Am 28./29. Juni 2008 fand bei Paris die erste nationale Konferenz der Initiativkomitees für eine Neue Antikapitalistische Partei (NAP) statt. Ein voller Erfolg – sowohl von der Teilnehmerzahl her als auch politisch.
Die Tagesordnung der nationalen Konferenz der Komitees für die NAP bestand aus zwei Teilen. Zunächst fand eine Plenarsitzung mit allgemeiner Diskussion statt, in der es um den aktuellen Stand des Gründungsprozesses ging. Sechzig Teilnehmer kamen zu Wort und berichteten von ihren Erfahrungen und Aktionen oder noch offenen Fragen. Da es das erste Treffen auf nationaler Ebene überhaupt war, wurde diesem Punkt in der Tagesordnung verständlicherweise umfangreiche Zeit und großes Interesse unter den Teilnehmern gewidmet.
Der zweite Teil der Konferenz war in Kommissionssitzungen zu verschiedenen Themen gegliedert: Internationalismus, Feminismus, Ökologie, Betrieb und Gewerkschaft, Stadtteilarbeit, Prekarität, Gesundheitswesen, Namensgebung der NAP, Jugend, LGBTQ, gemeinsame Erklärung und organisatorische Aufgaben. Alle Kommissionen tagten unter großer Resonanz und in konstruktiver Atmosphäre und werden gesonderte schriftliche Berichte vorlegen. Lediglich die beiden letztgenannten Kommissionen referierten ihre Ergebnisse bereits in der anschließenden Plenarsitzung, da ihnen die Aufgabe zukam, eine vorläufige Bilanz dieses Wochenendes zu erstellen und weiterführende Schritte zur Diskussion zu stellen. Zum einen wurde eine gemeinsame Erklärung ausgearbeitet, wobei dieser neue Aufruf zum Aufbau einer NAP (s. Kasten) nicht mehr von der LCR, sondern bereits von der Aufbauorganisation ausgeht. In der anderen Kommission wurden die nächsten Schritte des Parteiaufbaus ausgiebig diskutiert – ebenso die Regelung der Mitgliedschaft und der Finanzen sowie Aufgaben und Zusammensetzung des nationalen Koordinierungsausschuss.
Die NAP in ZahlenMittlerweile gibt es landesweit zwischen drei- und vierhundert Initiativkomitees, die teilweise noch im Aufbau begriffen sind. Das heißt, dass der Prozess noch voll im Gange ist und mindestens noch bis Herbst, eher noch bis zum Kongress selbst, anhalten wird. Dies macht es schwer, einen zahlenmäßigen Überblick über die Beteiligung zu geben, zumal viele Komitees gerade erst aus der Taufe gehoben worden sind. Dennoch können wir bereits jetzt festhalten, dass unsere Erwartungen weit übertroffen worden sind und dass dort, wo bereits ein Konsolidierungsprozess stattgefunden hat, das Zahlenverhältnis zwischen LCR-Mitgliedern und Gesamtmitgliedschaft bei 1:3 liegt, darunter 35% Frauen. Die meisten Komitees sind nach geographischen Kriterien organisiert; daneben gibt es 40 Jugendkomitees und allmählich entstehen Gliederungen nach Arbeitsfeldern, Branchen oder Unternehmen. Bei der Konferenz selbst waren ungefähr 300 Komitees mit knapp 800 Delegierten vertreten. Hinzu kamen Gäste und Beobachter, so dass die Gesamtteilnehmerzahl bei etwa 1000 Leuten lag, davon 40% Frauen und mehrheitlich Nichtmitglieder der LCR. Rund 250 GenossInnen aus der Pariser Region kümmerten sich um den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung, womit ihnen ein Sonderlob zukommt. François Duval |
Über drei Stichtage besteht weitgehender Konsens: die aktive Teilnahme an der eintägigen Veranstaltung im Rahmen der Sommeruniversität der LCR in Port-Leucate vom 23. bis 27.8.08 zum Thema der NAP; eine weitere nationale Konferenz der Komitees Ende Oktober/Anfang November; und der Gründungskongress Ende Januar 2009. Dies Datum kommt nicht zu früh, damit nicht der weitere Entwicklungsprozess vorzeitig abgewürgt wird, und nicht zu spät, da Fortschritte erzielt werden müssen und der Gründungskongress nicht den Schlusspunkt setzt, sondern einen weiteren Zwischenschritt bildet.
In Hinblick auf die nächste Konferenz und den Gründungskongress gilt es nun, sich konkrete weiterführende Aufgaben vorzunehmen und die Finanzfrage zu klären. Zu diesem Zweck schlägt die Kommission vor, Ausweise für Gründungsmitglieder auszugeben mit einer einmaligen Beitragszahlung bis zum Kongress und anschließend auf eine einkommensabhängige Beitragsregelung umzustellen. Dies wird es den Komitees ermöglichen, sich einen genaueren Überblick über die Zahl der aktiv Interessierten zu verschaffen und anhand dessen eine repräsentative Zusammensetzung der nationalen Konferenzen zu sichern. Solche konkreten Maßnahmen bedeuten keineswegs, dass der Öffnungsprozess beendet wäre und es nunmehr darum ginge, das bisher Erreichte zu ordnen; vielmehr bleibt der Konstituierungsprozess offen bis zum Kongress. Es sollen auch keine rigiden Strukturen geschaffen werden, die darauf hinauslaufen, dass der zuletzt Eingetretene die Türe hinter sich schließt, sondern die Aufmerksamkeit soll vielmehr den Hunderten und Tausenden gelten, die noch für den laufenden Parteigründungsprozess gewonnen werden können. Ausdrücklich wurde auch darauf verzichtet, Zwischeninstanzen zu errichten. Die Komitees sollen selbst vor Ort entscheiden, wie sie ihre politische Arbeit am besten ausrichten, ohne dass übergeordnete Strukturen auf regionaler Ebene in einen Prozess intervenieren, der von Ort zu Ort unterschiedlich verläuft.
Ein weiterer zentraler Punkt galt dem Koordinierungsausschuss, der zunehmend Aufgaben übernehmen soll, die bisher von der Führung der LCR gewahrt worden sind. Damit konnte ein wichtiger Schritt auf dieser nationalen Konferenz erzielt werden, auch wenn der designierte Ausschuss natürlich nur temporär existiert und Ausdruck eines noch unfertigen Prozesses ist. Obendrein ist er durch eine eher improvisierte Mandatsbildung zustande gekommen, was angesichts der erst seit kurzem bestehenden Komitees nicht verwundern kann.
|
||||||||
Mit der Aufgabe, den konstituierenden Prozess bis zur nächsten Konferenz zu koordinieren und voranzutreiben, hat der Koordinierungsausschuss alle Hände voll zu tun. Namentlich muss er sich um die Verbreitung und den Austausch von Informationsmaterial kümmern und den Kongress vorbereiten, der auf Grundlage von drei Dokumenten organisiert werden könnte: eines über organisatorische Fragen, ein vorläufiges programmatisches Dokument – das sicher nicht alle Fragen abdecken und in einer Reihe von Fragen noch zu ergänzen sein wird – und ein „konjunkturelles” Dokument, das die Orientierung der NAP in aktuellen Fragen darlegt.
Die Zusammensetzung des Koordinierungsausschusses war Anlass für heftige Diskussionen. Aber schließlich einigte man sich auf breiter Basis über die Kandidaturen, die sich vier Gruppen zuordnen lassen. Der zahlenmäßig größte Bestandteil entfällt auf die Vertreter der Komitees, die mit zwei Ausnahmen nicht der LCR zuzuordnen sind. Sie werden mit etwa 35 vertreten sein (zunächst noch 25 Personen, die restlichen etwa 10 VertreterInnen werden später bestimmt, sobald die Diskussionen in den entsprechenden Komitees abgeschlossen sind). Die Fraktion „Der Funke” von Lutte Ouvrière und die Gauche Révolutionnaire (Revolutionäre Linke, die französische Sektion des CWI [1]) entsenden drei Beobachter, wobei ihre Zustimmung zur Gründung der neuen Partei nur vorläufig ist und keinen definitiven Beitritt beinhaltet, sie machen dies vom Ergebnis im Januar abhängig. Die LCR ist durch ihr 21-köpfiges Politisches Büro vertreten, wobei noch die beiden oben erwähnten Vertreter der Komitees hinzukommen. Die Jugendausschüsse entsenden sechs Vertreter, darunter drei Mitglieder der LCR oder JCR. Zwischen den Geschlechtern ist eine paritätische Vertretung vorgesehen.
Aus Rouge 2259, v. 3.7.2008 |
Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 442/443 (September/Oktober 2008).