Die Spaltung von Respect stellt einen Rückschlag für den Aufbau einer radikal linken Alternative dar. Der folgende Artikel verschafft einen kurzen Überblick über die aktuelle Auseinandersetzung in Großbritannien und leitet die beiden Diskussionsbeiträge von A. Thornett u. C. Harman ein.
Die Gründung von Respect im Gefolge der Antikriegsbewegung 2003 war ein viel versprechender Schritt auf dem Weg zu einer Vereinigung der radikalen Linken und dem Aufbau einer Alternative zu New Labour. Der Zusammenschluss umfasste engagierte Gewerkschafter und Basisaktivisten, Vertreter der Labour Linken, die den neoliberalen Kurs von Tony Blair nicht mit trugen, Gegner des Irak-Krieges, Moslems und Angehörige revolutionärer Organisationen verschiedener Provenienz, darunter der SWP – der wichtigsten Organisation der britischen extremen Linken – und der ISG, der britischen Sektion der IV. Internationale. Trotz des äußerst ungerechten Wahlsystems, das eine relative Mehrheitswahl in einer Runde vorsieht, konnte Respect einen Parlamentssitz erzielen – George Galloway, ein in seinen Positionen durchaus nicht unumstrittener ehemaliger Labour-Abgeordneter, der wegen seiner Opposition gegen den Krieg ausgeschlossen worden war – sowie einige Dutzend Stadtverordnete.
Diskussion zur Spaltung von Respect● Einleitung, François Duval Krise in Respect, Chris Harman Ein Wirrwarr an Vorwürfen und Verfälschungen, Alan Thornett George Galloways Brief an den Respect-Nationalrat Frühere ArtikelRespect baut sich auf, Frédéric Leplat, Inprekorr 410/411 (2006) Respect nach Sieg in East London etabliert, Terry Conway, Inprekorr 404/405 (2005) Geburt einer neuen Linken, Alan Thornett, Inprekorr 390/391 (2004) Der Augenblick für die radikale Linke ist günstig, Alex Callinicos, Inprekorr 390/391 (2004) |
Paradoxerweise mündeten diese Erfolge in eine Spaltung. Der politische Hintergrund dieser zunehmend schärferen Kontroverse bestand in den unterschiedlichen Ansichten über Funktion und Charakter von Respect. In den Augen der SWP sollte sie vorwiegend als Wahlbündnis fungieren – „eine Einheitsfront der besonderen Art“ – und nicht die bestehenden politischen Parteien zu ersetzen versuchen. Mit diesem Konzept sollte offensichtlich eine konkurrierende „Einmischung“ in den Politikfeldern der SWP verhindert werden. Auf der anderen Seite standen die weitergehenden Vorstellungen der übrigen Mitglieder und Sympathisanten von Respect, die sich nicht auf Wahlkampagnen beschränken sondern im Gegenteil als eigene Struktur bei sämtlichen Mobilisierungen wahrgenommen und aktiv werden wollten. Und folglich Respect als vollwertige politische Kraft mit pluralistischer Ausrichtung und basisdemokratischem Selbstverständnis aufbauen wollten.
Nachdem die SWP-Führung George Galloway lange Zeit gegen (begründete) Kritik aus den Reihen von Respect in Schutz genommen hatte, geiferte sie kürzlich mit Vehemenz gegen seinen „unkontrollierbaren“ Charakter sowie die „kommunalistischen“ und elektoralistischen Abweichungen, die in bestimmten Ortsgruppen sich breit gemacht hätten.
George Galloway wiederum machte sich eine Reihe organisationspolitischer Vorschläge zu Eigen, die bereits früher von der ISG propagiert worden waren. Schließlich war die Spaltung am 17. November mit der Durchführung zweier konkurrierender Konferenzen perfekt: die eine im Wesentlichen von der SWP und einigen Verbündeten getragen, die andere von der großen Mehrheit der übrigen Mitglieder. Von ihnen ging der Beschluss aus, eine neue Bewegung „Respect Renewal“ zu initiieren.
Übers.: MiWe |
Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 436/437 (März/April 2008).