Überall in der Welt werden Ökosteuern oder Umweltabgaben heftig diskutiert. Sowohl die Umweltbewegung als auch das „Establishment“ (linke und rechte politische Parteien, Gewerkschaften) haben verschiedene Vorschläge zur Reform des Steuersystems entwickelt. [1]
Ökologie-Kommission der SAP (NL)
Ziel ist, daß sich die sogenannten „externen Kosten“ von Produktion und Konsumption in größerem Ausmaß in den realen Preisen von Energie, Rohstoffen, Gütern und Dienstleistungen widerspiegeln. Eine solche ökologische Besteuerung soll den Umbau der Wirtschaft in eine ökologische Richtung stimulieren.
In der niederländischen Wahlkampagne 1990 griff die SAP in die Diskussion ein mit einer strikten Ablehnung. Hauptkritik an Ökosteuern oder Umweltabgaben war, daß sie, wie alle indirekten Steuern, relativ schwerer auf den niedrigen Einkommen lasten und so die bestehende Ungerechtigkeit vergrößern. Zur selben Zeit werteten wir die Ökosteuern als Beweis für die Schwäche der Umweltbewegung, weil sie das Problem umgehen will, daß nur zentrale politische Entscheidungen dauerhaft die Zerstörung der Umwelt stoppen können. Zum Beispiel physische Beschränkung [Sperrungen] des Autoverkehrs in den Innenstädten, Ausweitung und Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel, Abschaltung der Atomkraftwerke und Durchführung eines großangelegten Programms der Entwicklung und Einführung erneuerbarer Energien wie Sonne, Wind, Wasser.
Wenn sich die Umweltbewegung total auf Ökosteuern stürzt, dann wahrscheinlich deswegen, weil sie keine Kraft hat, diese zentralen politischen Entscheidungen in die richtige Richtung zu verändern. Gleichzeitig würde, so argumentierten wir, eine Ökosteuer, die eine vernünftige Form annehmen soll, nur realisiert, wenn man dafür mobilisiert. Es stellt sich dann aber die Frage, ob die Forderung nach höheren Energiepreisen geeignet ist, um dafür zu mobilisieren. Wenn aber die Umweltbewegung nicht stark genug ist, die Form der Abgabe zu beeinflussen, kommt am Ende eine „Öko“steuer dabei heraus, die von Christ- oder Sozialdemokraten gestaltet wird und die nur darauf hinausläuft, neue Opfer von der Bevölkerung zu verlangen, ohne ernsthaft an die Umweltprobleme heranzugehen. So war unsere Argumentation Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre.
Die generelle Kritik bleibt weiter gültig, aber beträchtliche Verfeinerungen sind nötig. Zum ersten hat es Vorschläge für Ökosteuern und Steuerreformen gegeben, welche die Interessen der wenig Verdienenden positiv berücksichtigten oder bei ihrer Umsetzung sogar einen einebnenden Effekt hätten. Die niederländische Grüne Partei verbindet ihre Vorschläge im Umweltbereich bewußt mit dem Vorschlag der Einebnung der Einkommen - mit der zutreffenden Begründung, daß die höchsten Einkommensgruppen am stärksten zur Umweltverschmutzung beitragen.
Ein weiteres starkes Argument für die Einführung von Umweltabgaben ist, daß ein kräftigerer Anstieg der Preise für Energie und bestimmte Rohstoffe unter bestimmten Voraussetzungen einen Anreiz bedeuten könnte, sie effektiver zu nutzen. Dies könnte wiederum die Entwicklung neuer Techniken im Bereich erneuerbarer Energien, energiesparender Produktionsprozesse, Recycling und geschlossener Kreisläufe für Rohstoffe stimulieren. Der Vorteil einer Abgabe gegenüber allen Arten von Vorschriften oder Verboten ist, daß sie keinen staatlichen Kontrollapparat mit allen Möglichkeiten von Betrug oder Umgehung voraussetzt. Gleichzeitig haben Produzent und Konsument ein direktes finanzielles Interesse daran, die Umwelt zu schonen.
Einige Strömungen unter den Wirtschaftswissenschaftlern und in der Umweltbewegung verlassen sich ganz auf „Ökosteuern“. Wir gehören nicht dazu. Unser Ausgangspunkt bleibt die Feststellung, daß die weltweite Umweltzerstörung unauflöslich verbunden ist mit der Art und Weise, wie der Kapitalismus funktioniert und daß auch ein ökologisch effizienterer Kapitalismus diese ökologische Krise nicht lösen könnte. In letzter Konsequenz wird eine ökologisch verträgliche Gesellschaft erst möglich sein, wenn die wichtigsten ökonomischen Entscheidungen den Vorstandsetagen entzogen und zum Gegenstand einer demokratischen Debatte der Gesellschaft gemacht werden. Ökologische Reformen, z.B. der Besteuerung, können jedoch die Umweltzerstörung verlangsamen. Und jeder Zeitgewinn in diesem Bereich ist dringend nötig. Wichtige Vorbedingung ist, daß diese Reformen nicht dem Ziel einer radikalen Demokratisierung der Wirtschaft entgegenstehen, die notwendig ist. Wir sollten auch daran denken, daß selbst in einer sozialistischen Ökonomie Umweltabgaben nötig sein werden, um die Nutzung knapper Umweltgüter zu regulieren, damit die Fähigkeiten der Natur zur Selbstregenerierung nicht beeinträchtigt werden.
SozialistInnen und Linke im allgemeinen waren immer für direkte Besteuerung (Steuer auf Einkommen und Profit) und gegen indirekte Besteuerung (Abgaben, Mehrwertsteuer). Aus einem einfachen Grund. Bei der direkten Besteuerung des Einkommens macht ein progressives System es möglich, die hohen Einkommen überproportional zur Finanzierung aller Arten kollektiver Dienstleistungen heranzuziehen, während niedrige Einkommen weniger beitragen (tatsächlich ist dies durch die Steuerreformen der letzten Jahre überall in Europa aber immer weniger der Fall). Indirekte Besteuerung der Güter des täglichen Bedarfs trifft die Geringverdienenden stärker und ist insofern ungerecht. Um bei Ökosteuern diesen Effekt zu verhindern, wurde alle Arten von Kompensationen erdacht.
Es wäre nicht klug, wie manche es wollen, das gegenwärtige System direkter Besteuerung völlig durch indirekte Ökosteuern zu ersetzen. Die bisherigen Steuern müssen jedoch für die BezieherInnen niedriger Einkommen gesenkt werden, als Ausgleich für die Ökosteuern. Es bliebe zu überlegen, ob nicht die direkte Besteuerung der höchsten Einkommen verstärkt werden sollte (in ihrem letzten Wahlprogramm hat die SAP die Kappung aller Einkommen bei 100.000 Gulden [2] jährlich vorgeschlagen). Geringverdienende, die keine Steuern bezahlen, sollten einen Zuschuß vom Staat bekommen, um den Druck der Ökosteuern zu kompensieren.
Ein schlechtes Beispiel für eine Abgabe ist die Art und Weise, wie die kommunalen Gebühren für Wasser und Müllabfuhr erhoben werden. Sie sind eine beträchtliche Belastung der niedrigen Einkommensgruppen. Das umso mehr, als sie nicht in den Preisindex einbezogen werden, an dem sich, zumindest in der Theorie, die Höhe der Sozialleistungen orientiert.
Besonderer Nachteil solcher Abgaben ist, das sie nicht davon abhängen, in welchem Ausmaß jemand Wasser verschmutzt oder Abfall verursacht. Wie das Beispiel einiger Gemeinden zeigt, ist eine Gebühr von ein paar Gulden pro Müllsack viel wirkungsvoller zur Förderung der Mülltrennung, weil sie die Menschen stimuliert, ihr Verhalten zu ändern. Natürlich setzt dies ein wirkungsvolles System der getrennten Müllsammlung voraus.
Die wichtigste Frage ist die nach der Verwendung der Abgabe [3]. In manchen Ländern wird beispielsweise vorgeschlagen, eine Abgabe auf Benzin zu erheben und das Geld für die Verbesserung öffentlicher Verkehrssysteme einzusetzen (in den Niederlanden wurde eine spezielle Abgabe auf Tabak eingeführt, deren - ziemlich geringer - Erlös für öffentliche Verkehrsmittel benutzt wird, jedenfalls behauptet das der Finanzminister).
Im Prinzip scheint nichts gegen eine Benzinabgabe zu sprechen, deren Erlös den öffentlichen Verkehrsmitteln zugute kommt. Das Messer schneidet hier mit beiden Seiten. Auf der einen Seite wird das Autofahren unattraktiver durch höhere Preise. Auf der anderen Seite wird mehr Geld verfügbar für öffentliche Verkehrsmittel, was Alternativen zum Auto attraktiver macht. Es gibt jedoch ein Problem. Je mehr die Abgabe das erste Ziel erreicht (weniger Autofahren), desto kleiner wird der Fonds für das zweite Ziel (Alternativen). Besonders für allgemeine Dienstleistungen wie gute öffentliche Verkehrssysteme sollte man nach stabileren Finanzquellen suchen, zum Beispiel die guten alten direkten Steuern.
Der Hauptgrund, warum Ökosteuern in letzter Zeit so populär geworden sind, ist wahrscheinlich der erstgenannte Effekt im obigen Beispiel: das Verhalten der Menschen durch Preise zu beeinflussen. Auch unser eigener Slogan „freier öffentlicher Transport“ ist ein Beispiel für solch ein Herangehen. Wie manche vielleicht wissen, hat die niederländische Ökologie- Kommission diesen Slogan in ihrem Verkehrsdokument 1992 etwas differenziert. Von jetzt an fordern wir, daß öffentlicher Transport über kurze Tagesstrecken gratis sein soll, während die Menschen für größere Entfernungen bezahlen sollen. Also würden sogar wir den Preis als Anreiz zur Begrenzung des aus ökologischer Sicht unerwünschten Mobilitätswachstums verwenden wollen. Das heißt, daß wir nicht prinzipiell gegen Preise als Regulierungsinstrument für die Nutzung von Gütern sind, die aus ökologischer Sicht knapp sind.
Ein anderes Beispiel für dieses Problem ist die Steuerbefreiung für Luftverkehr, die die Umweltverbände - völlig zu Recht - kippen wollen. Fliegen ist außergewöhnlich billig, weil es keine Abgaben auf Kerosin und keine Gebühren für Flugscheine gibt und die Leute außerdem auch noch zollfrei auf dem Flughafen einkaufen können. Wir sind für die sofortige Streichung dieser Bevorzugungen. Der ständig wachsende Luftverkehr verschlingt Rohstoffe, verstärkt den Treibhauseffekt, zerstört die Ozonschicht und verursacht enorme Probleme in der Umgebung aller expandierenden Flughäfen. Dazu kommt, daß die Verfügbarkeit billigen Lufttransport dazu führt, daß alle möglichen Güter kreuz und quer um den Globus befördert werden, was fern jeder sozialen Rationalität ist und sich bislang selbst versorgende Regionen in Grund und Boden konkurriert.
Doch diese Antwort führt zu einem Dilemma. Teurere und somit seltenere Flügel werden für Reiche erreichbar bleiben. Hier gilt dasselbe, wie für das sprichwörtliche Haus am Strand, das heute auch nur die Reichen haben können. Es wäre absurd, wenn SozialistInnen aus Gründen der Gerechtigkeit fordern würden, jeder Arbeiter solle sein eigenes Haus am Meer bekommen, oder seinen/ihren eigenen Rolls-Royce. Da der Strand - ebenso wie die Welt - endlich ist, müssen wir nach kollektiven Lösungen suchen, wobei das Haus vielleicht als Ferienheim für kranke Kinder dient und andere Besucher einen - manchmal beschränkten - Zugang zum Strand haben, außer zu geschützen Naturreservaten.
Die einzige gerechte Lösung für den Luftverkehr wäre, jedem Menschen bei der Geburt eine begrenzte Zahl von Tickets auszuhändigen - wie die von der Umweltbewegung vorgeschlagenen zwei Gutscheine für interkontinentale Flugreisen - basierend auf Abschätzungen, wieviel Luftverkehr die Umwelt vertragen kann. Aber solange das Kräfteverhältnis solche kollektiven Lösungen noch verhindert, ist jedes startende Flugzeug weniger ein kleiner Gewinn für die Umwelt.
Und die Argumentation zum Haus am Strand gilt ebenso für den alten sozialdemokratischen Slogan: jedem Arbeiter sein eigenes Auto. Angesichts des enormen Verbrauchs an Platz, knappen Rohstoffen und Energie ist dieser Slogan nichts anderes als eine kriminelle Illusion, die trotz der ungeheuren Ausplünderung der Dritten Welt auch siebzig Jahre nach Ford noch nicht realisiert wurde, nicht einmal in den reichsten Ländern der Erde.
All dies bedeutet, daß wir einige der Vorschläge für die Einführung von Abgaben oder eine Steuerreform in ökologischer Richtung unterstützen können, wie z.B. die der niederländischen Grünen Partei. Trotzdem sehen wir in vielen Vorschlägen immer noch mangelndes Verständnis für drei wichtige strategische Fragen, die alle drei mit dem Vorantreiben eines radikalen sozialen Wandels im weitesten Sinne zu tun haben. Erstens der Zusammenhang mit der Demokratisierung ökonomischer Entscheidungen. Zweitens die Vision des Aufbaus von Gegenmacht und Übernahme von Regierungsverantwortung. Und drittens und vor allem die Notwendigkeit einer zusammenfassenden Strategie der Umweltbewegung.
Hauptaufgabe im ökologischen Bereich bleibt die Veränderung der zentralen politischen Entscheidungen durch die Regierung. Begrenzung der Mobilität mit Autos und Flugzeugen oder die Förderung von Gehen, Radeln und öffentlichen Verkehrsmitteln sind politische Entscheidungen (Planung, Verkehrstechnik, Finanzen). Es zeigt die Unfähigkeit der Umweltbewegung, daß es ihr - jedenfalls bis heute - nicht gelingt, größere Gruppen von Menschen um diese zentralen Fragen zu mobilisieren.
In vielen Fällen sind Vorschriften und Verbote gegenüber Abgaben vorzuziehen: z.B. wenn es um Asbest, Chlor, FCKW u.ä. geht. In anderen Fällen, wo es verschiedene Produkte gibt, von denen einige sauberer als die anderen sind, könnte eine Abgabe auf die schädlichsten Produkte zur Subventionierung der saubereren und zur Forschung nach wirklich ökologischen Produkten verwendet werden. Vor allem wenn es um Rohstoffe, Bodenschätze und Energie geht, gewinnt eine Abgabe an Bedeutung. Ein Großteil ihrer Wirksamkeit hängt jedoch von begleitenden Maßnahmen ab. Anders als Ökonomen, die meinen, Ökosteuern würden ausreichen, ein paar „Fehler“ der Marktwirtschaft auszugleichen und alle Umweltkosten zu internalisieren [4], glauben wir nicht, daß das möglich ist. Es ist völlig unmöglich, alle Arten von Umweltschäden in Zahlen zu fassen, beispielsweise Fragen wie: Was „kostet“ ein Unfallopfer? Was ist der ökonomische Preis für die Auslöschung einer Spezies? Was sind die Kosten des Treibhauseffekts? Welchen Schaden verursacht die Zerstörung der Ozonschicht?
Da es nicht unser Ziel ist, den Kapitalismus perfekt zu machen, ist die Berechnung der Preise dieser Schäden ohnehin nicht unser Hauptproblem. Wir wollen alle denkbaren Maßnahmen betrachten, die in die existierende Ökonomie eingreifen können, um kurzfristig die Zerstörung der Umwelt zu bremsen und neue Schritte in Richtung auf Befreiung von Mensch und Umwelt zu ermöglichen.
Die Erfahrungen mit holländischen Ökozuschüssen zeigen zwei Nachteile: die Möglichkeit von Betrügereien und die Tatsache, daß die Produktionsentscheidungen kaum beeinflußt werden. Genauso wie andere schon bestehende Instrumente, etwa Emissionsverbote oder -beschränkungen, haben sie den Nachteil, daß sie am Ende ansetzen und nicht am Anfang: bei der Entscheidung, einen bestimmten Prozeß zu nutzen, um ein bestimmtes Produkt herzustellen, was gleichzeitig zu einer bestimmten Menge Abfalls führt.
Natürlich bewegt sich hier im Augenblick sehr viel. Allmählich begreifen die Produzenten, daß es Geld sparen kann, auf Energie und Rohstoffe zu achten. Die Drohung mit gesetzlichen Verpflichtungen zur Rücknahme gebrauchter Güter führt zu fieberhafter Forschung nach recyclingfähigen Alternativen; Energiebilanzen werden erstellt, um Kosten zu senken.
Hauptproblem bleibt, daß die Preise für Energie und Rohstoffe immer noch zu niedrig sind, um zu Investitionen in effizientere Produktionsprozesse zu ermuntern. An diesem Punkt könnten Energiesteuern eine Lösung ermöglichen.
Der Vorteil einer solchen Abgabe ist ihr regulierender Charakter. Sie würde das Verhalten der Produzenten ganz grundsätzlich beeinflussen. Sie zwingt sie, die Produktionsprozesse von Anfang bis Ende anzupassen. Das gleiche gilt für Rohstoffe und Bodenschätze.
Energie ist das zentrale ökologische Problem unserer Zeit. Mit rasender Geschwindigkeit werden die Vorräte fossiler Energieträger für Energieversorgung, Transport und Kunststoffproduktion verbraucht, wobei sie gleichzeitig den Treibhauseffekt verstärken. Wie bereits gesagt sind Energiepreise so niedrig, daß sich Effizienzsteigerungen kaum bezahlt machen und Alternativen Startschwierigkeiten haben. Tatsächlich unternehmen Weltmächte wie die USA alles in ihrer Macht stehende, um die Ölpreise so niedrig wie möglich zu halten. So wie der Golfkrieg zumindest teilweise dazu diente, Irak daran zu hindern, die Ölpreise hinaufzudrücken.
Eine hohe Abgabe auf Energie würde einen starken Impuls für Einsparungen und Effizienzsteigerungen beim Energieverbrauch bedeuten. Zur Zeit diskutiert die Europäischen Kommission die Einführung einer solchen Steuer auf EG-Ebene, möglichst zusammen mit den USA und Japan. Vieles ließe sich darüber sagen, welche Form diese EG-Energiesteuer annehmen würde. Zum Beispiel sollen Großverbraucher von Energie, wie die chemische Industrie, ausgenommen werden, wodurch sie mindestens die Hälfte ihrer Wirkung verliert.
In den Niederlanden hat die größte Gewerkschaftszentrale ihre eigene Version entwickelt, die im großen und ganzen dem EG-Vorschlag folgt - einschließlich der Nachteile wie Ausnahme der Großindustrie, Fehlen von Begleitmaßnahmen und fehlender sozialer Ausgleich.
Nach unserer Meinung sollte eine Energieabgabe vier Bedingungen erfüllen:
Sie sollte alle industriellen Nutzer treffen, um zur erforderlichen Umstrukturierung des Produktionsprozesses anzuregen.
Sie sollte einen gewissen ausgleichenden Effekt haben, in dem Sinne, daß gutverdienende Energieverbraucher stimuliert werden, weniger zu verbrauchen und die Schlechtverdiener einen Ausgleich bis zu eine gewissen Höhe des Energieverbrauchs erhalten.
Teile des durch die Abgabe geschaffenen Fonds sollten für ein Begleitprogramm benutzt werden, z.B. zur Förderung von Solarenergie und anderer unerschöpflicher Ressourcen, zur Isolation von Häusern und für Geräte mit geringerem Energieverbrauch.
Ein anderer Teil des Geldes muß in internationale Ökologiefonds für die Dritte Welt gelangen (um mit der Rückzahlung der Umweltschulden zu beginnen).
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Vor Einführung der Abgabe sollten allerdings die Tarife für die Industriekunden verändert und insbesondere die degressiven Preise abgeschafft werden (im Augenblick wird der Preis je Energieeinheit geringer, je mehr verbraucht wird). Für Haushalte würde die Energieabgabe gleichermaßen gerechter und wirkungsvoller, wenn eine bestimmte Menge Elektrizität oder Gas ausgenommen würde. In den Niederlanden könnten das etwa 2000 m# Gas oder 1500 kWh Elektrizität sein. Das hieße, daß Geringverdienende mit normalem Energieverbrauch die Abgabe nicht spüren würden. Andere, die den Heizlüfter anstellen, während ihre energiebewußten Nachbarn den Pullover anziehen, würden die Wirkung der Abgabe deutlich spüren.
Die Energiesteuer, die in der EG diskutiert wird, geht davon aus, daß alles eingenommene Geld den Unternehmen und Haushalten zurückgegeben wird. Aber eine holländische Untersuchung von Anfang 1993 zeigt, daß die Kombination einer Abgabe mit Zuschüssen viel effektiver ist als eine Abgabe allein. Auch hier ist der Hintergrund, welche Erwartungen man in die Fähigkeiten „des Marktes“ hat, das Problem ganz von selbst zu lösen. Ganz offensichtlich hätte eine landesweite Kampagne zur Installation von solaren Warmwasserbereitern in Mietshäusern mehr Effekt, als das Geld einfach an die Leute zu verteilen; sie würden dann vielleicht sogar noch Benzin für ihr Auto davon kaufen.
Das gleiche gilt für die Industrie. Es ist wahrscheinlich wirkungsvoller, Teile der Einnahmen zur Förderung bestimmter Forschungen zu verwenden, als das Geld über die Senkung der Kosten des Faktors Arbeit zurückzugeben, wie es einige vorschlagen.
Eine Energiesteuer, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, sollte so schnell wie möglich eingeführt werden. Wenn die anderen Länder nicht wollen, dann auch in einem Land alleine. Das würde bestimmte Schutzmaßnahmen erfordern, um mit billiger Energie hergestellte ausländische Produkte daran zu hindern, „ökologische“ Produkte aus dem Markt zu drängen. Das selbe geschah mit Autos für verbleites Benzin, um sie genauso teuer wie die für bleifreies Benzin zu machen. Umgekehrt sollten beim Export von Produkten die Kosten der Abgabe an der Grenze abgezogen werden. Selbst wenn die Abgabe nur in einem einzigen Land, etwa den Niederlanden, eingeführt würde, würde die die Energiediskussion in anderen Ländern ganz enorm anregen.
Ökologie-Kommission der SAP (niederländische Sektion der IV. Internationale) |
Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 281 (März 1995). | Startseite | Impressum | Datenschutz