Ökologie

Wasserstoff ist kein Allheilmittel

Die Medien schäumen mehr und mehr über von optimistischen Worten über die Möglichkeiten, Wachstum und Klima gleichzeitig zu retten durch Übergang zu einer Ökonomie auf Basis von Wasserstoff und Brennstoffzellen zur Produktion von Elektrizität. Diese Technologien sind tatsächlich vielversprechend: Einerseits erreicht der Wirkungsgrad der Zellen leicht 60% und könnte die 80%-Grenze in den nächsten Jahren durchbrechen; andererseits fallen nur Wärme (verwertbar) und Wasser an – keine CO2-Emissionen, keine oder nur sehr wenige Abgase, kein Lärm.

Das Problem ist nur, dass Wasserstoff als solcher in der Natur nicht vorkommt. Man muss ihn extrahieren – aus Wasser, aus fossilen Brennstoffen oder aus Biomasse. (Auch gewisse Algen und Bakterien können Wasserstoff produzieren, aber die Forschung zu diesem Thema ist noch weit davon entfernt, dies als Energietechnologie nutzen zu können.) Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern ein Energieträger, wie Elektrizität. Er kann gelagert und transportiert und in Strom (und wieder zurück) umgewandelt werden, er bietet die Möglichkeit, die Effizienz von Energiesystemen zu steigern. Er könnte insbesondere zur Stabilität des Versorgungsnetzes bei Verwendung nicht ständig zur Verfügung stehender Energiequellen (Wind, Sonne, …) beitragen. Darüber hinaus eröffnet die Kombination Brennstoffzelle/Wasserstoff die Perspektive einer dezentralisierten und modularisierten Energieproduktion, d.h. einer Verringerung der Verluste bei der Verteilung des Stroms. Es bleibt nur das Problem, dass Elektrizität wie Wasserstoff die Ausbeutung einer Energiequelle erfordern. Welche Quellen zur Deckung welcher Bedürfnisse? Das ist nach wie vor die entscheidende Frage. Von ihr kann man nicht ablenken, indem man den Wasserstoff als ein Wundermittel präsentiert.

 

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Man erwartet vor allem, dass Wasserstoff eine Alternative zum Erdöl im Transportsektor darstellen könnte, wo das Potenzial der Biotreibstoffe nicht ausreicht (siehe „Kohlenstofffreie Wirtschaft und Energieeinsparung“). Der Transportsektor verbraucht 25% der Energie im Weltmaßstab und ist verantwortlich für ein Fünftel aller durch Verbrennen fossiler Energieträger entstehenden CO2-Emissionen. Die Wachstumsperspektiven sind aberwitzig, besonders für den Straßenverkehr (80% der Emissionen). Wenn sich nichts ändert, werden die Emissionen zusammengerechnet 1,4 bis 2,7 Gigatonnen im Jahr 2020 und 1,8 bis 5,7 Gigatonnen im Jahr 2050 erreichen. (Bahn und Binnenwasserstraßen erreichen maximal 0,078 bis 0,087 Gt [GIEC, Mitigation 12001]). Angesichts solcher Zahlen ist es illusorisch sich mit der Perspektive zu beruhigen, alle Autos, Flugzeuge und Lastwagen könnten ab sofort mit Wasserstoff bewegt werden, denn die erforderlichen Mengen können nur produziert werden, wenn man weiter riesige Mengen fossiler Energieträger verbrennt – oder durch Kernenergie. Es ist die Art des Transportes selbst, die in Frage gestellt werden muss, und damit nicht nur die „Just in time“-Produktion, sondern auch die ganze Raumordnung, die Trennung zwischen Stadt und Land und die daraus entstehenden entfremdeten Bedürfnisse.


Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 428/429 (Juli/August 2007).