheitlichen politischen und organisatorischen Auffassungen machte die Fortsetzung gemeinsamer Arbeit unmöglich. Wir revolutionäre Marxisten begannen mit einer Fraktionsarbeit zur Bildung von Kadern. Zu diesem Zweck stützten wir uns auf das Prinzip des demokratischen Zentralismus – während die übrigen an ihrem politischen und organisatorischen Individualismus festhielten. Praktisch ergab sich, daß die Aktivität auf allen Gebieten auf uns überging.

In Bezug auf die revolutionär-sozialistische Perspektive vertraten wir die alte trotzkistische Position des Aufbaus einer einheitlichen revolutionär-marxistischen Partei der Region zur Verwirklichung des Vereinigten Sozialistischen Arabischen Ostens. Auch die anderen, bereits aufgezählten trotzkistischen Positionen wurden prinzipiell übernommen.

In diesen und vielen anderen Fragen entwickelten sich unüberbrückbare Gegensätze. Wir versuchten noch vor der Spaltung, die gemeinsame Arbeit der Organisation auf der Basis einer Plattform zu ermöglichen. Diese Plattform enthielt nur die elementarsten Grundsätze des revolutionären Marxismus. Aber die Anarchisten und Spontaneisten wehrten sich heftig gegen jegliche programmatische Festlegung, der sie nur Allgemeinplätze entgegenzusetzen hatten.

      
Mehr dazu
Jakob Moneta: Jakob Taut (1913-2001), Inprekorr Nr. 362/363 (Dezember 2001).
Interview mit Rudolf Segall: Palästina als Zufluchtsort für jüdische Flüchtlinge, Inprekorr Nr. 347 (September 2000).
Jakob Taut: Über den Charakter des Zionismus und der palästinensischen Befreiungsbewegung, Inprekorr Nr. 342 (April 2000).
Jakob Taut: Das Ziel muss ein geeinigter Staat sein, Inprekorr Nr. 267 (Januar 1994).
Position der IV. Inter­nationale zur Palästina-Frage, Inprekorr Nr. 29 (1. März 1974).
Nathan Weinstock: 25 Jahre zionistischer Staat, Inprekorr Nr. 27 (1. Juli 1973).
Interview mit Arie Bober: Der Kampf von „Matzpen“ in Israel, Inprekorr Nr. 4 (15. Juni 1971).
Nathan Weinstock: Palästina, Zionismus, Israel: Mythos und Wirklichkeit (1969), Inprekorr Nr. 239 (September 1991).
 

Während unsere Organisation dabei ist, die anfänglichen Schwierigkeiten der Kaderbildung zu überwinden, versuchen sie ihren Zerfallprozeß durch Verleumdungen zu verschleiern.

 Worin bestehen die Hauptelemente Eurer gegenwärtigen Aktivität?

In der ersten Periode der ISO-Matzpen (Marxisten) hatten wir noch spontaneistische Mängel zu überwinden. Unsere Hauptaktivität konzentriert sich nun auf die Jugend, die in geringerem Maße durch den Zionismus korrumpiert ist und beginnt, sich gegen seine mörderischen und repressiven Erscheinungsformen zu wehren. Wir konzentrieren uns bei dieser Aktivität wesentlich auf revolutionär-marxistische Bildungsarbeit, um Kader zu schaffen, die fähig sind, unter bestimmten Voraussetzungen in der Arbeiterklasse revolutionär zu wirken, um sie in den anti-imperialistischen und sozialistischen Kampf in der Region zu integrieren. Wir bringen regelmäßig unseren MATZPEN heraus. Wir begannen vor kurzem einige theoretische Schriften zu veröffentlichen (z. T. in Arabisch). Wir beabsichtigen in Bälde eine theoretische Zeitschrift und eine Zeitung in arabischer Sprache zu publizieren (bisher wurde die Herausgabe einer solchen Zeitung behördlich verhindert).

Wir intervenieren in allen wesentlichen politischen Kämpfen mit an der Spitze der Bewegung (wie z. B. jetzt bei den Vertriebenen aus den arabischen Dörfern Biram und Ikrit). Wir festigen ständig unsere Verbindung mit der IV. Internationale, die uns organisatorisch, theoretisch, politisch und materiell hilft. Diese enge Verbindung ist notwendig, um auf der Grundlage des proletarischen Internationalismus unsere strategische Hauptaufgabe zu verwirklichen, den Aufbau der revolutionär-marxistischen Partei der Region.

Haifa, August 1972
Interview aufgenommen von JOHN BUNZE



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 19 (15. September 1972). | Startseite | Impressum | Datenschutz