Frankreich

Auf dem Weg zu einer Neuen Antikapitalistischen Partei

Die politische Wirkung der Herausbildung der NPA ist bedeutend. In einer Reihe von Orten ersetzt die im Aufbau befindliche neue Partei bereits die LCR und ist sehr aktiv.

Pierre Rousset

Im Juni 2007 lancierte die französische Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) einen Appell zur Bildung einer Neuen Antikapitalistischen Partei (Nouveau Parti Anticapitaliste – NPA). Im Juni 2008 versammelten sich tausend Delegierte in Paris, um einem Prozess eine landesweite Dimension zu verleihen, der seinen Ausgang von der Basis nahm. Anfang November 2008 trafen sich erneut Delegierte aus etwa 400 Komitees, um über drei Dokumente zu debattieren: die programmatischen Bezugspunkte, die politische Orientierung sowie die Statuten und Funktionsweise der NPA. Etwa 10 000 Aktive sind gegenwärtig am Gründungsprozess der NPA beteiligt – dreimal so viel wie die gesamte Mitgliedschaft der LCR.

Am 6. November 2008 fand in Paris die erste öffentliche Versammlung mit 2000 Teilnehmenden statt. Wenn alles wie geplant läuft, wird die LCR am 29. Januar 2009 auf ihrem letzten Kongress ihre eigene Auflösung beschließen. An den folgenden Tagen, vom 30. Januar bis zum 1. Februar, wird die NPA auf ihrem ersten Kongress gegründet werden.

So weit, so gut. Es fällt auf, wie rasch dieser Prozess vonstatten geht. Offensichtlich antwortet er auf ein politisches Bedürfnis. Dieses Bedürfnis, diese Gelegenheit, wird bereits seit einiger Zeit gespürt, aber in den letzten zehn Jahren waren alle Versuche, in Frankreich eine qualitativ breitere antikapitalistische Partei aufzubauen, gescheitert. Um dieses Scheitern zu überwinden, beschloss die LCR, etwas Neues zu versuchen – so neu, dass sie es nie zuvor ins Auge gefasst hatte. Was aber ist „neu“ beim Prozess der Bildung der Neuen Antikapitalistischen Partei?


Nachdem alle anderen Szenarien scheiterten …


Aufgrund der Schlüsselrolle, die die LCR bei der Lancierung der NPA spielte, scheint ein Rückblick nützlich auf die Art und Weise, in der sich diese Organisation in der Vergangenheit den Aufbau einer in der Gesellschaft verankerten revolutionären Partei vorgestellt hat. Ich spreche hier von den Erfahrungen meiner „schwindenden“ Generation (der vom Mai 68), die in der LCR oder der NPA nicht länger „das Sagen hat“, deren historisches Vermächtnis aber berücksichtigt werden muss, um genau zu analysieren, was „neu“ ist. Ich lege unsere vergangenen „Visionen“ in einer sehr kurzen, vereinfachten und schematischen Weise dar.

Meine Generation schuf neue, dynamische, radikale Organisationen in den 60er Jahren – aber in Frankreich blieben wir sehr klein. In den späten 60er und frühen 70er Jahren dachten wir, dass wir keine andere Wahl hätten, weil die entscheidenden Klassenauseinandersetzungen sehr bald kommen würden: Die neue revolutionäre Partei musste sehr schnell aufgebaut werden, in der Hitze der Krise, durch intensiven Aktivismus. Mitte der 70er Jahre mussten wir zugeben, dass die Geschichte weit langsamer als erwartet verlaufen und der Aufbau einer revolutionären Massenpartei eine langfristiger Prozess sein würde. Die LCR dachte nie daran, dass diese Partei das einfache Resultat ihres eigenen quantitativen Wachstums sein würde. Sie musste das Ergebnis eines weitaus breiteren Prozesses von „Umgruppierung“ der Linken und der Arbeiterbewegung sein. Wir stellten uns drei Hauptszenarien vor:

1. Erstes Schema: die Radikalisierung ganzer Teile oder Flügel der bestehenden Arbeitermassenparteien (Sozialistische Partei PS und Kommunistische Partei Frankreichs PCF). Wir können vielleicht sagen, dass dieses Schema in Italien mit der Bildung der Partei der kommunistischen Neugründung (PRC) Gestalt annahm, als die alte KP sozialdemokratisch wurde. Aber dies war in Frankreich nicht der Fall. Die Hauptabspaltung von der PS (um Jean-Pierre Chevènement) wurde „linksnationalistisch“, erlebte einen Niedergang und wurde bedeutungslos. Aus der langdauernden Krise der PCF entstand niemals etwas, das dem ähnelte, was in Italien geschah. Unsere „alte Linke“ zeigte sich unfähig, sich auch nur teilweise zu erneuern.

2. Zweites Schema: die Lancierung einer neuen radikalen Arbeiterpartei durch Gewerkschaften unter Beteiligung bestehender revolutionärer Gruppen. Dies ist das „brasilianische Schema“ – die ursprüngliche Gründung der PT – oder der jüngere Prozess in Südkorea: Der Gewerkschaftsverband KCTU unterstützte die Bildung der Demokratischen Partei der Arbeit (DLP). In beiden Fällen war die Gewerkschaftsbewegung noch „jung“, sie hatte sich nach einer Militärdiktatur reorganisiert. In Frankreich zeigten die wichtigsten Verbände (CGT, CFDT, FO) keine solche Dynamik.

3. Drittes Schema: Zwei oder drei bedeutende politische Gruppen rufen zusammen dazu auf, eine neue Partei aufzubauen. Dies geschah in Portugal (Linksblock) oder Dänemark (Rot-Grüne Allianz). Es war das einfachste und „glaubwürdigste“ aller Szenarien – es funktionierte dennoch nicht in Frankreich. Anders als die LCR waren die beiden anderen aus der Radikalisierung der 60er Jahre hervorgegangenen größeren Organisationen der extremen Linken nie daran interessiert, verschiedene radikale Kräfte um ein gemeinsames Projekt zu versammeln (anders als bspw. in Portugal).

Eine wichtige politische Öffnung existierte jedoch 2005 nach dem Sieg des Nein beim Referendum über den Entwurf einer (neoliberalen und militaristischen) europäischen Verfassung. Ein machtvolles Streben nach politischer Einheit innerhalb der „Linken links der Linken“ kam damals zum Ausdruck – scheiterte aber nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen, an denen Strömungen beteiligt waren, die von der PCF bis zur LCR reichten.

Dieser letzte Versuch endete in Verbitterung und mit heftigen Polemiken zwischen den Bestandteilen dieses Prozesses darüber, wer die Verantwortung für das schließliche Scheitern trägt. Aber besser als nach Schuldigen zu suchen, ist die Reflexion über die Gründe des Scheiterns der drei oben genannten Szenarien in Frankreich. In einer erneut sehr schematischen Weise verweise ich auf folgende Faktoren:

Die „alte“ politische und gewerkschaftliche Arbeiterbewegung verfügt nicht mehr über das Potenzial, eine radikale Linke zu erneuern. Die sozialen Wurzeln der PS haben sich gewandelt und ihre „sozialliberale“ Orientierung drückt die Tiefe ihrer Integration in die bürgerliche Gesellschaft aus. Die PCF ist nie wirklich die Frage ihrer stalinistischen Vergangenheit angegangen und ist nun institutionell wie wahlpolitisch zur Geisel der PS geworden: Seit Jahren ist sie in der Krise – und leider handelt es sich um eine „Krise ohne Dynamik“ … Die drei größten Gewerkschaftsverbände (CGT, CFDT, FO) sind zu bürokratisiert. Dies bedeutet nicht, dass Individuen (sogar in großer Anzahl) oder lokale Aktivistengruppen aus der „alten“ Arbeiterbewegung nicht der NPA oder einer anderen radikalen linken Partei beitreten oder beitreten werden – tatsächlich tut dies bereits eine recht große Anzahl! Aber es bedeutet, dass es, entgegen unseren Hoffnungen in den 70er und 80er Jahren, nicht ausreichen wird, die traditionelle Arbeiterbewegung „umzugruppieren“ („umzustrukturieren“). Sie muss in einer breiteren Weise umgestaltet werden – und dies ist etwas viel Komplexeres!

Die „neuen“ Gewerkschaften (Solidaires…) und sozialen Bewegungen haben ein weit größeres radikales Potenzial. Viele ihrer Aktiven reagieren positiv auf den Aufruf zur Gründung der NPA. Einige ihrer führenden Mitglieder waren 2005–2007 an den Versuchen beteiligt, die politische Einheit der „Linken links der Linken“ zu schaffen. Aber das Verhältnis zwischen den sozialen Bewegungen und den politischen Parteien bleibt in Frankreich sehr schwierig. Die Unabhängigkeit der Gewerkschaften und Massenorganisationen ist heute eine sehr heikle Frage – und dies zumeist aus guten Gründen aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit! Radikale Parteien wie die NPA müssen in kohärenter Weise ihre Nützlichkeit sowie ihre Bereitschaft beweisen, die „Massenorganisationen“ zu respektieren.

Es ist schwierig zu beschreiben, woraus die französische „Linke links der Linken“ besteht, weil nur wenige ihrer Bestandteile klare politische Konturen aufweisen. Die PCF ist bei weitem ihr größter Bestandteil, aber sie steckt in einer tiefen Krise. Die LCR ist bei weitem der größte Bestandteil der an Einheitsprozessen beteiligten „extremen Linken“. Außerdem gibt es noch kleinere politische Organisationen, informelle Netzwerke, lokale Gruppen, einzelne AktivistInnen oder „Persönlichkeiten“ … Das Ganze bildet ein „Milieu“, das breiter ist als eine Koalition aus Parteien. Es gibt viele Gründe, die erklären, warum 2005/06 die Versuche, die Einheit um gemeinsame Kandidaturen zu Wahlen aufzubauen, in Fragmentierung mündeten. Aber es gibt eine bedeutendere politische Frage, die dabei berücksichtigt werden muss: das Verhältnis zur PS, zu Wahlbündnissen und zur Regierungsbeteiligung.

Dies ist eine entscheidende Frage in einer Reihe von Ländern, in denen Wahlbündnisse und Regierungsbeteiligung eine konkrete Option für die radikale Linke waren oder sein werden: Brasilien, Westbengalen (Teil der indischen Union), Italien, Deutschland, Portugal, die Niederlande … In Frankreich ist das Wahlsystem sehr undemokratisch: Um eine Chance zu haben, ins Parlament gewählt zu werden, ist (auf der Linken) die Unterstützung der PS erforderlich – die nicht umsonst zu haben ist. Geschwächt benötigt die PCF umso mehr die Aushandlung eines Abkommens mit der PS, um ihre wahlpolitische Stellung zu bewahren. Diejenigen, die sich mit der PCF verbünden wollen, müssen dies akzeptieren. Aber für die LCR (und andere) ist die Aufgabe an der Tagesordnung, einen radikalen linken Pol zu stärken, der in der Lage ist, in der Linken eine Alternative zum Sozialliberalismus zu verkörpern – und dies beinhaltet eine völlige Unabhängigkeit von der PS. Dies war und bleibt eine wesentliche politische Grenzlinie.

Ende 2006 schien die LCR innerhalb der „Linken links der Linken“ sehr isoliert zu sein. Im Frühjahr 2007 kandidierte Marie-George Buffet bei der Präsidentschaftswahl für die PCF, Olivier Besancenot für die LCR und José Bové für einige andere Bestandteile der „Linken links der Linken“. Besancenots Kampagne war politisch sehr dynamisch, und er erhielt mehr als 4 % der Stimmen. Eine solche Dynamik gab es nicht in Buffets Wahlkampagne, und sie erhielt weniger als 2% (ein historischer Tiefstand für die PCF!). Bovés Kampagne war politisch verworren und hatte wenig Wirkung. Trotz des hohen Bekanntheitsgrads seiner Person erhielt er kaum über 1% der Stimmen.

Nach zwei Jahren intensiver Debatten über die Orientierung war die Präsidentschaftswahl ein echter politischer Test für die „Linke links der Linken“. Sie bürdete der LCR eine neue Verantwortung auf.


Die neue Verantwortung der LCR


Mit dem Erfolg ihrer politischen Initiative und der Wahlkampagne befand sich die LCR im Zentrum der Bühne der „Linken links der Linken“. Die Frage stellte sich somit: Was tun mit diesem Erfolg? Die LCR hatte die Verantwortung, schnell eine Initiative zu ergreifen, damit der bestehende Schwung nicht verloren ging (wie es in der Vergangenheit geschehen war).

Mitte 2007 gab es auch nach dem politischen Test der Wahlen keine Möglichkeit, ein Abkommen mit anderen bedeutenden Organisationen zu erreichen, um eine neue antikapitalistische Partei zu lancieren. Da kein Aufruf zur Einheit „von oben nach unten“ möglich war, beschloss die LCR, einen Prozess „von unten nach oben“ anzustoßen – etwas, was sie nie zuvor ins Auge gefasst hatte. Alle, die bereit waren, sich an der Schaffung einer neuen, von der PS eindeutig unabhängigen antikapitalistischen Partei zu beteiligen, wurden eingeladen, lokalen Komitees für die NPA beizutreten. Das Netzwerk der Komitees würde die neue Partei gründen.

Es war klar, dass ein offener politischer Raum für eine radikale Partei entstand, die qualitativ breiter war als die LCR. Dies zeigte sich zum Teil durch die außerordentliche Popularität von Olivier Besancenot. Olivier ist ein sehr guter Kandidat und Sprecher. Dies ist nicht hauptsächlich ein „Medien“phänomen. Als Postbote wird er nicht als professioneller Politiker betrachtet, sondern als „Kollege“, als „einer von uns“. Er ist jung, und die Jugend kann sich mit ihm identifizieren. Und schließlich ist er politisch sehr beständig: Als er 2002 mit 27 Jahren zum ersten Mal einen Präsidentschaftswahlkampf führte, war er völlig unbekannt, aber bereits ein Mitglied des Politischen Büros der LCR. Bei Fernsehauftritten werden gewöhnlich Berufspolitiker und Mitglieder der Regierung von ihm politisch fertiggemacht. Die Leute lieben das!

Ein Grund, warum die LCR fähig war, die Initiative zur Gründung der NPA zu ergreifen, wird oft übersehen. Ihre Führung wurde erneuert. Heute verlassen alle historischen „Gestalten“ der LCR das Politische Büro (bleiben aber aktiv!), und die Führung besteht jetzt überwiegend aus Kadern in den Dreißigern oder Vierzigern. Dies scheint bei den meisten anderen Organisationen nicht der Fall zu sein. Das ist eine sehr wichtige Sache aufgrund des radikalen Wandels der politischen Generation seit den 90er Jahren.

Einerseits erneuerte die LCR ihre Mitgliedschaft und das Kadernetzwerk. Andererseits bleibt die LCR eine Organisation, die durch ihre Ursprünge geprägt ist – die Erfahrungen der 60er und 70er Jahre. Somit kann und muss sie den Impuls für die Schaffung einer neuen Partei liefern, die in den Einstellungen der gegenwärtigen Generation verwurzelt ist.


Die NPA als eine neue Partei


Für die LCR besteht das Ziel nicht nur darin, eine größere und stärkere Partei aufzubauen, sondern dabei zu helfen, eine wirklich neue Partei zu schaffen. Mit der Auflösung der UdSSR und der kapitalistischen Globalisierung ist ein radikaler Epochenwandel eingetreten. Und es hat einen radikalen Wechsel der Generationen gegeben: Die gegenwärtig Aktiven haben nicht dieselben Bezugspunkte und denselben Hintergrund an historischen Erfahrungen wie die „68er“. Die Kombination dieser beiden radikalen Veränderungen hat weitreichende Folgen für die Art und Weise, in der Politik erlebt wird.

Gewiss ist es wichtig, die politischen Erfahrungen vergangener Jahrzehnte lebendig zu erhalten, die vielen Lehren des vergangenen Jahrhunderts (Imperialismus, Stalinismus …). Wie nun neu aufbauen ohne unsere Vergangenheit zu verlieren? Indem das Vermächtnis der LCR an eine neue Partei weitergegeben wird. Indem in diese neue Partei auch das Beste anderer revolutionärer Traditionen eingebracht wird – aus verschiedenen marxistischen oder libertären Traditionen, aus der feministischen und der ökosozialistischen Bewegung usw. Indem der neuen Partei die sozialen Wurzeln geschulter Massenkader gegeben werden, während ihre soziale Verankerung mit der jüngsten Erfahrung der Bewegung für globale Gerechtigkeit und der Welle des Widerstands in den Vorstädten, unter den MigrantInnen usw. verbreitert wird. Indem der neuen Partei auch erlaubt wird, die Sprache der gegenwärtigen Generation zu sprechen.

Der Wille, mit anderen zusammen eine breitere antikapitalistische Partei aufzubauen, ist nicht neu für die LCR; dies war ihr Ziel seit einigen Jahrzehnten! Neu ist die Entscheidung, einen Prozess „von unten“ anzustoßen und, als das Wichtigste, den Wandel von Epoche und Generation vollständig in der Vision der neuen Partei zu integrieren.

      
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Leider ist die LCR derzeit die einzige „große“ (alles ist relativ) Komponente der „Linken links der Linken“, die am Prozess der NPA beteiligt ist. Die anderen dazu gehörenden politischen Gruppen sind weitaus kleiner. Die Gefahr war somit, dass die LCR nach der Gründung der NPA als „Partei in der Partei“ bestehen bleiben würde. Um dies zu vermeiden, wurden drastische Entscheidungen getroffen. In der de facto existierenden NPA sind in den leitenden Gremien die LCR-Mitglieder gewöhnlich in der Minderheit. Und die LCR soll sich in den Tagen vor dem Gründungskongress der NPA auflösen. Die NPA muss ein politischer und sozialer Schmelztiegel werden, um ihre eigene Identität zu formen. Es ist gegenwärtig leicht, innerhalb des NPA-Prozesses zu politischen Übereinkünften zu kommen, und es gibt nichts, was heute spaltet, wie es der „Charakter der UdSSR“ (um ein Beispiel zu nehmen) für die „Linke links der Linken“ in den 70er Jahren war. Aber es gibt strategische Fragen mit wenig konkreten Antworten (wie die Bourgeoisie entwaffnen?). Die NPA wird ihre programmatischen Grundlagen durch ihre eigenen Erfahrungen festigen müssen. Das erfordert Zeit. Der Weg, der vor uns liegt, ist unbekannt.

Die Entscheidung, die LCR aufzulösen, ist natürlich riskant. Aber es wäre noch riskanter, dieses Risiko nicht einzugehen. Wir müssen die aktuelle Gelegenheit ergreifen: Sie zu versäumen, würde wahrscheinlich sehr kostspielig für die gesamte „Linke links der Linken“ sein. Die NPA darf nicht als eine „erweiterte LCR“ betrachtet werden und darf dies auch nicht sein, sondern sie muss eine qualitativ neue Partei sein.

Der Prozess geht gut voran. Tausende von Menschen, die nie Mitglied einer Partei waren, sind daran beteiligt. Auch kommen viele aus der PCF oder aus anderen Organisationen. Wenn die Gründung der NPA Ende Januar 2009 ein Erfolg wird, werden einige politische Komponenten, die gegenwärtig nicht bereit sind, mit der LCR zusammenzugehen, vielleicht ihre Meinung ändern.

Aber es ist wohl besser, den Gründungskongress der NPA abzuwarten, um den langen Weg abzuschätzen, den wir zurückgelegt haben – und den langen Weg, der noch vor uns liegt.

Aus: International Viewpoint, November 2008

Übersetzung aus dem Engl.: HGM



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 446/447 (Januar/Februar 2009).